Schengener Abkommen
[[Bild:SchengenGrenzeBayern-Tirol.jpg|thumb|upright=1.5|Eine typische „Schengen-Grenze“ (hier bei Kufstein zwischen Deutschland und Österreich): Es gibt keinerlei Grenzkontrollposten, kann an jedem Punkt der Schengen-Außengrenze die Einreise verweigert werden, wenn kein Schengen-Visum vorhanden ist oder anderweitige Gründe gegen eine Einreise- und/oder Aufenthaltsgewährung sprechen.
|21. Dezember 2007
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| Finnland
|19. Dezember 1996
|25. März 2001
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Frankreich
|19. Juni 1990
|26. März 1995
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|Ohne Überseedepartements.
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Griechenland
|6. November 1992
|26. März 2000
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|Formale Inkraftsetzung schon 1997, wegen Sicherheitsbedenken anderer EU-Länder faktische Umsetzung erst 2000.
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Irland
|29. Mai 2000
|-
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|Eingeschränkte Teilnahme; nur Strafverfolgung und polizeiliche Zusammenarbeit, kein Wegfall der Passkontrollen.
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Island
|19. Dezember 1996
|25. März 2001
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|Kein EU-Mitglied, aber als Teil der Nordischen Passunion Mitglied des Schengener Abkommens.
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Italien
|17. November 1990
|26. Oktober 1997
|Vor und während des G8-Gipfels in Genua.
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Lettland
|1. Mai 2004
|21. Dezember 2007
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Liechtenstein
|1. März 2008
|voraussichtlich November 2008
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|Keine explizite Unterzeichnung, da Liechtenstein mit der Schweiz eine Währungs- und Zollunion bildet und auch die schweizerische Grenzwacht für die Personenkontrollen an den Zollämtern zu Österreich in Liechtenstein zuständig ist (es bestehen keine Grenzkontrollen zum Nachbarland Schweiz). Daher Wegfall der Grenzkontrollen zusammen mit dem Beitritt der Schweiz. Deutschland droht, den Beitritt Liechtensteins wegen eines steuerpolitischen Streits zu blockieren.
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Litauen
|1. Mai 2004
|21. Dezember 2007
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Luxemburg
|19. Juni 1990
|26. März 1995
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Malta
|1. Mai 2004
|21. Dezember 2007
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Monaco
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|26. März 1995
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|Keine explizite Unterzeichnung, es bestanden jedoch bereits zuvor keine Grenzkontrollen zum einzigen Nachbarland Frankreich.
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Niederlande
|19. Juni 1990
|26. März 1995
|Vor und während der Fußball-Europameisterschaft 2000.
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Norwegen
|19. Dezember 1996
|25. März 2001
|
|Kein EU-Mitglied, aber als Teil der Nordischen Passunion Mitglied des Schengener Abkommens.
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Österreich
|28. April 1995
|1. Dezember 1997
|Vor und während der Fußball-Europameisterschaft 2008.
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Polen
|1. Mai 2004
|21. Dezember 2007
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Portugal
|25. Juni 1991
|26. März 1995
|Vor und während der Fußball-Europameisterschaft 2004.
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Rumänien
|1. Januar 2007
|voraussichtlich frühestens 2011
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San Marino
|-
|26. Oktober 1997
|
|Keine explizite Unterzeichnung, es bestanden jedoch bereits zuvor keine Grenzkontrollen zum einzigen Nachbarland Italien.
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Schweden
|19. Dezember 1996
|25. März 2001
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Schweiz
|16. Oktober 2004
|voraussichtlich November 2008
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|Nur Wegfall der Personenkontrollen. Die Warenkontrollen bleiben bestehen, da die Schweiz keine Zollunion mit der EU eingegangen ist.
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Slowakei
|1. Mai 2004
|21. Dezember 2007
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Slowenien
|1. Mai 2004
|21. Dezember 2007
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Spanien
|25. Juni 1991
|26. März 1995
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Tschechien
|1. Mai 2004
|21. Dezember 2007
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Ungarn
|1. Mai 2004
|21. Dezember 2007
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Vatikanstadt
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|26. Oktober 1997
|
|Keine explizite Unterzeichnung, es bestanden jedoch bereits zuvor keine Grenzkontrollen zum einzigen Nachbarland Italien.
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Vereinigtes Königreich
|29. Mai 2000
|-
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|Eingeschränkte Teilnahme; nur Strafverfolgung und polizeiliche Zusammenarbeit, kein Wegfall der Passkontrollen.
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Zypern
|1. Mai 2004
|voraussichtlich 2009
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Geschichte
Schengener Übereinkommen
Am 15. Juni 1985 unterzeichneten die Vertreter der fünf EU-Mitgliedstaaten Deutschland, Frankreich, Belgien, Niederlande und Luxemburg im deutsch-französisch-luxemburgischen Dreiländereck bei Schengen (Luxemburg) an der Obermosel auf dem Fahrgastschiff Princesse Marie-Astrid das Schengener Übereinkommen (mittlerweile informell auch oft als Schengen I[1] bezeichnet). Für dieses historische Ereignis wurde Schengen ausgewählt, da es gemeinsam mit seinen Nachbargemeinden Perl (Deutschland) und Apach (Frankreich) einen Knotenpunkt in der Mitte Europas bildet. Es handelt sich hierbei um das "Dreiländereck" zwischen den Beneluxstaaten (zwischen denen bereits seit 1969 keine Grenzkontrollen mehr bestanden), Frankreich und Deutschland, mithin in gewissem Sinne zwischen allen Erstunterzeichnern. An der Übereinkunft waren nur fünf der damals elf EG-Staaten beteiligt; sie stellt daher ein frühes Beispiel der verstärkten Zusammenarbeit dar.
Schengener Durchführungsübereinkommen
Am 19. Juni 1990 unterzeichneten die genannten Länder dann das Schengener Durchführungsübereinkommen (informell auch oft als Schengen II[1] bezeichnet), in dem die konkreten Verfahrensabläufe der Umsetzung des Übereinkommens in gesetzlicher und technischer Hinsicht festgelegt sind. In den neuen Bundesländern auf dem Gebiet der ehemaligen DDR trat das Abkommen mit der Deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 automatisch in Kraft.
Integration in EU-Recht
Im Vertrag von Amsterdam (2. Oktober 1997) wurde beschlossen, das Übereinkommen von Schengen in das EU-Recht zu integrieren. Dies wurde am 1. Mai 1999 umgesetzt. Die Folge ist, dass alle folgenden Neumitglieder der EU das Schengenabkommen unterzeichnen müssen. Die Inselstaaten Vereinigtes Königreich und Irland setzten eine Ausnahmeregelung durch und führen weiterhin Kontrollen an ihren Grenzen durch. Allerdings wehrten sich diese Länder anders als beim völkerrechtlichen Abschluss des Schengener Abkommens nicht mehr gegen die Integration des Schengen-Besitzstands in den Rahmen der EU.
Aufgrund des Schengen-Protokolls[2] wurde das Schengener Abkommen in den rechtlichen Rahmen der EU überführt. Seither sind die Organe der EU für die Fortentwicklung des Schengener Rechts verantwortlich, ohne dass dieses notwendigerweise in allen Mitgliedstaaten gilt. Dies ist eine Sonderform der Ungleichzeitigkeit innerhalb der EU nach dem Vorbild der Währungsunion. Sein erstes Urteil[3] zur Auslegung des Schengener Rechts sprach der Europäische Gerichtshof im Jahr 2003 über den Schutz vor Doppelbestrafung innerhalb der EU.
Das Schengener Durchführungsübereinkommen wird derzeit vom Schengener Grenzkodex abgelöst.
Implementierung des Abkommens in den 2004 beigetretenen EU-Ländern
Am 21. Dezember 2007 wurden die Land- und Seegrenzen in Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, der Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn geöffnet. Der Schengen-Raum ist nun rund 3,6 Millionen Quadratkilometer groß und in ihm leben rund 400 Millionen Europäer.[4] Die Grenzkontrollen an Flughäfen werden am 29. März 2008 (Flugplanwechsel) umgestellt. Zypern wird voraussichtlich erst ab 2009 das Schengener Abkommen implementieren.[5]
Die Grenzöffnungen in den neuen EU-Ländern waren ursprünglich an die Fertigstellung des neuen Schengener Informationssystems II (zusätzliche Speicherung von Biometriedaten, Fingerabdrücken und Lichtbildern; Erweiterung der Fahndungsmöglichkeiten) gekoppelt. Aufgrund erheblicher technischer Probleme und einer voraussichtlichen Verzögerung bis 2009 einigten sich die EU-Justiz- und Innenminister darauf, als Zwischenlösung das alte Netzwerk zur länderübergreifenden Polizeizusammenarbeit aufzurüsten (SISone4all).
Beitritt der Schweiz und Liechtenstein
Am 19. Mai 2004 teilte die EU-Kommission nach einem Gespräch mit Schweizer Regierungsvertretern mit, dass die Schweiz Ende 2006 oder Anfang 2007 dem Schengener Übereinkommen beitreten solle. Tatsächlich wird es sich aber bis mindestens Herbst 2008 hinziehen. Die Schweiz, für die einige Sonderregelungen in Bezug auf die justizielle Zusammenarbeit gelten werden, wird es dann – ähnlich wie Norwegen und Island – ohne EU-Mitgliedschaft anwenden.
Die Schweiz ratifizierte das Abkommen am 16. Oktober 2004. Gegen das Abkommen wurde das Referendum (Volksentscheid) ergriffen, wodurch das Schweizer Volk über Annahme oder Ablehnung entscheiden musste. Bei der Volksabstimmung am 5. Juni 2005 stimmten 54,6 Prozent der Schweizer Bevölkerung für den Beitritt zum Abkommen. Es wird voraussichtlich ab 2008 nach Einrichtung der erforderlichen Sicherheitssysteme in Kraft treten. Am meisten Unterstützung fand die Vorlage in den Kantonen Neuenburg (70,94 Prozent) und Waadt (67,55 Prozent). Am wenigsten unterstützt wurde sie durch die Kantone Appenzell Innerrhoden (31,49 Prozent), Tessin und Schwyz (beide 38,08 Prozent).
Mit der durch die Volksabstimmung vom 5. Juni 2005 besiegelten Teilnahme der Schweiz am Schengener Abkommen entfällt auch für dieses Land die Visumspflicht. Dies ist für die 21 Prozent der Ausländer aus Nicht-EU- bzw. den meisten nicht-europäischen Staaten mit ständigem Wohnsitz in der Schweiz von besonderer Bedeutung, von denen ein großer Teil selbst beim kurzen Grenzübertritt beispielsweise nach Frankreich, Deutschland, Österreich oder Italien ein Visum brauchte und einen solchen Übertritt lange im Voraus planen musste. Nun braucht diese Personengruppe kein Visum mehr. Das gleiche gilt auch umgekehrt.
Die Schweiz wird aber auch nach Umsetzung nicht mit der EU zusammen in einer Zollunion sein. Das hat zur Folge, dass nach wie vor die großen Zollämter bewacht sein werden, um den Warenfluss zu kontrollieren. Im Rahmen dieser Zollkontrollen sind auch weiterhin Personenkontrollen möglich beziehungsweise üblich, womit sich beim Grenzübertritt praktisch nicht viel ändert.
Auch Liechtenstein, das bereits jetzt seine Grenze zur Schweiz nicht kontrolliert, dürfte zum gleichen Zeitpunkt wie die Schweiz das Schengener Abkommen implementieren. Ansonsten müssten zwischen der Schweiz und Liechtenstein, wo dann die Schengen-Außengrenze verlaufen würde, Grenzkontrollen eingeführt werden. Dies wird aber von Liechtensteiner Seite als zu aufwändig angesehen.
Kritik
Die Folgen und Auswirkungen des Schengener Übereinkommens sind seit den 1980er Jahren Kritik von Bürger- und Menschenrechtsinitiativen ausgesetzt. Der Wegfall von Grenzkontrollen zwischen den Teilnehmerstaaten geht mit der Verpflichtung einher, die Außengrenzen zum Zwecke der Fluchtabwehr, der Bekämpfung illegaler Einwanderung, angemessen, das heißt meist verstärkt, zu sichern. Bis zum EU-Beitritt Polens war beispielsweise die Ostgrenze Deutschlands (Oder-Neiße-Linie) eine verstärkt gesicherte Grenze. Personen, die eine derartige Grenze dennoch rechtswidrig überwinden wollen, nehmen teure und kriminelle Schleuser-Unternehmen in Anspruch oder riskieren beim Grenzübertritt ihr Leben. Nach unabhängigen Schätzungen sind an der deutschen Ostgrenze von 1993 bis 2003 etwa 145, hingegen an der Schengen-Südgrenze, insbesondere an der Meerenge von Gibraltar und in der Ägäis, zwischen 1994 und 2004 mehr als 5.000 Menschen beim versuchten Grenzübertritt ums Leben gekommen.[6]
Auch unter den Schengen-Staaten gibt es Auseinandersetzungen. Wenn auch nur ein Staat seinen Verpflichtungen zur Grenzüberwachung nicht nachkommt, sind alle anderen Staaten betroffen. So gab es wiederholt Vorwürfe, dass Italien sich illegaler Einwanderer entledige, die auf die Insel Lampedusa kamen, indem es sie weiterreisen lasse, „weil sie ja ohnehin nach Deutschland, Österreich und andere Nachbarstaaten weiterreisen“. Auch Deutschland sah sich im Rahmen der Visa-Affäre der Kritik anderer Schengen-Staaten ausgesetzt.
Durch die Zunahme illegaler Einwanderung in europäische Staaten, wie etwa nach Spanien vom afrikanischen Kontinent aus, wird nicht nur das schwarze Geschäft dahinter gestärkt, sondern teilweise auch echtes Kapital daraus geschlagen, indem die Rechtslosigkeit illegal Eingewanderter für Billigarbeit ausgenutzt wird.
Nach einer Erweiterung des Schengen-Gebiets werden die Bedingungen für die Einreise an den neuen Schengen-Außengrenzen meist deutlich verschärft. Dies hat für Menschen in den Nachbarstaaten oft dramatische Folgen. Für die Menschen im Raum Lemberg in der Ukraine z.B., die traditionell enge Beziehungen mit Polen unterhalten, ist ein Besuch in Polen ohne Schengen-Visum nicht mehr möglich.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ a b http://www.dhm.de/lemo/html/WegeInDieGegenwart/DeutschlandInEuropa/schengenerAbkommenBody.html
- ↑ EUR-Lex - 11997D/PRO/02 - DE
- ↑ http://www.curia.eu.int/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?lang=de&num=79969788C19010187&doc=T&ouvert=T&seance=ARRET&where=()
- ↑ FAZ: Konfetti, Feuerwerk und Luftballons für Europa 21. Dezember 2007
- ↑ The Council of the European Union
- ↑ jungle-world.com Innen und außen 15. Juni 2005
Weblinks
- Konsolidierte Fassung des Schengen Besitzstandes
- euro|topics: Europas neue Grenzenlosigkeit
- Schengen:Grenzen - ein Hildesheimer Projekt über Europas Binnengrenzen nach Schengen
- Tagesschau: Grenzkontrollen zu neuen EU-Staaten fallen am 21. Dezember weg.
- Schengener Durchführungsübereinkommen
- Erstmalige Gesamtveröffentlichung des Schengen-Besitzstands im Amtsblatt der Europäischen Union (September 2000)
- Details beim Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland
- Bericht aus dem Europäischen Parlament (PDF)
- Kurz-Info des Deutschen Historischen Museums zum Schengener Abkommen
- Status von Schengen/Dublin in der Schweiz
- Wegfall der Europäischen Binnengrenzen - Interview mit Frontex-Chef Laitinen
Kritik am Schengener Abkommen
- www.no-racism.net Überwachung im Schengenland
- www.noborder.org The Schengen Information System - Electronic instrument of migration control and deportation (englisch)
- www.statewatch.org Statewatch Bericht über SIS II (englisch, PDF)
- Die Schengenlüge im Pester Lloyd
- Newsletter Migration und Bevölkerung 4/2006 (Anhebung der Visa-Gebühren)