Tasmanische Sprachen

Sprachgruppe
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Die tasmanischen Sprachen sind die Sprachen der Ureinwohner Tasmaniens. Diese wurden im 19. Jahrhundert von den englischen Kolonisatoren innerhalb von 80 Jahren systematisch ausgerottet, damit waren auch die tasmanischen Sprachen ausgestorben.

Die tasmanische Sprachgruppe und ihre Beziehungen

Man geht davon aus, dass zu Beginn des 19. Jahrhunderts etwa 5.000 Tasmanier rund zehn verschiedene Sprachen gesprochen haben. Die Aufzeichnungen über diese Sprachen sind äußerst dürftig und fehlerhaft. Gesammelt liegen sie vor bei Plomley 1976, die Hälfte des Materials stammt von George August Robinson und wurde 1829-34 aufgezeichnet, aber erst in den 1950er Jahren wiederentdeckt. Fast die gesamten Aufzeichnungen (Seefahrer, Kolonisten, Material aus den Konzentrationslagern) besteht aus einfachen kurzen Wortlisten, die ohne jegliche linguistische Kompetenz nach dem Gehör aufgezeichnet wurden.

Wegen der Dürftigkeit des Materials ist nicht einmal klar, ob die tasmanischen Sprachen genetisch miteinander verwandt waren und eine einzige oder mehrere Sprachfamilien bildeten.

Auch die externen Beziehungen der tasmanischen Sprachen sind nicht geklärt (und werden wohl auch nicht geklärt werden können). Tasmanien wurde bereits vor mindestens 35.000 Jahren von Norden aus über die damals existierende Festlandverbindung zu Australien besiedelt. Die Überflutung der Bass-Straße durch Erhöhung des Meeresspiegels am Ende der letzten Eiszeit vor etwa 12.000 Jahren isolierte die Tasmanier von den Bewohnern des australischen Kontinents, so dass kulturelle und technische Innovationen nicht mehr ausgetauscht werden konnten. Dennoch ist es wahrscheinlich, dass die tasmanischen Sprachen mit den australischen Sprachen entfernt verwandt sind, wenn auch kaum gemeinsame Wortwurzeln identifiziert werden konnten. Crowley-Dixon 1981 formulieren: All we can say, is that there is no evidence that Tasmanian languages were not related to languages spoken on the mainland.

Dagegen wird die indopazifische Hypothese Joseph Greenbergs allgemein abgelehnt. Nach Greenberg sind die tasmanischen Sprachen zwar nicht mit den australischen, aber mit den geographisch weit entfernten Papua-Sprachen und den andamanischen Sprachen verwandt (siehe den Artikel Indopazifisch).

Einzelsprachen

Bei der Dürftigkeit des Materials ist eine Identifizierung einzelner Sprachen natürlich sehr problematisch. Crowley-Dixon 1981 kommen zu mindestens sechs, maximal acht Einzelsprachen, die durch ihre geographische Lage definiert sind. Originalnamen sind in keinem Fall erhalten geblieben.

  • Zentral-Tasmanisch †   Dialekte: Oyster Bay, Big River, Little Swanport
  • Südost-Tasmanisch †
  • Nordost-Tasmanisch †   Dialekte: Piper River, Cape Portland, Ben Lomond; Nord
  • North Midlands-Tasmanisch †
  • Port Sorell-Tasmanisch †
  • Nordwest-Tasmanisch †   Dialekte: Nordwestküste, Robbins Island, Circular Head
  • Südwest-Tasmanisch † (unsicher)
  • Macqarie Harbour-Tasmanisch † (unsicher)

Sprachliche Charakteristik

Bei der schon mehrfach angesprochenen Dürftigkeit des vorliegenden Materials ist es äußerst schwierig, substantielle Aussagen über die Eigenschaften der tasmanischen Sprachen zu machen. Die folgenden Bemerkungen basieren auf Crowley-Dixon 1981.

Das phonologische System scheint dem der australischen Sprachen geglichen zu haben: es gab mindestens vier Verschlusslaut-Serien (bilabial, apico-alveolar, laminal und dorso-velar), einen Lateral, zwei r-Laute und zwei Halbvokale. Alle Verschlusslaute können nasaliert werden. Wörter bestehen in der Regel aus zwei Silben, Konsonantenhäufung ist im Wortinnern häufig, am Wortanfang selten.

Die Morphologie war suffigierend, allerdings ist es kaum möglich, die Funktionen isolierbarer Suffixe zu verstehen. Über syntaktische Funktionen und ihre Markierung (Kennzeichnung) sowie über die grundlegende Wortfolge im Satz lassen sich kaum Aussagen machen. (Die wenigen Sätze, die aufgezeichnet wurden, scheinen SVO nahezulegen.) Das Adjektiv folgt seinem Nomen.

Zwei Pronomina sind identifizierbar. Südost-tasmanisch lauten sie mina "ich" und nina "du", in den anderen Sprachen sind die entsprechenden Formen oft sehr abweichend, die /m/-/n/-Opposition bleibt aber erhalten.

Literatur

  • Terry Crowley and R. M. W. Dixon: Tasmanian. In: R. M. W. Dixon and Barry J. Blake (Hrsg.): Handbook of Australian Languages. Volume II. John Benjamins, Amsterdam 1981.
  • Terry Crowley: Tasmanian Aboriginal Language: Old and New Identities. In: Michael Walsh and Colin Yallop (Hrsg.): Language and Culture in Aboriginal Australia. Aboriginal Studies Press, Canberra 1993.
  • N. J. B. Plomley: A Word-List of the Tasmanian Aboriginal Languages. Selbstverlag, Launceston 1976.
  • John Lynch: Pacific Languages. An Introduction. University of Hawai'i Press, Honolulu 1998.

Siehe auch