Allerheiligenkapelle (Frankfurt am Main)

Kirchengebäude in Frankfurt am Main
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Die Allerheiligenkapelle war eine 1366 gestiftete gotische Kapelle in der östlichen Neustadt von Frankfurt am Main. Sie lag in der Nähe des Rieder Tores der Frankfurter Stadtbefestigung, das später nach der Kapelle den Namen Allerheiligentor erhielt. An die 1730 abgerissene Kapelle erinnern heute noch das Allerheiligentor und die ebenfalls nach ihr benannte Allerheiligengasse.

Die Allerheiligenkapelle auf dem Merianplan von 1628
Das Allerheiligentor mit der Allerheiligenkapelle

Geschichte

1366 stiftete der Frankfurter Patrizier Jakob Neuhauß mit Zustimmung des Bartholomäusstiftes eine kleine Kapelle. Es war das erste Gotteshaus in diesem Stadtteil, der sich nach der 1333 von Kaiser Ludwig dem Bayern genehmigten Zweiten Stadterweiterung zu einem Wohnviertel für kleine Handwerker entwickelt hatte. Der Stifter war drei Jahre zuvor nach dem Tod seiner Frau in reifem Alter in den geistlichen Stand eingetreten.

Neuhauß erhielt vom Bartholomäusstift das auf seine Erben übertragbare Privileg, die Geistlichen an der Kapelle zu ernennen. Erst nach 12 aufeinanderfolgenden Ernennungen sollte dieses Recht an das Stift zurückfallen. 1367 weihte der Erzbisch von Mainz Gerlach von Nassau die Kapelle. Neuhauß starb am Allerheiligentag 1369 und wurde in seiner Kapelle beigesetzt.

1380 verlieh der Kardinallegat Pius der Kapelle das Privileg, daß in ihr auch für den Fall eines über die Stadt verhängten päpstlichen Interdikts Gottesdienst gehalten werden durfte, sofern dabei die Türen geschlossen blieben. Es ist heute nicht mehr feststellbar, welche Verbindungen der Familie Neuhauß erlaubten, ein so ungewöhnliches Privileg für so eine kleine Kapelle zu erwirken.

1392 wurde die Kapelle ausgebaut und ein zweiter Altar im Inneren aufgestellt. 1398 wurde allen, die zum Unterhalt der Kirche, ihrer Altäre und des damit verbundenen Hospizes ein Ablaß zugesichert.

Nachdem die in der nördlichen Neustadt gelegene Peterskirche 1452 zur Pfarrkirche erhoben worden war, verlor die Allerheiligenkapelle an Bedeutung. Sie blieb fortan im wesentlichen Privatkapelle der Familie Neuhauß. 1520 wurde Georg Neuhauß als letzter nach altem katholischem Ritus in der Kapelle bestattet. Bald danach nahmen die meisten Familienglieder das protestantische Bekenntnis an, welches 1533 in der ganzen Stadt eingeführt wurde. Danach diente die Kapelle vermutlich nur noch sporadisch geistlichen Zwecken, so etwa zwischen 1555 und 1559, als sie geflüchteten englischen Protestanten vorübergehend als Gottesdienstraum zur Verfügung gestellt wurde.

Die Familie Neuhauß verlor schließlich das Interesse an der Kapelle und ließ sie, sehr zum Mißfallen des Rates, immer mehr verfallen. 1708 intervenierte der Rat schließlich und forderte den Herren von Fischbach, der die letzte Neuhauß geheiratet hatte, zur Wiederherstellung der Kirche auf, ansonsten werde er sie samt den zugehörigen Pfründen konfiszieren. Fischbach entzog sich geschickt dieser Forderung, indem er drohte, die Kirche den Preußen oder gar den katholischen Österreichern zu schenken – eine für den Rat inakzeptable Vorstellung. Erst 1721, nach Fischbachs Tod, kam es zum Vergleich mit seinen Erben. Die Kirche ging in den Besitz der Stadt über, welche sich im Gegenzug verpflichtete, sie zu renovieren und wieder für den protestantischen Gottesdienst in Betrieb zu nehmen.

1730 ließ der Rat die baufällige Kapelle abreißen und die Steine auf dem aufgelassenen umliegenden Kirchhof aufschichten. Der geplante Neubau kam jedoch nie zustande, obwohl eine Kollekte bereits den Kapitalstock von 2700 Gulden ergeben und das Fräulein von Cronstetten weitere 1500 Gulden zugesichert hatte. Erhalten gebliebene Pläne von 1738 zeigen eine kleine barocke Saalkirche mit einem Turm in der Mitte. So blieb die barocke Katharinenkirche von 1681 der einzige barocke Neubau einer protestantischen Kirche in Frankfurt.

Literatur

  • Fried Lübbecke: Das Antlitz der Stadt. Nach Frankfurts Plänen von Faber, Merian und Delkeskamp. 1552-1864. Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1952
  • Hans Pehl: Kirchen und Kapellen im alten Frankfurt. Bearbeitet und neu herausgegeben von Hans-Otto Schembs. Frankfurt am Main 1984. Verlag Josef Knecht, ISBN 3-7820-0508-2

Koordinaten: 50° 6′ 47,4″ N, 8° 41′ 32,6″ O