OpenGL (Open Graphics Library) ist eine Spezifikation für ein plattform- und programmiersprachenunabhängiges API (Application Programming Interface) zur Entwicklung von 3D-Computergrafik. Der OpenGL-Standard beschreibt etwa 250 Befehle, die die Darstellung komplexer 3D-Szenen in Echtzeit erlauben. Zudem können andere Organisationen (zumeist Hersteller von Grafikkarten) proprietäre Erweiterungen definieren.
OpenGL
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Basisdaten
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Entwickler | Silicon Graphics |
Erscheinungsjahr | 30. Juni 1992[1] |
Aktuelle Version | 2.1 (2. August 2006) |
Betriebssystem | plattformunabhängig |
Programmiersprache | C, GLSL |
Kategorie | API |
Lizenz | verschieden |
opengl.org |
Die Implementierung des OpenGL-API wird in der Regel als Teil der Grafikkarten-Treiber ausgeliefert. Diese führen entsprechend Befehle der Grafikkarte aus, insbesondere müssen auf der Grafikkarte nicht vorhandene Funktionen durch die CPU emuliert werden. Weiterhin gibt es Open-Source-Implementierungen, wie die Mesa-Bibliothek.
Das Programmiermodell
Viele Parameter können die Darstellung von gerenderten Objekten beeinflussen, beispielsweise können sie texturiert und beleuchtet sein, gestreckt, verschoben, transparent oder undurchsichtig, sie können eine raue oder glatte Oberfläche haben und so weiter.
OpenGL wurde als Zustandsautomat entworfen, der nicht bei jedem Funktionsaufruf alle benötigten Parameter erhält, sondern so lange dieselben Werte verwendet, bis die entsprechenden Zustände geändert werden. Auf diese Weise muss man zum Beispiel nicht für jeden Vertex OpenGL die gewünschte Farbe mitteilen, sondern setzt einmalig eine Farbe, woraufhin alle folgenden Vertices in dieser Farbe dargestellt werden. Auf dieselbe Weise kann man global Lichtquellen an- oder ausschalten und viele weitere Zustände setzen.
Der Grund für dieses Design ist, dass fast jede Änderung des Zeichenmodus aufwändige Reorganisationen der Grafikpipeline nach sich zieht, daher vermeidet man diese lieber, so lange es sinnvoll möglich ist. Auch wäre es für den Programmierer ermüdend, dutzende Parameter immer wieder neu anzugeben. Oft können viele tausend Vertices bearbeitet werden, bevor wieder ein Zustand geändert werden muss, während manche Zustände sogar nie geändert werden. Beispielsweise bleiben die Lichtquellen meistens für alle Objekte einer Szene die gleichen. Viele Zustände werden zumindest für die Dauer des Renderns eines kompletten Objekts beibehalten, zum Beispiel wird ein Auto als Ganzes um einen bestimmten Vektor verschoben und nicht in seine Einzelteile zerlegt und diese einzeln verschoben. Auch in Direct3D verfolgt man dieses zustandsbasierte Konzept.
Erweiterungen
Eine wichtige Eigenschaft von OpenGL ist dessen Erweiterbarkeit. Einzelne Anbieter (typischerweise Grafikkartenhersteller) können die Zustandsmaschine von OpenGL um weitere Zustände erweitern. Dabei wird eine vierstufige Vorgehensweise verfolgt:
- Wenn ein Hersteller eine Erweiterung realisieren möchte, so liefert er eine C-Headerdatei aus, in der er die Erweiterung mit den nötigen Konstanten und evtl. Funktionsprototypen definiert. Die Funktionsnamen und Konstanten erhalten ein herstellerspezifisches Postfix (z. B. NV für NVIDIA).
- Einigen sich dann mehrere Hersteller darauf, die gleiche Erweiterung anzubieten, bekommen die Funktionsnamen und Konstanten den Postfix EXT.
- Einigt sich schließlich das ARB (Architecture Review Board) darauf, die Erweiterung zu standardisieren, erhalten alle Namen den Postfix ARB.
- Die meisten vom ARB standardisierten Erweiterungen werden in der folgenden OpenGL-Spezifikation dann Core. Das heißt, sie werden Bestandteil von OpenGL selbst und führen ab dann keinen Postfix mehr.
Historische Entwicklung und Versionsgeschichte
OpenGL entstand ursprünglich aus dem von Silicon Graphics (SGI) entwickelten IRIS GL. Im sogenannten Fahrenheit-Projekt versuchten Microsoft und SGI ihre 3D-Standards zu vereinheitlichen, das Projekt wurde jedoch aufgrund finanzieller Schwierigkeiten auf Seiten von SGI abgebrochen.
Der OpenGL-Standard wird vom OpenGL ARB (Architecture Review Board) festgelegt. Das ARB existiert seit 1992 und besteht aus einer Reihe von Firmen. Stimmberechtigte Mitglieder sind die Firmen 3DLabs, Apple, AMD/ATI, Dell, IBM, Intel, NVIDIA, SGI und Sun (Stand Nov. 2004). Weiter mitwirkende Firmen sind Evans and Sutherland, Imagination Technologies, Matrox, Quantum3D, S3 Graphics, Spinor GmbH, Tungsten Graphics, und Xi Graphics. Microsoft, eines der Gründungsmitglieder, hat das ARB im März 2003 verlassen.
Neue Funktionen in OpenGL werden meist zuerst als herstellerspezifische Erweiterungen eingeführt und gehen dann den Weg über herstellerübergreifende Erweiterungen und ARB-Erweiterungen zu Kernfunktionalität. Dies erlaubt es, neueste Möglichkeiten der Grafikhardware zu nutzen und dennoch OpenGL abstrakt genug zu halten.
Seit dem 31. Juli 2006 liegt die Weiterentwicklung der OpenGL-API in der Hand der Khronos Group.
Aufgrund seiner Plattformunabhängigkeit ist OpenGL im professionellen Bereich als 3D-Standard nach wie vor führend. Im Bereich der Computerspiele wurde es jedoch in den letzten Jahren zunehmend von Microsofts Direct3D verdrängt und hält sich hauptsächlich noch wegen der Beliebtheit der Engines von id Software und der Portabilität auf andere Plattformen. Mit dem Erscheinen von Windows Vista und DirectX 10 (mittlerweile bereits 10.1) könnte sich dies allerdings wieder entscheidend ändern, da die Spieleprogrammierer und Firmen lieber für eine breitere Hard- und Softwarebasis programmieren als für ein paar wenige High-End-Systeme mit entsprechenden Grafikkarten, Prozessoren und Betriebssystemen. OpenGL 2.1 und die geplanten Folgeversionen bieten zumindest die Möglichkeit, den "zwangsweisen" Betriebssystemwechsel zu umgehen, da hier kein künstlicher technischer Schnitt gemacht wurde (wie von Microsoft nach DirectX 9.0c). Derzeit werden aus diesem Grund sämtliche neuen Spiele für DX 10 parallel dazu auch noch für DX 9.0c programmiert.
Die wichtigsten Ergänzungen der einzelnen Versionen waren
- OpenGL 1.0 (1. Juli 1992)
- erste Veröffentlichung
- OpenGL 1.1 (1997)
- Vertex Arrays
- Texture Objects
- Polygon Offset
- OpenGL 1.2 (16. März 1998)
- 3D-Texturen
- neue Pixelformate (BGRA, Packed)
- Level-Of-Detail-Texturen
- OpenGL 1.2.1 (14. Oktober 1998)
- ARB Extensions eingeführt
- ARB Multitexture
- OpenGL 1.3 (14. August 2001)
- komprimierte Texturen
- Cube-Maps
- Multitexturing
- OpenGL 1.4 (24. Juli 2002)
- Tiefentexturen (für Shadow-Mapping)
- automatische Mip-Map-Erzeugung
- Nebelkoordinaten
- OpenGL 1.5 (29. Juli 2003)
- Pufferobjekte (Vorhalten von Daten im Grafikspeicher)
- Occlusion Queries
- OpenGL 2.0 (7. September 2004)
- Shaderprogramme: OpenGL Shading Language
- Multiple Render Targets
- Texturen beliebiger Größe (nicht mehr 2n für Höhe und Breite)
- OpenGL 2.1 (2. August 2006)
- Pixel Buffer Objects
- OpenGL Shading Language in der Version 1.20
- sRGB-Texturen
- OpenGL 3.0 „Longs Peak“ (Erscheinen in den nächsten Wochen)
- Codebasis aufgeräumt
- Entfernen von Altlasten (glBegin / glEnd, Fixed-Function-Pipeline, etc.)
Der große Sprung von OpenGL 1.5 auf 2.0 erklärt sich mit der Einführung der OpenGL Shading Language. Dies stellt eine so große Änderung und Erweiterung dar, dass sich das ARB zu diesem Schritt entschieden hat.
Des Weiteren sind folgende Versionen geplant[2]:
- OpenGL 3.x „Longs Peak Reloaded“ (Erscheinen wahrscheinlich Anfang 2008)
- OpenGL 3.x „Mount Evans“ (Erscheinen wahrscheinlich 2008)
OpenGL-2.1-Treiber
Schnittstellen zum System
Da es sich bei OpenGL um eine reine Grafikbibliothek handelt, kümmert sie sich nicht um die Verwaltung von Zeichenoberflächen (Fenster), weiteren Puffern (wie etwa dem Z-Buffer oder dem Stencil-Buffer) oder Renderkontexten, um mit mehreren Anwendungen gleichzeitig die Schnittstelle nutzen zu können. Diese müssen mit Hilfe dafür vorgesehener, betriebssystemabhängiger Bibliotheken zur Verfügung gestellt werden.
Es existieren hier verschiedene Bibliotheken, die OpenGL mit dem darunter liegenden Betriebssystem verbinden:
- GLX, die das Interface zwischen dem X Window System und OpenGL bildet.
- WGL, die Windows Graphics Library, die OpenGL und Windows verbindet.
- AGL und CGL, das entsprechende Gegenstück für Mac OS.
- GLUT, eine Bibliothek, die aufbauend auf OpenGL, GLU und je nach Plattform GLX, WGL oder AGL eine plattformunabhängige API für Ein-/Ausgabe, Erstellen von Rendering-Kontexten und dergleichen bietet.
- FreeGLUT, eine aktuellere Alternative zum nicht mehr weiterentwickelten GLUT.
- GLFW, ähnliche Bibliothek wie GLUT, die das darunterliegende Betriebssystem abstrahiert.
- SDL, kann ebenfalls plattformunabhängig einen OpenGL-Kontext erzeugen.
- Qt, kann OpenGL-Kontext erzeugen und bietet viele Interaktionsmöglichkeiten mit der eigenen Bibliothek
Typische Anwendungen für OpenGL
Unterstützte Plattformen
OpenGL wird von den meisten großen Betriebssystemen unterstützt:
- Microsoft Windows: OpenGL ist Bestandteil von Windows 98, Me, NT, 2000, XP und Vista. Für Windows 95 wird ein Patch benötigt.
- Mac OS: OpenGL ist fester Bestandteil von Mac OS 9 und Mac OS X.
- X Window System: OpenGL wird vom X Window System auf folgenden Plattformen unterstützt:
- BeOS
- Haiku (Betriebssystem)
- ZETA: OpenGL-Unterstützung wird mittels MESA für diverse NVIDIA-Grafikkarten geliefert
OpenGL ES (OpenGL for Embedded Systems) gibt es für folgende Plattformen:
- PlayStation 2/Playstation 3
- INTEGRITY
- VxWorks
- QNX
- Acorn RISC OS
- Amiga (StormMesa) und Amiga MiniGL
- Microsoft Pocket PC
- MorphOS TinyGL
- Apple iPhone
- Android
Siehe auch
- OpenGL ES, eine für eingebettete Systeme gedachte, funktionsreduzierte Version von OpenGL.
- GLU, die vom ARB standardisiert und Teil jeder OpenGL-Implementierung ist.
- Java 3D, eine Bibliothek von Java-Klassen zur Erzeugung, Manipulation und Darstellung dreidimensionaler Grafiken innerhalb von Java-Applikationen und -Applets. Nutzt je nach Plattform und Implementierung OpenGL oder Direct3D.
- OpenAL, eine plattformunabhängige 3D-Audio-API, die eine Art Audio-Erweiterung zu OpenGL darstellt und vom Aufbau, Programmierstil und Namenskonventionen an OpenGL angelehnt ist.
- SDL, eine plattformunabhängige API für Grafik, Audio und Eingabegeräte inklusive OpenGL-spezifischer Funktionalität.
- DevIL, eine plattformübergreifende API zum schnellen Laden und Speichern von Grafiken. Ehemals OpenIL. Arbeitet sehr gut mit OpenGL zusammen, da es möglich ist, mit einem einzigen Funktionsaufruf eine Bilddatei in eine OpenGL-Textur zu laden oder Bildschirmfotos („screen shot“) abzuspeichern.
- Direct3D, eine auf Windows-Plattformen beschränkte Alternative zu OpenGL
- Direct Rendering Infrastructure
Literatur
- Richard S. Wright Jr. und Benjamin Lipchak: OpenGL Superbible. Third Edition, Sams Publishing, April 2004, ISBN 0-672-32601-9 – das Standardwerk über OpenGL, allerdings nur in englischer Sprache
- Lorenz Burggraf: Jetzt lerne ich OpenGL. Der einfache Einstieg in die Schnittstellenprogrammierung. Markt+Technik, 9. Mai 2003, ISBN 3-8272-6237-2
Quellen
- ↑ phoronix.com.
- ↑ SIGGRAPH 2007: „Birds of a Feather“ Presentation (PDF)
Weblinks
- www.OpenGL.org – Offizielle Webseiten (englisch)
- SGI: OpenGL Home Page (englisch)
- DelphiGL - Community über OpenGL in Borland Delphi
- golem.de - Letzte Meldung zu OpenGL 3.0