Antikörper

von B-Zellen produzierte Proteine als Bestandteil des Immunsystems
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Antikörper (Immunglobuline) sind Eiweißstoffe, die der Mensch und die kiefertragenden Wirbeltiere zur Abwehr von Antigenen (Infektionserregern oder körperfremdem biologischem Material) produzieren. Sie sind zentraler Bestandteil des Immunsystems höherer Eukaryonten und werden von einer Klasse von weißen Blutkörperchen, den B-Zellen sezerniert. Sie kommen im Blut und in der extrazellulären Flüssigkeit der Gewebe vor.

Aufbau von Antikörpern

Jeder Antikörper besteht aus zwei identischen schweren Ketten (heavy chains, H) und zwei identischen leichten Ketten (light chains, L), die durch kovalente Disulfidbrücken zu einer Ypsilon-förmigen Struktur miteinander verknüpft sind. Die beiden Leichtketten sind je nach Organismus und Immunglobulin-Subklasse entweder vom Typ kappa oder lambda und bilden zusammen mit den oberhalb der Gelenkregion (hinge region) liegenden Anteil der schweren Ketten das Antigenbindende Fragment Fab, welches enzymatisch mit Hilfe von Papain von dem darunterliegenden kristallinen Fragment Fc abgespalten werden kann. Die ausgesprochene Variablität der Antikörperbindungsstellen erreicht der Organismus über die V(D)J-Rekombination.

Antikörper als B-Zell Rezeptor

Membranständige Antikörper (IgM und IgG, als B-Zell-Rezeptoren bezeichnet) können B-Zellen aktivieren, wenn sie durch Antigene quervernetzt werden. Die B-Zelle nimmt daraufhin dem Immunkomplex durch Endozytose auf, verdaut das Antigen proteolytisch und präsentiert über MHC Klasse I Moleküle Fragmente davon (Peptide mit 8-12 Aminosäuren) auf der Zelloberfläche. Wenn die präsentierten Fragmente werden dann von CD4-T-Zellen (T-Helferzellen) als fremd erkannt werden, stimuliert die T-Zelle die B-Zelle was weitere Reifungsprozesse (somatische Hypermutation, Klassenwechsel) und die Umwandlung zur antikörpersezernierenden Plasmazelle auslöst.

Wirkungsweisen von Sezernierten Antikörpern

Sezernierte Antikörper wirken durch verschiedene Mechanismen:

  • Die einfachste ist die Neutralisation von Antigenen. Dadurch, dass der Antikörper das Antigen bindet, wird dieses blockiert und kann beispielsweise seine toxische Wirkung nicht mehr entfalten, oder andere Wechselwirkungen des Antigens mit Körperzellen werden verhindert.
  • Ein weiterer ist die Opsonisierung, das Einhüllen von Krankheitserregern und Fremdpartikeln mit Antikörpern. Wenn ein Antikörper beispielsweise an ein Antigen bindet, dass sich auf der Oberfläche eines Bakteriums befindet, "markiert" er damit gleichzeitig das Bakterium, denn die konstante Region des Antikörpers, der an sein Antigen gebunden hat, wird von Phagozyten erkannt, die als Fresszellen das Bakterium aufnehmen und verdauen können.
  • Eine dritte Wirkungsweise ist, dass Antiköper das Komplementsystem aktivieren.
  • Antikörper, die an körpereigene Zellen binden, können NK-Zellen aktivieren, welche diese Zellen dann abtöten. Dieser Prozess wird auch als "Antibody-dependent cell-mediated cytotoxicity"

(ADCC) bezeichnet.

Verschiedene Gruppen (Isotypen) von Antikörpern

Es gibt im Körper fünf verschiedene Gruppen von Antikörpern, wobei das Ig für Immunglobulin steht. Die verschiedenen Isotypen kommen in verschiedenen Kompartimenten des Körpers vor und haben unterschiedliche Aufgaben:

  • Nur geringe Mengen in der Blutflüssigkeit. Die Hauptaufgabe liegt wahrscheinlich in der Funktion als membranständiger B-Zell Rezeptor
  • IgE ist an der allergischen Sofortreaktion beteiligt und verbindet sich mit dem IgE-Rezeptor auf der Mastzellen. Aus diesem Grund ist nahezu alles IgE membrangebunden, im Blut ist es praktisch nicht vorhanden. Die Mastzelle schüttet das stark gefäßerweiternde Hormon Histamin aus, wenn der Rezeptor-Antikörperkomplex durch Bindung des Antigen quervernetzt wird.
  • Wird sofort nach dem Kontakt mit Antigenen gebildet und zeigt die akute Infektionsphase einer Krankheit an.
    • z.B. Anti HBs IgM = gegen das Hepatitis B Virus gerichtete Antikörper der IgM-Klasse (Zeichen der aktiven Hepatitis B-Erkrankung)
    • Merkregel: Der Buchstabe M steigt an und fällt wieder ab.

Merkregel für IgM

  • Wird erst in einer verzögerten Abwehrphase gebildet und bleibt lange erhalten. Zeigt eine durchgemachte Infektion an.
    • z.B. Anti HBs IgG = gegen das Hepatitis B-Virus gerichtete Antikörper der IgG-Klasse (Zeichen einer stattgefunden habenden Hepatitis B-Erkrankung oder Impfung)

(Merkregel: Der Buchstabe G bleibt nach oben offen.)

"IgG bleibt in der Höh."

Merkregel für IgG

Es gibt Krankheiten mit einem angeborenen oder erworbenen Mangel an Antikörpern, siehe Antikörpermangel.
Bildet der Körper gegen eigene Körperbestandteile Antikörper, so genannte Autoantiköper, spricht man von einer Autoimmunkrankheit.

Anwendung von Antikörpern in der Medizin

Aus Tieren gewonnene Antikörper (Antiseren) werden als Therapeutikum für verschiedenste Zwecke eingesetzt. Ein wichtiges Beispiel ist die Verwendung als passiver Impfstoff.

Anwendung von Antikörpern in der Biologie

Die hohe Spezifität, mit der Antikörper ihr Antigen erkennen, macht man sich in der Biologie zu Nutze, um das Antigen, in den allermeisten Fällen ein Protein, sichtbar zu machen. Es wird folgendermaßen vorgegangen: Zunächst muss das Antigen, gegen das der Antikörper gerichtet sein soll, ausgewählt und produziert werden. Dies kann auf verschiedene Weisen erreicht werden, zum Beispiel, indem ein Peptid in vitro synthetisiert wird oder das Protein als ganzes rekombinant in Bakterien hegestellt wird. Anschließend wird das Protein einem Tier eingespritzt, dessen Immunsystem dann Antikörper gegen das Protein bildet. Dieser Vorgang heißt "Immunisierung". Als Antikörper-Produzenten werden besonders Mäuse und Kaninchen, aber auch Ziegen, Schafe und Pferde verwendet. Die Immunisierung wird mehrfach wiederholt. Nach ein paar Wochen wird dem Tier eine Blutprobe entnommen, die auf vorhandene Antikörper gegen das Antigen untersucht wird. Wenn sie positiv ist, kann mit dem Antikörper das Antigen sichtbar gemacht werden (siehe Antikörperfärbung).

Siehe auch

Literatur

  • Stefan Dübel, Petra Rohrbach, Andreas Schmiedl: Rekombinante Antikörper: Werkzeuge gegen Krebs, Infektionen und Autoimmunerkrankungen? Biologie in unserer Zeit 34(6), S. 372-379 (2004), ISSN 0045-205X