Deutsche Wiedervereinigung

Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland
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Nach dem Fall der Mauer in Berlin und an der innerdeutschen Grenze im Jahre 1989 konnte die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten am 3. Oktober 1990 vollzogen werden. Verfassungsrechtlich handelte es sich um den Beitritt der Gebiete der ehemaligen DDR zur Bundesrepublik Deutschland. Man spricht daher auch vom so genannten "Beitrittsgebiet" oder von den "Neuen Bundesländern" (NBL).

Die Wiedervereinigung wurde durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag, der am 12. September 1990 unterzeichnet wurde, ermöglicht, in dem die Siegermächte des 2. Weltkrieges ihre Kontrolle aufgaben und die Bundesrepublik Deutschland im Gegenzug formal die Oder-Neiße-Linie als ihre Ostgrenze anerkannte.

Der Begriff Vereinigung anstelle von Wiedervereinigung wird von manchen als zutreffender angesehen.

Das Thema Wiedervereinigung in den Jahren 1949 - 1990

Die Jahre nach der Gründung der beiden deutschen Staaten bis 1961

  1. Sicht der Bundesrepublik Deutschland

Die 1949 gegründete Bundesrepublik Deutschland ging bei ihrer Konzeption des Grundgesetzes davon aus, dass das 1945 besiegte Deutschland als Staats- und Völkerrechtssubjekt nicht untergegangen war. Man ging dabei von dem Staatsgebiet vom 31. Dezember 1937 aus, d.h. also an der Situation bevor Adolf Hitler etwa den Anschluss Österreichs oder der Sudetengebiete forciert hatte. Dies wird vor allem im Artikel 116 des Grundgesetzes deutlich, in dem die Staatsangehörigkeit wie folgt definiert wird: "(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat."

Mit dieser Vorgabe hatte die neugegründete Bundesrepublik nun das Problem, dass es von Anfang an einem großen Teil 'ihrer' Staatsbürger nicht möglich war, am neuen Staat teilzuhaben. Daher wurde auch das Ziel der 'Wiedervereinigung' als eines der wichtigsten Aufgaben der Bundesrepublik angesehen, wie bereits aus den ersten beiden Sätzen der Präambel des Grundgesetzes erkennbar ist: "Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, seine nationale und staatliche Einheit zu wahren und als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat das deutsche Volk [...], um dem staatlichen Leben für eine Übergangszeit eine neue Ordnung zu geben, kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beschlossen. Es hat auch für jene Deutschen gehandelt, denen mitzuwirken versagt war." Deutlich wird jedoch aus der Textpassage "seine nationale und staatliche Einheit zu wahren", dass man eine Wiedervereinigung eigentlich nicht benötigte, da man ja eine Einheit besitzt, die es nur zu wahren gilt.


Die Verfassungsgeber der Bundesrepublik Deutschland konnten sich dabei auf diverse Vorgaben durch die 4 alliierten Siegermächte stützen, so etwa auf die Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945 und vor allem auf das Potsdamer Abkommen, aus welchen deutlich hervorgeht, dass ein Fortbestehen von Deutschland als Ganzem beabsichtigt war und dass sich die 4 Mächte solange Entscheidungsgewalt in bezug auf Gesamtdeutschland vorbehalten wollten, bis ein Friedensvertrag erstellt worden sei. Dieser hier angesprochene Vier-Mächte-Status wurde von den Siegermächten auch bis zur Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier-Vertrages nicht angetastet.

Ein weiterer wichtiger Aspekt in bezug auf die Wiedervereinigung aus Sicht der Bundesrepublik Deutschland war die ebenfalls in der Präambel des Grundgesetzes formulierte Zielsetzung, dass "das gesamte deutsche Volk" aufgefordert bleibe, "in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden." Hierauf stützte sich die Regiererung Adenauers und begründete auch damit stets sein Bemühen um eine möglichst weitgehende Westintegration der Bundesrepublik, da er die Möglichkeit für Freiheit und freie Selbstbestimmung nur durch die westlichen Systeme garantiert und verwirklicht ansah. Seine Maxime lautete stets, dass die Freiheit vor der Einheit stehe. Dies ist auch der Hintergrund, vor dem man die Ablehnung der Stalin-Noten aus dem Jahre 1952 zu sehen hat, vor dem man den Beitritt der Bundesrepublik zur NATO und die Einbindung in die Europäische Gemeinschaft ([EG]) zu werten hat.

Kritiklos blieb diese Politik Adenauers jedoch nicht. Die SPD in ihrer Rolle als Opposition äußerte bis gegen Ende der 50er Jahre stets massive Bedenken gegen diese Politik der Einbindung in den Westen, da sie dadurch die Chancen auf eine Wiedervereinigung erheblich vermindert sah. Ihre Vorstellung sah eher eine Herauslösung eines wiedervereinigten Deutschlandes aus der internationalen Bipolarität vor. Allerdings konnte sie sich mit dieser Idee nicht durchsetzen, da das Misstrauen gegenüber der UdSSR in der Bundesrepublik mittlerweile tief verankert war und man fürchtete, dass ein auf neutralen Grundsätzen geeintes Deutschland schutzlos dem Ostblock ausgeliefert sei.

Letztendlich setzte sich Adenauers Prinzip der sogenannten Magnet-Theorie durch, nach der eine sich durch politische und ökonomische Überlegenheit auszeichnende Bundesrepublik zu einer Destabilisierung der DDR führen müsse, sodass eine baldige Angliederung herbeigeführt werden könne.

Die Bundesrepublik bestand also beharrlich auf einem Alleinvertretungsanspruch für das gesamte Deutschland, verweigerte dem Staat DDR ihre Anerkennung und betrieb gleichzeitig massiv ihre Westintegration.

  1. Sicht der DDR

Die DDR erhob mit ihrer Verfassung den Anspruch für das gesamte deutsche Volk zu sprechen: "[...] hat sich das deutsche Volk diese Verfassung gegeben. Artikel 1: (1) Deutschland ist eine unteilbare demokratische Republik, sie baut sich auf den deutschen Ländern auf. (2) Die Republik entscheidet alle Angelegenheiten, die für den Bestand und die Entwicklung des deutschen Volkes in seiner Gesamtheit wesentlich sind; [...]."' Auch bei der DDR klingt es so, als ob eine Wiedervereinigung gar nicht nötig sei, da ja das gesamte Volk sich eben diese Verfassung gegeben habe. Der Unterschied zu den Formulierungen im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland besteht jedoch darin, dass dort offen das Problem angesprochen wird, dass nicht alle an der Erstellung der Verfassung teilhaben konnten. Doch auch die DDR-Verfassung verschweigt das Problem der beiden deutschen Staaten nicht, sondern weist - wenn auch dezenter - daraufhin, wenn in Artikel 1 zu lesen ist, dass es "nur eine deutsche Staatsangehörigkeit" gebe.


Siehe auch: Ost-West-Konflikt, Maueröffnung