Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen

Straftatbestand, nach § 166 StGB der Bundesrepublik Deutschland
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Der auch als Gotteslästerungsparagraph bezeichnete § 166 StGB der Bundesrepublik Deutschland stellt die Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen unter Strafe.

Gesetzestext

(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.

Kritik an der Vorschrift

Kritiker lehnen diesen Paragraphen als so genannten Gummiparagraphen ab, insbesondere weil nicht klar sei, wie "Beschimpfung" zu definieren ist -- darunter könne jede negative Äußerung fallen. Noch fraglicher sei, wann eine solche "Beschimpfung" geeignet sei, den öffentlichen Frieden zu stören. (Die "Eignung" reicht, sog. abstraktes Gefährdungsdelikt!) Kritiker behaupten, eine solche "Friedensstörung" könne - analog zur Volksverhetzung - a priori konstruiert werden, wenn sich Gläubige beschwerten. Andererseits könne in politischen Wetterlagen, in denen die Verfolgung von Gotteslästerern nicht opportun ist, fast immer damit argumentiert werden, der Beschuldigte sei nur ein kleines Licht und hätte nicht damit rechnen müssen, daß seine Äußerungen eine breite Öffentlichkeit schockieren. So gab es auch Versuche, diesen Paragraphen zu verschärfen, indem der Halbsatz mit dem Frieden gestrichen werden und den Staatsanwaltschaften damit die Möglichkeit der Einstellung aus diesem Grunde genommen werden sollte. (Ein Beispiel einer Beschimpfung, die eindeutig nicht geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, steht noch aus - prinzipiell kann jede öffentliche Äußerung breitgetreten werden und einen Sturm der Entrüstung auslösen, um dies zu vermeiden, dürfte man sich nur im engsten Privatkreise äußern, womit dann das Tatmerkmal öffentlich nicht mehr gegeben werde. Iudex non deducat. )
Der Paragraph ist stark in der Kritik von atheistischen Gruppen und Kirchenkritikern sowie von Künstlern, die sich in ihrer Freiheit massiv beschnitten fühlen. Kurt Tucholsky meinte zu diesem "mittelalterlichen Diktaturparagraphen", er diskutiere nicht mit Leuten, die sich ihre Meinung strafrechtlich schützen lassen. (exakter Wortlaut?)

Rechtspraxis

Auf Grund des Gotteslästerungsparagraphen wurden etwa die Darstellung gekreuzigter Schweine und das Theaterstück Das Maria-Syndrom, in dem Maria über eine verunreinigte Klobrille befruchtet wird, verboten. Das Maria-Syndrom wurde darüber hinaus nicht einmal für Aufführungen vor einem "garantiert religionsgefühllosen Publikum" zugelassen; der öffentliche Friede ist offensichtlich bereits durch eine Aufführung gestört, egal wieviele Zuschauer sich beleidigt fühlen. Ein weiteres recht bekanntes Opfer des Paragraphen war Birgit Römermann, die in mehreren Instanzen wegen eines Jesus-Aufklebers mit dem Text "Masochismus ist heilbar" verurteilt wurde.

Trotz der angeblich neutralen Formulierung des Paragraphen sind keine Fälle bekannt, in denen wegen Beschimpfung von Atheisten verurteilt wurde.