Devaneya Pavanar

tamilischer Schriftsteller und Nationalist
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Devaneya Pavanar (Tamil: தேவநேய பாவாணர், Tēvanēya Pāvāṇar, Tevaneya Pavanar bzw. Devaneya Pavanar oder ஞா. தேவநேயன், Ñā. Tēvanēyaṉ, Na. Tevaneyan bzw. G. Devaneyan; * 7. Februar 1902 in Sankaranayinar Koil, Tamil Nadu, Indien; † 15. Januar 1981 in Madurai, Tamil Nadu, Indien) war ein tamilischer Schriftsteller, Dravidologe und ein tamilischer Nationalist.

Pavanar schrieb mehr als 35 Bücher. Er initiierte das „Etymologische Wörterbuch-Projekt“ für Tamil (Etymological Dictionary Project). In seinem Werk vertrat er die wissenschaftlich völlig unhaltbare Ansicht, dass das Tamil sich vor Jahrhunderttausenden als älteste Sprache der Menschheit auf einem heute versunkenen Kontinent „Kumari Kandam“ entwickelt habe und dass alle anderen Sprachen der Menschheit vom Tamil abstammten. Auch glaubte er, dass es seine göttliche Mission sei, der Welt dieses Wissen zu vermitteln. Zudem schrieb er viele Musikstücke und Gedichte, unter anderem die Venpa-Sammlung. Der Titel Senthamiḻ Selvar wurde ihm 1979 vom Bundesstaat Tamil Nadu verliehen. Er wurde auch als Moḻi Ñayiru (மொழி ஞாயிறு, Sonne der Sprache) bezeichnet.

Biografie

Gnanamuthu Devaneyan Pavanar wurde am 7. Februar 1902 in Sankaranayinar Koil, Tamil Nadu, geboren. Seine Eltern waren Gnanamuthu und Paripuranam. Er ging in der C.M.J. High School, Palayankottai, SSLC (1916-1918), zur Schule und wurde in der Madras University zum Lehrer ausgebildet. Pavanar heiratete 1930 und hatte vier Söhne und eine Tochter, welche das vierte Kind war.

Er arbeitete von 1922-1944 an mehreren High Schools als Tamil-Lehrer. Während dieser Zeit betrieb er autodidaktische Studien der dravidischen Philologie und der vergleichenden Linguistik.

1944-1956 fungierte er als Tamil-Lehrer am Municipal College in Salem. Von 1956-1961 war er Lektor für dravidische Philologie an der Annamalai Universität. Er war Mitglied des Tamil-Entwicklungs- und Forschungskonzils, das von der Nehru Universität im Jahr 1959 eingeführt wurde. Als solche arbeitete er an Tamil-Büchern für Schule und College mit. Von 1974 an war er Direktor des Tamil Etymological Project (einem nationalistisch eingefärbtem pseudowissenschaftlichem Versuch, sämtliche Sprachen der Welt auf das Tamilische zurückzuführen, der in der dravidologischen Fachwelt keinerlei Beachtung findet) und war Präsident der internationalen Tamil-Liga in Tamil Nadu.

„The Primary Classical language of the World“

 
Der Kontinent bzw. Lemuria, welcher untergegangen sein soll. Dass es einen solchen Kontinent gab, wird von modernen Wissenschaftlern ausgeschlossen.

In diesem Buch aus dem Jahr 1966 gibt Pavanar einige außergewöhnliche, wissenschaftlich völlig unhaltbare Meinungen wider. Er behauptete allen Ernstes, dass das Tamil die "natürlichste" und älteste Sprache der Welt sei, von der alle anderen Sprachen der Welt abstammen würden. Er war der Meinung, dass die klassische Tamil-Literatur, die Sangam-Literatur, die heute vom Großteil der Wissenschaftler auf 300 v. Chr. bis 600 n. Chr. datiert wird, auf 10.000 bis 5.500 v. Chr.[1] zu datieren sei. In seinem Buch argumentierte er, dass hunderte Wörter des Sanskrit auf tamilische Wurzeln zurückzuführen sind. Pavanar behauptet auch, dass Tamil "überlegener" und "göttlicher" sei als Sanskrit, eine Kategorisierung von Sprachen, die ihn aus jedem wissenschaftlichen Diskurs ausschließt. Nach seiner Ansicht entstand das Tamil in einem mythischen Lemuria (Tamil: இலெமூரியா Ilemūriyā), dem Ursprung der Zivilisation, Land des Ursprungs aller Sprachen. Er lebte in dem Wahn, dass Beweise für das Alter des Tamilischen systematisch von Sanskritisten unterdrückt werden würden.

Schon in der Einleitung seines Buchs wird die gesamte verschrobene Weltsicht Pavanars deutlich:

Es gibt keine andere Sprache der Welt wie Tamil, welche eine dermaßen große Beschädigung durch natürliche und menschliche Faktoren durchleben musste, und dermaßen viel Ungerechtigkeit durch bösartige Fremde und betrügerische Inländer erfahren hat. Der generelle Glaube daran, dass alle Kunst und Wissenschaft durch die Zeit fortgeschritten sei, wurde durch die Philologie falsifiziert. Schuld an diesem falschen Glauben sind falsche Hypothesen, wonach die Herkunft der Tamilen die mediterrane Region sein soll, und die Annahme, dass Sanskrit, ein nach-vedischer, halbkünstlicher Mischliteratur-Dialekt, wenn man so will das indische Esperanto, der Prototyp der indo-europäischen Art des Sprechens sei. Der Westen weiß bis heute nicht, dass Tamil eine hochentwickelte klassische Sprache lemurianischer Herkunft ist, sowie dass Tamil früher wie auch heute noch systematisch von den Sanskritisten in öffentlichen und privaten Sektoren unterdrückt wird, seitdem die vedischen Bettelmönche in den Süden migrierten. Sie waren durch ihre überlegende Hautfarbe und durch die primitive Gutgläubigkeit der antiken Tamil-Könige in Vorteil, präsentieren sich als irdische Götter (Bhusuras) und ließen die Tamilen glauben, dass deren Sprache bzw. Literaturdialekt von der Herkunft her göttlich bzw. überirdisch sei.

Pavanar's abstruse Zeitlinie für die Entwicklung der tamilischen Sprache lautet wie folgt:

  • ca. 500.000 v. Chr. : Beginn der Entwicklung des Menschen
  • ca. 200.000 to 50.000 v. Chr. : Evolution des Tamilen bzw. des „homo dravida“[2]
  • ca. 200.000 to 100.000 v. Chr. : Beginn des Tamil
  • ca. 100.000 to 50.000 v. Chr. : Aufstieg und Entwicklung des Tamil
  • 50.000 v. Chr. : Kumarikkandam-Zivilisation
  • 20.000 v. Chr. : Eine verloren gegangene tamilische Kultur auf der Osterinsel, welche eine fortgeschrittene Zivilisation barg.
  • 16.000 v. Chr. : Untergang Lemurias
  • 6.087 v. Chr. : Entstehung der zweiten Sangam-Periode durch einen Pandya-König
  • 3.031 v. Chr. : Ein Chera-Prinz wandert auf den Salomon-Inseln und fand wilden Rohrzucker vor und beginnt dessen Kultivierung in Tamil Nadu.
  • 1.780 v. Chr. : Entstehung der dritten Sangam-Periode durch einen Pandya-König
  • 7. Jhd. v. Chr. : Tolkappiyam, das erste Tamil-Grammatikwerk entsteht

Im Kapitel Tamil ist göttlicher als Sanskrit, gibt Pavanar "Gründe" an, warum er Tamil für "göttlicher" als Sanskrit hält um die "Höchste Klassizität des Tamil" zu beanspruchen:

Tamil Sanskrit
Einfach und ursprünglich. korrumpiert.
Gesprochene und lebendige Sprache. Halbkünstlicher literarischer Dialekt.
Von lemurianischer Herkunft. Von indischer Herkunft.
Schriften sind gemeinverständlich. Schriften sind esoterisch.
Bezug auf Kosmopolitismus. Unterteilung der Gesellschaft in mehrere Kasten auf Basis von Geburt und Herkunft.
Asketischer Zugang für alle. nur für Brahmanen.
Höhere Bildung für alle. Höhere Bildung nur für Sanskritisten.
Aufforderung zur Übergabe von Geschenken an Bedürftige. Nur Spenden an Sanskritisten erlaubt.
Liebe und Wahrheit. Liebe von Schwindel und Plagiarismus.
Betonung auf Liebe um den göttlichen Segen zu erhalten. Betonung auf Wissen um Eins mit der universellen Seele zu werden.
Hat Shivaismus und Vishnuismus als monotheistische Religionen. Hat ein System von Opfern an kleine Götter als Religion.
Literarische Beschreibungen natürlich. Literarische Beschreibungen imaginär.

Rezeptionen zu Devaneya Pavanar

Pavanars Thesen stehen in offenkundigem Widerspruch zu den Erkenntnissen der anthropologischen, historischen und linguistischen Forschung und werden im wissenschaftlichen Diskurs entsprechend weder rezensiert noch referenziert. Er findet sich jedoch in Werken bezüglich sprachlichem Aktivismus, nationalen Mystizismus (Ramaswamy 1997, 2004) und indischen Nationalismus (Kaiwar et al. 2003) wieder. Wertschätzung genießt er indes unter tamilischen Nationalisten:

  • Der tamilische Poet Bharatidasan bezeichnete Pavanar als „König aller Tamilen“.
  • Centre of Excellence for Classical Tamil [3]: „Sattambi Swamigal's Adhibhasa, welches versuchen wird, Tamil (in der Fachwelt) als älteste Sprache zu etablieren, wird auch einen Impuls zu Pavanars Entdeckung anbieten.“
  • Die literarischen Arbeiten und Bücher von Pavanar wurden durch die Regierung Tamil Nadus im Rahmen des "goldenen Jubiläums nationaler Unabhängigkeit" "nationalisiert" (2006). Das heißt, dass das copyright der Werke Pavanars nun in der Hand des Bundesstaats Tamil Nadu liegt, seine Erben wurden finanziell entschädigt.[4][5]
  • M. Tamil Kudimagan, Ex-Minister für Tamil-Entwicklung der Regierung Tamil Nadus, schrieb in die Einleitung des 2001 neu überarbeiteten Werks "The Primary Classical Language of the World": „Wir sind die Anhänger von Pavanar und wir werden alle Ideale von Pavanar in jedem erdenklichen Weg nachfolgen.“

Preise und Ehrungen

  • Diverse Silber- und Kupferplatten tamilischer Nationalisten
  • Im Februar 2006 wurde eine Erinnerungsbriefmarke Devaneya Pavanars in Chennai herausgebracht.

Bibliografie

Englisch
  • The Primary Classical Language of the World, Katpadi Estension, North Arcot Dt., Mukkudal (Nesamani Publishing House), Paari Nilayam, Madras (1966), Nachdruck Chennai : G. Elavazhagan, 2001.
  • The language problem of Tamil Nad & its logical solution, Mani, Katpadi Extension, North Arcot Dt. 1967
  • An Epitome of the Lemurian Language and its ramifications 1980

Quellen

  1. Historical Heritage of the Tamils By Ka. Ta. Tirunāvukkaracu, Ca. Vē. Cuppiramaṇiyan̲, International Institute of Tamil Studies (1983), p. 178
  2. Ein Begriff von Edgar Thurston's: Shades of Wildness Tribe, Caste, and Gender in Western India, The Journal of Asian Studies (1997), p. 730.
  3. Abteil der indischen Regierung für klassisches Tamil Erstes nationales Beratungstreffen (November 18 & 19, 2005)
  4. http://www.tn.gov.in/pressrelease/archives/pr2006/pr080706/pr080706fg.htm
  5. Direktorium der Tamil-Entwicklung, Regierung Tamil Nadus

Literatur

  • Iravatham Mahadevan, Aryan or Dravidian or Neither? A Study of Recent Attempts to Decipher the Indus Script (1995-2000) EJVS (ISSN 1084-7561) vol. 8 (2002) issue 1 (March 8).[1]
  • Vasant Kaiwar, Sucheta Mazumdar, Robin Nelson, Antinomies of Modernity: Essays on Race, Orient, Nation (2003), p. 141.
  • P. Ramanathan (trans.), Nostratics - The Light From Tamil According to Devaneyan (1977-80 studies of G. Devaneyan on the spread in different Language families of the world of derivatives from 22 basic Tamil words), Chennai: The Tirunelveli South India Saiva Siddhanta Works Publishing Society Ltd., 2004.
  • Sumathi Ramaswamy, Passions of the Tongue: Language Devotion in Tamil India, 1891-1970, Studies on the History of Society and Culture , No 29, University of California Press (1997), ISBN 978-0520208056.
  • Sumathi Ramaswamy, The Lost Land of Lemuria: Fabulous Geographies, Catastrophic Histories University of California Press (2004), ISBN 978-0520244405.
  • Mu Tamilkkutimakan , Pavanarum tanittamilum, Moli ñayiru Tevaneyap Pavanar Arakkattalaic Corpolivu (On linguistics and historical philosophy of Ñā. Tēvanēyaṉ), International Institute of Tamil Studies, Ulakat Tamilaraycci Niruvanam (1985).
  • Sahitya Akademi, Tevaneyap Pavanar, Cakittiya Akkatemi, 2002, ISBN 9788126014996.