Sendling

Stadtbezirk und Stadtteil von München
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Sendling ist ein Stadtteil der bayerischen Landeshauptstadt München.

Lage des Stadtbezirks 6 Sendling in München

Geografie

 
Die Alte Pfarrkirche St. Margaret vom Stemmerhof aus gesehen
 
Die neue Margaretenkirche

Das historische Sendling gliedert sich in Ober-, Mitter- und Untersendling.

Der heutige Stadtbezirk 6 Sendling (Mitter- und Untersendling) grenzt an folgende Stadtbezirke: im Norden an den Bezirk 8 Schwanthalerhöhe (Westend), nordöstlich an den Bezirk 2 Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt, im Osten wird Sendling von der Isar begrenzt, jenseits des Flusses liegt der Bezirk 18 Untergiesing-Harlaching. Im Süden grenzt an der Stadtbezirk 19 Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln und im Westen der Bezirk 7 Sendling-Westpark.

Von der Stadtmitte Münchens kommend gelangt man entlang der alten Fernstraße von München nach Wolfratshausen in südwestlicher Richtung über die Sendlinger Straße und den Sendlinger-Tor-Platz und weiter die Lindwurmstraße entlang über den Goetheplatz an den Sendlinger Berg, eine ausgeprägte Terrassenkante des Isartals mit der alten Kirche St. Margaret als markanten Punkt an der Stelle, wo die Lindwurmstraße in die in südlicher Richtung oben parallel zur Hangkante verlaufende Plinganserstraße mündet. Nach Norden setzt sich die Kante über die Theresienhöhe oberhalb des großen freien Areals der Theresienwiese, dem Veranstaltungsort des Oktoberfestes fort, wo sie von der Bavaria gekrönt wird.

Geschichte

Ca. 2300 - 800 v.Chr.: Die ältesten Knochenfunde auf dem Gebiet sind ca. 4000 Jahre alt. Menschen der älteren Bronzezeit siedelten hier auf dem Oberfeld nahe der Hangkante und begruben ihre Toten in Hockergräbern. Sie gehörten zur Glockenbecherkultur und betrieben Landwirtschaft. (Bauern gab es schon seit ca. 5000 oder 5500 v. Chr. in Südbayern, aber der Sendlinger Boden war wohl nicht sehr einladend.) Es folgte die Zeit der Hügelgräber- und der Urnenfelderkultur. Das Klima war relativ warm.

Etwa im 6. Jahrhundert n.Chr. gründete oder übernam ein germanischer Sippenchef namens Sentilo oder Sendilo die Siedlung, die fortan nach seinem Namen Sendling hieß. Die Endung -ing deutet auf eine relativ frühe Gründungszeit hin. Sendling als Siedlung ist also mindestens 1400 Jahre alt. Eine Gründungsurkunde existiert nicht.

Ab 760/782 finden sich erste urkundliche Erwähnungen im Zusammenhang mit Land- und Hofübertragungen u.a. an die Klöster Wessobrunn und Schäftlarn.

Aus dem Jahr 1048 stammt die erste zuverlässige Erwähnung Sendlings als Dorf, als villa Sendling. Die früheren Erwähnungen als in loco Sendling könnten auch einen Gutsbetrieb meinen.

 
Die Sendlinger Bauernschlacht 1705, Detail aus dem Fresko an der Nordfassade der alten Pfarrkirche St. Margaret

Im Jahr 1705 beendete die Sendlinger Bauernschlacht oder Sendlinger Mordweihnacht bei der Alten Sendlinger Kirche, in deren Verlauf aktenkundig an die 1100, vielleicht auch bis zu 3000 Bauern, Handwerker und Flößer der Landfahnen des seit Kurfürst Maximilian I. bestehenden Landsturms niedergemetzelt wurden, den Oberländer Bauernaufstand, der im Zusammenhang des Spanischen Erbfolgekriegs zu sehen ist. Der Schlachtruf der Aufständischen: Lieber bayrisch sterben, als österreichisch verderben! ist sprichwörtlich geworden.

1818 wurden unter dem Reformer Montgelas neue politische Gemeinden gebildet - Untersendling war eine davon, unter diesem Namen wurden Altsendling, aber auch Mittersendling, Neuhofen und die Sendlinger Heide (heute Theresienwiese und westlich davon) zusammenfasst.

Im 18. Jahrhundert dehnte sich mit dem Wachsen der Stadt München das urban besiedelte Gebiet über den Harras und Mittersendling nach Obersendling aus. In den Anfängen des Industriezeitalters werden entlang der Straße nach Wolfratshausen und westlich davon Fabrikanlagen und Firmenniederlassungen errichtet, die bis heute das Bild Sendlings mitbestimmen, die heute bedeutendste darunter war Siemens. 1872 wurde der Grundstein für das Sendlinger Zweigwerk von Krauss & Comp., der späteren Krauss-Maffei gelegt. Bis 1937 wurde allerdings dann die Produktion von den Werken Sendling, Marsfeld und Hirschau vollständig in das bereits 1922 begonnene Werk in Allach verlagert. Neben diesen beiden Großkonzernen gab es viele weitere Maschinen- und auch Tabakfabriken. Zeitgleich breiteten sich auch die Wohnviertel aus, zum einen in Form von Etagenblöcken für die Arbeiter, zum anderen als herrschaftliche Häuser, die den Übergang zu den Villenvororten Solln und Großhesselohe ankündigen. Eine zunehmend wichtige wirtschaftliche Rolle spielt das Großmarktareal in Untersendling, welches heute das drittgrößte Europas nach Paris und Mailand ist.

Zum 1. Januar 1877 wurden Unter- und Mittersendling nach München eingemeindet, zum 1. Januar 1900 dann Thalkirchen mit dem dazugehörigen Obersendling.

Nach 1945 gab es dann eine erneute Welle von Firmen- und Industrieansiedlungen.

Sehenswürdigkeiten

 
Denkmal für den "Schmied von Kochel" am Sendlinger Berg
  • Die Alte Pfarrkirche St. Margaret wurde 1705 zerstört und zwischen 1711-1712 neu aufgebaut. An der nördlichen Außenwand über dem Hauptportal stellt ein großes Fresko von Wilhelm Lindenschmit d. Ä. aus dem Jahr 1830 die Sendlinger Bauernschlacht dar. Das Gemälde und der Kirchenbau wurden 2003-04 gründlich restauriert, um für den 300. Jahrestag des Aufstandes zu Weihnachten 2005 gerüstet zu sein.
  • Sehenswert ist auch das Denkmal für den Schmied von Kochel, den legendären Anführer des Oberländer Bauernaufstands von 1705, der bei der Sendlinger Mordweihnacht den Tod fand. Die Statue steht am Ende der Lindwurmstraße gegenüber der Alten Sendlinger Kirche. Dem Schmied wurden in Oberbayern noch weitere Denkmäler errichtet, z. B. in Kochel und in Bad Tölz.
  • Die Neue Pfarrkirche St. Margaret (Margaretenkirche) mit ihrem beeindruckenden Tonnengewölbe gehört zu den größten Kirchen der Stadt und bringt mit ihrem weißen Turm und der Neobarock-Fassade italienisches Flair ins Viertel. 1891 hatte der Bauer Alois Stemmer vom benachbarten Stemmerhof zusammen mit zwei weiteren Sendlinger Landwirten, Kaffler und Berger, einen Kirchenbauverein für das Projekt gegründet und den Baugrund gestiftet. Dabei zahlte jeder der drei Bauern 100.000 Goldmark in die Vereinskasse, das wären in heutiger Währung 1 Million Euro. 1902 wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Schon bald wurde klar, dass die Kostenplanung der Architekten und Baufirmen nicht einzuhalten sein würde, bei Fertigstellung 1913 hatten die Baukosten den Kostenvoranschlag um 80% überschritten und die Stifter mussten weiteres persönliches Vermögen einbringen. Nur dank Pfarrer Alois Gilg (1909-1922) war es überhaupt gelungen, die Schwierigkeiten des Projektes zu überwinden und den Bau zu vollenden. Die große Orgel konnte 2002 komplett restauriert werden.
  • Der Stemmerhof war bis 1992 der letzte Bauernhof mit Milchwirtschaft im engeren Stadtgebiet Münchens. Er liegt an der Plinganserstraße direkt gegenüber der alten Pfarrkirche und beherbergt heute ein schönes Ensemble von Läden mit Schwerpunkt Ökologie und ein Café. Der Hof wirkt wie eine dörfliche Oase der Ruhe in der Hektik der Großstadt. Westlich angrenzend liegt die große Stemmerhofwiese, von der aus noch immer der ehemals ländliche Charakter des Stadtteils spürbar ist.
  • Der Harras ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt im Viertel, hier kreuzt sich die U-Bahn der Linie U6 mit der S-Bahn der Linien S7, S20 und S27 und mehreren Buslinien. Während der unterirdische Bahnhof ein nüchterner bis häßlicher Zweckbau aus den 70er Jahren ist, wartet der Platz an der Oberfläche mit mehreren architektonisch interessanten Gebäuden auf: An der Nordseite des im Grundriß dreieckigen Areals stehen aneinandergereiht mehrere Wohnhäuser im Art Deco-Stil, die Südseite wird begrenzt durch ein Postamt, das zu den Klassikern der baulichen Moderne in München gehört. Für die Postbauverwaltung der Weimarer Republik entwarfen die Architekten Robert Vorhoelzer und Franz Xaver Holzhammer ein vorgelagertes weißes Amtsgebäude mit einer Rotunde, dahinter erheben sich hohe Wohnblöcke, die der Platzwand Tiefe geben. Leider weichen diese Blöcke, da nicht durch die Post selbst betreut, heute farblich ab, noch dazu wurden sie im Nachhinein mit maßstablosen Kunststofffenstern ausgestattet. Unter dieser Bausünde leidet das Ensemble, das als typischer Vertreter des Neuen Bauens ohne jede Verzierung auskommt und hauptsächlich durch seine Volumina und Proportionen lebt, erheblich.
  • Der Flaucher, ein großer Grünzug mit Wald und Wiesen, Spielplätzen und dem gleichnamigen Biergarten in einem Forsthaus aus dem Jahre 1800 verbindet Sendling mit Thalkirchen. Er liegt am westlichen Ufer der Isar und erstreckt sich vom Heizkraftwerk an der Brudermühlbrücke (Mittlerer Ring) stadtauswärts bis zum Tierpark Hellabrunn. Beliebte Bade- und Grillplätze liegen hier am renaturierten Fluss rund um den langen Flauchersteg mit seinen Inseln und Kiesbänken und der je nach Wasserstand mehr oder weniger eindrucksvollen Staustufe an einem Knick im Flussverlauf.

Persönlichkeiten

Zitat: 1967 riefen die Studenten auf den Straßen die Revolution aus und ich, Christoph Süß, wurde in Sendling als Kind eines Lastwagenfahrers in jene sozial unterprivilegierte Arbeiterschicht hineingeboren, die sich keinen Deut um die revolutionären Parolen scherte, die sie doch aufrütteln sollten. Die ersten zehn Lebensjahre in Sendling waren ein Leben wie im Knast. Spielplätze, von Mauern umkerkert. Aufwachsen in sozialbetonierter Spießigkeit, schizophrenen, alkoholsüchtigen, gewalttätigen Irren ausgeliefert, die sich unsere Nachbarn nannten. Die Welt signalisierte: Dich will hier keiner! Also zogen wir um, nach Moosach. Moosach? Wenn Moosach angezündet und bis auf die Grundmauern niedergebrannt würde, es vergingen Wochen, bis die Welt davon erführe - es interessierte sie ohnehin nicht. Immerhin, dort hasste man uns Kinder nicht mehr, man konnte uns nur nicht leiden...

Statistik

(Stand 31. Dezember 2002, Quelle: Statistisches Taschenbuch 2003 der Stadt München)

  • Einwohner mit Hauptwohnsitz: 35102
  • Fläche: 393,80 ha
  • Einwohnerdichte: 89 pro ha
Commons: Munich – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

siehe auch: Liste der Stadtbezirke Münchens