Sigismund Schlomo Freud, bekannt als Sigmund Freud (* 6. Mai 1856 in Freiberg (Mähren); † 23. September 1939 in London) war ein Neurologe aus Österreich, der die Hypnose und deren Wirkung erforschte, um psychisch kranken Personen zu helfen. Später wandte er sich von dieser Technik ab und entwickelte eine Behandlungsform, die u.a. auf freien Assoziationen und Traumdeutung beruhte, um die seelische Struktur des Menschen zu verstehen und zu behandeln (Psychoanalyse). Nach ihm ist der freudsche Versprecher benannt.
Seine Arbeit
Um zu erklären, wie die menschliche Psyche funktioniert, entwickelte Freud eine damals ungewöhnliche Technik, bei der er seine Patienten und deren freie Assoziationen analysierte und hermeneutisch (textauslegend) deutete. Aus diesen Beobachtungen und Deutungen entwickelte er seine Idee der dreiteiligen psychischen Struktur. Seinem Vorschlag zufolge setzt sich die Struktur der Psyche eines Menschen aus drei Teilen (Instanzen) zusammen, dem Es, dem Ich und dem Über-Ich. Er vertrat die Ansicht, dass ca. 80-90 % der menschlichen Entscheidungen unbewusst motiviert sind und nur ein geringer Teil „sichtbar“ ist. Diese Feststellung gleicht in etwa den Größenordnungen, in denen ein Eisberg sichtbar bzw. unsichtbar (unter der Oberfläche) für den Betrachter liegt.
Sein "Drei-Instanzen-Modell" der Psyche entwickelte Freud in zwei Schritten. So veröffentlichte er im Laufe seiner Forschungen zwei verschiedene topische Modelle über die Struktur und die Dynamik des psychischen Apparates.
In der ersten Topik unterschied er das "Bewusste" vom größeren und einflussreicheren "Unterbewusstsein" und legte dar, wie das Unterbewusstsein das Bewusstsein beeinflusst. In der zweiten Topik, die er vor allem in seiner Schrift Das Ich und das Es (1923) entwickelte, beschrieb Freud erstmals seine Theorie über das Es, das Ich und das Über-Ich.
- Dabei tritt das Es an die Stelle des Unbewussten. Es bildet das triebhafte Element der Psyche und kennt weder Negation, noch Zeit oder Widerspruch. Das Es ist von Anfang an vorhanden, es ist angeboren. Außerdem ist es dem Bewusstsein nicht möglich, darauf zuzugreifen.
- Das Ich: Randgebiet des "Es";
- Denken, Erinnern, Fühlen, Ausführen von Willkürbewegungen;
- Vermittler zwischen impulsiven Wünschen des ES und dem Über-Ich;
- sucht nach rationalen Lösungen
- ist zum größten Teil bewusst
- Das Über-Ich:
- "Gewissen"
- moralische Instanz, Wertvorstellungen
- Gebote und Verbote der Eltern dienen als Vorbild
- Vorstellungen von Gut und Böse
- der Gegenpart zum Es
Das Ich und das Über-Ich entstehen aus dem Es. Die verdrängenden Vorstellungen werden dem Über-Ich zugeschrieben. Es ist ein Teil des Ich und beurteilt die Gedanken, Gefühle und Handlungen des Ich. Das Über-Ich entsteht nach Freud mit der Auflösung des Ödipus-Komplexes (ca. im 5. Lebensjahr). Nach Freud entsteht ein Großteil der Motivation menschlichen Verhaltens aus dem unbewussten Konflikt zwischen den triebhaften Impulsen des Es und dem strengen bewertenden Über-Ich (vgl. die Konzepte zur Abwehr & Sublimierung). Nach Freud unterliegt auch die Gesellschaft einer solchen Triebdynamik.
Freuds Werk zeigt deutliche Prägungen seiner Kindheits- und Jugendzeit im bürgerlichen Wien des ausgehenden 19. Jahrhunderts und seiner humanistischen Bildung. So benennt er viele innerpsychische Komplexe nach Vorbildern der griechischen Mythologie. Manche seiner Beschreibungen über den Zwiespalt zwischen den triebhaften und als bedrohlich erlebten Impulsen des Es auf der einen und den harten moralischen Vorgaben des Über-Ich auf der anderen Seite, werden aus heutiger Sicht als Ausdruck des damals vorherrschenden gesellschaftlichen Anspruchs verstanden.
Eine der sicherlich widersprüchlichsten Theorien Freuds ist der so genannte Penisneid; er steht in der psychischen Entwicklung von Mädchen symmetrisch der Kastrationsangst der Jungen gegenüber, und in seinen Analysen hat sich für ihn häufig ergeben, dass psychisch fehlgeleitete Handlungen von Frauen oft auf die mangelhafte psychische Verarbeitung dieser Evidenz eines fehlenden Penis am eigenen Körper und eines hieraus angeblich resultierenden Neidgefühls zurückgehen.
Seine Theorien und später auch seine Behandlungsmethoden erregten im Laufe der Zeit zunehmend Aufsehen, so dass er im Laufe der Zeit auch andere Ärzte in seiner Psychoanalyse ausbildete. Unter ihnen war auch C.G. Jung, der sich später von seinem Lehrer abwandte und mit der analytischen Psychologie eine veränderte Form der Psychoanalyse entwickelte.
Kritik erntete S. Freud für seine Aussagen zum Thema sexuellen Missbrauchs auf das er in seinen Analysen immer wieder durch Erinnerungen, Träume und andere Hinweise seiner Patientinnen gestoßen war. Als er diese Erkenntnisse veröffentlichte, erhielt er heftige Gegenreaktionen von vielen akademischen und gesellschaftlichen Institutionen und Personen, so dass er die Aussagen seiner Patientinnen in späteren Veröffentlichungen als 'ödipal gefärbte Wunschphantasien' einordnete. Es dauerte mehrere Jahrzehnte, bis sich die Einsicht durchsetzen konnte, dass Freuds erste Einschätzung des Themas die richtigere war.
Obwohl Freuds Theorien und Behandlungsmethoden in späteren Jahrzehnten von anderen Ärzten und Psychotherapeuten immer wieder kritisiert worden sind, wird sein Beitrag zum Verständnis des menschlichen Erlebens und Verhaltens meistens als außergewöhnliche Leistung eingeordnet. Viele der von ihm geprägten Begriffe wie Unbewusstes, Minderwertigkeitskomplex, Ödipuskomplex sind im Laufe der Jahre in den allgemeinen Sprachgebrauch übernommen worden.
Biographie
- 1856: Freud wurde als Sohn jüdischer Eltern in Freiberg (Mähren) geboren. Sein Vater war zu diesem Zeitpunkt schon fast vierzig und zum dritten Mal verheiratet. Aus den beiden früheren Ehen hatte er je einen Sohn. In Mähren waren sie Angehörige einer winzigen religiösen Minderheit. Später wurde Sigmund Freud Atheist, obwohl er immer wieder betonte, dass sein Judentum für ihn wichtig sei. Sein Vater war Wollhändler, früher wohlhabend, aber wirtschaftliche Veränderungen und unsolide Kapitalgeschäfte von Freuds älteren Halbbrüdern ruinierten ihn. Als Freud 11 Monate alt war, wurde ein Bruder geboren, der aber nur 8 Monate lebte, dann kam mit 2 eine Schwester, der noch 4 weitere Schwestern folgten, und zuletzt ein Bruder.
- 1859: zog die Familie nach Leipzig, einige Monate später nach Wien.
- 1873: Beginn des Medizinstudiums, nachdem er den Wunsch des Jurastudiums aufgegeben hatte.
- 1876: Forschungsstipendium an der Zoologischen Versuchsstation in Triest.
- 1881: Promotion zum Doktor der Medizin an der Wiener Universität.
- 1882: Verlobung mit Martha Bernays.
- 1884-1887: Entdeckung der Wirkung des Kokains
- 1885: Studienreise nach Paris, Aufenthalt an der psychiatrischen Klinik der Salpétière bei Jean-Martin Charcot (bekannt als "Napoleon der Hysteriker"). Des Weiteren lernt der junge Freud den Arzt Josef Breuer kennen. Der Fall "Anna O." (Bertha Pappenheim), führt zur gemeinsamen Erfindung der so genannten "Sprechtherapie", die praktisch eine Vorstufe der Psychoanalyse darstellt. Herausgabe des Werkes "Studien der Hysterie".
- 1886: Niederlassung Freuds als Arzt. Heirat Sigmund Freuds mit Martha Bernays. Geburt der Kinder: Mathilde (1887), Jean Martin (1889), Oliver (1891), Ernst (1892), Sophie (1893), und zuletzt Anna (1895).
- 1889: Freud begibt sich nach Nancy, wo er H.Bernheim, der Versuche mit der so genannten posthypnotischen Suggestion (Hypnose) betrieb, besucht. Aus diesen Versuchen schließt Freud, dass es ein Unbewusstes geben müsse, welches verantwortlich für einen Großteil menschlicher Handlungen ist. In den folgenden Jahren entwickelt er seine Theorie noch weiter -->Verführungstheorie.
- 1891: Umzug in die Berggasse 19 in Wien, wo er die nächsten 47 Jahre verbringen sollte.
- 1896: Aufsatz Zur Ätiologie der Hysterie
- 1900: Traditionell setzt man den Beginn der Psychoanalyse beim Erscheinen von Freuds Buch "Die Traumdeutung" im Jahre 1900 an.
- 1902: Ernennung zum außerordentlichen Professor. Gründung der "Psychologischen Mittwochs-Vereinigung".
- 1904-1905 Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie siehe auch Infantile Sexualität
- 1906: Beginn des Briefwechsels mit Carl Gustav Jung
- 1907: Treffen mit Carl Gustav Jung. Man redet gleich 13 Stunden lang ohne eine einzige Unterbrechung. Carl Gustav Jung wird von Freud als "Kronprinz" angesehen.
- 1909: Reise mit Ferenczi und Jung in die USA.
- 1910: Gründung der "Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung" (IPV).
- 1911: Kongress von Weimar
Gründung der amerikanischen psychoanalytischen Vereinigung
- 1913: Freud lernt den toleranten, anti-dogmatischen Engländer Ernest Jones kennen.
- 1919: Gründung der brit. P.A Vereinigung
- 1920: "Jenseits des Lustprinzips" erscheint. (Überarbeitung und Verfeinerung der Theorie)
- 1922: Erkrankung an Gaumenkrebs, der sich bis zu seinem Tod beständig verschlimmert.
- 1923: Erste Krebsoperation am Gaumen.
- 1930: Freud beendet seinen Aufsatz Das Unbehagen in der Kultur.
- 1933: Verbrennung von Freuds Büchern in Berlin.
- 1938: Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich am 12. März emigriert Freud am 4. Juni nach London; Kauf eines Hauses im Londoner Stadtteil Hampstead (20 Maresfield Gardens).
- 1939: Am 23. September stirbt Freud den Freitod durch eine Morphiumgabe im Endstadium seiner Krebserkrankung.
Freuds Arbeit wurde von seiner Tochter, der Volksschullehrerin und Kinderanalytikerin Anna Freud, weitergeführt.
Ein Sigmund Freud Museum wurde 1971 in Freuds alter Wohnung in der Berggasse in Wien eröffnet. Im Londoner Freud-Museum, welches nach seinem Tod von seiner Tochter Anna eröffnet wurde, befindet sich die Mehrzahl von Freuds Büchern, Sammlungsstücken und Möbeln (einschließlich der berühmten Couch).
Siehe auch
Weblinks
- Wiener Sigmund Freud Museum
- Freud Museum London
- Andreas Weigel: Karl Kraus und Sigmund Freud. http://members.aon.at/andreas.weigel/Kraus01.htm
- Die Psychoanalyse Sigmund Freuds, eine Einführung von Arthur Brühlmeier
- Sigmund Freud contra Wilhelm Reich
- Virtuelles Sigmund Freud Institut
- Weitere Links über Sigmund Freud bei schlafkampagne.de
Personendaten | |
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NAME | Freud, Sigmund |
ALTERNATIVNAMEN | Freud, Sigismund Schlomo |
KURZBESCHREIBUNG | Psychoanalytiker |
GEBURTSDATUM | 6. Mai 1856 |
GEBURTSORT | Freiberg (Mähren) |
STERBEDATUM | 23. September 1939 |
STERBEORT | London |