Quantenmechanische Messung
- No elementary phenomenon is a real phenomenon until it is a measured phenomenon. (John Archibald Wheeler)
In der Quantenmechanik ist jede Messung einer Observablen (beobachtbare/messbare Größe) eines Systems mit einer Veränderung des Systems verbunden. Sobald man eine Größe misst, legt dies den Zustand des Systems in Bezug auf diese Größe fest, auch wenn dieser vorher unbekannt war. Der Umstand, dass das System dadurch so verändert wird, dass es in Bezug auf andere Größen seine Festlegung verliert, führt zur Heisenberg'schen Unschärferelation.
Beispiele
Als Beispiel kann man etwa die Polarisation von Licht betrachten. Ein Polarisator lässt nur eine bestimmte Polarisationsrichtung (Schwingungsrichtung) des Lichtes durch. Wenn nun unpolarisiertes Licht auf den Polarisator trifft, so wird nur ein Teil durchgelassen. Dieser ist genau der entsprechend zur Polarisatorachse linear polarisierte Teil. Indem man also die Polarisation des Lichtes untersucht hat, hat man diese gleichzeitig festgelegt; der Strahl nach dem Polarisator hat ja eine genau definierte Polarisation.
Ein weiteres Beispiel ist der Stern-Gerlach-Versuch, in dem ein Atomstrahl nach dem Gesamtspin aufgeteilt wird.
Formale Fassung
Die Zustände eines physikalischen Systems werden in der Quantenmechanik mathematisch durch die normierten Elemente des zugrundeliegenden Hilbertraumes beschrieben, d.h. das innere Produkt des Zustandes mit sich selbst ist 1. Ein solcher Zustand beschreibt beispielsweise ein Teilchen in einer Raumdimension und der Hilbertraum H ist in diesem Fall der Raum der quadratintegrablen Funktionen über den reellen Zahlen. Das Skalarprodukt im Hilbertraum wird dabei durch zwei eckige Klammern bezeichnet, d.h. für zwei Elemente . Die Norm von ist durch gegeben.
Der Hilbertraum wir als separabel angenommen, so dass eine abzählbare (oder abzählbar dichte) orthonormale Basis von Zustandsvektoren existiert, mit . In einem solchen Raum hat jeder Zustandsvektor eine eindeutige Darstellung (Zerlegung)
- .
Messung von Ort und Impuls
Die bei der quantenmechanischen Messung beobachbaren Größen werden Observable genannt und in diesem Rahmen durch lineare Operatoren auf dem Hilbertraum dargestellt. In der Schrödinger Darstellung wird beispielsweise der Ortsoperator im eindimensionalen Hilbertraum der quadratitegrablen Funtionen durch die folgende Wirkung auf den Zustandsvektor definiert
- .
Für den dazu kanonisch konjugierten Impulsoperator ergibt sich im Impulsraum eine ähnliche Darstellung
- .
wobei mit die Fouriertransformierte zum Zustand gemeint ist. Für die Darstellung des Impulsoperators im Ortsraum ergibt sich die folgende Wirkung
- .
Ein Theorem von fundamentaler Bedeutung für hermitesche Operatoren ist das sogenannte Spektraltheorem welches besagt, dass für jeden beliebigen hermiteschen Operator eine eindeutige Spektraldarstellung existiert, so dass
- .
Die Darstellung , mit reell, ist eine einparametrige Familie von kommutierenden Projektionsoperatoren mit den folgenden Eigenschaften:
1. Die Familie ist monoton steigend:
- für
2. Die Familie ist rechtsseitig stetig:
3. Es besthen die folgenden Grenzwerte:
wobei I den Einheitsoperator bezeichnet.
Beispiele
Es ergibt sich für den Ortsoperator die der Spektralprojektor
wobei die Heaviside-Funktion ist.
Für den Impulsoperator erhält man die Spektralprojektion durch Anwendung der Fouriertransformation
der Wellenfunktion. Es ergeben sich somit für den Impulsoperator im Ortsraum die folgenden Spektralprojektoren
- .
Vollständigkeit und Orthogonalität
Für eine formale Darstellung der Skala eines Messinstrumentes ist die sogenannte orthogonale Spektralzerlegung des Einheitsoperators geeignet. Dazu betrachtet man beispilesweise eine Zerlegung der reellen Achse in die "überlappungsfreien" Intervalle
und definiert die entsprechenden Spektralprojektoren
- .
Aus den Bedinungenen 1-3 folgt damit die sogenannte Vollständigkeitsrelation
und die wichtige Orthogonalitätsrelation
- Fehler beim Parsen (SVG (MathML kann über ein Browser-Plugin aktiviert werden): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „http://localhost:6011/de.wikipedia.org/v1/“:): {\displaystyle \textstyle \Delta E_{x_\alpha}\Delta E_{x_\beta}=\delta_{\alpha,\beta}\Delta E_{x_\beta}} .
Im Rahmen des quantenmechanischen Messprozesses wird durch die Vollständigkeit gewährleistet, dass bei jeder Messung ein Messwert gefunden werden kann. Die Orthogonalität sorgt dabei für Eindeutigkeit dieser Zuordnung, d.h. es gibt kein Ereignis dem Zwei unterschiedliche Werte auf der Skala des Messgerätes zugehörig sind.
Observablen und Operatoren
In der Quantenmechanik wird allgemein jeder Observablen (z.B. Energie, Impuls usw.) ein hermitescher Operator zugeordnet. Beispiele hierfür sind:
Observable | Operator |
---|---|
Energie | Hamilton-Operator |
Impuls | Impulsoperator |
Ort | Ortsoperator |
Eigenwertproblem und Kollaps der Wellenfunktion
Als mögliche Ergebnisse einer Messung der Observablen sind in der Quantenmechanik nur die Eigenwerte des zugeordneten Operators möglich. Observable, Zustand und Messergebnis sind also über eine Eigenwertgleichung verknüpft:
Bemerkung: Die Eigenwertgleichung des Hamilton-Operators, also die Energieeigenwertgleichung entspricht der zeitunabhängigen Schrödingergleichung.
Das oben beschriebene Phänomen, des Eingriffs ins System, wird in der Quantenmechanik formal in folgendes Axiom gefasst:
Axiom: Die Messung einer Observablen , der der Operator zugeordnet ist, ergebe den Eigenwert .
Nach der Messung befindet sich das System im Eigenzustand , der zu diesem Eigenwert gehört. |
Misst man also eine Observable des Systems, so kann man aus dem Messergebnis direkt auf den Zustand des Systems nach der Messung schließen. Dies bedeutet aber auch, dass man keine Größe eines Quantenmechanischen Systems messen kann, ohne es zu zerstören. Dies nennt man auch Kollaps der Wellenfunktion.
Erwartungswert und Standardabweichung
Der Erwartungswert einer Observablen bei der Messung am Zustand ergibt sich nach folgender Formel:
Die Unsicherheit dieser Messung wird durch die Standardabweichung ausgedrückt:
Literatur
- Kurt Baumann, Roman U. Sexl: Die Deutungen der Quantentheorie - 3., überarbeitete Aufl. Vieweg, Braunschweig 1987. (Facetten der Physik ; Band 11) Kritische Überlegungen ergänzt mit berühmten Originalabhandlungen in deutscher Übersetzung von Max Born, Werner Heisenberg, Albert Einstein, Niels Bohr, Erwin Schrödinger, Wladimir Fock, David Bohm, John Bell, Bryce DeWitt - ISBN 3-528-28540-0