Anatoli Nikolajewitsch Bukrejew

russisch-kasachischer Extrembergsteiger und Bergführer
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Anatoli Nikolajewitsch Bukrejew (russisch Анатолий Николаевич Букреев; * 16. Januar 1958 in Korkino, Russland, † 25. Dezember 1997 am Annapurna, Nepal) war ein russisch-kasachischer Extrembergsteiger und Bergführer.

Lebenslauf

Bukrejew sammelte schon frühzeitig in der ehemaligen Sowjetunion Erfahrungen im Höhenbergsteigen. So bestieg er in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts über 30 Siebentausender. Bukrejew bezwang insgesamt elf der vierzehn Achttausender, meist ohne Flaschen-Sauerstoff, und allein viermal - davon dreimal als Bergführer - den Mount Everest. 1989 bestieg er den Kangchendzönga über eine neue Route.

Traurige Berühmtheit erlangte Bukrejew als einer der Bergführer der tragischen Mount Everest Expedition im Mai 1996, bei der neun Bergsteiger durch einen plötzlichen Wetterumschwung ums Leben kamen. Bukrejews Rolle bei dieser dramatischen Expedition wird vom Bestseller-Autor Jon Krakauer in dessen Buch "In eisige Höhen" zwiespältig dargestellt:

Bukrejew war zweiter Bergführer und Team-Mitglied in der Mannschaft des Expeditionsleiters Scott Fischer und war kurz vor der Everest-Expedition in Kathmandu für einen Betrag von 25.000 US-Dollar als zweiter Führer angeheuert worden, aufgrund seines exzellenten Rufes als leistungsstarker Höhen-Bergsteiger.

Einerseits sprach Krakauer ihm ab, im Team arbeiten zu können und warf ihm Alleingänge vor, sowie fehlende Hilfe für das Team, was den Expeditionsleiter und andere Mitarbeiter zu kräfteraubenden Mehreinsätzen "gezwungen" hätte und indirekt mitverantwortlich sein sollte für den Tod seiner Kollegen beim Abstieg. Andererseits stellte Krakauer die selbstlosen Lebensrettungseinsätze von Bukrejew später im Verlauf der Katastrophe auf dem Südsattel des Mount Everest sehr positiv heraus. Bukrejew selbst hatte demnach lediglich den Akklimatisierungs-Plan, den er zusammen mit Scott Fisher ausgearbeitet hat, umgesetzt. Bukrejew führte mehrere vollkommen erschöpfte Expeditionsmitglieder, die sich im Schneesturm und in der Nacht verirrt hatten und im Freien bei Sturm und Temperaturen um minus 40 Grad biwakieren mussten, trotz der vorausgegangenen Anstrengung seiner Gipfelersteigung zurück ins vierte Hochlager, und rettete so mindestens drei Menschen das Leben, die sonst orientierungslos sowie ohne Schutz, Nahrung, Wasser und Sauerstoff erfroren wären. Von den sechs Menschen, die sich beim Abstieg auf dem Südsattel verirrt und das Lager Vier verfehlt hatten, wurden fünf gerettet, hauptsächlich durch Bukrejews Einsatz.

Bukrejews Leistungsfähigkeit wird auch daran ersichtlich, dass er trotz der Anstrengungen der Everest-Ersteigung ohne Sauerstoff - was ihm ebenfalls vorgeworfen wurde, weil dies die Leistungsfähigkeit mindere - und trotz seiner Rettungseinsätze während der Katastrophe einige Tage später im Alleingang den benachbarten Lhotse erstieg, einen weiteren Achttausender in unmittelbarer Nähe des Everest. Allerdings sollen seine sozialen Fähigkeiten im Team als bezahlter Führer für weitaus schwächere, teuer zahlende Expeditionskunden weniger ausgeprägt gewesen sein. Der aus Krakauers Buch herauszulesende Generalvorwurf ist, Bukrejew sei egoistisch auf seinen Ruhm als kräftiger Höhenbergsteiger erpicht gewesen und an teamdienlicher Arbeit nicht ernsthaft interessiert gewesen; er habe sich im Anstieg zu weiten Teilen aus der Verantwortung zur Betreuung der zahlenden Kunden gestohlen, sei zwar als zweiter Bergführer hoch bezahlt worden, aber habe trotz Befähigung nicht den adäquaten Gegenwert für das Team geboten. (→Katastrophe am Mount Everest (1996))

Wegen der Darstellungen Krakauers schrieb Bukrejew zusammen mit dem Journalisten Weston DeWalt ein eigenes Buch "Der Gipfel" über seine Sicht der Katastrophengeschehnisse. Bukrejew und Krakauer trafen sich noch in der Folge und legten den persönlichen Streit zu weiten Teilen bei.

Kurz nach der Veröffentlichung des Buches von DeWalt kam Anatoli Bukrejew am 25. Dezember 1997 durch ein Lawinenunglück an der Annapurna ums Leben, wo er versucht hatte, im Winter eine neue Route zum Gipfel zu finden. Seine Leiche konnte nicht gefunden werden. Nahe dem Annapurna-Basecamp (4.120 m), mit Blick auf den Annapurna-Hauptgipfel, wurde zur Erinnerung an Bukrejew ein kleiner, heute mit zahllosen buddhistischen Gebetsfähnchen geschmückter Stupa mit einer Gedenktafel errichtet.

Werke

  • Der Gipfel. Tragödie am Mount Everest: Taschenbuch - 300 Seiten (1998), Heyne München, ISBN 3-453-15052-X
  • Über den Wolken. Aus den Tagebüchern eines Extrem-Bergsteigers. Broschiert - 288 Seiten (2003), Heyne München, ISBN 3-453-86126-4

Siehe auch

Katastrophe am Mount Everest (1996)