José Mármol
José Mármol, (geboren 02.12.1817 in Buenos Aires, gestorben 09.08.1871 ebenda) ist ein argentinischer Schriftsteller gewesen, der mit dem Roman Amalia eines der bedeutendsten romantischen Werke Lateinamerikas verfasst hat. Weiterhin hat er politische Ämter bekleidet und die argentinische Nationalbibliothek geleitet.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Epoche der Romantik
ausgewählte Werke
Amalia
Cantos del peregrino
Armonías
Werke
Literatur
Leben
Während seines Jurastudiums in Buenos Aires, welches er jedoch nicht beendet hat, ist José Mármol, der Unitarier, Gegner der in Argentinien herrschenden Diktatur, gewesen ist, 1839 von der Polizei des Diktators Juan Manuel de Rosas für 23 Tage festgenommen worden. An die Wand der Zelle schrieb er seine ersten Verse. Einer erneuten Verhaftung, anderthalb Jahre später, hat er nur durch die Flucht per Schiff nach Montevideo, die Hauptstadt Uruguays, entgehen können. Dort haben ebenfalls andere Schriftsteller, wie Juan Bautista Alberdi, Florencio Varela und Esteban Echeverría Exil gesucht. Als auch diese Stadt von Rosas´ Regime, unter Mithilfe seines Verbündeten Manuel Oribe, belagert worden ist, floh Mármol nach Rio de Janeiro, Brasilien, von wo aus er 1843 nach Chile hat reisen wollen. Das Schiff musste jedoch auf Grund eines Sturmes umkehren und so hat Mármol zwei weitere Jahre in Rio de Janeiro verbracht. Danach hat er sieben Jahre, bis 1852, wieder in Montevideo gelebt. Um gegen Rosas Regime vorzugehen, hat er sich in Brasilien an Kampagnen beteiligt und journalistische Beiträge für Zeitschriften wie ¡Muera Rosas!,El Talismán und La Nacional verfasst. Dies hat ihm bei den argentinischen Emigranten ein gewisses Ansehen als Dichter verschafft. Weiterhin war er, wie auch sein befreundeter Schriftsteller Esteban Echeverría, Mitglied des verbotenen Geheimbundes Asociación de May.
Als das Rosas-Regime 1852 unter General Justo José de Urquiza gestürzt worden war, kehrte Mármol, nach mehr als einem Jahrzehnt Exil, nach Argentinien zurück. 1854 hat er seine politische Laufbahn als Senator begonnen. Später besetzte er die Position eines Abgeordneten und 1858 trat er den Posten des Leiters der argentinischen Nationalbibliothek, der Biblioteca Nacional de la República, an. Neben der Arbeit als Botschafter, hat Mármol 1864 als bevollmächtigter Minister in Brasilien gearbeitet. In seinen letzten zwei Lebensjahren ist Mármol vollständig erblindet. Während er in Montevideo lebte, gründete Mármol drei Zeitungen, unter anderem zwei Jahre vor Verlassen der Stadt, die politische und literarische Themen behandelnde Zeitung La Semana und schrieb ebenfalls Artikel für andere Zeitungen. Als literarische Vorbilder Mármols kann man den französischen Romantiker Victor Hugo und den Spanier Zorrillas benennen.
Epoche der Romantik
Die Romantik ist als Hauptströmung des 19. Jahrhunderts anzusehen. Es beginnt sich die Gattung der Prosa zu entwickeln. Hierbei sucht die Erzählliteratur Lateinamerikas Anschluss an europäische Vorgaben und entwickelt nebenbei eine eigene Schreibweise, die mit lokalen Themen verbunden ist. Die Romantik hat die lateinamerikanischen Schriftsteller gereizt, da sie die Befreiung des Individuums thematisiert hat. Durch die Kolonialmächte sind die Menschen an Traditionen und Klassizismus gebunden gewesen. Nun konnten sie dieser Gebundenheit durch die Literatur entfliehen. So sind auch erstmals die aktuelle Geschichte und damit verbundene Probleme niedergeschrieben worden. In dieser Zeit ist es auch zum Kampf für die Gleichberechtigung der Farbigen gekommen, in dessen Zusammenhang die Gattung des Sklavenromans, novela abolicionista, entstanden ist. Ein Beispiel hierfür ist der Roman Francisco von Anselmo Suárez y Romero. Das Individuum mit seiner inneren Welt steht im Mittelpunkt der romantischen Literatur. Folglich hat der Liebesroman große Bedeutung erlangt. In diesen geht es meist um eine tragische, unerfüllte Liebe, die mit dem Tod beider Protagonisten enden kann. Neben der Thematisierung der Liebe wird auch der Natur nun eine größere Bedeutung beigemessen. In der Lyrik und Prosa finden sich detailreiche, idyllische Naturbeschreibungen wieder, die neben der bloßen Beschreibung der Naturphänomene auch den Gefühlszustand des Schriftstellers widerspiegeln. Diese Merkmale der Romantik findet man sehr häufig in Mármols Werken wieder.
Die stilistischen Merkmale und ästhetischen Mittel weichen jedoch von denen vorhergehender Epochen ab. In der Romantik lässt sich eine antiformale Einstellung erkennen. So kommt es zur Freiheit der sprachlichen Gestaltung in Wortschatz, Wortstellung und grammatischer Struktur. Es sind nun alle Sprachstile und Ausdrucksmöglichkeiten gleichberechtigt. Auch eigentliche Unkorrektheiten werden als Stilmittel anerkannt. Somit wird der Persönlichkeit Ausdruck verliehen und die komplexe Vielfalt des Lebens in den Schriftstücken festgehalten und gespiegelt. Durch die teils alogische Verwendung von Sprache kommt es weiterhin zur Betonung der Emotionalität.
Vertreter der Romantik in Lateinamerika sind, neben José Mármol, Esteban Echeverría (Argentinien), Jorge Isaac, (Kolumbien) und Juan León Mera (Ecuador).
ausgewählte Werke
Amalia
Dieser Roman, Mármols einziger, wird auch als erster argentinischer Roman bezeichnet. Der erste Teil von Amalia ist 1851 als Fortsetzungsroman in der Zeitung La Semana erschienen; 1855 das komplette Werk, unterteilt in zwei Bänden mit insgesamt 77 Kapiteln. Jedoch besagen andere Quellen, dass der Roman erstmals 1844 erschienen ist. Die erste deutsche Übersetzung ist 1873 veröffentlicht worden. Es ist ein historischer Roman, welcher über die Rosas-Diktatur berichtet; eine zeitgenössische Aufnahme der zu dieser Zeit in Buenos Aires herrschenden Verhältnisse. Die aktuelle Historie, politisch und gesellschaftlich gesehen, hat Mármol in eine Liebesgeschichte eingebettet.
Die Protagonistin Amalia lebt geschützt und von den Unruhen in ihrer Umgebung abgeschirmt, in einem aristokratischem Viertel in Buenos Aires. Eines Nachts findet in der Nähe ihres Hauses eine, für diese Zeit typische, Auseinandersetzung statt. Eine Gruppe von Gegnern Rosas´ will das Land verlassen, wird jedoch verraten. Die Mazorca, Rosas´ Schrecken verbreitende Polizei, schlagen den Fluchtversuch blutig nieder. Daniel, Amalias Vetter, bringt seinen schwer verletzten Freund Eduardo Belgrano in das Haus Amalias. Somit wird Amalia zur Verbündeten und zur Gegnerin der Tyrannenherrschaft. Während sie Eduardo gesund pflegt entwickeln beide langsam romantische Gefühle füreinander. Diesen können sie jedoch nicht nachgehen, da Eduardo in der Nacht vor ihrer Hochzeit von der Mazorca aufgespürt wird. Es kommt zu einem ungleichen Kampf, bei dem Amalia gerettet wird, Eduardo jedoch stirbt.
An Hand des Inhalts wird dem Leser ein Bild des damaligen Buenos Aires Mitte des 19. Jahrhunderts vermittelt. Es erscheinen in diesem Roman politische und gesellschaftliche Persönlichkeiten dieser Zeit unter anderem Namen, sowie fiktive Personen. Weiterhin werden die grausamen Taten der Mazorca, teils übertrieben blutig, geschildert und die Versuche politischer Gegner gegen den Diktator anzukämpfen. Hier lässt sich eine Verbindung zum Autor knüpfen, da Mármol selbst in seinen Werken Rosas trotzte und das Exil suchte. Sprachlich auffällig ist in diesem Werk die Verwendung französischen Vokabulars, was auf den europäischen Einfluss in der lateinamerikanischen Romantik hinweist. Weiterhin ist sein Aufbau sehr heterogen, es befinden sich Sonette, Briefe, Kundgebungen und politische Anordnungen im Roman wieder, die auch für sich allein stehen können und die herrschenden Verhältnisse dokumentieren. Das Werk war überaus erfolgreich im damaligen Lateinamerika.
Cantos del peregrino
Dieses lyrisch-epische Fragment, welches sehr romantisch gehalten ist, ist wohl das erste größere und bedeutendste dichterische Werk Mármols. Der deutsche Titel lautet „Lieder eines fremden Wallers“. Entstanden ist es auf einer Schiffsreise 1844. Als Vorbild kann man hier Childe Harold´s Pilgrimage von Lord Byron ansehen. Wie dieses Werk ist auch Cantos del peregrino aus eigener Erfahrung entstanden. Es ähnelt einem Reisetagebuch, formal eingeteilt in 12 Einheiten. Diese weisen jedoch keine inhaltlichen Gemeinsamkeiten auf, bis auf den Protagonisten, den Pilger Carlos. Dieser ist, auf Grund seiner Erlebnisse, dem Autor gleichzusetzen. Somit findet sich in diesem Werk auch ein autobiographischer Anteil wieder. Das Werk weist weiterhin einen vielseitigen Strophenbau auf, wie auch eine mannigfaltige Behandlung von Themen. So wird einerseits die Natur Amerikas hoch gelobt und hymnisch besungen und andererseits über seine Geschichte und Zukunft philosophiert. Im nächsten Moment macht der Protagonist einen Gedankensprung und erinnert sich an seine erste Liebe zurück. Der Pilger möchte die Freiheit für sein Land und fühlt sich verbannt. Diese Gefühle lassen sich in allen Teilen des Werkes wieder finden und halten es somit zusammen. Mármol verbindet so Politik und Liebe in einem Werk miteinander.
Armonías
1851 ist in Montevideo eine Sammlung von Gedichten gegen Rosas veröffentlicht worden, die den paradoxen Titel Armonías tragen, (zu Deutsch: Harmonien). In dieser Sammlung von Gedichten geht Mármol gegen Rosas vor und beleidigt ihn und seine Tyrannei. Auf Grund der Aktualität des Themas sind die Gedichte zur damaligen Zeit erfolgreich gewesen.
Werke
- Amalia (1844)
- El peregrino (1847)
- El poeta (1847)
- Armonías (1851)
- El cruzado (1851)
Literatur
- Ertler, Klaus Dieter: Kleine Geschichte des lateinamerikanischen Romans, Gunter Narr Verlag, Tübingen, 2002.
- Grossmann, Rudolf: Geschichte und Probleme der lateinamerikanischen Literatur, Max Hueber Verlag/ München, 1969.
- Hrsg. Reichard, Dieter: Autorenlexikon Lateinamerikas, Suhrkampverlag, Frankfurt, 1992.
- Rössner, Michael: Lateinamerikanische Literaturgeschichte, Verlag J.B. Metzler/ Stuttgart, Weimar, 2002.
- Stenzel, Hartmut: Einführung in die spanische Literaturwissenschaft, J.B. Metzler/ Stuttgart, Weimar, 2005.