Ein Segelflugzeug ist ein für motorloses Fliegen (Steigen im Aufwind beziehungsweise Gleiten mit geringem Höhenverlust) konstruiertes Luftfahrzeug. In Deutschland werden Segelflugzeuge luftrechtlich als eigene Luftfahrzeugklasse gewertet und dürfen maximal 750 kg wiegen.
Um fliegen zu können, muss es Höhe (d. h. Energie) in Flugstrecke umwandeln. Im Prinzip kann man aber jedes Flugzeug als Segelflugzeug verwenden (was in Notfällen auch gelegentlich gemacht wird), wobei darauf hinzuweisen ist, dass sich der Segelflug bei Motorflugzeugen in der Regel auf einen stabilen Gleitflug beschränkt. Ausnahmen hierzu bieten Motorsegler, die durch ihre spezielle Konstruktion auch die Möglichkeit reinen Segelfluges nutzen können. Auch die Raumfähre Space Shuttle landet als Segelflugzeug, das private Raumschiff Space Ship One ist sogar offiziell als "nicht eigenstartfähiges Segelflugzeug mit Hilfsantrieb" zugelassen.
Im engeren Sinne bezeichnet man nur Flugzeuge als Segelflugzeuge, bei denen ein besonders gutes Verhältnis zwischen verbrauchter Höhe und zurückgelegter Strecke besteht. Moderne Segelflugzeuge haben eine Gleitverhältnis von 1:40 oder mehr, das heißt, sie können bei 1.000 m (1 km) Höhenverlust 40.000 m (40 km) weit fliegen. Hochleistungssegelflugzeuge erreichen zurzeit Gleitverhältnisse von 1:50 bis 1:60. Das non-plus-ultra Segelflugzeug, die ETA, hat mit ihren über 30,90 m Spannweite sogar ein Gleitverhältnis von über 1:70.
Flugeigenschaften
Um gute Segelflugeigenschaften erbringen zu können, muss ein Segelflugzeug nach bestimmten Kriterien gebaut werden. Ein geringes Gewicht kann dabei sogar hinderlich sein: Zwar ermöglicht eine geringe Flächenbelastung ein schnelles Steigen in der Thermik, jedoch verschlechtert sich der Gleitflug durch die fehlende Massenträgheit erheblich. Segelflugzeuge werden daher zum Teil bewusst schwerer gebaut als es möglich wäre, da bei hohen Geschwindigkeiten eine große Masse eine bessere Gleitzahl bewirkt. Viele Leistungssegelflugzeuge verfügen zusätzlich, um die eigene Masse zu vergrößern, über Wassertanks (bis zu 240 l), die jedoch vor der Landung wieder abgelassen werden sollten. Dies erklärt auch, warum auch einsitzige Segelflugzeuge mit Hilfsmotor im Vergleich zu Ultraleichtflugzeugen wesentlich schwerer sind.
Eine hohe Wendigkeit ist nötig, da die Aufwindströme mitunter "eng" sind, das heißt das Flugzeug einen engen, langsamen Kreis fliegen muss, damit der Aufwind genutzt werden kann. Moderne Segelflugzeuge müssen so konstruiert werden, dass sie in einem großen Geschwindigkeitsbereich stabil und sicher fliegen. Geschwindigkeiten von 80 km/h bis 250 km/h sind mittlerweile die Regel. Ein geringer Luftwiderstand ist nötig, da andernfalls zu viel Energie durch Reibung verloren geht. Bei modernen Segelflugzeugen gehört deshalb ein Einziehfahrwerk mit zur Grundausstattung. Nicht nur wegen der hohen Geschwindigkeiten müssen Segelflugzeuge stabil gebaut sein; auch eine Außenlandung, teilweise auf Äckern und ungeerntetem Getreide, muss das Flugzeug aushalten und dem Piloten bestmöglichen Schutz bieten. Im Falle einer Außenlandung ist es nicht möglich, das Flugzeug wieder zu starten. Es muss abgebaut und in einem Transportanhänger zu einem Flugplatz gebracht werden. Aus diesem Grund sind Segelflugzeuge so gebaut, dass sie sich in wenigen Minuten in ihre Bestandteile (Flügel, Rumpf, Leitwerke) zerlegen lassen. Moderne Segelflugzeuge besitzen aus all diesen Gründen verhältnismäßig lange Flügel, die eine geringe Tiefe aufweisen und aus leichten Materialien gebaut sind, die trotzdem große Festigkeit aufweisen.
Startarten
Um die für den Flug notwendige Ausgangshöhe zu erreichen, können die folgenden Startarten angewandt werden:
- Start an einer Seilwinde für Segelflugzeuge
- Start im Flugzeugschlepp
- Eigenstart im Falle des Motorsegler
Historische, mittlerweile unübliche Startarten:
- Gummiseilstart: Gestartet wird einen Hang hinunter, wobei das Flugzeug über ein von Helfern gezogenes, relativ kurzes und vorgespanntes Gummiseil auf Fluggeschwindigkeit gebracht wird. (In Deutschland nur noch auf der Wasserkuppe und in Hirzenhain erlaubt.)
- Autoschleppstart: Ein Auto oder LKW zieht das Flugzeug an einem Seil, entweder direkt (Flugzeug folgt Fahrzeug) oder an langem Seil über eine Umlenkrolle (Fahrzeug fährt auf Flugzeug zu).
Höhengewinn
Um Höhe zu gewinnen beziehungsweise Strecke ohne Höhenverlust zurückzulegen, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Fliegen in Hang-Aufwinden (je nach Windstärke und Hangform kann bis mehrere hundert Meter über die Hangkante gestiegen werden)
- Fliegen – typischerweise Kreisen – in thermischen Aufwinden (Thermik, man steigt bis zur Wolkenbasis, welche in Abhängigkeit von Temperatur, Luftdruck, Luftfeuchtigkeit bis 5.000 m über Grund oder höher liegen kann. Bei entsprechender Blindflugausrüstung des Segelflugzeuges ist der thermische Segelflug auch in der Wolke durchführbar – theoretisch bis zur Höhe der Wolkenobergrenze. Wolkenflug ist jedoch zurzeit nicht verbreitet und in der Schweiz nur in sog. "Wolkenflugzonen" und mit besonderer Ausbildung und Ausrüstung gestattet). Thermische Aufwinde werden als "Bart" (in der Schweiz als "Schlauch") bezeichnet, da die thermischen Aufwinde durch den Wind versetzt werden und keine gleichbleibende Aufstiegsrate besitzen.
- Fliegen in Leewellen (bis 10.000 m über Grund)
- Dynamischer Segelflug wird aufgrund seiner hohen Belastung für den Piloten zurzeit nur im Modellflug praktiziert. Der dynamische Segelflug entspricht dem Albatrosflug.
Ausführungen der Segelflugzeuge
Segelflugzeuge gibt es in verschiedenen Ausführungen:
- Sie können aus Holz, in Gemischtbauweise (Stahlrohr und Holz), Ganzmetall oder aus Faserverbundwerkstoffen hergestellt sein; letzteres ist heute die Regel.
- Sie können ein-, zwei- oder dreisitzig (nur 1 amerikanischer Flugzeugtyp) sein.
- Sie können mit einem Hilfsmotor ausgerüstet sein – dann werden sie als Motorsegler oder, falls sich Propeller und Motor komplett in den Rumpf klappen lassen, als eigenstartfähige Segelflugzeuge oder Segelflugzeuge mit Hilfsmotor bezeichnet.
Wettbewerbsklassen
Die meisten Segelflugzeuge zum Streckensegelflug können in verschiedene internationale Wettbewerbsklassen eingeteilt werden:
- FAI-Standard-Klasse (starres Flügelprofil, 15 m Spannweite, variable Flächenbelastung)
- FAI-15m-Klasse, auch Rennklasse genannt (15 m Spannweite, Profil durch Wölbklappen veränderbar, variable Flächenbelastung)
- FAI-18m-Klasse, (18 m Spannweite, Profil durch Wölbklappen veränderbar, variable Flächenbelastung)
- Offene Klasse (keine Einschränkungen)
- Doppelsitzerklasse (zweisitzig, maximal 20 m Spannweite)
- World Class (Einheitsflugzeug PZL PW-5)
- Club-Klasse (ältere Flugzeuge bis zu einem bestimmten Leistungsindex, konstante Flächenbelastung)
Beim Segelfliegen gibt es nationale und internationale Wettbewerbe in den Disziplinen Strecken-Segelflug und Segel-Kunstflug.
Neben diesen sog. "zentralen Wettbewerben" (alle Teilnehmer starten vom gleichen Flugplatz) werden die "dezentralen Wettbewerbe" immer beliebter. Der in Europa wichtigste Wettbewerb ist der Online-Contest (OLC), bei dem die Teilnehmer ihre standardisierten GPS-Logger-Dateien einreichen und in einer Einzel- sowie einer Vereinswertung gewertet werden.
Bei den zentralen Wettbewerben wird die geflogene Strecke und die dabei erreichte Schnittgeschwindigkeit in der Wertung berücksichtigt, während bei den dezentralen Wettbewerben ausschließlich die geflogene Gesamtstrecke zählt. Einen bestimmten Bonus erhält man für die vorhergehende Ansage der geflogenen Strecke und einer Streckenführung, die einem gleichseitiges Dreieck ähnelt. Um die unterschiedlichen Flugzeugtypen innerhalb der Wettbewerbsklassen vergleichbar zu machen, wurden Handycapfaktoren eingeführt.
Kunstflug
Die etwas andere Art mit einem Segelflugzeug was sinnvolles zu tun, ist der Kunstflug. Hier kommt es im Wettbewerb nicht darauf an, so schnell wie möglich eine möglichst lange Strecke zu fliegen, sondern gewisse Figuren in einem Würfel von 1000m Kantenlänge, so präzise und energiesparend wie irgendmöglich zu fliegen. Dieser Würfel, die sogenannte Box, ist aus Sicherheitsgründen um 200m nach oben verschoben, sodass der Segelflieger sein Programm dort beenden muss. Weiterhin gibt es in diesen Wettbewerben drei Arten von Programmen, in denen die Kombinationen aus Loopings, Rollen und Turns, geflogen werden. Díes sind: Bekannte und Unbekannte Pflicht, die vom Veranstalter vorgegeben werden und die individuelle Kür, die jeder Pilot eigens mit Hilfe eines Figurenkatalogs, kreiert hat. Gewertet werden die Flüge ähnlich wie beim Eiskunstlauf, durch eine buntgemischte Gruppe von Schiedsrichtern, die die Ausführung der einzelnen Figuren mit Punkten bewerten.
Ansonsten ist noch zu sagen, dass der Kunstflug eine sinnvolle Ergänzung zum Streckenflug darstellt. Man lernt sein Fluggerät wirklich in jeder Lage zu beherrschen und kann auch an auch an thermiklosen Tagen was fliegerisch sinnvolles tun, was obendrein auch eine Menge Spaß macht.
Ausbildung
Die Flugausbildung zum Segelflugpiloten erfolgt zum großen Teil in Segelflugvereinen und auch in kommerziellen Flugschulen. Die Ausbildung kann mit 14 Jahren begonnen werden und dauert im Normalfall etwa 2 Jahre (in Österreich normalerweise höchstens ein halbes Jahr, da weniger Flugstunden nötig sind um den Segelfliegerschein zu erhalten (ca. 40 Starts mit Fluglehrer, 30 Starts und 3 Stunden alleine, 3 Prüfungsflüge)). Da die Ausbildung in den Vereinen ehrenamtlich erfolgt, sind die Kosten durch die Beitragsgebühren gedeckt. Diese betragen je nach Verein 20 bis 50 Euro pro Monat. Zusätzliche Kosten für den Lizenzerhalt stellen die medizinischen Tauglichkeitsuntersuchungen, der Erwerb eines Sprechfunkzeugnisses, sowie die Prüfungsgebühren da. International sind die Regeln für den Erwerb der Segelfluglizenz sehr unterschiedlich. In einigen Ländern, wie zum Beispiel Großbritannien oder Australien, werden Leistungsabzeichen selber als Lizenz anerkannt.
Weltrekorde
- Höhenweltrekord: 14.938 m, aufgestellt von Robert R. Harris (USA) in einem G-102 (Einsitzer) am 17. Februar 1986
- Streckenweltrekord: 3.000,8 km, aufgestellt von Klaus Ohlmann (GER) und Karl Rabeder (AUT) in Argentinien in einem Nimbus 4DM (Doppelsitzer) am 21. Januar 2003
Bekannte Typen
Siehe auch
Hängegleiter, Paraglider, Ultraleichtflugzeug, Aerodynamik, Gleitzahl, Außenlandung, Segelfluglizenz, Fliegersprache, Sicherheitslandung, Flächenbelastung
Weblinks
- http://home.arcor.de/hschoettler/segel.html – (Auftrieb, Gleitzahl etc.)
- http://www.segelflug.de/ – Der deutsche Segelflug Server, hier kann man sich sehr ausgiebig über das Segelfliegen informieren. Es gibt unter anderem eine Liste mit Segelflugvereinen in Deutschland.
- http://www.segelfliegen.ch/ – Der Server des Segelflugverbandes der Schweiz, mit vielen Links zu Clubs in der Schweiz.
- http://www2.onlinecontest.org/ – Startseite des OLC (Online Contest), der einen dezentralen Wettbewerb über das Einreichen von GPS-Dateien ermöglicht
- http://www.max.avionic-solutions.de/ – Segelflugseite mit Forum und Segelflug-Wiki
- http://www.kunstflieger.de/ – Infos zum Segelkunstflug
Vereine
- http://www.segelflug.de/vereine/hoherodskopf - Infos zum Flug-Sport-Club Rüsselsheim
- http://www.aero-clubidar-oberstein.de/ – Infos zum AeC Idar-Oberstein
- http://www.lsv-burgdorf.de - Infos zum Luftsportverein Burgdorf (bei Hannover)