Josef Ackermann

Josef Meinrad Ackermann (* 7. Februar 1948 in Mels im Sarganserland) ist ein Schweizer Manager. Er ist seit dem 22. Mai 2002 der 18. Vorstandschef der Deutschen Bank.
Herkunft und Berufsausbildung
Josef Ackermann wurde in Mels in der Schweiz als Sohn des praktischen Arztes Karl Ackermann geboren. Sein Vater war einer der ersten Privatanleger („Börseler“) in der Provinz.[1] Nach der Matura studierte Josef Ackermann an der Schweizer Universität St. Gallen Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. 1973 schloss er sein Studium in der Fachrichtung Bankwirtschaft ab und arbeitete anschließend als wissenschaftlicher Assistent an der Forschungsgemeinschaft für Nationalökonomie derselben Universität. 1977 wurde er dort beim Geld- und Wachstumskritiker Hans Christoph Binswanger über den „Einfluss des Geldes auf das reale Wirtschaftsgeschehen“ zum Doktor der Wirtschaftswissenschaften promoviert. Bis 1989 übernahm er anschließend einen Lehrauftrag für Volkswirtschaft (Geldpolitik und Geldtheorie) an der Hochschule St. Gallen.
Karriere
Credit Suisse Group
Nach seiner Promotion war Ackermann seit 1977 in mehreren Führungspositionen in New York, Lausanne und London bei der Schweizerischen Kreditanstalt (SKA) beschäftigt. 1993 wurde er Vorsitzender der Bank. Mit der Übernahme dieser Funktion galt er auch nach Rainer E. Gut als die „Nummer zwei“ der Muttergesellschaft Credit Suisse Group. In seine Amtszeit fiel die Übernahme der Schweizerischen Volksbank (1993), die wenig später komplett in der Credit Suisse Group aufging.
Im Juli 1996 verließ er schließlich nach Meinungsverschiedenheiten mit dem Verwaltungsrat die Credit Suisse.
Einstieg bei der Deutschen Bank
Wenig später wurde Ackermann Vorstandsmitglied der Deutschen Bank. Er übernahm dort zunächst den Geschäftsbereich Kreditrisiken, später die Bereiche Marktrisiken, Treasury und Volkswirtschaft. Ab 1998 war er für den Bereich „Globale Unternehmen und Institutionen“ verantwortlich, zu dem neben dem Großkundengeschäft vor allem das Investment Banking zählte. Damit verantwortete Ackermann innerhalb kürzester Zeit das Ressort, das in den vergangenen Jahren den größten Teil der Gewinne bescherte. Zu seinen Erfolgen gehört unter anderem die Integration der 1999 übernommenen US-Investment-Bank Bankers Trust.
Bereits im September 2000 wählte der Vorstand der Deutschen Bank Ackermann mit Wirkung ab Mai 2002 als Nachfolger von Rolf-E. Breuer zu seinem Sprecher. Die Nominierung kam zu diesem Zeitpunkt ungewöhnlich früh, zumal Ackermann als Schweizer der erste ausländische Chef der Deutschen Bank werden sollte. Die Wirtschafts- und Boulevardpresse stilisierte Ackermann zum Star einer neuen Ära und hieß ihn mit Titeln wie „Low-Key-Joe“ willkommen. Parallel dazu vollzog sich der Umbau der Deutschen Bank: Der Jahresüberschuss 2003 stieg von 397 Millionen auf 1,37 Mrd. Euro bei einer Bilanzsumme von 803,6 Mrd. Euro (Vorjahr: 758,4 Mrd. Euro). Seitdem konnte die Deutsche Bank weitere Steigerungen vermelden: von 2.472 Mrd. Euro im Jahr 2004 auf 3.529 Mrd. Euro im Jahr 2005.
Mannesmann-Prozess
Im Rahmen der sogenannten Mannesmann-Affäre musste sich Ackermann ab Januar 2004 vor dem Landgericht Düsseldorf verantworten. Die Anklage gegen ihn und fünf weitere Beteiligte lautete auf Untreue. Sie standen unter dem Verdacht, den Düsseldorfer Mannesmann-Konzern um rund 110 Millionen Mark (ca. 58 Millionen Euro) geschädigt zu haben. Gleich zu Beginn des Prozesses sorgte Ackermann für erhebliches Aufsehen durch die Aussage: „Dies ist das einzige Land, in dem diejenigen, die Erfolg haben und Werte schaffen, deswegen vor Gericht gestellt werden.“ Im Gedächtnis der Öffentlichkeit blieben insbesondere seine zu einem „V“ gespreizten Finger vor Prozessbeginn. Diese Siegesgewissheit wurde vielfach als überheblich kritisiert. Nach eigenen Angaben ahmte Ackermann mit dieser Geste scherzhaft den zur gleichen Zeit vor Gericht stehenden Michael Jackson nach.
In einem ersten Prozess wurden Josef Ackermann und die fünf Mitangeklagten am 22. Juli 2004 freigesprochen. Nach einem Revisionsurteil des Bundesgerichtshofs kam es schließlich zu einem zweiten Prozess, der gegen Geldauflagen in Höhe von insgesamt 5,8 Millionen Euro eingestellt wurde. Davon zahlte allein Ackermann 3,2 Millionen Euro an die Staatskasse und an gemeinnützige Einrichtungen.[2] Bei einer Geldstrafen-Verurteilung hätte die höchstmögliche Strafe 3,6 Millionen Euro betragen (Höchstgeldstrafe gem. §§ 40 Abs.2 S. 2, 54 Abs.2 StGB: 720 Tagessätze à 5.000 Euro). Damit wäre der Bankchef allerdings vorbestraft gewesen und hätte sein Amt aller Wahrscheinlichkeit nach niederlegen müssen.
Rekordgewinn und Massenentlassungen
Im Fokus der Öffentlichkeit stand in der Zeit nach dem Prozess immer wieder Ackermanns Gehalt. Er wurde nicht selten als ein arroganter, geldgieriger Manager ohne Bewusstsein für Verantwortung dargestellt.
Laut Geschäftsbericht der Deutsche Bank bestand seine Gesamtvergütung 2004 aus 10,1 Millionen Euro, einem Fixgehalt von 1,2 Millionen Euro und einem variablen Gehalt von 8,9 Millionen Euro. 2005 erhielt Ackermann insgesamt 11,9 Millionen Euro, 1,15 Millionen Euro Fixgehalt und Boni in Höhe von insgesamt 10,75 Millionen Euro. Damit war Ackermann 2004 und 2005 der Spitzenverdiener unter den Managern im Deutschen Aktienindex. Lediglich der Porsche-Manager Wendelin Wiedeking verdiente im Geschäftsjahr 2006 mit rund 60 Millionen Euro noch mehr als Ackermann.[3]
Empörte Reaktionen verursachte Ackermann im Frühjahr 2005, als er ein neues Rekordergebnis der Deutschen Bank und gleichzeitig den Abbau von über 6.000 Arbeitsplätzen (davon ein Großteil im Londoner Investmentgeschäft) ankündigte. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder warf ihm daraufhin mangelndes Verantwortungsgefühl für die Beschäftigten vor und empfahl, „sich die Philosophie Herrhausens zu Gemüte zu führen“.[4]
Seinen Privatanteil an Deutsche-Bank-Aktien erhöhte Ackermann am 28. Februar 2005 demonstrativ auf 2,7 Millionen Euro. Die Wertpapiere hatte er mittels 57.420 Optionen zu einem Kurs von 47,53 Euro erworben, und bis zum 4. März 2005 stieg der Kurs auf 67,43 Euro. Ein Jahr später lag ihr Wert bei über 90 Euro. Damit hatte der Bankchef laut Financial Times Deutschland alle Optionen genutzt, die er für das Jahr 2002 im Rahmen seiner aktienbasierten Vergütung erhielt.
Schröders Empfehlungen an Ackermann zeigten auch den Zustand der Beziehungen zwischen Bankchef und Bundeskanzler. Nach dem Ende der Schröder-Ära antwortete Ackermann in einem Interview auf die Frage nach dem Unterschied zwischen der neuen Bundeskanzlerin Merkel und ihrem Vorgänger: „Ich habe Frau Merkel als sehr vertrauensvoll empfunden.“ Bei Gesprächen mit Schröder war es ihm angeblich einige Male so gegangen, dass er deren Inhalt später in Zeitungen wiederfand.[5]
Neue Popularität
Nach dem glimpflichen Ausgang des Mannesmann-Prozesses, den zunehmenden Erfolgen der Deutschen Bank und der gleichzeitigen Ankündigung, mehr als 6.000 Stellen zu streichen, war Ackermann unbeliebt wie nie zuvor in seiner Wahlheimat Deutschland. Er begann nun, an seinem Image zu arbeiten. Dazu trat er in Talkshows auf und gab Interviews, in denen er auch über sein Privatleben sprach.[6]
Seine Popularität stieg erheblich, als er sich im September 2007 als erster deutscher Bankmanager zur sogenannten „Subprime-Krise“ äußerte und dabei auch Fehler der Deutschen Bank eingestand. Seine Offenheit wurde in dieser Situation gelobt.[6] Medienberichten zufolge erhielt er wenig später mehrere Jobangebote aus den Vereinigten Staaten. Er sollte angeblich den Chefposten der Citigroup zu übernehmen, und auch über einen Wechsel zu Merrill Lynch wurde berichtet.[7] Überall, wo durch die Finanzmarktkrise Chefposten frei wurden, spekulierte man über Ackermann.[8] Der jedoch lehnte alle Angebote ab und verwies darauf, dass die Deutsche Bank in kritischen Zeiten zu ihm gestanden habe, und er nun ebenso zum Unternehmen stehen werde.[7]
2008 verkündete er an seinem 60. Geburtstag die Bilanzzahlen der Deutschen Bank, die trotz Hypothekenkrise vergleichsweise sehr gut ausfielen. Der Jahresüberschuss wuchs auf 6.510 Mrd. Euro. Ackermann war jetzt erfolgreich und angesehen wie nie, seit 2006 hatte er sich „vom meistgehassten Manager Deutschlands zum Vordenker und Hoffnungsträger entwickelt“.[9]
Für die internationalen Finanzmärkte forderte Ackermann als Reaktion auf die Subprime-Krise einen globalen Sachverständigenrat, „eine Gruppe weiser Männer und Frauen, die etwa im Rahmen des Internationalen Währungsfonds die Entwicklung an den Finanzmärkten beobachten und bei Gefahr im Verzug Alarm schlagen“.[10]
Nachdem die Finanzmärkte im Frühjahr 2008 aufgrund von Liquiditätsproblemen bei Bear Stearns abermals abrutschten, forderte er „eine konzertierte Aktion von Regierungen, Notenbanken und Marktteilnehmern“, um ein Übergreifen der Finanzkrise auf die reale Wirtschaft zu verhindern. Für seinen Ruf nach Interventionen des Staates wurde Ackermann kritisiert. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sagte, aus den gleichen Etagen, aus denen sonst weniger Staat gefordert werde, klinge jetzt der Ruf nach mehr Staat.[11]
Die Berliner Staatsanwaltschaft leitete im Frühjahr 2008 ein Ermittlungsverfahren gegen Ackermann im Fall um die staatliche Bürgschaft der Deutschen Bank für eine Ostsee-Pipeline ein. Dabei geht es angeblich um den Vorwurf der strafbaren Vorteilsgewährung an den ebenfalls beschuldigten Caio Koch-Weser.[12]
Seine Karriere möchte Josef Ackermann 2010 beenden. In einem Interview erklärte er, danach seine Erfahrungen weitergeben zu wollen, „an der Uni oder vielleicht auch im gesellschaftlichen Bereich“. 2007 war er bereits zum Gastprofessor für Risikomanagement an der London School of Economics berufen worden. Ackermann war außerdem über lange Jahre Dozent an der Wirtschaftsfakultät der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main.[13]
Sonstiges
- Neben Deutsch spricht Josef Ackermann fließend Englisch und Französisch.
- Er ist seit dem 23. Januar 2003 Mitglied im Siemens-Aufsichtsrat und zweiter stellv. Vorsitzender.
- Das Magazin WirtschaftsWoche kürte ihn 2004 zum attraktivsten Manager Deutschlands.
- Bundeskanzlerin Merkel und Ackermann stehen in sehr gutem Kontakt.
- Er ist regelmäßiger Teilnehmer der Bilderberg-Konferenzen.
- Im Stiftungsrat der St.-Galler-Stiftung für Internationale Studien fungiert Ackermann als Präsident.
- Dem Vorstand des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) gehört er seit 2005 an.
- Innerhalb der Schweizer Armee bekleidet er den Offiziersdienstgrad „Oberst“ d.R.
Quellen
- ↑ Buhmann oder Rekordreiter: Ackermann feiert n-tv.de, 7. Februar 2008.
- ↑ Mannesmann-Prozeß vor dem Ende faz.net, 24. November 2006.
- ↑ Porsche-Chef kassiert Rekordgehalt Financial Times Deutschland, 29. November 2007.
- ↑ Kanzlerschelte für Josef Ackermann manager-magazin.de, 13. Februar 2005; Herrhausen sagte einmal: „Es ist nicht die Frage, ob wir Macht haben oder nicht, sondern die Frage ist, wie wir damit umgehen, ob wir sie verantwortungsbewusst einsetzen oder nicht.“
- ↑ Die Einbürgerung des Josef Ackermann Die Zeit, 8. November 2007.
- ↑ a b Vom Buhmann zum Liebling der Deutschen swissinfo.ch, 8. Februar 2008.
- ↑ a b Amerika? Nein, danke! sueddeutsche.de, 5. Dezember 2007.
- ↑ Happy Birthday, Mr. Ackermann faz.net, 3. Februar 2008.
- ↑ Einmal Buhmann und zurück tagesspiegel.de, 7. Februar 2008.
- ↑ „Wir sind doch keine Unmenschen“ Spiegel Online, 3. März 2008.
- ↑ Ackermann will es nicht so gemeint haben Spiegel Online, 19. März 2008.
- ↑ Kirch setzt Ermittlungen gegen Ackermann durch Spiegel Online, 7. März 2008.
- ↑ Ackermann wird Gastprofessor faz.net, 2. November 2007.
Literatur
- Erik Nolmans: Josef Ackermann und die Deutsche Bank. Anatomie eines Aufstiegs.; Zürich 2006, ISBN 3-280-05202-5
- Leo Müller: Ackermanns Welt. Ein Tatsachenbericht. Reinbek 2006, ISBN 3-498-04505-9
Weblinks
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Ackermann, Josef Meinrad |
| KURZBESCHREIBUNG | Sprecher des Vorstands der Deutsche Bank AG |
| GEBURTSDATUM | 7. Februar 1948 |
| GEBURTSORT | Mels |