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Urgeschichte

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Die Vorgeschichte oder Urgeschichte bezeichnet den längsten Zeitabschnitt (über 99%) der Menschheitsgeschichte. Der Begriff der "Vorgeschichte" ist eigentlich absurd, weil es keine Geschichte vor der Geschichte gibt. Er ist jedoch forschungsgeschichtlich zu begründen und klar definiert. Nach traditionellem Verständnis beginnt die Vorgeschichte mit dem Auftreten der ersten Steinwerkzeuge vor etwa 2,5 Millionen Jahren und endet mit den ersten Schriftzeugnissen, die den Beginn der Frühgeschichte markieren. Dementsprechend unterschiedlich datiert das Ende der Vorgeschichte in den Regionen der Welt. Wo schriftliche Aufzeichnungen fehlen, tragen archäologische und naturwissenschaftliche Methoden, z.B. die Paläoanthropologie, zum Kenntnisstand dieser frühen Zeitabschnitte bei.

Gelegentlich wird der Begriff der Vorgeschichte auf Zeit der Jäger und Sammler, im wesentlichen also die Altsteinzeit und Mittelsteinzeit eingeengt verwendet.

Den Zeitraum vom Beginn der Menschheit bis zur Einführung der Metallurgie (in Mitteleuropa vor etwa 4.000 Jahren) wird als Steinzeit bezeichnet. In Mitteleuropa werden zuerst Kupfer, dann Bronze und schließlich Eisen verarbeitet. In anderen Regionen fehlen Kupfer- und/ oder Bronzezeit.


Zeitliche Einordnung und Untergliederung der Menschheitsgeschichte

Die Steinzeit ist in verschiedene Abschnitte gegliedert. Generell wird zwischen Altpaläolithikum, Mittelpaläolithikum, Jungpaläolithikum, Mesolithikum und Neolithikum unterschieden, wobei die einzelnen Abschnitte weltweit unterschiedlich benannt, definiert und datiert sind. Die klassische Unterscheidung ist das Zeitalter des "geschlagenen Steins" und das des "geschliffenen Steins". Letzteres ist ein Kennzeichen des Neolithikums (= Jungsteinzeit), das in Europa etwa um 5500 v. Chr. begann. Weitere Merkmale der Jungsteinzeit sind Sesshaftigkeit, Keramik sowie domestizierte Pflanzen und Tiere.

Ähnlich fundamentale Veränderungen in der Menschheitsgeschichte zog die Entdeckung der Metallurgie nach sich (Bronzezeit, Eisenzeit) und schließlich die Entwicklung der frühen Schriftkulturen Frühgeschichte.

Die Tabelle zeigt die archäologische Einteilung, wie sie für Mitteleuropa üblich ist. Die ältesten Funde stammen jedoch aus Afrika, denn dort stand die Wiege des Menschen. Die ältesten, sicher datierten Funde in Europa sind nicht älter als 600.000 Jahre.

Erdgeschichtlich fällt die Altsteinzeit in etwa mit dem Pleistozän, die folgenden Epochen mit dem Holozän zusammen.

 

Epoche Zeitraum in Europa Untergliederung Charakteristika Menschenarten
Altsteinzeit oder Paläolithikum 2,4 Mio. - 8000 v. Chr. Zeit der Jäger und Sammler. Zu Beginn Geröllgeräte ("chopper tools") und später Faustkeile. Die Steingeräte werden zunehmend komplexer und spezialisierter. Hominidenarten:
Homo habilis, Homo erectus, Homo sapiens präsapiens, Homo heidelbergensis, Homo neandertalensis, gegen Ende Homo sapiens sapiens
Mittlere Steinzeit oder Mesolithikum 8000 - 5500 v. Chr. Kennzeichnend die Zeit nach dem Ende des Pleistozäns in Europa. Die Jäger und Sammler besitzen eine hochstehende Werkzeugkultur mit Stein- und Knochenwerkzeugen, sowie neuen Fernwaffen wie Pfeil und Bogen. Homo sapiens sapiens
Jungsteinzeit oder Neolithikum 5500 - 2000 v. Chr. Die Entstehung des Neolithikums wird mit dem Nahen Osten in Verbindung gebracht. Von dort stammen die ältesten Belege von Keramik vor etwa 10.000 Jahren. Die neue Wirtschaftsweise, statt sammelnd und jagend ("aneignend") nun "produzierend", gelangt Jahrtausende später auch nach Europa. Das Jungneolithikum bedeutet mit der secondary products revolution, die auch das Auftreten erster Kupfergegenstände umfasst, einen wichtigen Einschnitt. Homo sapiens sapiens
Bronzezeit 2000 - 800 v. Chr. Frühgeschichte Die Einführung der Metallurgie im ermöglicht die Gewinnung und Verarbeitung von Metallen (Gold, Kupfer, Bronze). Erste Schriftquellen im Vorderen Orient/ Ägäis. Homo sapiens sapiens
Eisenzeit seit ca. 800 v. Chr. Homo sapiens sapiens

 

Kritik am Dreiperiodensystem

Die Unterteilung der Geschichte in Steinzeit, Bronzezeit, und Eisenzeit, das Dreiperiodensystem, ist heute ein in den Grundzügen nach wie vor gültiges Konzept, wird aber inzwischen kritisch betrachtet. Die Unterteilung gilt als zu grob und unspezifisch, denn gerade am Übergang von der Stein- zur Metallverwendung sind die Übergänge fließend, und die unterschiedenen Zeiträume sind alles andere als verhältnismäßig oder wohlproportioniert.

Manche Historiker fügen zwischen Steinzeit und Bronzezeit noch die Kupferzeit ein.

Weitere Kritiker sind die Kreationisten, die nicht nur diese Unterteilung, sondern die Zeitberechnungen, besonders die Existenz und Datierung der Altsteinzeit, überhaupt in Frage stellen.

 

Ur- oder Vorgeschichte

Der kulturelle Hintergrund der Menschwerdung ist der eigentliche Gegenstand der Urgeschichte. Diese läuft in zwei miteinander verschränkten Ebenen ab: Einer kulturellen und einer biologisch-evolutionären. Zu verschiedenen kulturellen Epochen sind oben bereits für die einzelnen Unterabschnitte ins Detail gehenden Artikel angeführt. Dennoch soll hier ein zusammenhängender erster Überblick insbesondere über die kulturelle Evolution des Menschen gegeben werden. Die biologische Evolution wird im Artikel Hominisation behandelt, auf einzelne Menschenarten wird hier daher nur stark vereinfachend eingegangen.

Paläolithikum

Homo habilis und Geröllgeräteindustrie

Die Menschheitsgeschichte beginnt in Ostafrika vor ca. 4 Millionen Jahren, zunächst auf primär evolutionärer Basis mit Entwicklung des aufrechten Ganges durch die Australopithecinen. Die Ursachen sind ungeklärt. Theorien vermuten eine Anpassung an Steppenregionen, die vorher bewaldet waren. Der aufrechte Gang ermöglichte eine bessere Sicht, hatte aber den zusätzlichen Effekt, dass nun die Hände zunehmend für andere Dinge als die Fortbewegung freiwurden:

Die ersten Angehörigen der Gattung Homo (Hominiden) lebten vor ca. 2,6-2 Millionen Jahren. Meist werden Herstellung und Gebrauch von Werkzeugen dem Homo habilis zugesprochen. Es gibt aber Hinweise, dass möglichweise schon Australopithecinen (Hominoiden, "Menschenartige") Geräte benutzt haben.

Diese ersten Steingeräte waren Geröllgeräte, denen mit einem anderen Stein eine scharfe Kante beigebracht wurden. Experimente zeigten, dass damit sogar Langknochen zertrümmert werden können, so dass man an das nahrhafte Knochenmark gelangen konnte. Die Steinbearbeitungstechniken werden im Laufe der Zeit weiterentwickelt und in der Herstellung immer komplizierter und vielfältiger.


Homo erectus und Faustkeilindustrie

Gegen Ende der Zeit, also ca. 1 Million Jahre vor heute, traten zwei wesentliche Neuerungen auf: Der Mensch entdeckte das Feuer, und er begann vermutlich mit der aktiven Jagd auf Tiere, nachdem er vorher vermutlich primär Pflanzen- und Aasfresser gewesen war. Auch wurde der Homo habilis nun endgültig von einer anderen Art, dem Homo erectus abgelöst, der sich vor ca. 1,5 Millionen Jahren zu entwickeln begonnen hatte ("Olduvai-Hominid 9", ca. 1,2 - 1,5 Mio Jahre). Diese Art war so erfolgreich, dass sie sich massiv ausbreiten konnte: Über ganz Afrika, Kleinasien, Süd- und Mitteleuropa (nah verwandte Art Homo heidelbergensis, 600.000 vor heute; Homo erectus bilzingslebensis vor 400.000 Jahren), und über Indien bis ins heutige China und nach Südostasien ("Java-Mensch" Pithecanthropos bereits vor ca. 1,6 Mio Jahren), wobei die Ausbreitungsrichtung nach Norden offenbar von gesteigerten kulturellen Fähigkeiten abhing, die den klimatisch schwierigeren Bedingungen contra bieten konnten.

Homo erectus verbesserte zunächst die Steingeräte: Zunehmend wurden nun auch die kleineren Abschläge von den Kernsteinen verwendet, an den Kanten retuschiert und damit für andere Aufgaben nutzbar. Einen regelrechten Technologiesprung gab es vor ca. 1.5 Mio Jahren: Nun wurden auch die Kernsteine weitaus feinfühliger bearbeitet, und vor allem an zwei Seiten so behauen, dass sie eine Spitze ausbilden: Die Faustkeile blieben neben den bearbeiteten Abschlägen wichtigstes Werkzeug des Altpaläolithikums bis etwa 130.000 vor heute.

Neben der bereits erwähnten Feuernutzung war die Jagd auf Tiere eine wichtige Entwicklung, um das reduzierte pflanzliche Nahrungsangebot außerhalb Ostafrikas auszugleichen. Systematische Jagd auf Groß- und Kleinwild entwickelte sich ab ca. 1 Mio Jahre vor unserer Zeit, als "Abfallprodukte" der Nahrungsbeschaffung erhielt der Mensch nun auch weitere Rohmaterialien: Felle, die vor Kälte schützten, Knochen, die als Werkzeuge Verwendung fanden. Werkzeuge aus Holz und anderem vergänglichen organischen Material sind für diese zweite Hälfte des Altpaläolithikums zu erwarten, naturgemäß archäologisch aber kaum nachweisbar: Ausnahmen bestätigen die Regel, etwa zwei hölzerne Speere mit einem Alter von 370.000 Jahren aus Schöningen.

Neandertaler und Abschlaggeräte

In Europa entwickelte sich aus dem Homo erectus (möglicherweise aus oder parallel zum Homo heidelbergensis) vor etwa 300.000 Jahren der Neandertaler, eine auf die spezifischen Umweltbedingen der letzten Eiszeit hervorragend angepasste Menschenart.

Der Neandertaler stellt sich heute (entgegen früheren Annahmen) als kulturell hoch entwickelt dar: Bei ihm sind für unseren Raum zum ersten Mal kultische Praktiken nachweisbar, so sind z. B. Bestattungen mit Grabbeigaben belegt. Der Neandertaler entwickelte eine Technik der Steinbearbeitung, bei der nicht mehr (nur) die Kerne der Steine das Werkzeug ergaben, sondern bei der die vom Stein abgehauenen Abschläge selbst (z.B. zu schneidenden Klingen) weiterbearbeitet wurden.

Homo sapiens

Neben dem Homo erectus entwickelte sich eine neue Form des Menschen, der Homo sapiens. Nicht abschließend geklärt ist, wie weit er sich unabhängig von lokal vorhandenen Menschentypen entwickelte; man tendiert jedoch zunehmend dazu, ihn als eine Art zu begreifen, die, in Afrika entstanden, sich in einer zweiten Welle (nach Homo erectus)von dort über die Welt ausbreitete. Der Homo sapiens verfeinert zunächst weiter die Technik der Steinbearbeitung; teilweise ähneln sie denen der Neandertaler. Ob deren Verschwinden mit dem anatomisch modernen Menschen zurückzuführen ist, bleibt umstritten.

Bemerkenswert sind die ersten Zeugnisse abstrakten (symbolischen) Denkens, die sich am prägnantesten in der Höhlenmalereien, deren älteste auf etwa 35.000 Jahre datieren, ausdrückt. Als künstlerische Erzeugnisse (s.auch Kunst) gelten jedoch schon mit Gravuren verzierte Knochenobjekte aus Südafrika (Blombos-Höhle), deren älteste auf etwa 77.000 Jahre datieren. Auch sie stammen vom anatomisch modernen Menschen (= H.s.s.).

Mesolithikum und Neolithikum

Die Grundlagen unserer heutigen Zivilisation entstanden vor allem am Ende der letzten Eiszeit. Nach einer Übergangsphase nacheiszeitlicher Jäger und Sammler (Mesolithikum, in Mitteleuropa etwa 12.000 und 8000 Jahren vor heute), setzen große Neuerungen ein, die tiefgreifende sozio-ökonomische Veränderungen mit sich brachten.

Entscheidendes Merkmal der "Neolithischen Revolution" ist die Veränderung der Wirtschaftsweise. In Mitteleuropa begann man vor mehr als 7000 Jahren mit der Domestikation von Tieren und Pflanzen, man wurde sesshaft und benutzte Keramik. Auch in der Steintechnologie gibt es Neuerungen. Man entdeckt den Schliff von Stein.

Weiterführende Angaben

Siehe auch

Mensch - Gattung Homo - Hominidae - Löwenmensch, Dreiperiodensystem - Prähistorische Körbe

Literatur

  • Martin Kuckenberg: Vom Steinzeitlager zur Keltenstadt - Siedlungen der Vorgeschichte in Deutschland, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2000