Filter (Mathematik)

nichtleere nach unten gerichtete Oberhalb-Menge innerhalb einer umgebenden halbgeordneten Menge
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 5. Juni 2008 um 16:54 Uhr durch JAnDbot (Diskussion | Beiträge) (Bot: Ergänze: pt:Filtro (teoria dos conjuntos)). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

In der Mathematik ist ein Filter eine nichtleere, nach unten gerichtete Oberhalb-Menge.

Ein Filter ist eine Teilmenge einer halbgeordneten Menge mit bestimmten Eigenschaften. Anschaulich betrachtet enthält ein Filter Elemente, die „zu groß“ sind als dass sie den Filter passieren könnten. Ist x ein Filterelement so auch jedes größere Element, und je zwei Filterelemente x und y enthalten einen gemeinsamen Kern z, der selbst schon zu groß ist, als dass er den Filter passieren könnte.

Filter in der umgekehrten Halbordnung heißen Ideale der Ordnung oder Ordnungsideale.

Anwendungen

Filter treten in der Theorie der Ordnungen und Verbände auf. Ein wichtiger Spezialfall sind Mengenfilter, d.h. Filter in der durch Mengeninklusion geordneten Potenzmenge einer Menge. Mengenfilter werden besonders in der Topologie verwendet und erlauben dort die Verallgemeinerung des Begriffs der Folge für topologische Räume ohne abzählbare Umgebungsbasis. So bildet das System der Umgebungen   eines Punktes x in einem topologischen Raum einen speziellen Filter. Umgebungsfilter können in Räumen, die kein Abzählbarkeitsaxiom erfüllen, zur Definition von Netzen verwendet werden, die die Rolle der Folgen aus der elementaren Analysis teilweise übernehmen. Man fasst dazu einen Filter als gerichtete Menge auf und betrachtet Netze auf dieser gerichteten Menge.

Mit einem Ultrafilter (der kein Hauptfilter ist) auf den natürlichen Zahlen lassen sich die hyperreellen Zahlen der Nichtstandardanalysis „konstruieren“. Allerdings wird die Existenz solcher Filter selbst nur durch das Auswahlaxiom – also nicht konstruktiv – gesichert.

Allgemeine Definitionen

Eine nichtleere Teilmenge   einer halbgeordneten Menge   heißt Filter, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • F ist eine Oberhalb-Menge:  ,
  • F ist nach unten gerichtet:   und  .

Ein Filter heißt echter Filter, wenn er nicht ganz (also ungleich) P ist.

Jeder Filter auf einer halbgeordneten Menge   ist Element der Potenzmenge von  . Die Menge der auf derselben halbgeordneten Menge definierten Filter wird durch die Inklusionsrelation ihrerseits geordnet. Sind   und   Filter auf derselben halbgeordneten Menge  , so heißt   feiner als  , wenn  . Ein maximal feiner Filter heißt Ultrafilter.

Filter in Verbänden

Während diese Definition von "Filter" die allgemeinste für beliebige halbgeordnete Mengen ist, wurden Filter ursprünglich für Verbände definiert. In diesem Spezialfall ist ein Filter eine nichtleere Teilmenge   des Verbandes  , die eine Oberhalb-Menge ist und abgeschlossen unter endlichen Infima, d.h. für alle   ist auch  .

Hauptfilter

Der kleinste Filter, der ein vorgegebenes Element   enthält, ist  . Filter dieser Form heißen Hauptfilter, und   ein Hauptelement des Filters. Der zu   gehörende Hauptfilter wird als   geschrieben.

Primfilter

Ein echter Filter F in einem Verband P mit der Zusatzeigenschaft

 

heißt Primfilter.

Ideal

Betrachtet man in einer halbgeordneten Menge   die Umkehrrelation  , so ist auch   wieder eine halbgeordnete Menge, ebenso erhält man aus einem (distributiven) Verband   durch Vertauschen der beiden Verbandsverküpfungen Supremum   und Infimum   wieder einen (distributiven) Verband. Sind in P ein kleinstes Element 0 und ein größtes Element 1 vorhanden, so werden sie ebenfalls vertauscht. In allen genannten Fällen wird die so durch Dualisierung entstehende Struktur als   notiert.

Ein Filter in   heißt ein Ordnungsideal oder auch kurz Ideal in P.

Mengenfilter

Ein wichtiger Spezialfall eines Filters - vor allem in der Topologie - sind Mengenfilter. Man geht in diesem Fall von der durch die Mengeninklusion halbgeordnete Potenzmenge   einer beliebigen nichtleeren Mengen   aus. Eine Teilmenge   ist genau dann ein Mengenfilter oder Filter, wenn folgende Eigenschaften erfüllt sind

  1.   und  ,
  2.  ,
  3.  .

Diese Definition stimmt mit der oben gegebenen für echte Filter in Verbänden überein, da die Potenzmenge von X einen Verband bildet.

Beispiele für Mengenfilter
  •   heißt der von   erzeugte Hauptfilter.
  • Ist   ein topologischer Raum mit Topologie  , dann heißt   Umgebungsfilter von  .
  • Ist   eine unendliche Menge, dann heißt   Fréchet-Filter der Menge  .
  • Ist   ein nichtleeres Mengensystem von   mit folgenden Eigenschaften
    1.   und
    2.  ,
so heißt   Filterbasis in  . Ein solches Mengensystem erzeugt auf natürliche Weise einen Filter:
 
Dieser heißt der von   erzeugte Filter.
  • Ist   eine Abbildung zwischen zwei nichtleeren Mengen und   ein Filter auf  , so bezeichnet   den von der Filterbasis   erzeugten Filter. Dieser heißt Bildfilter von  .

Anwendungen in der Topologie

In der Topologie ersetzen Filter und Netze die dort i.a. unzureichenden Folgen. Man erhält dadurch oft analoge Sätze zu denen in metrischen Räumen.

Ist   ein topologischer Raum, dann sagt man, ein Filter   konvergiert gegen ein  , wenn  , d.h., wenn   feiner ist als der Umgebungsfilter   von  . Schreibweise:  .

So ist zum Beispiel eine Abbildung   zwischen zwei topologischen Räumen genau dann stetig, wenn für jeden Filter   mit   gilt, dass  . Hier zeigt sich, dass Filter ein durchaus brauchbares Hilfsmittel sind, topologische Eigenschaften zu charakterisieren.

Beachte, dass in einem nicht-hausdorffschen Raum ein Filter nicht gegen einen einzelnen Punkt konvergieren muss.

Siehe auch

Literatur

Zu den allgemeinen, ordnungs- und verbandstheoretischen Begriffsbildungen und ihren Anwendungen:

Zu den Anwendungen in der mengentheoretischen Topologie:

  • Boto v. Querenburg: Mengentheoretische Topologie. 3. Auflage. Springer, Berlin 2001, ISBN 3540677909
  • Thorsten Camps, Stefan Kühling und Gerhard Rosenberger: Einführung in die mengentheoretische und die algebraische Topologie. Heldermann, 2006, ISBN 3-88538-115-X