G-Protein-gekoppelte Rezeptoren

Rezeptoren [G-prot.] (-Aktivierer: adreno,opiat,++/- Blocker: beta,alpha,mu,kappa...)
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Der Begriff G-Protein-gekoppelte Rezeptor (kurz GPCR) wird in der Biologie für Zielstrukturen (Rezeptoren) verwendet, die an die Zellmembran gebundenen sind und die Signale über GTP-bindender Proteine (kurz G-Proteine) in das Zellinnere weiterleiten (Signaltransduktion). Sie sind Zielstrukturen für Hormone wie Adrenalin oder Glucagon und Neurotransmitter wie Serotonin und Acetylcholin. Ebenso sind sie für die Verarbeitung von Licht-, Geruchs- und Geschmacksreizen verantwortlich. Beim Menschen sind derzeit über 800 verschiedene G-Protein-gekoppelte Rezeptoren bekannt.

Vorkommen

G-Protein-gekoppelte Rezeptoren kommen ubiquitär in der Natur vor. Sie können nicht nur bei Wirbeltieren und Wirbellosen gefunden werden. Darüber hinaus konnten G-Protein-gekoppelte Rezeptoren in Protozoen (z.B. Amöben) und in Pilzen gefunden werden. Auch im Pflanzenreich konnte das Vorkommen G-Protein-gekoppelter Rezeptoren aktuell am Beispiel der Acker-Schmalwand nachgewiesen werden. Hier wird eine Rolle als Rezeptor für Phytohormone diskutiert.

Einige Photorezeptoren mit einer Struktur, die G-Protein-gekoppelten Rezeptoren ähnelt, können sogar bei Archaebakterien gefunden werden (Bacteriorhodopsine). Diese bakteriellen Rezeptoren haben jedoch keine Verwandtschaft zu Photorezeptoren höherer Tiere und können auch keine G-Proteine binden.

Struktur

 
Dreidimensionale Struktur des G-Protein-gekoppelten Rezeptors Rhodopsin

G-Protein-gekoppelte Rezeptoren gehören der Superfamilie der Sieben-Transmembräneren Rezeptoren (7TM) an, deren charakteristisches Merkmal sieben transmembranäre Helices sind. Sie besitzen eine extrazelluläre oder transmebranäre Bindungsdomäne für einen Agonisten und eine intrazelluläre Bindungsstelle für ein G-Protein. Auf submolekularer Ebene ist für die meisten G-Protein-gekoppelten Rezeptoren eine Salzbrücke zwischen einer sauren Aminosäure in der 3. transmembranären Domäne 3 (TMIII) und einer basischen Aminosäure in der 7. transmembranären Domäne (TMVII) charakteristisch, die bei Rezeptoraktivierung gespalten wird.

Rezeptoren mit einer extrzellulären Bindungsdomäne sind durch lange N-terminale Aminosäuresequenzen gekennzeichnet (bis 2800 Aminosäuren). Der intrazelluläre C-terminale Anteil ist hingegen sehr kurz und scheint die Funktion dieser Rezeptoren nicht zu beeinflussen. Einigen G-Protein-gekoppelten Rezeptoren, wie z.B. dem Gonadotropin-Releasinghormonrezeptor, fehlt dieser Teil komplett.

Die dreidimensionale Strukturaufklärung des ersten G-Protein-gekoppelten Rezeptors, des Rhodopsins gelang im Jahr 2000 mit Hilfe der Röntgenstrukturanalyse.

Funktion

Rezeptoraktivierung

Die Aktivierung eines G-Protein-gekoppelten Rezeptors ist ein mehrstufiger Prozess, der die Bindung eines Liganden, die Konformationsänderung des Rezeptors und die Bindung und Abdissoziation eines G-Proteins einschließt und dabei den Gesetzen der Thermodynamik unterliegt.

Bindung des G-Proteins

Im inaktiven Zustand bindet an die intrazelluläre Domäne des Rezeptors ein aus drei Untereinheiten (α, β und γ) bestehendes G-Protein, von denen verschiedene Isoformen bekannt sind. Der Rezeptor zeigt dabei eine Selektivität für ein (z.B. β1-Adrenozeptor: Gs) oder für mehrere (z.B. β2-Adrenozeptor: Gs und Gi/o) G-Proteine. Rezeptoraktivierung Die Aktivierung eines GPCR unterliegt einem mehrstufigen Prozess.

  1. der Rezeptor bindet im Grundzustand (in Abwesenheit eines Liganden) ein G-Protein
  2. es dockt ein extrazellulärer Ligand an den Rezeptor an und löst eine Konformationsänderung aus, die über die Transmembransegemente an die intrazelluläre Domäne weitergeleitet wird
  3. die Konformationsänderung bewirkt eine Abschwächung der Affinität der α-Untereinheit des G-Proteins für ein GDP und begünstigt dessen Austausch gegen ein GTP (der Rezeptor wirkt somit als Austauschfaktor: GEF)
  4. der G-Protein-Komplex wird durch die Bindung des GTP instabil und löst sich in ein βγ-Dimer und eine GTP haltige α-Unereinheit (Gα) auf
  5. Gα bindet an ein Zielprotein (Proteinkinase, Cyclase oder Phospholipase) das dadurch vorübergehend aktiviert wird und meist über eine Signalkaskade die zugehörigen Effektorproteine beeinflusst
  6. nach der Bindung von Gα an ein Zielprotein, wird GTP langsam zu GDP und einem Pi hydrolysiert, weil Gα auch eine GTPase besitzt ist der Effekt der Proteinaktivierung nur von kurzer Dauer
  7. die GDP-Form der α-UE löst sich vom Zielprotein und tritt erneut mit einem βγ-Dimer in Kontakt und bindet an einen Rezeptor
  8. der βγ-Dimer kann seinerseits z.B. einen Ionenkanal regulieren oder zur Desensitivierung des GPCR beitragen

Ligandenbindung

 
Ligandenbindung an G-Protein-gekoppelte Rezeptoren

Abhängig von der Art des Liganden erfolgt die Bindung an den Rezeptor (Abb. A) an seine extrazellulären, transmembranären oder intrazellulären Domänen:

  • Der Ligand All-trans-Retinol ist fester transmembranärer Bestandteil des Lichtrezeptors Rhodopsin (Abb. B).
  • Amine (z.B. Adrenalin, Histamin und Serotonin), Nucleotide (z.B. ATP), Eikosanoide (z.B. Prostacyclin) und einige Lipide (z.B. Ceramide) binden an transmembranäre Bindungsstellen ihrer Rezeptoren (Abb. B).
  • Neuropeptide (z.B. Oxytocin und Vasopressin) besetzen mehrere transmembranäre und extrazelluläre Bindungsstellen ihrer Rezeptoren gleichzeitig (Abb. C).
  • Proteinasen (z.B. Thrombin und Trypsin) spalten extrazelluläre Bestandteile ihres Rezeptors ab. Das abgespaltene Rezeptorfragment bindet in einem zweiten Schritt an eine transmembranäre Bindungsstelle (Abb. D).
  • Peptidhormone (z.B. Glucagon) binden primär an extrazelluläre Domänen des Rezeptors. Nach einer Konformationsänderung des Rezeptors erfolgt eine sekundäre Bindung des Peptidhormons an transmembranäre Bindungsstellen (Abb. E).
  • Einige kleine Neurotransmitter (z.B. Glutamat) binden ausschließlich an extrazelluläre Domänen von metabotropen Rezeptoren. Durch die Anbindung des Liganden ändert sich die Konformation der extrazellulären Domänen so dass diese mit intrazellulären Domönen in Kontakt kommen (Abb. F).

Aktivierung des Rezeptors

Bindet an einen Rezeptor ein Ligand und wird dieser durch den Liganden aktiviert (Agonist), so führt diese Anlagerung zu einer Sprengung der Salzbrücke zwischen der 3. und der 7. transmembranären Domäne des G-Protein-gekoppelten Rezeptors. Dieser so aktivierte Rezeptor erhält mehr Flexibilität und ändert seine dreidimensionale Struktur. Die Änderung der Konformation des Rezeptors bedingt eine verringerte Bindungsaffinität des Rezeptors zum G-Protein, welches jetzt abdissoziieren kann.

Auch in Abwesenheit eines agonistisch wirksamen Liganden (Ruhezustand) befindet sich ein Rezeptor nicht zwingend im einem inaktiven Zustand. Er befindet sich vielmehr im thermodynamischen Gleichgewicht zwischen inaktiven und spontan aktiven Zustand. Die Anbindung eines Agonisten verschiebt das Gleichgewicht in Richtung aktiver Zustand, während inverse Agonisten das Gleichgewicht in Richtung inaktiver Zustand verschieben.

Abdissoziation der G-Proteine

Trimere G-Proteine können GTP und GDP binden, die GDP-gebundene Form ist inaktiv. Die Aktivierung des Rezeptors sorgt für den Austausch von GDP gegen GTP. Als Folge dissoziiert das trimere G-Protein in die α- und die βγ-Untereinheit. Die intrinsische GTPase-Aktivität (GTP spaltend) spaltet nach einer Zeit (zum Teil unter Mithilfe von Proteinen, die die GTPase-Aktivität erhöhen) GTP in GDP + Pi, es findet also eine Selbstregulierung statt.

Die abdissoziierten Untereinheiten des G-Proteins sind für die weitere Signaltransduktion verantwortlich. Je nach Untereinheit werden weitere zell- oder membranständige Proteine aktiviert oder desaktiviert. So modulieren die α-Untereinheiten der Gs/olf die Aktivität der Adenylylcyclase, während α-Untereinheiten der Gq/11-Proteine die Phospholipase C aktivieren. Diese Enzyme sind dann an der Bildung eines Second messengers beteiligt.

Regulierung der Rezeptorfunktion

Die durch G-Protein-gekoppelte Rezeptoren vermittelten Effekte nehmen nach längerer Zeit der Aktivierung ab. Eine Schlüsselrolle dieser Down-Regulierung spielt dabei die Phosphorylierung intrazellulärer Domänen des Rezeptors (C-terminale Serin- oder Threonin-Reste) durch Proteinkinasen.

Phosphorylierung durch cAMP-abhängige Kinasen

cAMP-abhängige Proteinkinasen (wie z.B. Protrinkinase A) inaktivieren in Gegenwart von cAMP den Rezeptor. Dies ist somit eine Art Feed-Back-Mechanismus, da Gs-Proteine nach Rezeptoraktivierung zu einer Erhöhung der cAMP-Konzentration führen.

Phosphorylierung durch G-Protein-gekoppelte Rezeptorkinasen

G-Protein-gekoppelte Rezeptorkinasen (kurz GRKs) phosphorylieren selektiv aktivierte Rezeptoren.

Folgen der Phosphorylierung

  • Translokation: Entfernung des phosphorylierten Rezeptors von der Zelloberfläche ins Zellinnere (= Langzeitregulation).
  • Verknüpfung mit Arrestin: Durch Bindung von Arrestin an den phosphorylierten Rezeptor wird eine Anbindung der G-Proteine verhindert (= Kurzzeitregulation).

Einteilung

Klassifizierung nach Funktion

Eine Erste systematische Klassifizierung der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren erfolgte anfang der 1990er Jahre anhand funktioneller Merkmale. Anhand dieses Systems wurden die G-Protein-gekoppelten Rezeptoren von Wirbeltieren und Wirbellosen in 6 Gruppen (A-F) unterteilt. Die Gruppe A repräsentierten mit Rhodopsin verwandte Rezeptoren, Glycoproteinrezeptoren wurden in die Gruppe B und die metabotropen Glutamatrezeptoren in die Gruppe C eingeteilt. Die Gruppen D und E standen für Pheromonrezeptoren und cAMP-Rezeptoren. Völlig von den Rezeptoren der Gruppen A-E höherer Lebewesen sind die bakteriellen Rhodopsine der Gruppe F.

Klassifizierung nach Verwandtschaftsgrad

Ein neues System der Klassifizierung der humanen G-Protein-gekoppelten Rezeptoren wurde basierend auf phylogenetischen Untersuchungen vorgeschlagen. Diesem System zu Folge werden G-Protein-gekoppelte Rezeptoren in 5 Hauptgruppen unterteilt: in die Glutamat-, Rhodopsin-, Adhäsions-, Frizzled/Taste2- und Secretin-Gruppe.

Secretin-Rezeptoren sind insbesondere Rezeptoren für Peptidhormone des Magen-Darm-Trakts und des Calciumstoffwechsels (z.B. VIP-Rezeptoren, Glucagon-Rezeptoren, Calcitonin-Rezeptoren und Parathormon-Rezeptoren). Charakteristisch für diese Rezeptoren ist eine ausgeprägte N-terminale Bindungsstelle für diese Peptidhormone.

Adhäsionsrezeptoren sind durch lange N-terminale Adhäsionssequenzen gekenzeichnet (bis zu 2800 Aminosäuren).

Zur Glutamat-Gruppe werden u.a. die metabotropen Glutamatrezeptoren (mGlu), GABAB-Rezeptoren, der Calciumsensor-Rezeptor und eine Gruppe der Geschmacksrezeptoren (Taste1) gezählt. Auch sie besitzen eine ausgeprägte extrazelluläre Ligandenbindungsstelle.

Die Frizzled/Taste2-Gruppe ist eine heterogene Gruppe, die einerseits aus Geschmacksrezeptoren (Taste2, insbesondere bitterer Geschmack) und andererseits aus zellprozesssteuernden Glycoproteinrezeptoren besteht.

Die mit Abstand größte dieser Gruppen ist die Rhodopsin-Gruppe (ca. 90% aller G-Protein-gekoppelten Rezeptoren, der ebenfalls die Geruchsrezeptoren und die Mehrheit der Hormon- und Neurotransmitterrezeptoren zugeordnet werden. Charakteristisch für die Struktur dieser G-Protein-gekoppelten Rezeptoren ist ein relativ kleiner extrazellulärer N-terminaler Peptidrest (Ausnahme: einige Peptidhormonrezeptoren). Eine weitere Unterteilung in eine α-, β-, γ- und δ-Gruppe wurde vorgeschlagen.

Literatur

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  • Fredriksson R., Lagerstrom M.C., Lundin L.G. & Schioth H.B. (2003). The G-protein-coupled receptors in the human genome form five main families. Phylogenetic analysis, paralogon groups, and fingerprints. Mol. Pharmacol., 63, 1256-1272.