Antitrinitarier

Christ, der nach seinem Gottesverständnis das Dogma der Dreifaltigkeit Gottes nicht anerkennt
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Nichttrinitarier sind Christen, die nach ihrem Gottesverständnis das Dogma von der Dreieinigkeit Gottes, das auf dem Konzil von Nicäa (325) verabschiedet wurde, nicht anerkennen oder als Irrlehre zurückweisen.

Formen der Nichttrinität

Nichttrinitarische Nachfolger von Jesus lassen sich in unterschiedliche Gruppen aufteilen:

  • Für die meisten christlichen Nichttrinitarier ist der Hauptgrund für ihre Ablehnung, dass sie das Dogma als bewusst unklar formulierten Dreigötterglauben ansehen, der dem biblischen Monotheismus widerspricht. Nichttrinitarier stören sich an der Behauptung des Dogmas, dass Jesus Christus und der Heilige Geist genauso groß wie Gott der Vater sein sollen. Statt dessen sehen sie die Unterordnung Christi unter seinen Vater als biblisch bezeugt an. Die Personalisierung und Vergottung des Heiligen Geistes wird ebenfalls als unbiblische Lehre abgelehnt. Sie weisen darauf hin, dass es weder eine klare Formulierung der Lehre in der Bibel gibt, noch das benutzte Vokabular (Trinität, Person, Wesensgleichheit, griech. „homousios“) in der Bibel verwendet wird. Daraus schließen sie, dass das Dogma ein unbiblisches, überflüssiges Konstrukt ist.
  • Andere glauben, dass Gott Vater, Jesus und der Heilige Geist einfach drei Erscheinungsweisen eines einzigen Gottes sind und nicht unterscheidbare Personen. Diese Lehre wird manchmal auch als modalistischer Monarchianismus bezeichnet, manchmal auch als Patripassianismus. In der Kirchengeschichte war Sabellius ein wichtiger Vertreter dieser Lehre. Heutige Vertreter sind die Oneness Pentecostals.
  • Verschiedene Konfessionen innerhalb des Mormonentums akzeptieren die Göttlichkeit von Jesus, glauben aber, dass die drei Personen der Trinität auch im Wesen unterschiedlich sind, was von christlichen Kritikern als Tritheismus angesehen wird.
  • Manche Konfessionen innerhalb der Weltweiten Kirche Gottes von Herbert W. Armstrong akzeptieren die Göttlichkeit von Gott Vater und dem Sohn Jesus, lehren aber nicht, dass der Heilige Geist eine Person ist. Diese Sichtweise wird auch als Binitarismus bezeichnet.
  • Manche glauben, dass Jesus nicht Gott ist, sondern dass er ein Gesandter von Gott oder ein perfektes menschliches Wesen war. Eine solche Sichtweise wird vertreten von den Ebioniten und allgemein dem Adoptianismus. Auch die dem Begriff „Arianer“ hinzugerechneten Anhomöer wie Aetios sind hier einzuordnen. Diese Lehre wird manchmal auch als dynamischer Monarchianismus bezeichnet.

Biblische Hinweise für ein nicht trinitarisches Gottesbild

Diese Argumente vertreten den Typus des arianischen Nichttrinitarismus

Ein Gott

  • Gott sei nicht teilbar, Er ist Einer. Er wird in der Bibel auch Vater genannt: Ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen. (Vorlage:Bibel2). Obwohl es viele Götter und viele Herren gibt, so haben wir doch nur einen Gott, den Vater (Vorlage:Bibel2).
  • Es wird darauf hingewiesen, dass im Alten Testament (Hebräisch-Aramäische Schriften) lediglich von einem monotheistischen Gott die Rede ist.
  • Gott ist unwandelbar (Vorlage:Bibel2; Vorlage:Bibel2), er ist Geist (Johannes 4,24). Der unsichtbare Gott wurde Mensch in Jesus Christus: Niemand hat Gott je gesehen; der Eingeborene, der Gott ist und in des Vaters Schoß ist, der hat ihn uns verkündigt (Vorlage:Bibel2). Der Sohn Gottes ist wahrer Gott und wahrer Mensch, der selbe gestern und heute und in Ewigkeit (Hebräer 13,8). In ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig (Kolosser 2,9).
  • Jesus ist Gottes Wort, welches auch Logos genannt wird (Vorlage:Bibel2, Vorlage:Bibel2) und der Mittler zwischen Gott und den Menschen: Denn es ist "ein" Gott und "ein" Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus (Vorlage:Bibel2). Der Mittler ist mit dem Vater eins, aber nicht einer (Vorlage:Bibel2), jedoch in vollkommener Vertrautheit, ähnlich wie in einer Ehebeziehung Mann und Frau eins, aber nicht einer sind.
  • Nichttrinitarier meinen, Gott der Vater sei größer als Jesus Christus. Schon mit dem Ausspruch Jesu: Der Vater ist größer als Ich (Joh 14,28) sei die Gleichrangigkeit zwischen dem Vater und seinem Sohn widerlegt. Gott - der Vater - hat seinen Sohn gesandt, der Sohn aber sendet niemals seinen Vater. Das sei ein klares Zeichen von Unterordnung. Mehrfach bezeugt Jesus, dass der Vater Ihn gesandt habe (Joh 5,36; 17,3; 17,18). Bei dem Apostel Paulus fehle eine Gleichsetzung von „Vater“ und „Sohn“. So schreibt er, „Sobald ihm aber alles unterworfen ist, dann wird auch der Sohn selbst sich dem unterwerfen, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott sei alles in allen“. Paulus spricht vom „Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“ und nennt Gott „das Haupt Christi“ in demselben Sinne wie Christus das Haupt des Mannes ist. Bezeichnend sei auch, dass Paulus fast durchgängig das Gottesprädikat dem Vater allein vorbehält. (Unvollständige Auswahl: Röm 1,7, 15,6, 2 Kor 1,3, Eph 1,3, Phil 1,2, 1 Tim 1,2)
  • Nichttrinitarier legen die folgenden Bibelverse so aus, dass der Vater zuerst da gewesen sei und Jesus Christus von ihm gezeugt worden sei vor aller anderen Schöpfung, die Gott dann durch seinen Sohn geschaffen habe.
    • Der Herr hat mich geschaffen im Anfang seiner Wege, vor seinen Werken in der Urzeit; in frühester Zeit wurde ich gebildet, am Anfang, beim Ursprung der Erde. Als die Urmeere noch nicht waren, wurde ich geboren, als es die Quellen noch nicht gab, die wasserreichen. (Spr 8,22ff)
    • Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht. (Joh 1,18)
    • Wenn Gott euer Vater wäre, würdet ihr mich lieben; denn von Gott bin ich ausgegangen und gekommen. (Joh 8,42).
  • Auch der auferstandene Jesus werde als eigenständige Persönlichkeit beschrieben, die vom Vater verschieden ist:
    • Diesen hat Gott zum Urheber und Retter zu Seiner Rechten erhöht (Apg 5,31)
    • Darum hatt Gott Ihn auch überaus hoch erhöht und Ihn mit dem Namen begnadet, der über jedem Namen ist, damit in dem Namen Jesu sich jedes Knie beuge, [..] und jede Zunge huldige: Herr ist Jesus Christus, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters. (Phil 2,9-11)
    • Denn Christus ging [..] in den Himmel selbst, um nun vor dem Angesicht Gottes für uns zu erscheinen. (Hebr 9,24)
    • Stephanus erhält kurz vor seiner Steinigung Einblick in den Himmel: Er aber, voll Glauben und heiligem Geist unverwandt in den Himmel sehend, gewahrte Gottes Herrlichkeit und Jesus zur Rechten Gottes stehen und sagte: „Siehe, ich schaute die Himmel aufgetan und den Sohn des Menschen zur Rechten Gottes stehen!“ (Apg 7,55.56)
  • „Gott“ werde in der Auslegung der christlichen Bibel als Titel verwendet (im Sinn von Titulierung oder Bezeichnung) und habe verschiedene Träger, etwa Jesus (Vorlage:Bibel2, Vorlage:Bibel2), Mose (Vorlage:Bibel2), andere Menschen (Vorlage:Bibel2; Vorlage:Bibel2), zum Beispiel Richter (Vorlage:Bibel2) oder der eigene Körper (Vorlage:Bibel2). Nicht alle Träger des Titels seien also gleichzusetzen, wie es das Dogma meine, das ja eigentlich von drei gleich großen Göttern spreche.
  • Sie legen Philipper 2 so aus, dass nur der Sohn Gottes seine Gestalt ändern könne, von der Gestalt Gottes (also Geist) sei er dem Menschen gleich geworden: „Denn diese Gesinnung sei auch in euch, die auch in Christus Jesus ist: der, als Er in der Gestalt Gottes war, es nicht als ein Rauben erachtete, ebenso wie Gott zu sein; sondern Er entäußerte Sich Selbst, nahm die Gestalt eines Sklaven an, wurde den Menschen gleich gestaltet.“ (Vorlage:Bibel2).
  • Christus habe einen Gott (Unterordner in der Definition der biblischen Trinitarier) und Vater. Er rief Ihn an: Mein Gott, mein Gott! (Mat 27,43) und sprach über ihn: Ich gehe hinauf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott. (Joh 20,17). Diverse Stellen im Neuen Testament zeugen davon, wie Jesus zu Gott betete (z. B. Lk 6,12; Lk 22,40-45; Joh 17). Paulus und Petrus schrieben: Gesegnet sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus! (2 Kor 1,3.16; Eph 1,3; 1. Pet. 1,3). Auch Stellen wie Das Haupt des Christus ist Gott (1 Kor 11,3). [Da ist] ein Gott und Vater aller, der über allen ist und durch alle und in allen wirkt (Eph 4,6) werden als Subordination ausgelegt.

Heiliger Geist

  • Bibelgläubige Nichttrinitarier erklären, der Heilige Geist sei in der Bibel nicht genauso unabhängig vom Vater' wie der Sohn und dürfe nicht als eigenständige „Person“ betrachtet werden. Der Heilige Geist werde auch nie Gott genannt.
  • “Geist“ werde in der Bibel zwar des Öfteren personifiziert:
    • Gottes Geist, also der Heilige Geist: Röm 8,9.14
    • Christi Geist: 1 Petr 1,11
    • Marias Geist: Lk 1,47
  • Personifizierung beweise aber nicht Persönlichkeit. Auch die Weisheit müsste so nach Spr 1,20-33; 8,7-15, Mt 11,19 und Lk 7,35 eine Person sein. Ebenso wie die Sünde (Röm 5,14.17.21; 6,12), der Tod oder die Liebe (nach 1 Kor 13). In ihren Augen entsteht eine Verwirrung, weil nicht gesehen werde, dass hier Sprachfiguren vorlägen. Gott wirke mit Hilfe seines Geistes (also des Heiligen Geistes) in den Herzen der Gläubigen, damit sie durch Gott verändert werden könnten (z.B. Eph 3,16ff). Dem Heiligen Geist, also dem Geist Gottes, den gleichen Stellenwert wie dem Vater oder dem Sohn zu geben, kann ihrer Meinung nach mit der Bibel nicht unterstützt werden.
  • Die Bibel sage auch, dass der Geist Gottes, der Heilige Geist, in der selben Verbindung zu Gott stehe wie der Geist eines Menschen in Verbindung zum Menschen stehe: Denn wer unter den Menschen weiß, was im Menschen ist, außer dem Geist des Menschen, der in ihm ist? Also hat auch niemand die Tiefen Gottes erkannt außer dem Geist Gottes. (1 Kor 2,11). Wenn jemand den Heiligen Geist, die Kraft Gottes betrübe, werde Gott, der Vater betrübt und niemand anderer.
Alle Bibelstellen entstammen dem Konkordanten Neuen Testament.

In den theologischen Auseinandersetzungen um die Trinität im 4. und 5. Jahrhundert werden diese Bibelstellen auch von Trinitariern aufgenommen und in trinitarischer Auslegung nicht als Widerspruch zur Trinitätslehre gesehen, manchmal sogar als Bekräftigung. Umfassende Darstellungen von trinitarischer Bibelauslegung finden sich insbesondere bei Gregor von Nazianz in den fünf Theologischen Reden und bei Augustinus in seiner Abhandlung "De Trinitate".

Geschichte

In der Antike waren die Anhänger des Arianismus Nichttrinitarier. Der Arianismus starb jedoch im 8. Jahrhundert aus.

Voraussetzung zu stärkerem Widerspruch nach der Formulierung des Dogmas schuf vor allem der aufklärerische Humanismus Oberitaliens und die Umbruchszeit der Reformation, in der die Anzahl der Gegner erheblich stieg.

Herausragender Repräsentant der Antitrinitarier war Michael Servet, der 1553 bei der Durchreise durch Genf von Calvin angezeigt und kurz darauf aufgrund seiner scharfen Verurteilung des Dogmas („de trinitatis erroribus“) auf Betreiben des Stadtrates lebendig verbrannt wurde. Seit seinem Tod verfolgte die Inquisition die Nichttrinitarier vor allem in Italien. Täufer wie auch Wiedertäufer waren größtenteils nichttrinitarisch gesinnt. Die Verfolgten wichen in den Osten aus, wie der Arzt Giorgio Biandrata (gest. 1585) nach Siebenbürgen. Einflussreich war auch Fausto Sozzini (gest. 1604), der eine eigene Bewegung schuf, die „Sozinianer“ genannt wurden. Sie wurden aber 1658 aus Polen vertrieben und wanderten über Holland und England nach Nordamerika aus, wodurch daraus die Bewegung der Unitarier-Universalisten entstand. Eine Rolle mag auch der in der Aufklärung aufkommenden Deismus in England gespielt haben, wie auch eine liberale Reaktion auf das Great Awakening in den USA.

In der Neuzeit entstanden von 1548 bis 1574 in Polen antitrinitarische Gemeinden, Sozinianer oder auch Unitarier genannt, die in ganz Europa verfolgt wurden.

Im 17. Jahrhundert bildeten sich auch in England und ab dem 18. Jahrhundert in den späteren USA unitarische Gemeinden. Einige der frühen Staatsmänner und Präsidenten der USA waren bekennende Unitarier.

Nichttrinitarische Glaubensgemeinschaften

Im deutschsprachigen Raum gibt es auch einzelne Gemeinden und Gruppen, die nichttrinitarische Lehren vertreten:

Persönlichkeiten mit antitrinitarischer Einstellung

Literatur

  • H. M. Kuitert: Kein zweiter Gott; Jesus und das Ende des kirchlichen Dogmas; Düsseldorf: Patmos-Verlag, 2004; ISBN 3-491-77052-1
  • Buzzard, Anthony F.; Hunting, Charles F.: Die Lehre von der Dreieinigkeit Gottes als selbst zugefügte Wunde der Christenheit; Linz: Verlag Aletheia, 2001; (Vorwort)
  • Ohlig, Karl-Heinz: Ein Gott in drei Personen? Vom Vater Jesu zum „Mysterium“ der Trinität; Mainz: Grünewald und Luzern: Edition Exodus, 1999; ISBN 3-7867-2167-X (Grünewald) bzw. ISBN 3-905577-33-X (Exodus)