Gwichʼin

Indianische Stammesgruppe
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Die Gwich'in oder Gwitchin,, gelegentlich auch Kutchin genannt, sind ein Indianerstamm, der im Grenzgebiet zwischen Kanada und Alaska lebt. Im Französischen wurden sie als Loucheux oder Loucheaux, aber auch als Tukudh bezeichnet.

Die rund 9.000 Gwich'in leben in Alaska, Yukon-Territorium und den Nordwest-Territorien. Die Vuntut Gwitchin leben als einzige Gruppe im Yukon-Territorium, genauer um Old Crow. In den Nordwest-Territorien leben sie im Bereich des Mackenzie-Deltas um Inuvik, Aklavik, Fort McPherson, Tsiigehtchic, in Alaska vor allem um Beaver, Circle, Fort Yukon, Chalkyitsik, Birch Creek, Arctic Village und Venetie. Dabei ist Old Crow der nördlichste Ort; er liegt am Zusammenfluss von Yukon und Porcupine.

Stämme

Die vier Mackenzie-Gruppen werden vom Gwich'in Tribal Council (GCI) in den Verhandlungen mit der kanadischen Regierung um Landansprüche vertreten. Zudem fördert die Organisation internationale Kontakte rund um die Arktis, sowie Kulturinitiativen.

Die Teetl'it Zheh oder Fort McPherson leben am Peel River und sind die größte Gruppe im Nordwest-Territorium. Ihr Name bedeutet „Volk vom Oberlauf“. Fort McPherson wurde 1840 errichtet und hieß zunächst Peel River House. Nach einer Überschwemmung wurde es rund 6 km flussabwärts verlegt, zum Gwich'in-Dorf Chii Tsal Dik. Sie leben überwiegend von Jagd, Fallenstellerei, Fischfang und Tourismus. Das Fort wurde nach Murdoch McPherson von der Hudson's Bay Company benannt. Am 26. Juli 1921 unterzeichnete Häuptling Julius Salu einen Vertrag mit der kanadischen Regierung. Am selben Ort unterzeichneten die Teel'it Zheh am 22. April 1992 das Gwich’in Comprehensive Land Claim Agreement , 1999 wurde der Stammesrat gegründet, der über zahlreiche Rechte einer Gebietskörperschaft in der Beaufort Delta Area (Gwich’in und Inuvialuit) verfügt.

Ähnliches gilt für die Tsiigehtchic (Volk der Ebenen), die im gleichnamigen Dorf leben.

Die Edhiitat Gwich'in (Delta-Volk) leben in Aklavik am Peel Channel im MacKenzie-Delta. Sie leben deutlich stärker von Touristen, die durch das Delta, aber auch die Richardson Mountains angezogen werden.

Die Nihtat Gwich'in (gemischte Nationen) leben im erst 1955 gegründeten Inuvik am East Channel im MacKenzie-Delta.

Die sechs Gruppen in Alaska bilden als politische Einheit das Council of Athapaskan Tribal Government, dem die sechs Häuptlinge berichten. Sie wiederum unterliegen dem in den USA gültigen Indian Reorganization Act, der gewählte Häuptlinge und Räte (councillors) vorsieht. Der Council of Athapaskan Tribal Chiefs vertritt die Stämme der Yukon-Niederung. Der Vorsitz wechselt alle zwei Jahre zwischen Yukon und Alaska, der Vice Chairman stammt immer aus Alaska.

Arctic Village liegt am Chandalar River, rund 160 km nördlich von Fort Yukon. Die dort ansässigen Neets'aii Gwich'in (Bewohner der Nordseite) führten bis in die 1950er Jahre ein nomadisches Leben und betreiben bis heute weitgehend Subsistenzwirtschaft.

Ähnliches gilt für die Dendu Gwich'in (Vorberg-Volk), die in Birch Creek leben.

Die Draan'jik Gwich'in (Schwarzfluss-Indianer) leben in Chalkyitsik (Fischlandzunge) am Black River, rund 80 km östlich von Fort Yukon. Sie führten ein halbnomadisches Leben mit Winterdörfern am Oberlauf und Sommersiedlungen am Unterlauf des Flusses.

Die Danzhit Hanlaih Gwich'in (aus den Bergen fließendes Wasser) leben in Circle, am Südufer des Yukon, am Rande der Ebenen.

Wo Yukon und Porcupine zusammenfließen, leben die Gwich'yaa Gwich'in (Volk der Ebenen) um Fort Yukon.

Am Nordufer des Chandalar River, rund 70 km nordwestlich von Fort Yukon leben ebenfalls Gwichyaa Gwich'in. Dort leben aber auch Neets'ai und Dihaii Gwich'in.

Sprache

Die Sprache der Gwich'in (Dinjii Zhu’ Ginjik) gehört zur Familie des Athapaskischen. Es gibt eine westliche und eine östliche Dialektgruppe, wobei jedes Dorf wiederum einen eigenen Dialekt aufweist. 1998 sprachen von den damals als Gwich'in anerkannten nur noch 40 ihre Muttersprache zu Hause, weitere gaben an, sie zu beherrschen. Ein Revitalisierungsprogramm versucht die Sprache an die nächsten Generationen weiterzugeben.

Zugehörige Stämme und Clans

Zahlreiche Gruppen, die sich als Stämme (tribes) oder bands bezeichnen, gehören zu den Gwich'in. Zu ihnen zählen die Denduu, Draanjik, Shoo Draanjik, Di'haii, Gwichyaa, K'iitl'it, Neetsaii, Teetl'it, Teetsii, Tanan, Han und Vuntut.

Drei große Clans, darunter einer mit niedrigerem Status, lassen sich unterscheiden. Die Nantsaii, wörtlich „Die ersten auf dem Land“, und Chits'aa, „die Helfer“, dominieren das Clansystem. Der dritte Clan, die Tenjeraatsaii, die „Unberührbaren“ oder „Unabhängigen“, steht ihnen nach. Dieser dritte Clan nimmt alle auf, die innerhalb ihres Clans geheiratet haben, was als Tabubruch gilt. Dazu kommen alle, die keinem Clan angehören. Auch Kinder von Nicht-Gwich'in gehören zu ihm, doch der nicht zum Stamm gehörende Elternteil bleibt auch außerhalb des Clansystems.

Geschichte

Die Gwich'in leben wohl seit mehr als 10.000 Jahren im heutigen Wohngebiet. Als sie erstmals Europäer sahen, waren sie in neun Stämme gegliedert.

Zahlreiche Erzählungen beinhalten Bruchstücke aus der Vergangenheit des Stammes in verklausulierter Form. Sie beginnen häufig mit „In den alten Tagen“ (Deenaadai), und setzt fort, „als alle Menschen mit den Tieren sprechen konnten, und alle Tiere mit den Menschen sprechen konnten“.

Die spirituelle Welt benötigt keinen Gott, denn alle Dinge und Lebewesen besitzen einen Geist. Dabei galten die Inupiat vom Kobuk River als herausragende Schamanen. Solche Dinjii Dazhan standen in hohem Ansehen.

Mission

In den 1840er Jahren erschienen erste Missionare, katholische und episkopalistische, im Gebiet der Gwich'in. Die Diakone Hudson Stuck, Alexander Hunter Murray, William Loola und Albert Tritt waren hierbei die hauptsächlichen Protagonisten. Die Tukudh-Bibel basierte dabei auf der King-James-Bibel. Geschrieben in einer eigens dazu geschaffenen Schrift, wurde diese Schrift dennoch durch einen stringenteren Vorschlag von Bill Schneider ersetzt. Bis heute sind die Häuptlinge zugleich die Priester, wie etwa David Salmon von Chalkytsik oder Trimble Gilbert von Arctic Village.

Aktuelle Situation

An der Abhängigkeit von der Porcupine-Karibuherde hat sich nicht viel geändert. Dazu kommen Fischfang und Gelegenheitsarbeiten. Daher wehren sich die Gwich'in gegen Versuche, in ihrem Gebiet Öl zu fördern. Das gilt vor allem für das Arctic National Wildlife Refuge und das Yukon Flats National Wildlife Refuge.[1]

1999 wurde der Gwich'in Council International gegründet, um die grenzübergreifende Nation der Gwich'in als Einheit im Arctic Council zu vertreten, in dem sie eines von sechs ständigen Mitglieder bilden. Der Rat vertritt die sechs Gwich'in Gemeinde von Arctic Village, Chalkyitsik, Fort Yukon, Birtch, Circle und Venetie, zwei Körperschaften des Stammes, die Vuntut Gwitchin First Nation, die wiederum die Vuntut Gwitchin in Old Crow vertritt und den Gwich'in Tribal Council als Vertreter von vier Gemeinden im Gebiet des Beaufort-Deltas in den Nordwest-Territorien. Kontakte bestehen zum Arctic Athabaskan Council (AAC), sowie zum Council of Yukon First Nations.

2000 und 2001 wurden 24 ältere Stammesmitglieder (Elders) systematisch interviewt,[2] um ihr Wissen vom vergangenen Lebensstil zu erfragen.

Anmerkungen

  1. Der Bericht der Episcopal Church findet sich hier (PDF, 2 MB): A moral choice for the United States. The Human Rights Implications for the Gwich’in of Drilling in the Arctic National Wildlife Refuge, Hg. Gwich’in Steering Committee, The Episcopal Church 2005.
  2. Die Erzählungen finden sich hier: Life Histories of Elders.

Literatur

  • Alestine Andre/Alan Fehr, Gwich'in Ethnobotany: Plants Used by the Gwich'in for Food, Medicine, Shelter and Tools, Tsiigehtchic, North West Territories: Gwich'in Social and Cultural Institute 2001, ISBN 189633704X
  • Asen Balikci, Vunta Kutchin Social Change: A Study of the People of the Old Crow, Yukon Territory, Ottawa: Northern Co-ordination and Research Centre, Department of Northern Affairs and National Resources 1963
  • Michael K. Heine, Gwichya Gwich'in Googwandak: The History and Stories of the Gwichya Gwich'i ; As Told by the Elders of Tsiigehtchic, Tsiigehtchic: Gwich'in Social and Cultural Institute 2001, ISBN 1896337058
  • Richard E. Morlan, The Cadzow Lake Site (MjVi-1): A Multi-Component Historic Kutchin Camp, Ottawa: Archaeological Survey of Canada, National Museum of Man, National Museums of Canada 1972
  • Richard K. Nelson, Hunters of the Northern Forest: Designs for Survival Among the Alaskan Kutchin, Chicago: University of Chicago Press 1973, ISBN 1578051142