Bogislaw Philipp von Chemnitz
Bogislaw Philipp von Chemnitz (* 1605 in Stettin; † 1678 in Hallstaedt, Westmanland, Schweden) war ein deutscher Jurist, Staatsrechtler und Historiker.
Leben
Bogislaw Philipp von Chemnitz war Sohn des Juristen und Professors an der Universität Rostock Martin Chemnitz des Jüngeren (1561-1627). Sein Großvater war der Theologe Martin Chemnitz. Bogislaw Philipp von Chemnitz wuchs in Rostock auf und studierte Geschichte und Recht in Rostok und Jena, allerdings ohne Studienabschluss. In Jena war er Schüler von Dominicus Arumaeus, und lernte über ihn die Gedanken von Althusius kennen. Sein Leben war von den Ereignissen des Dreißigjährigen Krieges geprägt.
1627 stand er im Kriegsdienst für die Niederlande und schloss sich 1630 nach dessen Landung in Pommern dem Heer der Schweden unter Gustav Adolf an. Ab 1637 stand er als Mitarbeiter der Heeresverwaltung in schwedischen Diensten und begann mit seinen staatsrechtlichen und geschichtlichen Publikationen. Darin erweist er sich als Gegner der deutschen Kaiser aus dem Haus Habsburg.
1644 wurde er Reichs-Historiograph der Königin Christine von Schweden.
Bogislaw Philipp von Chemnitz starb 1678 in Schweden.
Hippolithus à Lapide
Unter diesem Pseudonym veröffentlichte Bogislaw Philipp von Chemnitz 1647 in den Niederlanden (Freystadt = Amsterdam, J. Jansson, ursprünglich ohne Ortsangabe 1640) eines der meist umstrittenen Bücher über die Verfassung des deutschen Reiches (Heiliges römisches Reich deutscher Nation): Die Dissertatio de ratione status in Imperio nostro Romano-germanico. - Über die Staatsräson unseres römisch-deutschen Reiches. Es handelte sich um eine Kampfschrift gegen den deutschen Kaiser, damals Ferdinand III. und das Haus Habsburg. Darin stellte er die Rolle des Kaisers in Frage und vertrat die Ansicht, dass die Souveränität des Reiches nicht beim Kaiser (und damit bei den Habsburgern) läge, sondern bei den Reichsständen.
Die Schrift trat zur Zeit der abschließenden Verhandlungen zum Westfälischen Frieden an die Öffentlichkeit. Sie wurde als Attacke auf die Spitze des deutschen Reiches in einer heiklen Verhandlungssituation verstanden: Kaiser Ferdinand III. hatte sich anfangs vehement gegen die Beteiligung der Reichsstände an den Friedensverhandlungen gewehrt, wurde aber insbesondere durch Frankreich gezwungen, die Beteiligung der Reichsstände zuzulassen. Dadurch bedeutete das Auftreten des deutschen Reiches in Osnabrück, wo 1643-1648 neben Münster der Westfälische Friede ausgehandelt wurde, nicht nur die Verhandlungen zwischen dem Reich und Schweden, sondern gleichzeitig einen deutschen Verfassungskonvent.
Obwohl die Beteiligung der Reichsstände an den Verhandlungen mehrfach gefordert wurde (Admissionsfrage), hatte der Kaiser das Reich anfangs alleine vertreten. Ein seit 1642/43 in Frankfurt tagender Reichstag beriet die verfassungpolitischen Probleme des Reiches. Dementsprechend warf der schwedische Gesandte Johan Adler Salvius den kaiserlichen Verhandlern schon 1643 vor, die Majestätsrechte zu usurpieren, und formulierte: Ihre Sekurität besteht in der deutschen Stände Libertät.[1]
Das Werk wurde kurz nach seinem Erscheinen verboten und seine Verbrennung durch die Hand des Henkers angeordnet. Es wird als eine der bedeutendsten staatsrechlichen Schriften des 17. Jahrhunderts betrachtet und wurde wichtige Verhandlungsunterlage für die Gegner des Kaisers.
Dieses Pseudonym Bogislaw Philipp von Chemnitz’ ist abgeleitet vom Vornamen Philipp und von der Bedeutung des aus dem Slawischen stammenden Orts- und Familiennamens „Chemnitz“. Dieses Wort geht auf die slawische Bezeichnung Kamjenica (sorbisch: Steinbach; vgl. Kamenz) zurück (von kamjeń – der Stein). „Stein“ bedeutet auf lateinisch lapis; á lapide somit: „vom Stein“.
Eine der bedeutendsten staatsrechtlichen Schriften aus der Zeit des 30jährigen Krieges. Scharfe Kampfschrift gegen den Kaiser und das Haus Habsburg, "bis zum Ende des alten Reichs als ein epochemachendes Werk in der deutschen staatsrechtlichen Literatur angesehen" (ADB IV, 115). Urkundlich belegter und staatsrechtlich fundierter Nachweis zur Souveränität der Reichsstände, verbunden mit dem Aufruf zum Sturz der Habsburger. Das Werk wurde bald zum "wichtigsten theoretischen Rüstzeug der Kaisergegner auf dem Westfäl. Friedenskongreß" (NDB).
Literatur
Herbert Jaumann: Handbuch Gelehrtenkultur der frühen Neuzeit. Berlin-New York 2004. ISBN 3-11-016069-2.
Anmerkungen
- ↑ Georg Schmidt: Geschichte des Alten Reiches. Staat und Nation in der Frühen Neuzeit 1495–1806. München 1999. ISBN 3-406-45335-X. Seite 178.
Zipfinger
Für den Beitrag Zipfinger reserviert -- Josef Moser 20:58, 28. Sep. 2007 (CEST)