Das Corps Germania zu München ist eine schlagende Studentenverbindung im Weinheimer Senioren-Convent (WSC) deren Mitglieder als „Münchner Germanen“ bekannt sind und die an einer der Münchner Hochschulen studieren oder - im Fall der Alten Herren - früher dort studiert haben. Jeder Student an einer Münchner Hochschule kann um Mitgliedschaft im Corps nachsuchen.
Corps Germania zu München | |
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Universitäten: | LMU, TUM, UniBW, HfP |
Stiftungsdatum: | 14. November 1863 in München |
Verband: | WSC |
Wahlspruch: | Für Ehre und Freundschaft! |
Waffenspruch: | Ensis sit noster vindex! |
Corpsburschenband: | |
Fuchsenband: | |
Zirkel der Germania: | |
Homepage: | http://www.corps.cc |
Couleur
Das Couleur des Corps Germania besteht aus dem Corpsburschenband in den Farben „blau-gold-rot“ bzw. dem von den Füchsen getragenen Fuchsenband in „gold-rot“, jeweils mit goldener Perkussion und wird mit einer weißen Tellermütze getragen.
Corpsburschen und Füchse tragen zu offiziellen Veranstaltungen eine blaue, die Chargierten und der Fuchsmajor eine weiße Pekesche. Der Fuchsmajor trägt als Zeichen seines Amtes über das Burschenband gekreuzt auch das Fuchsenband.
Geschichte
Am 14. November 1863 wurde Germania von acht Studenten um den Schleswiger Bernhard Wieck an der Polytechnischen Schule zu München als Burschenschaft Germania gestiftet. Einer der Stifter, Heinrich Lindau aus Ansbach, verstarb bereits einen Monat später, ein zweiter Stifter, Wilhelm Buchheit aus Aufsess, verstarb im Februar 1864. Dem Aufschwung des jungen Bundes tat dies aber keinen Abbruch, rasch konnten neue Mitglieder gewonnen werden. Anfangs wurden die Farben schwarz-gold-rot getragen, sie sind heute noch im Herzschild des Corpswappens zu sehen. Als Burschenschaft lehnte Germania die Bestimmungsmensur ab, bekannte sich aber zum Prinzip der Satisfaktion mit der Waffe. Germania benannte sich am 22. März 1865 in Deutsche Landsmannschaft Germania um, erklärte sich am 10. Dezember 1867 zum Corps und schloss sich im Februar 1868 mit den Corps Cisaria, Vitruvia und Rheno-Palatia zum Polytechnischen SC an der Polytechnischen Schule zu München (heute TUM) zusammen. Dieser Polytechnische SC (PSC) sollte insgesamt über sieben Jahrzehnte lang Bestand haben. Das Corps Germania war von den Corps am Polytechnikum das erste, welches in offizielle Beziehungen zum SC an der LMU treten konnte und mit den Kösener Corps Mensuren ausmachte. Dieses offizielle Verhältnis kann füglich als Urzelle des verbandsübergreifenden Münchner SC aus Kösener und Weinheimer Corps bezeichnet werden.
Ebenfalls 1868 erklärte sich Germania zum Waffencorps, bereits 1874 wurde aber das Lebensprinzip angenommen. Dies hatte zur Folge, dass Germanen nur in äußerst seltenen Fällen auch das Band eines anderen Corps trugen; bis 1988 - also in den ersten 125 Jahren des Bestehens der Germania - gab es insgesamt nur fünf dieser Fälle. Wie in allen folgenden Kriegen meldeten sich die aktiven Germanen auch 1870 geschlossen zu den Waffen, 1871 konnten alle 31 Kriegsteilnehmer wieder in der Heimat begrüßt werden. Am Reformationstag 1893 wurde der Corpsphilisterverein Germania zu München gegründet, dieser trat 1896 in den seit 1889 bestehenden Münchner Corpsphilisterverband (MCPhV) ein. Der MCPhV ist heute mit über 1.300 Mitgliedern aus allen Corps Deutschlands und Österreichs der größte Corpsphilisterverband Deutschlands. Die Prinregentenzeit war für das Corps geprägt von - u.a. durch Gabriel v. Seidl - sehr engen Beziehungen zur Münchner Künstlergesellschaft Allotria um Franz von Lenbach. Anekdotisch sei hier angemerkt, dass der langjährige Corpsdiener der Germania, Franz Berr, dem großen Lenbach im Jahre 1893 für dessen Bismarck-Portrait mehrmals Modell saß; Berrs Stirn und Augen sollen denen des Altkanzlers zum Verwechseln ähnlich gewesen sein.
Am 9. November 1907 konnte das von Cbr. Seidl geplante und erbaute Corpshaus eingeweiht werden. Im Jahr 1912 trat Germania gemeinsam mit den anderen Corps des SC an der Technischen Hochschule dem Weinheimer Senioren-Convent (WSC) bei, möglicherweise eine Reaktion auf den zwei Jahre zuvor erfolgten Abbruch der Beziehungen zwischen den Corps des SC und des PSC. Das 50. Bundesfest wurde im Jahr 1913 mit besonderem Aufwand begangen, unter anderem ließ das Corps beim damals bekanntesten Grafiker Deutschlands, Ludwig Hohlwein, das Festplakat gestalten.
Der kurze Zeit später ausbrechende erste Weltkrieg brachte für Germania den Verlust von 19 ihrer Corpsbrüder mit sich, der Aktivenbetrieb ruhte von 1914 bis 1919, die folgenden Jahre hindurch war auch des Corpsleben von den schweren wirtschaftlichen Verhältnissen geprägt. Nach der durch den NSDStB erzwungenen Auflösung des Corps im Wintersemester 1935/36 pflegte Germania einen Teil ihrer Traditionen gemeinsam mit dem Corps Vitruvia, mit dem ja seit langer Zeit besonders enge Beziehungen bestanden hatten, in der Kameradschaft „Andreas Hofer“ so gut es eben ging weiter, eine Wiedererrichtung des Corps in seiner alten Form lag zu dieser Zeit außerhalb der denkbaren Möglichkeiten. Mensuren beispielsweise wurden in dieser Zeit - unter anderem wegen der damit verbundenen Gefahr des Verlustes der Fähigkeit zur Verbeamtung der Beteiligten - nur noch sehr selten und unter strikter Geheimhaltung gefochten, die Nazis hatten auch vor dieser für die Corps essentiellen Frage nicht halt gemacht. In diese für das Corps so schwierige und ungewisse Zeit fällt auch der schmerzliche Verlust von 21 Corpsbrüdern an allen Fronten des zweiten Weltkrieges, alleine in Stalingrad starben drei Germanen.
Am 10. November 1949 wurde Germania unter Wiederaufnahme der alten Traditionen ein zweites Mal gestiftet (rekonstituiert) und besteht seither ununterbrochen. Nicht alle während der Kameradschaftszeit aufgenommenen Mitglieder waren dazu bereit, auf die Farben der Germania zu fechten, unter ihnen auch der spätere Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann. Von diesen Mitgliedern trennte sich das Corps nach einer Bedenkzeit von zwei Semestern. Mit Bezug auf die Schwierigkeiten im Gefolge der sog. Studentenbewegung und 68er-Revolten sei an dieser Stelle auf die entsprechenden Artikel verwiesen.
Germania ist Gründungsmitglied des Münchner Senioren Convents (MSC), der seit 1951 als einziger SC Deutschlands die Corps von KSCV und WSC an den Münchner Universitäten vereint. Während besonders in der Anfangszeit des Corps vor allem noch die Studenten der TH zum Corps fanden, gehören die Münchner Germanen heute allen Münchner Hochschulen an, auch der - seit deren Errichtung Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts - Universität der Bundeswehr. Besondere Beziehungen mit anderen Corps bestehen außerhalb der Verhältnisse noch mit den Kösener Corps Gothia, Lusatia und Marchia-Brünn zu Trier sowie dem Weinheimer Corps Rheno-Nicaria.
Das Corpshaus
Das Germanenhaus gilt vielen als das schönste Corpshaus von München. Es wurde von dem bedeutenden Münchener Baumeister und Corpsstudenten Gabriel von Seidl speziell an die Bedürfnisse einer Studentenverbindung angepasst. Wegen der Bedeutung seines Erbauers und seiner gut erhaltenen Fassade steht das Haus seit 1980 unter Denkmalschutz.
Ein repräsentatives Außenbild sowie ein funktionelles Inneres prägen das Haus. Nach dem Einlass bietenden Portal gelangt man über eine Freitreppe in das mit Säulen ausgestaltete Vestibül mit dem Ehrenmal für die gefallenen Corpsbrüder. In derselben Etage befindet sich die Bibliothek in der auch der regelmäßige Corpsburschen-Convent stattfindet. In der zweiten Etage findet man einen prächtig gestalteten Kneipsaal mit einem holzvertäfelten Besprechungszimmer der Alten Herren, in dem ebenfalls die Fuxenstunde stattfindet.
In der obersten Etage erreicht man einen über 9 Meter hohen, mit Parkettboden und großem Wandspiegel ausgerüsteten und von Kristallleuchtern beleuchteten Ballsaal mit Drachenfels, in dem Feiern für bis zu 200 Personen möglich sind. Über dem Ballsaal sind die Studentenbuden angesiedelt während die funktionalen Bereiche wie Paukboden, Archiv, Weinkeller und Küche sich in den Untergeschossen befinden.
Im Zweiten Weltkrieg und in der Nachkriegszeit erlitt das Haus erhebliche Schäden, das Dach und der unmittelbar darunter liegende Ballsaal wurden durch einen Bombentreffer 1944 arg in Mitleidenschaft gezogen. Zudem gingen in den Kriegs- und Nachkriegsjahren wertvolle Innenvertäfelungen durch sprichwörtliches „Verheizen“ ebenso verloren wie Gegenstände mit Bezug zur Corpsgeschichte durch Plünderungen. Zudem war das Haus in den Nachkiegsjahren an den Bayerischen Werbefunk vermietet, so dass nur eine eingeschränkte Nutzung durch das Corps möglich war. Nach langwierigen Auseinandersetzungen mit dem bayerischen Staat konnte im Jahr 1960 der Aktivenbetrieb im mittlerweile renovierten Corpshaus wieder aufgenommen werden.
Es ist dem Corps in den vergangenen Jahrzehnten durch außerordentliche Anstrengungen gelungen, viele der durch die Kriegsfolgen entstandenen Schäden zu beseitigen. Diese Anstrengungen schließen mit ein, dass es nur unter größtem Einsatz gelang, einen Abriss des Hauses im Zuge der Anlage des Altstadtrings in den frühen 60er Jahren des 20. Jahrhunderts zu verhindern. So konnte das Germanenhaus, geehrt durch eine Festkneipe, im Wintersemester 2007/2008 sein zweites Jahrhundert beginnen.
Bekannte Münchner Germanen
- Eugen Jäger (1842-1926), Verleger und Publizist, Abgeordneter zum Bayerischen Landtag, Abgeordneter zum Deutschen Reichstag, einer der acht Stifter und erster Senior des Corps Germania
- Bernhard Wieck (1845-1913), Ingenieur und Direktor der Berliner Grundrentengesellschaft, 1899-1913 erster Amts- und Gemeindevorsteher von Grunewald, einer der acht Stifter und erster Kassier des Corps Germania
- Gabriel Ritter von Seidl (1848-1913), Architekt, Kgl. Professor, Ehrenkonservator des Bayer. Nationalmuseums, Ehrenmitglied der Bayer. Akademie der Künste, Erbauer des Corpshauses der Germania
- Gabriel Ritter von Sedlmayr (1850-1931), Besitzer der Franziskaner-Leist-Brauerei (heute: Spaten-Franziskaner-Bräu), Vorstandsmitglied des Bayer. Brauerbundes, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Hypotheken- und Wechselbank
- Hugo Auvera (1857-1918), Mitinhaber der Porzellanwerke Lorenz Hutschenreuther, Ehrenbürger des Marktes Hohenberg a. d. Eger
- Michael Doeberl (1861-1928), Professor für Bayerische Landesgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Nestor der bayerischen Geschichtsschreibung, Gründungsvorsitzender der Kommission für bayerische Landesgeschichte und Verfasser der dreibändigen "Entwicklungsgeschichte Bayerns", Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Ehrenbürger der Stadt Waldsassen
- Adolf Kroeber (1867-1916, gefallen), Brücken- und Eisenbahningenieur, Leiter des Eisenbahnwesens im Kaiserl. Gouvernement der Kolonie Deutsch-Ostafrika, Linienkommandant für das Eisenbahnnetz im Stabe Lettow-Vorbecks
- Hans Erlwein (1872-1914, gefallen), Architekt, Königlich sächsischer Professor und Erbauer des Corpshauses der Baruthia in Erlangen
- Wilhelm Gottsauner (1887-1977), Kunstmaler und Grafiker, Schöpfer des Ehrenmals für die gefallenen Corpsstudenten auf der Wachenburg
- Roland Betsch (1888-1945), Schriftsteller, Ehrenbürger von Ettlingen
- Carl Knott (1892-1987), Ingenieur, Direktor der Siemens-Schuckert-Werke, Träger des Bayerischen Verdienstordens und des Großen Verdienstkreuzes mit Stern des Bundesverdienstkreuzes
- Richard Rothe-Roth (1898-1972), Konteradmiral, letzter Admiralstabschef der Kriegsmarine und 1943/44 Kommandant des Panzerschiffs Admiral Scheer
- Karl Roemer (1899-1984), von 1953 bis 1973 erster deutscher Generalanwalt bei der Gründung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in Luxemburg EuGH
- Fritz Junghans (1901-1962), Präsident des ADAC von 1938 bis 1945 (damals DDAC)
- Wilhelm Reissmüller (1911-1993), Verleger, Herausgeber des Donaukurier, Träger des Bayerischen Verdienstordens und des Großen Verdienstkreuzes mit Stern des Bundesverdienstkreuzes
- Herbert Kupfer (geb. 1927), Professor für Massivbau und ehem. Präsident der TU München
Befreundete Corps einst und jetzt
Von 1868 bis 1875 bestand mit dem Corps Rhenania Stuttgart ein Freundschaftsverhältnis. Es wurde durch Rhenania wegen der Annahme des Lebensprinzips durch Germania gebrochen.
Von 1874 bis 1878 bestand mit dem Corps Frankonia Prag ein Freundschaftsverhältnis, das durch die langjährige Suspension Frankonias und den anschließenden Anschluss des wiedererstandenen Corps an den KSCV beendet und bis heute nicht erneuert wurde.
Seit 1988 besteht mit dem Corps Baltica-Borussia Danzig zu Bielefeld ein Freundschaftsverhältnis. Es bedeutete für Germania die Aufgabe des strengen Lebensbundprinzips und ist daher als - unter bewusstem Bruch der über einhundertjährigen Tradition unternommener - wichtiger Schritt für die Zukunftsfähigkeit des Corps zu sehen.
Seit 1990 besteht mit dem Corps Frankonia-Brünn zu Salzburg im KSCV ein Freundschaftsverhältnis. Dieses Verhältnis hat für beide Corps eine besondere Bedeutung, da es eines der wenigen zwischen Corps aus KSCV und WSC ist.
Literatur
- Herpich, Hans: Monumenta Germaniae, Gedenkblätter zum 100. Bundesfest des Corps Germania zu München, Ingolstadt 1965.
- Herpich, Hans: Monumenta Germaniae II, Gedenkblätter des Corps Germania zu München, Ingolstadt 1968.
- Herpich, Hans und Hans Schmuck: 100 Jahre Corps Germania zu München, Festschrift zum 14.11.1963, Ingolstadt 1963.
- Fick, R. (Hg.): Auf Deutschlands Hohen Schulen, Eine illustrierte kulturgeschichtliche Darstellung deutschen Hochschul- und Studentenwesens, Berlin und Leipzig 1900, S. 469f.
- Peiper, Detlev und Günter Raab: Monumenta Germaniae IV, 130 Jahre Corps Germania zu München, Ingolstdt 1993.
- Schmuck, Hans: Monumenta Germaniae III, Gedenkblätter des Corps Germania zu München, Ingolstadt 1978
- Schneider, Friedrich und Ferdinand Stegmann: Festschrift zum fünfzigjährigen Bestehen des Corps Germania zu München 1863-1913, München 1913.