Das Adjektiv (lat.: ad-iectivum nach griech. epí-theton („das Hinzugefügte“) [1]) (auch: Eigenschafts- oder Beiwort, früher in der Schule auch Wiewort (Wie ist etwas ?)), ist in der Sprachwissenschaft die Wortart, welche die Beschaffenheit oder eine Beziehung eines (konkreten) Dinges, einer (abstrakten) Sache, eines Vorganges oder Zustandes usw. beschreibt. Es bezieht sich somit auf Substantive oder Verben[2]. Adjektive gehören zu der Wortartgruppe der Nomen (im weiteren Sinn).
Das Adjektiv in der deutschen Sprache
Orthographie
Im Deutschen werden Adjektive kleingeschrieben.
Formenlehre
Beugung (Deklination)
Adjektive können ihrer Form nach verändert (gebeugt, flektiert, d.h. hier dekliniert) werden. Im Gegensatz zu den Substantiven haben sie kein festes Genus. Bei jedem Adjektiv gibt es zwei Formen von Endungen, nämlich starke und schwache.[3]
- Beispiel: (stark:) ein heißer Ofen; (schwach:) der heiße Ofen
Steigerung (Komparation)
Die meisten Adjektive der deutschen Sprache können gesteigert werden. Dieser Vorgang heißt Komparation:
- Positiv: schön
- Komparativ: schöner
- Superlativ: am schönsten; der, die, das Schönste
Andere Sprachen kennen auch den Elativ (auch "absoluter Superlativ") als weitere Steigerungsstufe, der jedoch keinen Vergleich ausdrückt und im Deutschen mit "sehr", "äußerst", "höchst" usw. umschrieben wird. So wird er etwa im Italienischen morphologisch gekennzeichnet und mit dem Morphem -issim- gebildet (z. B. bellissimo: sehr schön, dt. etwa am allerschönsten).
Fremdwörter im Deutschen, die auf einen Vokal enden, wie z. B. rosa, können weder dekliniert noch gesteigert werden. Andere Adjektive, etwa Farbbezeichnungen wie blau, beige, orange oder Bezeichnungen absoluter Eigenschaften wie voll, leer, schwanger, tot (Absolutadjektive) sowie Ableitungen von geografischen Bezeichnungen (z. B. die Berliner Luft; vgl. auch die zwanziger Jahre), können zwar dekliniert, jedoch nicht gesteigert werden. Geografisch abgeleitete Eigenschaftswörter werden mit großem Anfangsbuchstaben geschrieben, sofern sie auf -er enden.
Abstufungen der Eigenschaften können manchmal auch mit Hilfswörtern erreicht werden (besonders häufig kommt das in Form der quasi-adverbialen Qualifizierung adjektivischer Partizipien vor). Außer einer Verstärkung der Eigenschaften lässt sich so auch eine Abschwächung erreichen: mehr offenbar, am meisten gehört, weniger bedeutsam, besonders nichtssagend, voller geformt, am weitesten oben, am stärksten verbrannt, stärker orange, schwächer grün, am wenigsten sauber.
In Dialekten bzw. in der Umgangssprache werden auch sonst nicht komparierbare Wörter gesteigert oder Adverben als Adjektive gebraucht: rosa – rosaner, zu – die zue Tür
Abgrenzung zum Adverb
Nach dem traditionellen Wortparadigma werden die Wortarten Adjektiv und Adverb unterschieden. Im Unterschied zu den Adjektiven sind Adverbien nicht flektierbar und nur selten komparierbar.
Satzlehre
Syntaktische Funktion
Die Wortart Adjektiv ist unabhängig von ihrer syntaktischen Funktion.[4] Das Adjektiv kann syntaktisch in vier Verwendungen vorkommen:
- attributiv (Beifügung zu einem Substantiv oder Adjektiv): Sie hatte braune Augen.
- prädikativ (in Verbindung mit sein, werden, bleiben und wenigen ähnlichen Verben): Er war neugierig. Er blieb immer freundlich.
- modal-adverbial: Sie singt schön. (die Art und Weise, wie sie singt - schön bezieht sich auf singen)
- satz-adverbial: Er weint schnell. (es kommt schnell dazu, dass er weint - schnell bezieht sich auf den ganzen Restsatz)
Satzstellung
Als Alleinstellungsmerkmal wird hervorgehoben, dass (im Deutschen) "nur Adjektive zwischen definitem Artikel und Substantiv stehen"[5] können.
Semantik
Semantische Funktion
Adjektive werden in semantischer Hinsicht unterschiedlich eingeteilt.
Verbreitet[6] ist die Einteilung in
- Eigenschaftswörter (im engeren Sinn) (auch: qualifizierende Adjektive);
- Beziehungsadjektive (auch: relationale Adjektive);
- Zahladjektive (auch: quantifizierende Adjektive).
Stellung im deutschen Wortschatz
Adjektive machen etwa ein Sechstel des gesamten deutschen Wortschatzes aus. Die meisten leiten sich aus Substantiven, Verben und anderen Adjektiven ab, mit Suffixen wie -bar, -haft, -ig, -isch, -lich, -sam und durch Zusammensetzungen. Neben den Farben gibt es nur etwa 240 "primäre" (einfache) Adjektive im Deutschen, darunter:
- alt arg arm bar barsch bieder bitter blank blass blind blöd bloß brav breit bös(e) derb deutsch dicht dick doof dreist dumm dumpf dunkel dünn dürr düster eben echt edel eigen elend eng ernst fad(e) fahl fair falsch faul feig fein fern fesch fest fett feucht fidel fies finster fix flach flau flink forsch frech fremd froh fromm früh ganz geil gemein genau gesamt gesund glatt gleich grob groß gut halb hager harsch hart hehr heikel heil heiser heiter heiß hell herb hoch (hoh) hohl hold hübsch jäh jeck jung kahl kalt kaputt karg kess keusch klamm klar klein klug knapp krank krass kraus krude krumm kurz kühl kühn lahm lang lasch lau laut lauter lax leck leer leicht leise licht lieb lind link locker mager mies mild morsch munter müde mürb(e) nackt nah nass nett neu nieder öd(e) offen plump prall pur rank rar rasch rau rauh recht rege reich rein roh rund sacht sanft satt sauber sauer scharf scheel schick schief schier schlaff schlank schlapp schlau schlecht schlimm schmal schmuck schnell schnöde schön schrill schroff schräg schüchtern schütter schwach schwanger schwer schwul schwül selb(e) selten sicher simpel spitz spröde spät stark starr stet steif steil still stolz streng stumm stumpf stur süß tapfer taub teuer tief toll tot treu trocken träg(e) trüb tumb übel viel voll wach wacker wahr warm weh weich weise weit welk welsch wenig wert wild wirr wohl wund wüst zahm zart zäh
Weitere Bedeutungen in der Wortfamilie
Adjektivierung
Eine Adjektivierung ist die Bildung eines Adjektivs aus einer anderen Wortart: hölzern (zum Substantiv Holz), lächerlich (zum Verb lachen).
adjektiv und adjektivisch
Das Wort adjektiv kann klein geschrieben auch als Eigenschaftswort (also adjektivisch) verwendet werden und bedeutet dann
- beigefügt oder auch
- zum Beifügen geeignet.
Zum Beispiel sind adjektive Farben solche, die nur zusammen mit einer Vorbeize färben.
Das Adjektiv in anderen Sprachen
Spanisch
Formenlehre
Geschlecht
Die meisten Adjektive sind zweiendig und haben eine feminine Form auf -a.
- Beispiele:
- antiguo/antigua (alt)
- trabajador/trabajadora (fleißig)
- inglés/inglesa (englisch)
Daneben gibt es einendige Adjektive. Es werden verschiedene Regeln angegeben. Die Grammatiken weichen in ihren Angaben dabei voneinander ab.
- Beispiele:
- brillante/brillante
- fiel/fiel
- común/común
- azul/azul
- cortés/cortés
Pluralbildung
Für die Pluralbildung von Adjektiven gelten die gleichen Regeln wie für Substantive.
- Beispiele:
- claro/claros; clara/claras
- genial/geniales
Kongruenz
Das Adjektiv stimmt mit dem Substantiv in Zahl (Numerus) und Geschlecht (Genus) überein.
- Beispiele:
- el libro caro/los libros caros
- la blusa azul/las blusas azules
Das Adjektiv richtet sich nach dem Substantiv, auf das es sich bezieht. Dies gilt auch beim prädikativen Gebrauch.
- Beispiele:
- Mi amiga es guapa. (prädikativ: Meine Freundin ist schön.)
- Tengo una guapa amiga. (attributiv: Ich habe eine schöne Freundin.)
Bezogen auf mehrere Substantive verschiedenen Geschlechts steht das Adjektiv in der männlichen Mehrzahl.
- Beispiel: chicos y chicas simpáticos
Steigerung
Die regelmäßige Komparativbildung geschieht durch Verwendung des Wortes más.
- Beispiel: alto (hoch) - más alto (höher).
Das Spanische hat keine eigene Form für den Superlativ. Die Komparativform wird als Superlativform aufgefasst, wenn sie bei einem Substantiv mit bestimmten Artikel oder Possessivpronomen steht oder prädikativ mit bestimmten Artikel gebraucht wird.
- Beispiel: la casa más alta
Eine unregelmäßige Steigerung erfolgt selten:
- Beispiele:
- bueno - mejor - el mejor
- malo - peor - el peor
- grande - mayor/más grande - el mayor/el más grande
- pequeno - menor/más pequeno - el menor/el más pequeno
Satzlehre
Wortstellung
Adjektive stehen in der Regel nach dem Substantiv.
- Beispiel: una mujer guapa
Einige (häufige) Adjektive stehen - unbetont - vor dem Substantiv. Einige davon werden vor dem männlichen Substantiv Einzahl verkürzt. Vorangestelltes grande wird immer verkürzt.
- Beispiele:
- el enorme progreso
- buen tiempo/una buena idea
- un gran teatro/una gran idea
Ein Adverb steht vor dem Adjektiv; ein durch ein Adverb ergänztes Adjektiv wird (meist) nachgestellt.
- Beispiele:
- muy grande
- una casa muy grande
Die Relativität der Kategorie Adjektiv
Die Relativität in sprachvergleichender Sicht
Während die beiden Wortarten Substantiv und Verb in den allermeisten Sprachen vorhanden sind, fehlt die Wortart Adjektiv in vielen Sprachen. Eigenschaften werden dann entweder durch Nomen ("das Haus der Schönheit" für "das schöne Haus") oder durch Verben ("das Haus, das große/groß ist" für "das große Haus", wie in vielen westafrikanischen Sprachen) ausgedrückt. Aber auch in Sprachen, die eine Wortart Adjektiv aufweisen, ist ihre Zahl oft beschränkt. So hat etwa das Yimas, eine Sprache auf Papua-Neuguinea, nur fünf Adjektive: groß, klein, gut, schlecht, andere.
Die Relativität in logischer Sicht
Aus logischer Sicht wird die traditionelle Lehre von der Wortart Adjektiv kritisiert. Die inhaltliche Bestimmung des Adjektivs als Wortart, "welche die Beschaffenheit oder eine Beziehung eines (konkreten) Dinges, einer (abstrakten) Sache, eines Vorganges oder Zustandes usw. beschreibt" (obige Definition) erscheint wenig trennscharf, da auch Substantive Beschaffenheiten, Beziehungen usw. beschreiben können. Als verfehlt wird zum Teil die Annahme angesehen, dass die Kategorien Substantiv - Adjektiv - Verben ontologischen Kategorien Dingen/Personen - Attributen - Tätigkeiten entsprechen.[7]. Ob dies zu einem sprachlichen Relativismus á la Whorf zwingt, ist umstritten. Richtig erscheint jedenfalls, dass man sich vor der vorschnellen Annahme von Eins-zu-Eins-Entsprechungen hüten sollte.
Siehe auch
Weblinks
- Adjektiv und Adverb – Wortart oder Satzglied?
- www.canoo.net – "Das Adjektiv" in der Online-Grammatik Canoo.net
Nachweise
- ↑ Bußmann, Lexikon der Sprachwissenschaft, 3. Aufl. (2002)/Adjektiv
- ↑ Kürschner, Grammatisches Kompendium, 4.Aufl. (2003), ISBN 3-8252-1526-1, S. 135
- ↑ So Duden, Die Grammatik, 7. Aufl. (2005), ISBN 3-411-04047-5, Rn. 456
- ↑ Kessel/Reimann, Basiswissen Deutsche Gegenwartssprache (2005), ISBN 3-8252-2704-9, S. 64
- ↑ Duden, Die Grammatik, 7. Aufl. (2005), ISBN 3-411-04047-5, Rn. 457
- ↑ Duden, Rechtschreibung und Grammatik - leicht gemacht (2007), S. 166; Duden, Die Grammatik, 7. Aufl. (2005), ISBN 3-411-04047-5, Rn. 459; Ulrich, Linguistische Grundbegriffe, 5. Aufl. (2002)/Adjektiv referiert eine andere Einteilung von Brinkmann in: Orientierungswörter (Raum, Zeit, Herkunft, Stoff); Eindruckswörter (silbrig); Eigenschaftswörter (mutig); Wertwörter (erstklassig); Eignungswörter (trinkbar); Verhaltenswörter (weinend)
- ↑ Kutschera, Sprachphilosophie, 2. Aufl. (1975), ISBN 3-8252-0080-9, S. 311