Friedensvertrag von Versailles

Dokument zur Beendigung des Ersten Weltkriegs
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Der Vertrag von Versailles, der am 28. Juni 1919 unterzeichnet wurde und am 10. Januar 1920 in Kraft trat, beendete formell den Ersten Weltkrieg zwischen dem Deutschen Reich und den Mächten der Entente.

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Die Regierungschefs von vier Siegerstaaten 1919 in Paris: Lloyd George aus Großbritannien, Vittorio Emanuele Orlando aus Italien, Georges Clemenceau aus Frankreich und Woodrow Wilson aus den Vereinigten Staaten.

Der Vertrag von Versailles ist der wichtigste der Pariser Vorortverträge und behandelt den Friedensschluss mit Deutschland. Weitere Vorortverträge sind unter anderem der Vertrag von Trianon mit Ungarn und der Vertrag von St. Germain mit Österreich. Der Versailler Vertrag konstatierte in Artikel 231 (Kriegsschuldartikel) des Vertrages die alleinige Kriegsschuld des Deutschen Reichs und verpflichtete Deutschland zu Reparationszahlungen an die Siegermächte.

Geschichtliches Umfeld

Nachdem die Weiterführung des Krieges dem deutschen Generalstab unter Erich Ludendorff aussichtslos erschien, wurde den Parteien des "Interfraktionellen Ausschusses" (SPD, Zentrum, Fortschrittliche Volkspartei) das Mandat zu Waffenstillstandsverhandlungen erteilt. Jene Parteien hatten sich schon am 17. Juli 1917 für einen Verständigungsfrieden eingesetzt, und die deutsche Führung hoffte, durch sie bessere Bedingungen auszuhandeln. Insofern führten die Kriegsgegner, und nicht die Kriegsverursacher die Verhandlungen, woraus sich später die Dolchstoßlegende entwickelte.

Deutschland war von den Versailler Verhandlungen ausgeschlossen. Die am 7. Mai 1919 bekanntgemachten Bedingungen wurden von der ersten Regierung der Weimarer Republik als unannehmbar abgelehnt. Aufgrund einer fortgesetzten Wirtschaftsblockade Deutschlands sowie einer Kriegsdrohung der Siegermächte unterzeichneten dann am 28. Juni 1919 Außenminister Hermann Müller (SPD) und Postminister Johannes Bell (Zentrum) den Vertrag.

Weite Teile der deutschen Bevölkerung sahen in dem Vertrag ein Diktat. Das daraus entstandene Gefühl der Erniedrigung nutzten in der Zeit der Weimarer Republik deutschnationale und völkische Parteien und Verbände wie die NSDAP aus, um gegen Republik und Demokratie zu agitieren.

Das erste Protokoll über die Niederlegung der Ratifikationsurkunden ist am 10. Januar 1920 um 16.15 Uhr westeuropäischer Zeit in Paris errichtet worden. Danach ist der Versailler Vertrag zu diesem Zeitpunkt in Kraft getreten; Deutschland hatte ihn mit Reichsgesetz vom 16. Juli 1919 ratifiziert.

Die USA ratifizierten den Vertrag von Versailles nicht.

Kriegsschuldartikel (Artikel 231) und Reparationen

Der Vertrag wies allein dem Deutschen Reich und seinen Verbündeten die Verantwortung für den 1. Weltkrieg zu. Diese einseitige Schuldzuweisung, vom Deutschen Reich stets zurückgewiesen, hat in den direkt folgenden Jahren und auch später zur Kriegsschulddebatte geführt. Politiker und Historiker beurteilen die Ursachen zum 1. Weltkrieg heute differenzierter, als es in dieser Schuldzuweisung ausgedrückt wird.

Der Artikel 231 diente den Alliierten als Grundlage für die Forderung von Reparationszahlungen Deutschlands. Die Höhe der Reparationen war im Versailler Vertrag nicht festgelegt.

siehe: Deutsche Reparationen nach dem Ersten Weltkrieg

Territoriale Bestimmungen

Deutschland musste zahlreiche Gebiete abtreten: Nordschleswig musste an Dänemark abgetreten werden, die Provinzen Westpreußen und Posen sowie das oberschlesische Kohlerevier an den neuen Staat Polen. Im Westen erhielt Frankreich das 1871 von Deutschland annektierte Elsass-Lothringen zurück, und Belgien erhielt als Kriegsentschädigung das Gebiet Eupen-Malmédy. Darüber hinaus wurde der gesamte deutsche Kolonialbesitz dem Völkerbund unterstellt. Insgesamt verlor Deutschland 13% seines ursprünglichen Gebietes, Österreich 88%. Die Vereinigung Deutschlands mit Österreich wurde untersagt.

Deutsche Gebietsverluste durch den Versailler Vertrag

1. Sofort abgetretene Gebiete:

2. Nach Abstimmung abgetreten:

3. Nach Abstimmung bei Deutschland geblieben:

4. Dem Völkerbund unterstellt:

  • Saargebiet
    • Politisch dem Völkerbund unterstellt
    • Wirtschaftlich zu Frankreich
    • nach 15 Jahren Abstimmung der Bevölkerung über Landeszugehörigkeit
  • Danzig (Freie Stadt)
  • Das Memelland wurde zunächst dem Völkerbund bzw. der französischen Besatzung unterstellt und wurde 1923 von Litauen annektiert
  • Kolonien

5. Entmilitarisierte Gebiete:

Militärische Bestimmungen

Deutschland wurden weitgehende Beschränkungen auferlegt:

  • Berufsarmee mit maximal 100 000 Mann
  • keine allgemeine Wehrpflicht
  • Marine mit 15 000 Mann
  • keine schweren Waffen, wie U-Boote, Panzer, Schlachtschiffe oder Flugzeuge
  • Entmilitarisierung des Rheinlands (50-km-Streifen östlich des Rheins)

Völkerbund

Außerdem sah der Vertrag die Gründung des Völkerbunds vor, eines der erklärten Ziele des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson.

Folgen des Vertrages

Die deutscherseits empfundene Ungerechtigkeit des Vertrags von Versailles ist zusammen mit der wirtschaftlichen Notlage, kaum bedingt durch die hohen bis 1993 geplanten Reparationszahlungen sondern eher durch die Weltwirtschaftskrise, als einer der Hauptgründe für die politische Radikalisierung in der Weimarer Republik und schließlich den Übergang in die nationalsozialistische Diktatur in der Zeit des Dritten Reiches angesehen worden. Nationalistische und rechte Gruppen warfen der Weimarer Regierung vor, durch die Annahme der Vertragsbedingungen die Interessen Deutschlands verraten zu haben und forderten eine Revision des als "Schandfrieden" oder "Schanddiktat von Versailles" bezeichneten Vertrags.

Einen ähnlich harten Friedensvertrag hatte allerdings noch kurz zuvor, am 3. März 1918, das Deutsche Reich in Brest-Litowsk mit dem revolutionären Russland abgeschlossen. Dieser Vertrag, der nur bis zum endgültigen Waffenstillstand im November 1918 in Kraft blieb, sah für Russland massive Gebietsabtretungen und Reparationszahlungen vor.

Die durch den Versailler Vertrag begründeten schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen und die außenpolitische Isolation Deutschlands versuchte Walther Rathenau im Vertrag von Rapallo zu entschärfen. Darin wurde zumindest das Verhältnis zur Sowjetunion normalisiert und auf gegenseitige Ansprüche verzichtet.

Einige Historiker sind der Ansicht, dass die Bedingungen (Gebietsverluste, Reparationen) des Versailler Friedensvertrages mit zur Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs gehören. Andere Historiker bestreiten dagegen insbesondere die teilweise behauptete Zwangsläufigkeit eines neuen Krieges und betonen die friedensfördernde Wirkung des Vertrages durch Schaffung klarer zwischenstaatlicher Regelungen.


Siehe auch: Bundesstaaten des Deutschen Reichs, Pariser Vorortverträge, Vertrag von Saint-Germain