Boston Public Library

Bibliothek in Boston, USA
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Die Boston Public Library ist die größte städtische öffentliche Bibliothek in den Vereinigten Staaten. Sie war die erste durch öffentliche Mittel unterstützte Einrichtung ihrer Art, die für die US-amerikanische Öffentlichkeit zugänglich war und gleichzeitig die erste Bibliothek, die es den Besuchern ermöglichte, Bücher und andere Materialien auszuleihen und zu Hause zu nutzen. Die Boston Public Library ist seit 1970 per Gesetz library of last recourse [1] des Commonwealth of Massachusetts; alle erwachsenen Einwohner dieses Bundesstaates steht die Ausleihe und Recherche in der Bibliothek zur Verfügung und die Bücherei erhält staatliche Fördermittel. Nach den Angaben der American Library Association ist die Bostoner Bibliothek die drittgrößte Bibliothek der Vereinigten Staaten, was die Anzahl der archivierten Bände angeht (mehr Bücher gibt es nur in der Library of Congress und den Bibliotheken der Harvard University.[2] Das Gebäude ist seit dem 6. Mai 1973 in das National Register of Historic Places eingetragen.

Das McKim Building der Boston Public Library mit dem Turm der Old South Church zur Rechten.

Geschichte, Architektur und Sammlungen

Für die Gründung waren mehrere Personen von wesentlicher Bedeutung. Der Harvard-Professor und Trustee des Boston Athenaeum, George Ticknor, erwog 1826 die Gründung einer öffentlichen bibliothek in Boston, konnte aber zu dem Zeitpunkt nicht ausreichend Interesse erwecken.

1841 schlug der Franzose Alexandre Vattemare vor, dass alle Bostoner Bibliotheken zum Vorteil der Öffentlichkeit zusammengelegt werden könnten.[3] Diese Idee wurde den Bibliotheken in Bosten vorgelegt, aber die meisten waren nicht interessiert. Auf Vattemares Ersuchen schenkte Paris 1843 und 1847 Bücher, um eine vereinte öffentliche Bibliothek zu unterstützen. Auch Vattemare machte 1849 eine solche Schenkung.

Josiah Quincy, Jr. stiftet anonym 5000 US-Dollar, um eine neue Bibliothek zu gründen, als er Bürgermeisten von Boston war. Indirekt beeinflusste auch John Jacob Astor die Gründung, da er bei seinem Tod 400.000 US-Dollar der Stadt New York City stiftete, um dort eine öffentliche Bibliothek zu gründen. Aufgrund der kulturellen und wirtschaftlichen Rivalität zwischen Boston und New York City rief diese Stiftung eine große Diskussion in Boston bezüglich einer Bibliotheksgründung hervor.[4] 1848 ermöglichte ein Erlass des Great and General Court of Massachusetts die Schaffung der Biblithek, die 1852 offiziell gegründet wurde.

Bemüht, die Bücherei zu untestützen, sammelte Edward Everett in beiden Kammern des Kongresses Dokumente und ließ diese auf eigene Kosten binden. Dann stellte er diese Sammlung der neuen Bibliothek zur Verfügung. George Ticknor beteiligte sich zu diesem Zeitpunkt aktiv an den Planungen für die Bibliothek. 1852 stellte Joshua Bates 50.000 US-Dollar zur Gründung der Bibliothek in Boston zur Verfügung. Danach stellte Ticknor Listen auf, welche Bücher erworben werden sollten und reiste ausgiebig, um Bücher einzukaufen.[5]

Ein früheres Schulhaus in der Mason Street wurde ausgewählt, um das erste Domizil der öffentlichen Bücherei zu werden und am 20. März 1854 öffnete des Leseraum für die Öffentlichkeit. Die Leihabteilung nahm ihre Tätigkeit am 2. Mai desselben Jahres auf.

Die 16.000 Bände des Anfangsbestandes gingen in das Gebäude in der Mason Street, aber schon frühzeitig wurde deutlich, dass die Räumlichkeiten inadäquat waren. Im Dezember 1854 wurde deswegen der Umzug in ein Gebäude in der Boylston Street genehmigt. Schließlich wurde die Bibliothek auch für diesen Bau zu groß und 1878 empfahl ein Kommitee ein neues Bibliotheksgebäude an anderer Stelle.

1880 authorisierte die Gesetzgebung des Bundesstaates den Bau eines besseren und größeren bibliotheksgebäudes. Als Standort wurde die zentral gelegene Ecke von Boylston Street und Dartmouth Street am Copley Square gegenüber der von Henry Hobson Richardson erbauten Trinity Church ausgewählt. Nach einigen Jahren der Diskussion über Architekt und Baustil des Neubaus erhielt 1887 die bekannte New Yorker Architektenkanzlei McKim, Mead, and White den Auftrag, das neue Bibliotheksgebäude zu planen. 1888 stellte Charles Follen McKim einen Entwurf vor, der auf dem Stil der Renaissance basierte und Zustimmung bei den Trustees der Bibliothek fand, womit die Bauarbeiten beginnen konnten.

Das McKim Building

 
Innenhof des McKim Buildings mit Blick nach Norden. Der Kirchturm der Old South Church ist im Hintegrund sichtbar.

Als die neue Boston Public Library 1895 eröffnete, wurde sie als ein "Palast für die Leute" bezeichnet. Das Gebäude beinhaltet auch einen Raum für Kinder – ein Novum in den Vereinigten Staaten – und einen Skulpturengarten, der von einer Bogengallerie im Stil eines Klosters der Renaissance ungeben ist.

Zum Copley Square hin erinnert die Fassade an den Palazzo della Cancelleria, einem Bau aus dem 16. Jahrhundert in Rom. Die Bogenfenster zeigen Züge der seitlichen Ansichten von Leone Battista Albertis Bau Tempio Malatestiano in Rimini, dem frühesten vollständig im Stil der Renaissance ausgeführten Gebaüde. McKim, Mead, and White ließen sich ebenfalls von der Bibliothèque Sainte-Geneviève in Paris inspirieren, die zwischen 1845 und 1851 erbaut worden war. Dabei imitierten die Architekten nicht einfach die Bauwerke ihrer Vorgänger. Die drei zentralen Bögen sind hervorgehoben, ohne den Rhythmus der Fassade zu unterbrechen. Die Büchereigebäude ist auch eine der ersten wichtigen Bauwerke in den Vereinigten Staaten, bei denen die thin tile vaults des katalonischen Baumeisters Rafael Guastavino zur Verwendung kamen. Sieben verschiedene Typen von Guastavino vaulting sind am Gebäude der Boston Public Library erkennbar.

Monumentale Inschriften

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Bates Hall besitzt eine Kassettendecke in a wide catena-arched barrel vault. Internet- und Stromanschlüsse sind unauffällig unter den großen Tischplatten untergebracht

Architekt Charles Follen McKim entschied sich für einige monumentale Inschriften, die denen von Basiliken und Monumenten Roms ähnlich sind und in den en:entablature der drei Hautpfassaden des Gebäudes angebracht sind. Auf der Südseite steht: „MDCCCLII • FOUNDED THROUGH THE MUNIFICENCE AND PUBLIC SPIRIT OF CITIZENS“, an der Ostseite „THE PUBLIC LIBRARY OF THE CITY OF BOSTON • BUILT BY THE PEOPLE AND DEDICATED TO THE ADVANCEMENT OF LEARNING • A.D. MDCCCLXXXVIII“ und die Nordfassade teilt mit, „THE COMMONWEALTH REQUIRES THE EDUCATION OF THE PEOPLE AS THE SAFEGUARD OF ORDER AND LIBERTY“.

Dieser letzte Ausspruch wird dem Board of Trustees der Bibliothek zugeschrieben. Eine Inschrift, oberhalb des Schlusssteines am Haupteingang, erklärt: „FREE TO ALL“. Gegenüber des Haupteingangs befindet sich auf der anderen Straßenseit ein Denkmal aus dem 20. Jahrhundert, das dem im Libanon geborenen Poeten und Philosophen Kahlil Gibran gewidmet ist, der als junger Einwanderer sich in der Boston Public Library fortbildete. Die Inschrift des Denkmals ist eine Antwort auf die Inschriften des Bibliotheksgebäudes: „IT WAS IN MY HEART TO HELP A LITTLE, BECAUSE I WAS HELPED MUCH“. Der Text entstammt einem Brief, der Gibran großzügig Stiftung zugunsten der Bibliothek begleitete.

Bates Hall

Bates Hall hat seinen Namen nach dem ersten großen Begünstiger der Bibliothek, Joshua Bates (1788-1864). Der Journalist des Boston Globes Sam Allis bezeichnet „Bates Hall, den gro§en Leseraum der BPL, vast and hushed und beleuchtet mit einer profusion von grünen Lampenschirmen wie Leuchtkäfern als einen von Bostons „säkularen Punkten, die heilig sind“.[6] Der Grundriss von Bates Hall ist rechteckig, wird aber an beiden Enden von einer halbrunden Apsis begrenzt und erinnert an eine romanische Basilika. Eine Serie robuster Doppel-Kassetten an der Decke verleiht dem Raum ein sculptural canopy. Die östliche Seite bildet eine Serie von Bogenfenstern, wobei der Lichteinfall von außen durch weit überhängende Schürzen gedämpft wird. Die schweren grünen Samtvorhänge, die 1888 installiert und in den 1920er und 1930er Jahren erneuert worden waren, wurden bei der letzten Rekonstruktion 1993 nicht mehr eingebracht. Allerdings trugen diese Vorhänge zur Geräuschdämpfung bei und senkten die Helligkeit des Raumes.

Johnson Building

Das moderne Gebäude von Philip Johnson, welches ein wenig die postmoderne Architektur vowegnimmt, wurde 1967–1971 erbaut und 1972 eingeweiht. Das Johnson Building weist ähnliche Proportionen auf und ist aus dem selben rosafarbenen Granit gebaut, wie das McKim Building. Kritiker haben es mit einen Mausoleum verglichen, weil der Anteil der Fenster sehr gering ist und diese in der massiven Außenfassade untergehen.

Seit der Eröffnung befindet sich in diesem Gebäude der Hauptanteil der umlaufenden Sammlungen, zu denen Werke in mehreren Fremsprachen gehören. Auch die Zentrale der Filialen befindet sich hier. Im McKim Building ist seitdem die Forschungsabteilung untergebracht.

Die Bibliothek heute

Nach den Angaben auf der Website ist die Sammlung der Boston Public Library auf 7,5 Millionen Bände angewachsen, was sie zu einer der größten städtischen Bibliotheken der Vereinigten Staaten und der Welt macht. Jährlich werden mehr als 15 Millionen Bände umgesetzt. Die Bibliothek ist Mitglied der Association of Research Libraries (ARL), einer gemeinnützigen Vereinigung von Forschungsbibliotheken in Nordamerika. Die einzige andere öffentliche Bibliothek, die ebenfalls Mitglied dieser Vereinigung ist, ist die New York Public Library.

Bestandteil der Sammlung der BPL für die Forschung sind mehr als 1,7 Millionen seltene Bücher und Manuskripte. Dazu gehören Erstausgaben der Werke von William Shakespeare, Aufzeichnungen aus der Kolonialzeit Bostons und die 3800 Bände umfassende persönliche Bibliothek von John Adams. Der Schwerpunkt liegt auch im Bereich Kunst und Kunstgeschichte, sowie Amerikanischer Geschichte. Die Bibliothek unterhält ein Depositorium von Regierungsdokumenten und große Sammlungen von Drucken, Loseblattveröffentlichungen, Photgraphien, Karten, seltene Bücher, Inkunabeln und mittelalterliche Manuskripte.

Zu den Wandmalereien gehören inzwischen restaurierte Werke von John Singer Sargent über das Thema Judentum und Christentum, Edwin Austin Abbeys bekanntestes Werk einer Serie über die Gralslegende und die Gemälde der Musen von Pierre Puvis de Chavannes.

 
Dancing Bacchante and Infant Faun von Frederick William Macmonnies befindet sich im Innehof der Bibliothek und ist eine ihrer bekanntesten Skulpturen.

Die Bibliothek zeigt regelmäßig seltene Exemplare ihrer Sammlungen in Ausstellungen, bei denen Loseblattwerke, Bücher und Kunstwerke kombiniert werden. Zu diesem Zweck gibt es im dritten Stockwerk des McKim Buildings Ausstellunsgräume, die solchen Ausstellungen vorbehalten sind. Es gibt ebenfalls Räume für Vorlesungen und Tagungen.

Aus diesen Gründen hat der Historiker David McCullough die Boston Public Library als eine der fünf wichtigsten in den Vereinigten Staaten bezeichnet; die anderen sind demnach die Library of Congress, die New York Public Library, sowie die Universitätsbibliotheken von Harvard und Yale.

In den letzten Jahren leidet diese Bibliothek unter unzureichenden Finanzmitteln, die nicht ihrem Status entsprechen. Der Stand der Mittel für die Konservierung lag im Jahr 2006 deutlich unter dem Niveau vergleichbarer Einrichtungen; die BPL beschäftigt zwei Konservatoren, was im Vergleich zu den 35 Fachleuten der New York Public Library miserabel erscheint. Viele Aufzeichnungen aus der Kolonialzeit und die Manuskript von John Adams sind brüchig, verblassen und benötigen der Pfůlege, was den Verantwortlichen für kostbare Bücher und Manuskripte zur Äußerung veranlasste, dass "diese auseinanderfallen".[7]

Filialsystem

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts arbeiteten die Bibliothekare der BPL fieberhaft an der Entwicklung und Ausweitung eines Filialsystems. In der Absicht, die Präsenz der Bibliothek über das Stadtgebiet zu verbreiten, entwickelte sich das System der Filialen von der Idee im Jahr 1867 zur Realität im Jahr 1870, als in East Boston die erste Filiale einer Bibliothek in den Vereinigten Staaten ihre Tätigkeit aufnahme. Derzeit unterhält die Bibliothek 27 Filialen, die über die verschiedenen Stadtviertel verteilt sind.

Moderne Technik

Eine der Dienstleitungen, die durch die Boston Public Library als erste angeboten wurde, ist der öffentliche Wi-Fi drahtlose Internetzugang. Im gesamten Bibliotheksgebäude und in allen 27 Zweigstellen kann jeder mit einen Laptop, der mit drahtlosem Internetzugang ausgestattet ist und eine Lesekarte der Bibliothek besitzt, auf diese Weise auf das Internet zugreifen. In der Bates Hall ist auch der Plug-in-Anschluss über Ethernet-Netzwerk vorhanden. Die Boston Public Library unterhält auch verschiedenen Internetdatenbanken, mit denen der Zugriff auf den Katalog oder die Volltextrecherche in Teilen der Sammlung möglich sind. Der öffentliche Internetzugang ist auch für Nutzer ohne Laptop möglich, obwohl wegen der hohen Nachfrage die Nutzungsdauer dieser Arbeitsstationen eingeschränkte wird, falls andere Interessenten warten.

Gallerie

Einzelnachweise

  1. Massachusetts General Laws, Chapter 78, Section 19C, paragraph 4
  2. American Library Association: The Nation's Largest Libraries: A listing by volumes held. Dezember 2006, abgerufen am 24. Februar 2008. ALA Library Fact Sheet Number 22.
  3. McCrann, Grace-Ellen (2005): „Contemporary Forces That Supported the Founding of the Boston Public Library.“ Public Libraries, Vol. 44, no. 4, Juli/August 2005.
  4. McCrann, Grace -Ellen (2005): „Contemporary Forces That Supported the Founding of the Boston Public Library.“ Public Libraries, Vol. 44, no. 4, Juli/August 2005.
  5. McCrann 2005.
  6. Allis, Sam (2005): „Holy Hub's hot spots: Fenway Park and other secular spots that are sacred.“ Boston Globe, 4. Dezember 2005, Seite A3
  7. Brian MacQuarrie: Library lacks means to repair old tomes, The Boston Globe, 6. Oktober 2006. Abgerufen im 24. Februar 2008 
Commons: Boston Public Library – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Koordinaten: 42° 20′ 56,8″ N, 71° 4′ 43,5″ W