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Religion

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Die Welt: regional vorherrschende Religionen

Religion ist der in großen Bevölkerungsgruppen in langen Traditionen entstandene, aber auch von Individuen neu entwickelte gemeinsame oder persönliche Glaube an das über die direkt erfahrbare Existenz Hinausgehende, an eine oder mehrere persönliche oder unpersönliche transzendente Wesenheiten (Gott) oder Prinzipien (z.B. Dao, Nirvana). Religionen sind häufig verbunden mit einer Heilslehre, Symbolsystemen und Ritualen.

Als Religionen werden zum Beispiel Christentum, Judentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus, Taoismus , Sikhismus, Jainismus, Konfuzianismus, Baha'i, Shinto, Santería, Zoroastrismus, Druidentum verstanden. Der Artikel Liste der Religionen der Welt führt die meisten Religionen auf.

Die fünf zur Zeit größten Religionen sind:

  • Christentum (2,0 Milliarden Anhänger)
  • Islam (1,2 Milliarden Anhänger)
  • Hinduismus (0,8 Milliarden Anhänger)
  • Buddhismus (0,6 Milliarden Anhänger)
  • Taoismus (0,4 Milliarden Anhänger)

Mit der wissenschaftlichen Erforschung von Religionen befassen sich insbesondere die Religionswissenschaft , die Religionssoziologie , die Religionsphilosophie und die Religionsgeschichte .

Begriff und Etymologie

Religio hatte im Lateinischen die unterschiedlichen Bedeutungen: "Gottesfurcht", "Frömmigkeit", "Heiligkeit", aber auch "Rücksicht", "Bedenken", "Skrupel", "Gewissenhaftigkeit" oder "Aberglaube". Die weitere Etymologie des Begriffs nicht mit Sicherheit geklärt. Nach Cicero (De Natura Deorum 2, 28) geht religio zurück auf relegere, was wörtlich "wieder aufwickeln", im übertragenen Sinn "bedenken, achtgeben" bedeutet. Cicero dachte dabei an den Tempelkult, den es sorgsam zu beachten galt. Lactantius (Divinae Institutiones 4, 28) führt das Wort zurück auf religare: "an-, zurückbinden". Mögliche ursprüngliche Bedeutungen von "Religion" sind demnach "frommes Bedenken" oder die "Rückbindung" an den von Gläubigen wahrgenommenen universellen göttlichen Ursprung.

Abgesehen von diesen etymologischen Unsicherheiten ist der Terminus auch heute noch problematisch. Mit der europäischen "Entdeckung" bisher in der so genannten Alten Welt unbekannter Kulturen wurde der Begriff auf Sachverhalte angewendet, die zwar Ähnlichkeiten mit dem europäischen Religionskonzept haben (zum Beispiel die Gottesverehrung), in mancher Hinsicht aber auch sehr gegensätzlich sind (zum Beispiel der Ausschließlichkeitsanspruch). Diese Differenz besteht auch zu den östlichen Religionen.

Eine Folge ist, dass heute zwar viele verschiedene Religionen und Religionsformen bekannt und erforscht sind, jedoch eine auf alle Religionsgemeinschaften und -formen anzuwendende Definition noch aussteht und wahrscheinlich - wegen der heterogenen Theoriesysteme- auch in Zukunft nicht existieren wird.

Phänomenologie und religionsspezifische Begrifflichkeit

Religiöse Menschen glauben in der Regel an eine oder mehrere Gottheiten oder beziehen sich auf ein transzendentes, unpersönliches Prinzip. Religionen, die einen Gott verehren, werden als monotheistisch bezeichnet, Religionen, die mehrere Götter verehren, als polytheistisch, Religionen, die das Göttliche in der gesamten Welt sehen, als pantheistisch. Außerdem existieren, heute nicht mehr weit verbreitete Naturreligionen bzw. animistische Religionen. Daneben kennen viele Religionen auch Dämonen und Engel.

Auch atheistisch geprägte Weltanschauungen entwickeln bisweilen an religiöse Rituale erinnernde Formen. Man denke zum Beispiel in diesem Zusammenhang an die Aufmärsche und Feiern kommunistischer Staaten oder an die sozialistischen Jugendweihen. Ebenfalls hatte der Nationalsozialismus Züge eines extremistischen religiösen Systems. Dies zeigt sich beispielsweise an der quasigöttlichen Verehrung des Führers . Neuere Forschungen zur Entstehung des Nationalsozialismus widmen dieser Thematik besondere Aufmerksamkeit. Die These, dass nichtreligiöse Weltanschauungen und Systeme sich religiöser Ausdrucksformen bedienen, ist wissenschaftlich umstritten.

Häufig vermitteln Religionen eine Vorstellung, wie die Welt entstanden ist, eine Schöpfungsgeschichte und ein Bild der letzten Dinge, eine Eschatologie. Dazu gehört die Frage, was mit dem Menschen nach dem Tod geschieht, Themen wie Reinkarnation, Nirwana , Ewigkeit, Jenseits, Himmel oder Hölle, und was letztlich mit der Welt geschehen wird (Weltuntergang, Apokalypse, Reich Gottes).

Die meisten Religionen kennen Priester oder Geistliche, die die Religion lehren oder zwischen Menschen und Gottheit vermitteln, und Mythen sowie heilige Orte und Handlungen.

Zu religiösen Riten gehören unter anderem Gebet , Meditation, Gottesdienst, religiöse Ekstase,Opfer, Liturgie und Prozessionen. Daneben gibt es auch im Alltag gelebte Frömmigkeit wie Almosen geben, Barmherzigkeit oder Askese.

Religiöser Wahn wird in der Psychiatrie als psychotische Erkrankung behandelt, in konservativen Kreisen des Katholizismus als Besessenheit mit festgelegten Praktiken des Exorzismus, in der Umgangssprache "Teufelsaustreibung", bekämpft.

Viele neue Religionen sind durch die Abtrennung einer Gruppe aus einer ursprünglichen Religionsgemeinschaft entstanden. Eine solche Spaltung wird als Schisma bezeichnet. Bestrebungen, Schismen im Christentum zu überwinden, werden Ökumene genannt, Bemühungen, die Differenzen zwischen verschiedenen Religionen zu verringern, dagegen Interreligiöser Dialog. Daneben wird auch der Ausdruck interreligöse Ökumene verwendet. Dazu zählt die abrahamitische Ökumene , das heißt, der Dialog zwischen den drei Offenbarungsreligionen .

Der Begriff Synkretismus beschreibt das gleichzeitige Ausüben von Praktiken verschiedener Religionen oder den Versuch Religionen zu vereinen.

Hinzu kommen in den letzten zwanzig Jahren postmodernde Ansätze, nach denen Gruppen oder Individuen Ideen, Rituale usw. aus Religionen und anderen Weltanschauungen neu zusammenstellen und auf ihre Bedürfnisse zuschneiden. Dieses eklektizistische Vorgehen wird von Vertretern traditioneller Religionen zuweilen "Supermarkt der Weltanschauungen" genannt.

Max Weber, der sich Anfang des 20. Jahrhunderts ausführlich mit dem Phänomen "Religion" aus soziologischer Sicht befasste, unterschied zwischen Religion und Magie . Diese Abgrenzung ist nach Auffassung heutiger Religionswissenschaftler nicht sinnvoll.

Religion und Ethik

Die meisten heutigen Religionen haben ein ethisches Wertesystem, dessen Einhaltung sie fordern. Dieses System umfasst, sich historisch zum Teil wandelnde, Vorstellungen darüber, was richtig und falsch und was gut und böse ist, wie ein Angehöriger der jeweiligen Religion zu handeln und teilweise zu denken hat. Hinter solchen religiösen Pflichten stehen in vielen Religionen ähnliche moralische Prinzipien, die das konfliktarme Miteinander der Mitglieder der Religionsgemeinschaft regeln sollen, Gesellschaft und zum Teil Politik positiv beeinflussen sollen und die Menschen individuell dem jeweiligen religiösem Ziel näher bringen sollen. Zum Teil bieten sie für den Einzelnen einen moralischen Rahmen, der ihn psychisch und physisch stabilisieren kann. In einigen Religionen sollen diese Gesetze der jeweiligen Überlieferung nach direkt dem Religionsstifter (Moses, Mohammed und andere) von einem übernatürlichen Wesen überbracht worden sein.

Die ethischen Anforderungen werden nach diesen Vorstellungen als von Gott gegeben dargestellt, und damit stehen auch die Herrscher nicht mehr über dem Gesetz. Gehorsam wird teilweise unter Androhung von diesseitigen oder jenseitigenStrafen gefordert oder als einziger Weg zum (Seelen-)Heil dargestellt.

Häufig existieren noch weitere Regeln, die nicht direkt vom Stifter der Religion stammen, sondern aus den heiligen Schriften der jeweiligen Religion abgeleitet werden. Einige dieser Normen verloren im Laufe der historischen Entwicklung für viele Gläubige ihren Sinn und wurden in einigen Fällen den heutigen hegemonialen sehr unterschiedlichen Wertesystemen angepasst.

Die Ethiken unterscheiden sich auch dadurch, ob die jeweilige Religion mit einem weiten individuellem Denk- und Handlungsspielraum, traditionell oder fundamentalistisch ausgelegt wird. Auch innerhalb der einzelnen Religionen gibt es häufig unterschiedliche Strömungen, die auch die jeweilige Morallehre verschieden auslegen, interpretieren und anwenden.

Religionen, die keinen Gott postulieren, wie der Buddhismus und der Hinduismus, haben kein so ausdifferenziertes Moralsystem wie die Offenbarungsreligionen. Es werden aber auch ethische Anforderungen gestellt, wie unter anderem die Überwindung von Hass, Habgier und Lüge. Von den Anhängern wird Mildtätigkeit erwartet. Es existiert ein Tötungsverbot, das sich teilweise auch auf Tiere bezieht. Abweichendes Verhalen wird weniger von der Religionsgemeinschaft sanktioniert, sondern soll negative Konsequenzen für das Individuum bei einer angenommenen Wiedergeburt nach sich ziehen.

Polytheistische Religionen und Naturreligionen, die heute nur noch selten zu finden sind, stützen sich weniger auf Moralsysteme, sondern betonen eher Rituale zur Beeinflussung der Götter oder Naturgewalten.

Religion als soziale Organisation menschlicher Spiritualität

Zu jeder Religion gehören besondere Vorstellungen, Kenntnisse und Praktiken, die den Einzelnen in Verbindung zu der übernatürlichen Wesenheit bringen und/oder zur persönlichen Vervollkommnung führen sollen. Diese werden mündlich oder schriftlich überliefert. Die meisten Religionen haben besonders geschulte oder als befähigt angesehene Personen (Priester, Prediger, Schamanen), die die jeweiligen Lehren überliefern, verkünden und ihre Rituale ausführen oder leiten. Manche Religionen sprechen einzelnen dieser Menschen gottähnliche, übernatürliche Eigenschaften zu. In manchen Religionen sind diese Personen innerhalb einer formellen Organisation tätig, in anderen unabhängig. Sie werden bezahlt oder üben ihre Tätigkeit unentgeldlich aus. Es existieren aber auch Religionen oder Gruppen innerhalb von Religionen, in denen es keine Vermittungspersonen zwischen dem Übernatürlichem und dem Menschen gibt.

Häufig pflegen Religionen und Konfessionen eine eigene Art von Spiritualität. Spiritualität im religiösen Rahmen ist das geistliche Erleben, im Gegensatz zur Dogmatik, welche die festgesetzte Lehre vieler Religionen darstellt. Das Ritual hingegen ist durch die Religion formalisierte Spiritualität. Im heutigen Sprachgebrauch wird Spiritualität als seelische Suche nach Gott oder einem anderen transzendenten Bezug bezeichnet, ob im Rahmen von spezifischen Religionen oder jenseits davon. In einigen Religionen finden sich Strömungen, deren Anhänger die Begegnung mit der Transzendenz oder dem Göttlichen in mystischen Erfahrungen finden.

Weiterleben der Religion nach der Aufklärung

In Europa verlor das Christentum im späten 19. Jahrhundert und im gesamten 20. Jahrhundert hinsichtlich seiner Reputation, seines gesellschaftlichen und politischen Einflusses und seiner Verbreitung an Bedeutung. Diese Entwicklung wird als Säkularisierung bezeichnet. Einige traditionell christliche westliche Länder verzeichnen unter anderem sinkenden Priester- und Pastorennachwuchs, Verkleinerung der Klöster und Kirchenaustritte. Besonders in Frankreich, wo Napoleon die Schließung und Enteignung von Klöstern vorangetrieben hat und wo Anfang des 20. Jahrhunderts eine strikte Trennung von Kirche und Staat durchgesetzt wurde, werden diese Tendenzen zur Säkularisierung besonders deutlich. Studien im Vereinigten Königreich belegen auch hier stark rückläufige Besucherzahlen in Kirchen, Synagogen, etc. Die Bevölkerungsgruppe, die sich am ehesten von der Religion abwandte, war ab der Mitte des 19. Jahrhunderts die sich neu bildende Industriearbeiterschaft, während heute mit dem Bildungsstand die Kirchenaustritte zunehmen.

Erklärungsversuche für dieses Phänomen berufen sich unter anderem auf den wachsenden Einfluss der Wissenschaft in der modernen Gesellschaft, die Entwicklung von Stömungen, die manchmal als "nichtkirchliche Religionen" bezeichnet werden, wie beispielsweise dogmatische marxistische Parteien und die Kritik gegenüber missionierenden Religionen durch die, bisweilen als Beliebigkeit bezeichnete, Toleranz der Postmoderne.

Hinzu kommt das in den meisten europäischen Ländern gesetzlich verankerte und größtenteils akzeptierte Grundrecht der Religionsfreiheit. Früher waren auch nichtreligiöse Menschen in aller Regel Kirchenmitglieder, weil das gesellschaftlich positiv besetzt war und eine Abwendung von der Religion zu Diskriminierungen führen konnte. Diese Gruppe sieht in vielen europäischen Ländern heute keinen Grund mehr, sich einer Religionsgemeinschaft anzuschließen.

Parallel zur Säkularisierung kam es sowohl im protestantischen als auch im katholischen Raum zu einer vertieften und bewussteren Teilnahme am kirchlichen Leben von Seiten einer Minderheit von engagierten und manchmal rebellischen Laien. Auch junge Menschen wenden sich im Zuge ihrer Sinnsuche häufiger wieder der Religion zu.

Im Gegenzug zur Säkularisierung in Europa gewinnt die Religion in der übrigen Welt partiell an Einfluss. In den USA und Lateinamerika beispielsweise zeigen empirische Studien, dass die Religion nach wie vor ein wichtiger Faktor ist. In Afrika südlich der Sahara wuchs das Christentum im 20. Jahrhundert von 8 auf 335 Millionen Gläubige. In der oft konservativen arabischen Welt ist der Islam nach wie vor das prägende Element der Gesellschaft. Auch in China zählen, trotz jahrelangem staatlich verordnetem Atheismus, die Weltreligionen wieder circa 100 Millionen Anhänger.

Gründe für den Rückgang von (organisierter) Religion in Europa

Wie oben beschrieben, ist der Einfluss der Weltreligionen in den Industrieländern, mit Ausnahme der USA, rückläufig. Dieser Rückgang verläuft eventuell parallel zu wachsendem Wohlstand und sozialem Wohlbefinden. Die Gründe für die Abnahme sind kompliziert und wenig erforscht. Relevant sind aber wahrscheinlich folgende Aspekte:

  • Fehlender sozialer Druck: Während noch vor 100 Jahren jemand, der nicht Kirchenmitglied war, dadurch vielerorts zum Außenseiter wurde, spielt die Mitgliedschaft in einer (bestimmten) Religionsgemeinschaft heute kaum noch eine Rolle bei der sozialen Integration.
  • Individuelle Freiheit: Viele Religionen schränken individuelle Freiheiten ein, etwa indem sie die dauerhafte Verschleierung von Frauen aber auch die Kopfbedeckung der Männer vorschreiben, Homosexuellen lebenslange Keuschheit auferlegen oder vorehelichen heterosexuellen Geschlechtsverkehr verbieten. Diese Eingriffe in das Privatleben stehen für viele im Widerspruch zu einer modernen Ethik, die sich am Leitbild menschlicher Freiheit orientiert.
  • Unglaubwürdigkeit: Wie in allen bekannten Weltanschauungen, so gibt es auch in den religiösen Lehren einen sichtbaren Widerspruch zwischen theoretischem Anspruch und praktischer Umsetzung. Während Machtmissbrauch und andere Missstände im Mittelalter und der frühen Neuzeit häufig zu religiösen Erneuerungsbewegungen führten, haben sie heute eher eine Abkehr von der Religion zur Folge.
  • Soziale Manipulation: Viele Religionskritiker betrachten religiöse und spirituelle Belehrungen in der frühen Kindheit als Mittel zur Anpassung an veraltete Normen. Erziehung zu religiösem Fanatismus wird häufig von diesen, aber auch von religiös orientierten Menschen, als Gehirnwäsche kritisiert. Manche stimmen weiter mit der marxschen Sichtweise überein, wonach Religion "das Opium des Volkes" sei, also die Menschen zur passiven Hinnahme ihrer sozialen Wirklichkeit zwinge.
  • Mangelnde Nachvollziehbarkeit: Religionen postulieren die Existenz einer übermenschlichen Wirklichkeit jenseits der sinnlich wahrnehmbaren Erscheinungen. Menschen, die nichtreligiöse Weltanschauungen vertreten, lehnen solche, sich auf Transzendenz beziehende Erklärungsansätze, in der Regel ab.
  • Unverstandene Rituale: Undurchsichtige Rituale können sich religionsfernen Individuen als langweilig, monoton und sinnlos darstellen. Für einige erwecken sie den Eindruck von Zwangshandlungen (vgl. Freud, Der Mann Moses und die monotheistische Religion).
  • Gleichgültigkeit: Manche säkularisierte Strömungen innerhalb von Religionen verlangen von ihren Anhängern so wenig Engagement, dass sie kaum Einfluss auf das Leben ihrer Mitglieder ausüben. Viele davon gehören nur formell einer Religionsgemeinschaft an, was auf ihren Alltag kaum Auswirkungen hat. Nur zu bestimmten Gelegenheiten werden einige religiöse "Dienstleistungen" in Anspruch genommen.

Gründe für das Weiterleben von Religion

Dass viele Menschen trotz Aufklärung und moderner Religionskritik an ihrem Glauben festhalten, hat mit positiven Erfahrungen zu tun, die sie mit ihrer Religion verbinden. Für die Gläubigen spielen dabei oft die folgenden Faktoren eine entscheidende Rolle:

  • Sinngebung: Religionen postulieren eine Realität jenseits des physisch Wahrnehmbaren sowie oft ein Leben nach dem Tod. Sie ermöglichen so eine Sinngebung, die als fundierter empfunden wird als eine Sinngebung, die durch die als unbefriedigend erlebte Welt und die eigene Sterblichkeit limitiert ist.
  • Gemeinschaft: Religionsgemeinschaften bieten ihren Anhängern häufig stabile soziale Strukturen.
  • Soziales Engagement: Viele Religionen bieten ihren Mitgliedern Motivationen und Gelegenheiten für soziales Engagement. Oft wird im Umkehrschluss empfunden, dass solche Motivationen und Gelegenheiten nur im Rahmen religiöser Gemeinschaften möglich seien.
  • Ethik: Fast alle Religionen setzen einen, oft rigorosen, ethischen Standard. Manche Menschen befürchten, ohne solches religiöses Fundament würden ethische Standards in der Praxis stark reduziert ("Ohne Gott ist alles erlaubt.").
  • Mäßigung und Disziplin: Viele Religionen setzen dem Verhalten ihrer Anhänger Grenzen. Ihre Gläubige sind der Ansicht, diese Beschränkungen seien nützlich, um den relativen Wert der betreffenden Aktivitäten zu erkennen, oder in manchen Fällen um die Gesellschaft und den einzelnen selbst vor destruktiven Exzessen zu schützen.
  • Spirituelle Erlebnisse: Religiöse Aktivitäten, wie Gebet oder Meditation oder auch die Sinneseindrücke und Symbolik von religiösen Zeremonien, führen bei manchen Menschen zu spirituellen Empfindungen.

Positive und negative Wirkungen von Religion

Oft wird der Streit zwischen Befürwortern und Gegnern einer Religion in Form einer Schaden-Nutzen-Analyse ausgetragen. Allerdings sagt das wenig über den Wahrheitswert von religiösen Botschaften aus. Dies sollte im Folgenden bedacht werden.

Heutiger Nutzen von Religion

Religiöse Gemeinschaften können ihren Mitgliedern Inspiration für Mitgefühl, praktische Nächstenliebe und moralische Selbsteinschränkung bieten. Häufig wird Religion als starker Begleiter für das Leben und das erhoffte Leben nach dem Leben empfunden.

Alle Weltreligionen und darüber hinaus die meisten kleineren Religionen, fordern Barmherzigkeit von ihren Mitgliedern, das heißt, sie sollen sich fürsorglich um andere Menschen kümmern. Hierbei ist es weitgehend unerheblich, ob diese der eigenen Religionsgemeinschaft angehören oder nicht. So ist im Islam z.B. vorgeschrieben, dass jeder einen festen Anteil seines Einkommens für soziale Zwecke spenden soll. Besondere Hilfe und Fürsorge wird den Mitgliedern der eigenen Religionsgemeinschaft zuteil. Ein besonderer Aspekt der Religion ist der Frieden stiftende, welche besonders im Gebot der, in einigen Religionen postulierten,Feindesliebe Ausdruck findet. Alle diese Werte und Haltungen werden in unterschiedlicher Weise auch in nicht religiös orientierten Gruppierungen vertreten.

Es lässt sich beobachten, dass beispielsweise das Christentum in der Vergangenheit für die Gründung vieler großer Universitäten und Schulen, den Aufbau von Hospitälern ,den Vorläufern der heutigen Krankenhäuser, das Verteilen von Nahrungsmitteln und die Schaffung von Waisenhäusern verantwortlich war. Andere Religionen und weltliche Organisationen haben im Rahmen ihrer Kulturen und im Verhältnis zu ihrer Größe und ihrem Reichtum vergleichbare Leistungen vorzuweisen.

Forschungen von Abraham Maslow nach dem Zweiten Weltkrieg zeigten, dass die Überlebenden des Holocaust oft diejenigen mit starken religiösen Überzeugungen (nicht notwendigerweise Tempelbesuch etc.) waren. Die humanistische Psychologie untersuchte, ob eine religiöse oder spirituelle Persönlichkeitsprägung mit längerer Lebensdauer und besserer Gesundheit verknüpft ist. Viele Menschen brauchen möglicherweise insbesondere religiöse Bindungen, weil diese verschiedene emotionale Bedürfnisse, wie das Bedürfnis, geliebt zu werden, das Bedürfnis, zu einer gleichförmigen Gruppe zu gehören, das Bedürfnis nach verständlichen Erklärungen oder das Bedürfnis nach Gerechtigkeit befriedigen.

Maslows Ergebnisse haben sich in anderen Zusammenhängen nicht als wiederholbar erwiesen. Die These einer Korrelation zwischen Religion und Gesundheit bzw. Lebensdauer eines Individuums ist daher wissenschaftlich umstritten. Der besondere Umstand, dass Maslow ausschließlich Überlebende des Holocaust befragt hatte, und dass Religion das primäre Auswahlkriterium für die Forschungssubjekte war, könnte zu einer Verzerrung der Ergebnisse geführt haben.

Im Namen unterschiedlicher Religionen wurden und werden Kriege geführt und Verbrechen begangen.

Dies werten Gläubige häufig als Missbrauch ihrer Religion, während Religionskritiker von einer allen Religionen immanenten Tendenz zu Fanatismus und Grausamkeit ausgehen. Ein herausragendes Beispiel von zahlreichen Morden im Namen der Religion stellte die von der römisch-katholischen Kirche eingerichtete Inquisition dar. Außerdem gibt und gab es in der gesamten bekannten Geschichte der Menschheit Religionskriege.


Als Verbrechen, die im Namen z.B. des Christentums begangen wurden, gelten unter anderem:


Erst die unterschiedlich konsequente Trennung von Kirche und Staat, eine Spätfolge der Aufklärung, hat solche Verbrechen zahlenmäßig reduziert, indem sie die Religion mehr oder weniger in den privaten Bereich verwies.

Religiöse Verbrechen finden auch weiterhin dort statt, wo religiöse Kräfte Einfluss auf nationale und supranationale Strukturen haben bzw. nationale und supranationale Mächte sich der Religion als Werkzeug bedienen.

  • Seit der islamistischen Revolution von 1979 wurden in Iran tausende von Menschen wegen sogenannter Verbrechen gegen die Religion, beispielsweise wegen des Vorwurfs der Homosexualität inhaftiert oder sogar ermordet. Frauen werden wegen Ehebruchs legal gesteinigt.
  • Im christlichen Namibia machten religiöse Führer Lesben und Schwule in den 1990er Jahren für die Dürre im Land verantwortlich und sorgten zusammen mit der Regierung für zunehmende homophobe Gewalt auf den Straßen. [1]
  • In Indien verbrannten Hindus 1999 den christlichen Leiter eines Lepraspitals zusammen mit seinen Söhnen lebendigen Leibes in seinem Auto.
  • In Saudiarabien wurde 2004 ein indischer Mitarbeiter einer Fluggesellschaft verhaftet und gefoltert, weil er nicht am islamischen Abendgebet teilgenommen hatte.

Auch heute werden Kriege und andere Gewalttaten mit religiösen Argumenten begründet.

Solange extremistische religiöse Organisationen über politische Macht und gesellschaftlichen Einfluss verfügen und politische Macht sich der Religion bedient, besteht die Gefahr, dass sich solche Verbrechen wiederholen. Dafür gibt es aktuelle Beispiele wie den internationalen Terrorismus durch pseudoreligiöse fundamentalistische Gruppierungen.

Zitate - unterschiedliche Definitionen und Aussagen zu Religion

  • Die Furcht vor dem Unsichtbaren ist die natürliche Saat dessen, was jeder für sich Religion nennt. Thomas Hobbes
  • Wenn's ums Geld geht, gehören alle der gleichen Religion an. Voltaire
  • Religion ist die Gesamtheit der von spirituell verwandten Gruppierungen tradierten und soziale (rituelle, kirchliche) und weltanschauliche Ausrichtungen umfassenden Gepräge (derselben), welche durch den gemeinschaftlichen Glauben an einen Gott und seine Offenbarung begründet sind und als Teil der "göttlichen Ordnung" geachtet werden - im Christentum bspw. in Form der heiligen Sakramente. Als frühe Form der gesellschaftlichen Regulierung ist Religion also die gemeinsam ausgeübte Form von spiritueller Zeremonie und Andacht oder Gebet, sowie einer gottgefälligen Lebensführung, bei der vor allem die rechtschaffende Art und Weise des ges./pers. Miteinanders und die, dem öffentlichen Willen der Glaubensgemeinschaft gemäße, einmütige Bekennung und Überzeugung zu dieser zum Ausdruck kommen soll. Ludwig Feuerbach
  • Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen, das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes. Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks: Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist. [...] Die Religion ist nur die illusorische Sonne, die sich um den Menschen bewegt, solange er sich nicht um sich selbst bewegt. Karl Marx
  • Religion ist für die Gemeinschaft das, was die [öffentliche Meinung] für die Gesellschaft ist. (nach) Ferdinand Tönnies
  • Religion ist einer Kindheitsneurose vergleichbar. Sigmund Freud
  • Wo die Grundlegung einen Grund legt und dabei selbst einbricht, wo der Grund unter dem Grund des Begründeten sich entzieht, in dem Augenblick, in dem er dadurch, daß er sich in der Wüste verirrt, noch seine eigene Spur und das Gedächtnis eines Geheimnisses verliert, muß die "Religion" beginnen, muß sie stets wieder von neuem anheben: auf eine fast automatische, mechanische, maschinelle, unbewußte, spontane Art und Weise. Jacques Derrida
  • Religion heißt Rechtes zu tun. Sie heißt zu lieben, zu dienen, zu denken, bescheiden zu sein. Ralph Waldo Emerson
  • Religion ist das was ein Individuum mit seiner Einsamkeit tut Alfred North Whitehead
  • RELIGION, die - Eine Tochter von Hoffnung und Furcht, die der Unwissenheit die Natur des Unverständlichen erklärt. Ambrose Bierce
  • Religion, was immer sie sei, ist eines Menschen totale Reaktion auf das Leben. William James
  • Religion ist wie ein Kinderspiel bei dem die Mitspieler mittlerweile erwachsen sind. Joseph Campbell
  • Die Missachtung der Religion führt zur Missachtung der menschlichen Pflichten. Jean-Jacques Rousseau
  • Glaube ist das Ergriffensein von dem, was den Menschen unbedingt angeht. Paul Tillich
  • An Gott glauben heißt: die Frage nach dem Sinn des Lebens verstehen; sehen, dass es mit den Tatsachen dieser Welt noch nicht abgetan ist; sehen, dass das Leben einen Sinn hat. Wir fühlen, dass, selbst wenn alle ‘möglichen’ wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind. Ludwig Wittgenstein
  • Die Menschen erwarten von den verschiedenen Religionen Antwort auf die ungelösten Rätsel des menschlichen Daseins, die heute wie von je die Herzen der Menschen im tiefsten bewegen: Was ist der Mensch? Was ist Sinn und Ziel unseres Lebens? Was ist gut? Was ist Sünde? Woher kommt das Leid und welchen Sinn hat es? Was ist der Weg zum wahren Glück? Was sind der Tod, das Gericht und die Vergeltung nach dem Tod? Und schließlich: Was ist jenes letzte und unsagbare Geheimnis unserer Existenz, aus dem wir kommen und wohin wir gehen?

Eine Übersicht der Artikel zum Themenbereich Religion bietet das Portal Religion, siehe auch: Atheismus , Agnostizismus


Literatur

  • Cancik, Hubert (Hrsg), Die Religionen der Menschheit, 36 Bde, Kohlhammer-Verlag, Stuttgart, wird seit 1979 fortlaufend überarbeitet.
  • Weber, Hartwig, Lexikon Religion, Reinbek, 2001, ISBN 3499606291
  • Markus Witte (Hrsg.): Der eine Gott und die Welt der Religionen. 1. Aufl. Religion & Kultur-Verlag, Würzburg 2003 ISBN 3933891140
  • René Girard, Das Heilige und die Gewalt, Fischer TB, ISBN 3596109701
  • Erwin Fahlbusch (Hrsg.): Taschenlexikon Religion und Theologie, 5 Bde, Vandenhoeck & Ruprecht, 1983, ISBN 3-525-50123-4
  • Wulf Meth (Hrsg.): Handbuch Weltreligionen: eine umfassende Einführung in Gedanken und Riten der Weltreligionen, R. Brockhaus, 2003, ISBN 3-417-24779-9