Nitrierung

Chemischer Prozess
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Die Nitrierung ist in der Chemie das Einführen einer Nitrogruppe (NO2) in ein organisches Molekül. Synonym steht dieser Begriff meist für die Nitrierung aromatischer Verbindungen, welche als elektrophile aromatische Substitution charakterisiert werden kann. Da in den nitrierten organischen Verbindungen Kohlenstoffatome durch Stickstoffatome von Sauerstoffatomen getrennt sind, kann es passieren, dass das Stickstoffatom die Bindung verlässt und das Kohlenstoffatom mit dem Sauerstoffatom heftig reagiert. Daher sind die meisten nitrierten organischen Verbindungen als Sprengstoffe zu gebrauchen. Ein bekanntes Beispiel ist Trinitrotoluol (TNT).

Reaktionsmechanismus

Die Nitrierung eines Aromaten ist das klassische Beispiel für die elektrophile aromatische Substitution. Als elektrophiles Teilchen fungiert das Nitryl-Kation NO2+. Dieses Nitryl-Kation entsteht durch Dehydratisierung (Wasserabspaltung) aus der protonierten Salpetersäure und ist in stark saurem Medium recht stabil. Die Dehydratisierung der Salpetersäure geschieht durch das Zusetzen von konzentrierter Schwefelsäure. Das dabei entstehende Gemisch an konzentrierter Schwefel - und Salpetersäure wird als "Nitriersäure" bezeichnet. Die schwächere Salpetersäure wird durch die Schwefelsäure schrittweise protoniert, wodurch Wasser als Fluchtgruppe aus der Salpetersäure abgespalten wird und das Nitryl-Kation entsteht. Das freiwerdende Wasser wird wiederum von der Schwefelsäure protoniert und es entsteht das Hydronium - Ion. Letztendlich entstehen aus der mehrstufigen Protonierungsreaktion vier Spezies: das Nitryl-Kation, das Hydronium-Ion H3O+ und zwei Hydrogensulfat-Anionen HSO4 - . Experimentell bestätigt wird das Auftreten dieser Produkte durch Analyse kolligativer Effekte: die Gefrierpunktserniedrigung der Nitriersäure ist etwas viermal größer, als man bei dem Gemisch theoretisch annehmen würde. Dieser Hinweis lässt sich so interpretieren, dass vier neue Spezies für die Gefrierpunktserniedrigung verantwörtlich sein müssen. Die Hydronium-Ionen generieren das stark saure Milieu, welches das Nitryl-Kation stabilisiert.

 

Das entstandene Nitryl-Kation ist in einigen gut spektroskopisch untersuchten Verbindungen isolierbar (z. B. (NO2)(BF4) oder (NO2)(S2O7H)).

Ein erster Hinweis auf den vernuteten Mechanismus lieferten Analysen zur Kinetik der Reaktion. Man fand folgende Geschwindigkeitsgleichung für die Reaktion:

 Geschwindigkeit = k [Ar - H][+NO2]

k ist hierbei eine reaktionsspezifische Geschwindigkeitskonstante. Anhand dieser Gleichung wird deutlich, dass einerseits Ar - H (wobei Ar ein beliebiger Arylrest sei) als auch +NO2 an der Gesamtreaktionsgeschwindigkeit beteiligt sind.

Folgendes Schema stellt die Grundzüge des Reaktionsmechanismus dar:

 
Reaktionsmechanismus der Nitrierung Benzols.

Der Aromat (1) tritt in lose Wechselwirkung mit dem Nitryl-Kation, was auch als π-Komplex bezeichnet wird. Daraus bildet sich der sogenannte Sigma-Komplex, dessen positive Ladung über den Ring delokalisiert ist (2b). Die auftretenden Zwischenstufen werden auch als Wheland-Komplex bezeichnet. Bei diesem Vorgang wird die Aromatizität aufgehoben. Schließlich erfolgt eine Deprotonierung des Sigma-Komplexes, so dass der nitrierte Aromat freigesetzt wird (3).


Die Nitrierung ist nicht die einzige elektrophile Substitutionsreaktion am Aromaten. Eng verwandt mit der Benzolnitrierung ist die Benzolsulfonierung.

Literatur

Peter Sykes, "Wie funktionieren organische Reaktionen?", Wiley-VCH, 2001 (2.Aufl.), S.36 ff.