Diskussion:Gesellschaftsformation
Begriff
Wer kommt eigentlich auf die Idee, dass "Gesellschaftsform" ein Begriff sei, der auf die Marxsche Theorie beschränkt ist? Die Darstellung in der jetzigen Form ist stark irreführend, der Begriff ist allgemein gebräuchlich und weit weniger speziell, als es der jetzige Artikel vermuten lässt. inspektor godot 21:52, 9. Apr. 2008 (CEST)
- hm, also zumindest in der form „öko-soziale formation“ (insbesondere in anderen sprachen) bzw. „ökonomische gesellschaftsformation“ kenn ich diesen begriff v.a. von marx bzw. von ihm inspirierten autorInnen. hast du einen beleg für deine annahme? ein nicht-marxistischer kontext würd mich schon interessieren. behaupte natürlich nicht, dass ein solcher nicht existiert, aber deinen worten entnehm ich, dass du den engeren zusammenhang des lemmas zum marxismus eher leugnen würdest, oder? ich bezweifle übrigens, dass unter dem begriff „gesellschaftsform“ (s.o.) und dem lemma – also „gesellschaftsformation“ – wirklich dasselbe verstanden werden kann (und das soll jetzt keineswegs kleinlich wirken). das wort „form“ ließe sich in einer hegelianisierenden lesart schließlich als „gesellschaftlicher überbau“ begreifen, während die „formation“ (zumindest bei marx) die gesamtheit von superstruktur UND basis (=„Inhalt“) beschreiben soll. --redtux 22:14, 10. Apr. 2008 (CEST)
- ja, aber der artikel behandelt eben auch "gesellschaftsform" und "gesellschaftssystem" – siehe einleitung. und das ist, im interesse der unkompliziertheit, auch ganz gut so, ich wäre sogar für eine verschiebung auf Gesellschaftsform zu haben. "form" ist ürigens durchaus nicht überbau, zumindest nicht zwangsläufig. im alltag nimmt man den unterschied zwischen regierungsform/-system, staatsform/-system, gesellschaftsform/-system und ökonomischem system dagegen eher nicht so ernst, daher vielleicht deine assoziation. zum rest - ich denke nicht, dass meine überarbeitungen des artikels von heute auf eine leugnung der marxistischen begriffsverwendung hinauslaufen. inspektor godot 22:52, 10. Apr. 2008 (CEST)
- na gut, scheinen uns im wesentlichen eh einig zu sein. ich bezog mich hier jedenfalls nicht auf deine aenderungen im artikel, sondern auf deinen diskussionsbeitrag. ich wollte auch keinem verkuerzten marx-verstaendnis das wort reden, doch formation != form. ebenso struktur != ueberbau. insgesamt find ich’s nicht so gut, gesellschaftsformation mit gesellschaftsform und gesellschaftssystem zusammenzuwerfen, aber du wirst wohl damit recht haben, dass dies dem „common sense“ am besten entspraeche. kennt wer die genaue herkunft des begriffs „gesellschaftsformation“? zu marxens differenzierung der begriffe: die kapitalistische produktionsweise ist die materielle basis (struktur/unterbau). die buergerliche gesellschaft ist der bereich des privaten. der staat erhebt sich mit seinen institutionen ueber dem ganzen als ueber den klassen stehend und bildet einen gegensatz zum vereinzelten einzelnen (citoyen vs. bourgeois/staatsbuerger– vs. menschenrechte). sollte das jetzt zu klugscheiszerisch wirken, liefere ich gerne quellen nach. --redtux 21:45, 11. Apr. 2008 (CEST)
Einleitung zu Zur Kritik der Politischen Ökonomie
Hallo, ich kann jetzt nur kurz antworten, diese Einleitung kann nicht als letzte Weisheit der marxschen theorie aufgefasst werden.
- Spätere marxistische Theoretiker – insbesondere Antonio Gramsci oder Louis Althusser – betonten im Gegenzug die wichtige Rolle des gesellschaftlichen Überbaus und der Kultur gegenüber einer einseitig „ökonomistischen“ Auffassung von Geschichte
Gramsci hebt dezidiert hervor, dass sein Ansatz in überhaupt keinen Widerspruch zu Marx steht, was den thematisierten Gegenstand betrifft. Er erwähnt da u.a. den 18.Brumaire. Vgl. Gefängnishefte Heft 7, §24. (Auszug) oder Heft 4, § 38 (S.3) Eine ähnliche Sichtweise findet man denke ich auch bei Althusser, sie behaupten das nicht gegen Marx, sondern höchsten gegen vereinfachte Marxinterpretationen. Die Einleitung ist sicher gut zum verständnis, beinhaltet aber auch "problematische" Formulierungen. --Tets 00:28, 11. Apr. 2008 (CEST)
- Ohne inhaltlichen Bezug: Erinnere mich früher schonmal etwas im MIA Gramsci-Archiv geschmökert zu haben. Auf [1] steht nun die betrübliche Mitteilung: "in January 2008, Lawrence & Wishart requested the M.I.A. to withdraw the Hoare translations". Die Texte sind mit etwas Mühe aber noch erreichbar. Gruß, --Rosenkohl 19:17, 12. Apr. 2008 (CEST)
- In diesem Zusammenhang ist die waybackmachine.org/ auch interessant. Im Internet gibt es gut 200Seiten aus den gefängnisheften + weitere etwa 100 A4-Seiten mit Gramsci-Rezeption. Den Link kann ich hier leider nicht posten, wenn ihr hier aber eine email adresse hinterlässt (am besten eine eigens eingerichtete, wegen spam) schicke ich euch den link zu. --Tets 17:27, 13. Apr. 2008 (CEST)
- Ohne inhaltlichen Bezug: Erinnere mich früher schonmal etwas im MIA Gramsci-Archiv geschmökert zu haben. Auf [1] steht nun die betrübliche Mitteilung: "in January 2008, Lawrence & Wishart requested the M.I.A. to withdraw the Hoare translations". Die Texte sind mit etwas Mühe aber noch erreichbar. Gruß, --Rosenkohl 19:17, 12. Apr. 2008 (CEST)
ich möchte zur Veranschaulichung noch kurz ein bsp. bringen, marx schreibt:
- In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen.
Diese Formulierung könnte man so verstehen, dass die Produktionsverhältnisse der Entwicklung der Produktivkräfte ENTSPRECHEN, also die Produktionsverhältnisse nur ein Beiwerk darstellen, die gesellschaftliche Beziehungsform in denen die Produktivkräfte wirken. Das wäre eine theoretische Position, die die wenigsten "Marxisten" teilen würden. Das wäre auch eine ökonomistische Position. Man könnte Marx hier natürlich auch anders interpretieren, eine Abgleichung mit anderen Schriften (auch von Engels) ist in meinen Augen aber erhellender. --Tets 00:43, 11. Apr. 2008 (CEST)
- hallo tets, "im gegenzug" heißt nicht "im gegensatz". tatsächlich steht bei marx die betonung des ökonomischen im vordergrund, auch wenn er das ökonomische durch gewisse passagen wieder relativiert (siehe fußnote 3). gramsci und althusser teilen die einschätzung der determinierung "in letzter instanz" (das zauberwort bei beiden), betonen aber stärker als marx – und das ist wohl unstrittig – die rolle der kultur. ich denke, man muss da schon gewisse betonungsverschiebungen innerhalb des marxismus, der ja kein statisches gebilde ist und sein soll, objektiv und wertfrei feststellen. dass marx kein ökonomist ist, habe ich ja weiter unten extra noch mal betont. aber, das stimmt eben einfach, er ist ökonomistischer als gramsci oder althusser. vielleicht können wir ja "einseitig" durch "vorrangig" ersetzen, würde dir das entgegenkommen? inspektor godot 09:21, 11. Apr. 2008 (CEST)
ich halte „gegenzug“ auch nicht für eine geglückte formulierung - wär sie klar, gäb’s ja auch keine missverständnisse und somit wohl auch kaum anlass zur diskussion. die frage ist, was genau durch eine differenzierung zwischen marx und „späteren marxisten“ bezweckt wird. persönlich halte ich eine solche in diesem punkt (ökonomismus bzw. determinismus vs. „cultural studies“?) für falsch. ich finde den artikel sehr schön geschrieben, aber ich bin der ansicht, dass er inhaltlich nicht ganz korrekt ist.
den verweis auf das „soziale System“ beispielsweise - ein terminus aus der luhmannschen systemtheorie - ist mehr als vage. ich hab u.a. philosophie studiert, und das behaupten solcher vermeintlicher „parallelen“ war an der uni stets anlass für lange diskussionen. der terminus „soziales system“ (!= gesellschaftssystem) ist explizit gegen den marxismus gerichtet …
althusser ist m.e. ganz bei marx, wenn er beispielsweise in „Ideologie und ideologische Staatsapparate“ (Online-Version) schreibt:
- Wie aber erfolgt diese Reproduktion der (unterschiedlichen) Qualifikation der Arbeitskraft in einem kapitalistischen Regime? Im Unterschied zu den Gesellschaftsformationen der Sklaverei und der Leibeigenschaft tendiert diese Reproduktion dahin (es handelt sich um ein tendenzielles Gesetz), nicht mehr "an Ort und Stelle" gesichert zu werden (Anlernung in der Produktion selbst), sondern mehr und mehr außerhalb der Produktion: durch das kapitalistische Schulsystem und durch andere Instanzen und Institutionen.
er erklärt hier lediglich, dass der überbau für die erhaltung des „systems“ heute eine größere rolle spielt als in vorkapitalistischen gesellschaften. zum verhältnis von basis und überbau schreibt er weiter,
- dass Marx die Struktur jeder Gesellschaft begreift als konstituiert durch die verschiedenen "Ebenen" oder "Instanzen", die durch eine spezifische Determination einander zugeordnet sind: die ökonomische Basis ("Einheit" der Produktivkräfte und der Produktionsverhältnisse) und der Überbau, der selbst zwei "Ebenen" oder "Instanzen" umfasst: die juristisch-politische (das Recht und den Staat) und die Ideologie (die verschiedenen Ideologien, religiöse, moralische, juristische, politische, usw.).
dass althusser sich mit letzterem (dem überbau) eventuell intensiver befasst hat als marx, lässt m.e. noch nicht auf einen allgemeinen unterschied bzw. eine theoretische erweiterung zu marx schließen. unterschiedliche persönliche interessen bzw. unterschiedliche forschungsschwerpunkte dürfen nicht sofort als unterschiedliche gewichtung oder wertung in der jeweiligen theorie verstanden werden. sollte dies durch die von tets zitierte formulierung gar nicht intendiert sein: umso besser. die frage einer klareren formulierung bleibt dennoch.
auch bei gramcsis „historischem block“ und der „kulturellen hegemonie“ seh ich keinen prinzipiellen unterschied zu marx. erst danach wurden diese ansätze zu einer „erweiterung des historischen materialismus“ etc. umformuliert. persönlich scheint mir eher die nähe althussers und gramcsis zum stalinismus und ihre teilweise abkehr von marxens einschätzung der arbeiterInnenklasse als revolutionäres subjekt einen „bruch“ mit dem „klassischen marxismus“ darzustellen als ihre analyse der kulturellen verhältnisse - aber das hätt in diesem artikel sowieso nix zu suchen … :-)
jedenfalls hab ich beim lesen auch den eindruck, dass marx im artikel zumindest ein naheverhältnis zu ökonomistischen positionen zugeschrieben wird. so eine charakterisierung hätte im denken von kautsky, luxemburg oder plechanow bei weitem mehr berechtigung. auch scheint mir die verbindung ML (resp. stalinismus) - ökonomismus einer genaueren erklärung zu bedürfen.
liebe grüße
redtux 13:52, 12. Apr. 2008 (CEST)
- hallo tets und redtux. jetzt habt ihr fleißig gramsci-zitate nachgeliefert, von denen ich nicht ganz sehe, dass sie eure position stützen. gramsci bekämpft den ökonomismus, darüber sind wir uns – nach der letzten zitatergänzung erst recht – also einig. euer punkt: er beruft sich dabei auf marx, und deshalb sei die formulierung "im gegenzug" falsch, weil marx selber schon kein bisschen ökonomistisch war. seltsam nur, wie so viele ihn dann ganz grundlos missverstehen konnten (oiben argumentiert ihr ja selber, dass missverständnisse nicht vom himmel fallen), und warum man so viele zitate findet, die eben doch nicht ganz so unökonomistisch sind, siehe zitate im artikel (und noch einige andere). und dass gramsci sich auf marx beruft: mein gott, das haben nun wirklich alle marxisten nach marx getan, auch stalin. das beweist wirklich überhaupt nichts. wieso wollt ihr denn unbedingt so tun, als gäbe es innerhalb des marxismus und seiner über 150jährigen geschichte keine veränderungen und verschiebungen? findet ihr das nicht eigentlich - gar zu unwahrscheinlich? fragt freundlich: inspektor godot 09:50, 17. Apr. 2008 (CEST)
- Hallo, selbstverständlich gibt es zig Interpretation. Es gibt auch sicherlich auch Zitate von Marx, die man ökonomistisch lesen kann, oder die garnicht anders zu lesen sind, die entscheidende Frage ist jedoch einerseits, ob diese Zitate die marxsche Theorie adäquat wiedergeben (das ist natürlich auch interpretationssache), und andererseits, ob besagte Autoren dahingehend eine theoretische Verschiebung in ihrem eigenen Werk behaupten; und in diesem Punkt kann man Gramsci eben nicht heranziehen, um so zu argumentieren. Da geht es nicht darum, dass er sich ja wie alle anderen Marxisten auf Marx beziehen müsste. Es geht um eine ganz konkrete theoretische Fragestellung, auf die gibt er eine ganz konkrete Antwort. Gramsci besteht darauf, dass historisch materialistische Methodologie nicht mit historischen Ökonomismus zu verwechseln wäre, dies begründet er immer auch mit Verweis auf Marx und Engels, er betont hier also keine theoretische Verschiebung, sondern Kontinuität. Er verweist darauf, dass allgemeine Werke (hier ist wohl das kapital gemeint, vorarbeiten könnte man sicherlich auch darunter fassen) methodisch anders vorgehen müssen als konkrete historische Analysen, und schon gar nicht mit diesen verwechselt werden dürften, wie am beispiel konkreter historischer Analysen von Marx und Engels ersichtlich sein soll. Soll heißen, das dreibändige Kapital soll nicht mehr und nicht weniger vermitteln als die Gesetze der kap. Produktion, usw.. aber es gibt uns bspw. keine allgemeine Theorie des Staates, des Klassenkampfes, oder gar aller gesellschaftlichen Entwicklungsprozesse. Er betont auch speziell eine Formulierung aus der Einleitung, die ich auch mal in den Artikel einbauen wollte, du es aber wieder rausgeschmissen hast, nämlich folgenden Sachverhalt: Dass man bei der Betrachtung gesellschaftlicher bewegungen „zwischen der materiellen, naturwissenschaftlich treu zu konstatierenden Umwälzung in den ökonomischen Produktionsbedingungen und den juristischen, politischen, religiösen, künstlerischen oder philosophischen, kurz, ideologischen Formen, worin sich die Menschen dieses Konflikts bewußt werden und ihn ausfechten“, unterscheiden muss. Entscheidend ist, dass sich die Menschen im gesellschaftlichen Überbau „dieses Konflikts bewußt werden und ihn ausfechten“. Eine Minderbetonung des gesellschaftlichen Überbaus wird somit in grenzen entgegengewirkt. Denn wenn Menschen im gesellschaftlichen Überbau sich der ökonomischen Bewegungen und Widersprüche bewusst werden, und sie in ebendiesen Überbau ausfechten, kann wirklich nicht davon gesprochen werden, dass die ökonomische Bewegung ein gesellschaftlicher Primat wäre. Ausfechten impliziert mehrere mögliche Ausgänge und auch keine absolute Determiniertheit durch ökonomische Verhältnisse, eher ganz konkrete. --Tets 18:48, 17. Apr. 2008 (CEST)
- also irgendwie liest sich das nach einer kurzschen lesart, der zufolge der „exoterische“ (ideologischen, modernen) vom „esoterischen“ (tiefsinnigen) marx zu unterscheiden ist. so eine trennung halte ich für künstlich. ökonomistisch bedeutet für mich „verkürzt“. wie jedeR kann auch marx mal platt argumentiert haben, aber das macht seine theorie m.e. nicht zu einer verkuerzten sichtweise der dinge. der ökonomismus der „orthodoxie“ (kautsky, plechanow, ev. auch luxemburg, mit sicherheit bucharin etc.) lässt sich für mich nicht direkt von marx ableiten. außerdem enden solche theorien oft auch in ihrem gegenteil - wie z.b. in kautskys superimperialismus-theorie. dass ich die formulierung „im gegenzug“ für missverständlich halte, bedeutet übrigens nicht, dass ich keine entwicklung im marxismus sehe. damit, dass althusser und gramsci eine solche geleistet hätten, stimme ich mit dir aber nicht überein. „geleistet“ wurde für mich vielmehr eine abkehr vom proletariat und von der revolutionären partei - zumindest als ein erbe der beiden. und stalin mag sich auf marx berufen, aber das wesentliche hierbei ist doch die annahme, dass marx die heutige welt noch nicht vollkommen verstehen konnte, weil er das zeitalter des imperialismus/monopolkapitalismus nicht kannte. solch einen standpunkt halte ich aber für grundlegend falsch. liebe grüße, redtux 14:21, 17. Apr. 2008 (CEST)
robert kurz? esoterisch? exoterisch? voneinander trennen? wovon redest du? ich weiß nicht was du meinst, du missverstehst mich anscheinend völlig, aber lass es uns bitte nicht vertiefen. dass marx "verkürzt" ist, wurde übrigens gar nicht behauptet, sondern lediglich, dass spätere marxisten einige sachen in anderer gewichtung interpretiert haben. zur modifizierung der marx'schen theorie durch althusser solltest du am besten einfach mal den berühmten, oben ja sogar von dir verlinkten aufsatz genau lesen. abgesehen von all den vielen impliziten verschiebungen der aufmerksamkeit auf den bereich der kultur/des überbaus mit seiner "relativen autonomie" finden sich sogar passagen, die marx offen widersprechen, etwa:
- „So ist die Ideologie [d.h. das Überbauphänomen par excellence] für Marx ein Gespinst der Einbildung, ein reiner Traum, leer und nichtig. […] Die These der Deutschen Ideologie, daß die Ideologie keine Geschichte hat, ist also eine rein negative, denn sie bedeutet zugleich: 1) Die Ideologie als ein purer Traum ist nichts […]. 2) Daß die Ideologie keine Geschichte hat, soll nicht heißen, daß sie außerhalb der Geschichte steht, (im Gegenteil: sie ist lediglich der schwache, leere und verkehrte Reflex der realen Geschichte), sie hat aber keine eigene Geschichte (histoire à elle).
- Die von mir vertretene These, auch wenn sie formell mit ihr gleichlautend ist, unterscheidet sich jedoch grundsätzlich von der positivistisch-historizistischen der Deutschen Ideologie. Ich bin nämlich der Auffassung, daß die Ideologien sehr wohl eine eigene Geschichte haben (wenn diese auch in letzer Instanz determiniert ist durch den Klassenkampf); und ich glaube andererseits, gleichzeitig sagen zu können, daß die Ideologie im Allgemeinen eine Geschichte hat; nicht in dem negativen Sinn, daß ihre Geschichte außerhalb ihrer selbst liegt, sondern in einem absolut positiven Sinn.“ (Hervorhebung von mir)
soviel zu deiner these, althusser sei "ganz bei marx". natürlich ist er trotzdem noch "bei marx", aber das bestreitet ja auch keiner; nur gibt es eben verschiebungen, auseinandersetzungen, neujustierungen, swowohl explizit, vor allem aber implizit (jedoch nicht weniger deutlich). bei gramsci analog.
mein angebot, "einseitig" durch "vorrangig" zu ersetzen, steht übrigens noch. grüße, inspektor godot 17:01, 17. Apr. 2008 (CEST)
- kurz ad Althusser. Althusser scheint in dieser Schrift die dt. Ideologie in diesem Punkt dem frühwerk zuzurechnen, denn kurz zuvor schreibt er: „In der Tat bietet die "Deutsche Ideologie-nach den Manuskripten von 44 eine explizite Theorie der Ideologie, jedoch. . . diese ist, wie wir gleich sehen werden, nicht marxistisch. Was das "Kapital" betrifft, so enthält es zahlreiche Hinweise für eine Theorie der Ideologie (wovon die Ideologie der Vulgärökonomen die sichtbarste ist), es enthält jedoch nicht diese Theorie selbst.“ --Tets 18:48, 17. Apr. 2008 (CEST)
Kommentare zum Text
Ich habe folgende Kommentare aus dem Quelltext hierher kopiert, da sie für die Diskussion von Interesse sind. (Versionsvergleich) --redtux 19:44, 17. Apr. 2008 (CEST)
Sozialismus/Kommunismus = Gesellschaftsformation?
- Wichtige historische Gesellschaftsformationen sind nach Marx der Urkommunismus der frühen Stammesgesellschaften, die Sklavenhaltergesellschaft der Antike, der Feudalismus des Mittelalters und bürgerlich-kapitalistische Produktionsweise, sowie – als noch nicht verwirklichte Utopie – der Sozialismus sowie, als vollendete Form der klassenlosen Gesellschaft, der Kommunismus. Die historischen Versuche des Aufbaus einer sozialistischen Gesellschaft insbesondere im europäischen Ostblock werden meist als Realsozialismus, von Kritikern auch als Staatskapitalismus bezeichnet.
Spricht Marx jemals von Sozialismus oder Kommunismus als Gesellschaftsformation?
(nicht signierter Beitrag von Tets (Diskussion | Beiträge) 11:45, 10. Apr. 2008)
- Habe kein Zitat zur Hand, aber der Sache nach natürlich - was denn sonst? Natürlich ist eine kommunistische Gesellschaft immer noch eine Gesellschaft(sform).
(nicht signierter Beitrag von Inspektor.Godot (Diskussion | Beiträge) 12:11, 10. Apr. 2008)
asiatische Produktionsweise
- Im Kontext der Marxschen Gesellschaftstheorie ist außerdem der Begriff der „asiatischen Produktionsweise“ bedeutsam, mit dem Marx die Gesamtheit vor-antiker, durch Landwirtschaft und Subsistenzwirtschaft geprägter Gesellschaften bezeichnet. Dieser Begriff ist jedoch auch innerhalb des Marxismus stark umstritten und wird oft als zu ungenau kritsiert.
erbete Quelle
(nicht signierter Beitrag von Tets (Diskussion | Beiträge) 11:45, 10. Apr. 2008)
- Vgl. Barry Hindess/Paul Q. Hirst: Vorkapitalistische Produktionsweisen (1975), Frankfurt a.M./Berlin: Ullstein 1981
(nicht signierter Beitrag von Inspektor.Godot (Diskussion | Beiträge) 12:11, 10. Apr. 2008)
Fortschrittsglaube und Geschichtsdeterminismus
- Insgesamt steht die marxistische Auffassung von Gesellschaft stark in der Hegelschen Tradition eines stufenförmigen Fortschrittsmodells der Geschichte. Gesellschaft ist demnach immer nur Gesellschaft auf einer bestimmten historischen Entwicklungsstufe. Seit der Auflösung der Urgesellschaft vollzieht sich die Entwicklung und stufenweise Ablösung der Gesellschaftsformationen insbesondere durch den als zentralen Motor der sozialen Entwicklung angesehenen Klassenkampf.
Historischer Materialismus ist weder Geschichtsdeterministisch, wie es hier etwas anmutet, noch besitzt er EIN stufenförmiges Fortschrittsmodell der Gesellschaften/ der Geschichte; Fortschritt ist auch nicht zwangsläufig, ebensowenig wie sich aus der einen Gesellschaftsformation logisch die andere ableiten muss, vgl. hierfür ursprüngliche Akkumulation im Kapital.
(nicht signierter Beitrag von Tets (Diskussion | Beiträge) 11:45, 10. Apr. 2008)
- Antwort: Ausnahmen und "Rückfälle" bestätigen die Regel als allgemeine Tendenz des Fortschritts - insgesamt ist die Feststellung, dass hier ein lineares Stufenmodell vorliegt, durchaus zutreffend. Siehe Manifest. Im übrigen steht hier nur: "in der Hegelschen Tradition"; das ist wohl noch unstrittiger. Von "Ableitbarkeit" war nicht die Rede. Eine gewisse Entwicklungslogik im Marxschen Denken ist dennoch unabstreitbar. Von "Determinismus" war ebenfalls nicht die Rede, entsprechende Tendenzen sind gleichwohl, bei allen Gegentendenzen, aber auch nicht zu leugnen.
(nicht signierter Beitrag von Inspektor.Godot (Diskussion | Beiträge) 12:11, 10. Apr. 2008)