Schleswig-Holstein meerumschlungen (oder das "Schleswig-Holstein-Lied", der kaum bekannte Titel lautet eigentlich "Wanke nicht, mein Vaterland") ist die Hymne Schleswig-Holsteins. Sie wurde 1844 beim Schleswiger Sängerfest vorgestellt. Die Melodie stammt von dem Schleswiger Kantor Carl Gottlieb Bellmann (* 1772; † 1862). Ein ursprünglich vom Berliner Rechtsanwalt Karl Friedrich Straß (* 1803; † 1864) geschriebener Text wurde kurz vor dem Fest von dem Advokaten Matthäus Friedrich Chemnitz (* 10. Juni 1815 in Barmstedt in Holstein; † 15. März 1870 in Altona) fast vollkommen neu geschrieben, um der damaligen Stimmung gerecht zu werden. In dem Lied wird der Wunsch nach einem geeinten und unabhängigen Schleswig-Holstein besungen.
Geschichte
Ausgehendes Mittelalter
Nachdem Adolf VIII., der Herzog von Schleswig und Graf von Holstein 1459 ohne Nachkommen gestorben war, war der Adelstand, dem die gesamte Verwaltung oblag und der von dieser profitierte besorgt, die beiden Landesteile weiterhin unter einem Landesherren zusammenzuhalten. Nachdem erste Versuche einen Nachfolger zu finden erfolglos waren, bot sich der dänische König Christian I. an. Er erreichte seine Wahl 1460 durch Zugeständnisse an die Adligen. So wurde unter anderem die Selbständigkeit Schleswigs und Holsteins gegenüber dem Königreich Dänemark bestätigt (außer der Personalunion bestanden keine staatsrechtlichen Verbindungen zwischen Schleswig, Holstein und Dänemark) und zugesichert "dat se bliven ewich tosamende ungedelt" (dass sie ewig zusammen ungeteilt bleiben). Dennoch kommt es bereits 1490 zu einer ersten Aufteilung zwischen den Söhnen Christian I. Es folgen 350 Jahre Geschichte mit immer wieder wechselnden Grenzen und auch Kriegen.
Nationaler Aufbruch
Im 19. Jahrhundert verbreitete sich in Europa die Nationalstaatsidee, nach der Völker ihre individuellen, durch Geschichte, Kultur und Sprache geprägten Eigenheiten am besten in einem nationalen Staat entfalten können. Nach den napoleonischen Kriegen und dem dadurch verursachten Staatsbankrott Dänemarks 1813 wird die Bevölkerung Schleswigs und Holsteins mehr zur Finanzierung der folgenden Währungsreform herangezogen als die dänische. Dies ist der Beginn von Gegensätzen zwischen Deutschen und Dänen. In Schleswig-Holstein werden die südlichen Herzogtümer Holstein und Lauenburg 1815 Mitglieder des deutschen Bundes, während vom Norden dänischer Einfluss immer stärker wird.
In dieser Zeit des nationalen Aufbruchs beginnt eine Politisierung der Herzogtümer. 1835 werden Ständeversammlungen, die ersten modernen Parlamente, gebildet und es entsteht eine politische Öffentlichkeit. Von 1838 bis 1842 kommt es zu einem Verbot politischer Versammlungen. Auf der einen Seite forderten immer mehr Stimmen eine Eigenständigkeit der "deutschen" Herzogtümer Schleswig und Holstein, auf der anderen Seite wurden in Nordschleswig dänische Zeitungen gegründet und 1840 Dänisch als Amtssprache eingeführt. Der Versuch, Dänisch als gleichberechtigte Sprache neben dem Deutschen in ganz Schleswig einzuführen scheitert in der Ständeversammlung.
Schleswiger Sängerfest
Das Schleswiger Sängerfest 1844 war wie praktisch alle größeren Versammlungen auch von politischer Bedeutung. Auf der kurz vorher stattgefunden habenden Ständeversammlung mißbilligte der dänische König Christian VIII. den Streit, der auf der Ständeversammlung von 1842 um eine als Provokation aufgefasste dänische Wortmeldung eines Abgeordneten ausgebrochen war. Vermutlich als Reaktion auf diese als ungerecht empfundene Zurechtweisung wird darauf kurz vor dem Sängerfest der Text des Schleswig-Holstein-Liedes von Matthäus Friedrich Chemnitz neu geschrieben, um dem Wunsch nach Einheit und Unabhängigkeit mehr Ausdruck zu verleihen. Insbesondere änderte er den Liedanfang "Schleswig, Holstein" zu "Schleswig-Holstein" mit Bindestrich, um die Einheit und Eigenständigkeit zu betonen. Von den ursprünglichen vier Strophen behielt er nur drei Zeilen bei. Das Lied wurde nach seiner Vorstellung auf dem Sängerfest schnell populär und auch zum Kampflied für Freiheit und Unabhängigkeit.
Weitere Geschichte
Die politischen und nationalen Spannungen führten 1848 zum ersten Schleswigschen Krieg ("Dreijähriger Krieg"), der 1851 mit dem Sieg Dänemarks über die Schleswig-Holsteiner endete, die zugrunde liegenden Probleme jedoch nicht löste. Als Folge des Krieges erhielt die dänische Bewegung in Nord- und Mittelschleswig großen Zulauf. Die dänischen Regierung verpflichtet sich 1851/1852 in Absprachen mit den europäischen Großmächten, den Gesamtstaat in seiner vorherigen Form mit gleichgestellten Landesteilen wiederherzustellen.
1855 wurde eine von der dänischen Regierung vorgelegte zweisprachige Verfassung von der holsteinischen Ständeversammlung verworfen und 1858 vom Bundestag in Frankfurt für ungültig erklärt. Die ablehnende Haltung der deutschen Politik führte dazu, dass Dänemark im November 1863 eine gemeinsame Verfassung für das Königreich Dänemark und das Herzogtum Schleswig erließ und dem Herzogtum Holstein eine eigene Verfassung und Verwaltung zusagte. Dieser Bruch der Vereinbarungen von 1851/1852 führte zum Streit mit dem südschleswigschen Landesteil, Holstein und den Staaten des Deutschen Bundes.
Als Dänemark im Januar 1864 der Aufforderung Preußens nicht nachkommt die strittige Verfassung wieder aufzuheben, kommt es zum Deutsch-Dänischen Krieg ("Zweiter Schleswigscher Krieg"), der im selben Jahr mit dem Sieg Preußens und Österreichs endet. In Folge des Krieges ging die Regierung der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg an Preußen und Österreich über. Nach dem Preußisch-Österreichischem Krieg verleibt sich Preußen die Herzogtümer als Provinz Schleswig-Holstein ein.
Aufgrund einer Bestimmung im Versailler Vertrag nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wird im mittleren und nördlichen Teil Schleswigs 1920 eine Volksabstimmung über die nationale Zugehörigkeit durchgeführt. Dabei fällt der nördliche Teil Schleswigs Dänemark zu.
Liedtext
Wanke nicht, mein Vaterland | ||
---|---|---|
 
– 1 – |
– 2 – |
– 3 – |
 
– 4 – |
– 5 – |
– 6 – |
 
|
– 7 – |
|
Erläuterungen
Einige Formulierungen im Liedtext sind durchaus metaphorisch zu verstehen. Mit "Doppeleiche" und "stammverwandt" ist das Bild einer zweistämmigen Eiche gemeint die zwar getrennt wächst ("Schleswig" und "Holstein"), aber doch vereint ist. "Unter einer Krone Dach" symbolisiert den Wunsch nach einer gemeinsamen Regierung. "Drohender Nord" und "milder Süd" sind nicht nur die Winde, sondern auch Metaphern für Dänemark beziehungsweise Deutschland. "Wilde Brandung" steht für störende Einflüsse von außen, "innere Stürme" für die Auseinandersetzungen innerhalb Schleswigs.
Mit den Angaben "Belt am Ostseestrand" (Ostsee im Osten), "Flut an der Düne" (Nordsee im Westen), "Königsau" (im Norden) und "Holstengau elbwärts" (Elbe im Süden) werden, wie im Lied der Deutschen für Deutschland, die Grenzen Schleswig-Holsteins umrissen. Das besungene Vaterland ist auch nicht etwa Deutschland, sondern ein deutsches Schleswig-Holstein.
Siehe auch: Liste der Nationalhymnen, Liste deutschsprachiger Regionalhymnen
Weblinks
- http://www.liedertafel.business.t-online.de/Schleswig_Holstein.htm – MP3 mit erster Strophe
- http://www.geschichte.schleswig-holstein.de/vonabisz/schleswig-holstein-lied.htm – Das Schleswig-Holstein-Lied bei der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte
- http://www.ahnenforschung-sh.de/history/d/geschichte.htm – Kurzer Abriss der Geschichte Schleswig-Holsteins