Der Seidenschwanz (Bombycilla garrulus) ist ein Singvogel aus der Familie der Seidenschwänze (Bombycillidae). Zwei (oder drei) wenig differenzierte Unterarten werden unterschieden: Neben der Nominatform die nearktische Rasse B.g.pallidiceps, sowie die in ihrem taxonomischen Rang etwas unklare Varietät (oder Unterart) B.g.centralasiae.
Seidenschwanz | ||||||||||||
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Beschreibung
Der Seidenschwanz wird bis 18cm groß und wiegt 50 bis 60 Gramm. Aus der Ferne wirken die knapp starengroßen Vögel eher unauffällig rostgraubraun, aus der Nähe sind sie jedoch sehr auffällig und bunt. Auffälligstes und unverkennbares Kennzeichen ist die spitz nach hinten verlaufende, teilweise aufrichtbare Federhaube. Vom Ansatz des kräftigen schwarzen Schnabels zieht sich über die Augen bis zum Nacken ein tiefschwarzer Streifen, der bei ausgefärbten Vögeln eine feine weiße Randung aufweist. Der Schwanz endet mit einer schwarzen und danach dottergelben Binde. einige der Armschwingen enden in meist roten (manchmal auch rotorangen) wachsähnlich glänzenden Tröpfchen, die zum englischen Namen "waxwing" geführt haben. Weiters fällt aus der Nähe die feine weiße Bänderung der orangegelb eingefassten tiefschwarzen Handschwingen auf. Die Jungtiere haben eine weißlich, grau gestrichelte Kehle und der Bauch ist weißlich und nicht hell braungrau. Die Geschlechter unterscheiden sich nicht in Größe und Farbe. Ein Seidenschwanz kann bis 13 Jahre alt werden. Er ist ein geselliger Vogel und ist meist in Gruppen anzutreffen. Sein gläserner Ruf klingt wie „Sirrrrr“.
Verbreitung und Lebensraum
Der Seidenschwanz besiedelt die gesamte Taigazone von Nordskandinavien bis zur Hudsonbay in Kanada. Die nördliche Verbreitungsgrenze fällt mit der Übergangszone von Taiga zur Waldtundra zusammen, die Südgrenze der Verbreitung ist regional sehr unterschiedlich: Zwar werden im gesamten Verbreitungsgebiet vor allem die nördlicheren Teile der Taiga besiedelt, es bestehen aber -insbesondere in Zentral und Ostsibirien – auch größere Vorkommen, die am Südrand des Waldgürtels liegen.
Die Art brütet in aufgelockerten, zum Teil unterholzreichen fichtendominierten Mischwaldbeständen, sehr häufig in Gewässernähe. In Ostasien werden bevorzugt lockere Lärchenbestände besiedelt. Aber auch relativ trockener [Birke]]nwald, wie er etwa in den Fjälls besteht, wird als Bruthabitat angenommen.
Die fallweise in den Süden abwandernden Seidenschwanzschwärme halten sich dort nomadisierend sehr häufig in anthropogen gestalteten Lebensräumen wie Parklandschaften, Friedhöfen oder Stadtrandgebieten auf und nützen das dort bereitstehende Nahrungsangebot.
Ernährung
Im Herbst und Winter besteht die Nahrung aus Beeren (Ebereschen-, Wacholder-, Mistel-, Schneeball-, Liguster- und Weißdornbeeren ), Äpfeln und Birnen. Zur Brutzeit ernährt sich der Seidenschwanz von Insekten, die er von einer Warte aus entdeckt und anschließend im Flug erbeutet. Der Seidenschwanz vertilgt an jedem Tag etwa das Doppelte seines eigenen Körpergewichts. Den möglichen Alkoholgehalt von überreifen Früchten können sie ziemlich schnell durch ihre grosse Leber abbauen.
Fortpflanzung
Die Geschlechtsreife tritt nach einem Jahr ein. Die Hauptbrutzeit ist Mai bis Juli. Im oberen Bereich von Bäumen wird das napfförmige Nest aus Gras, Haaren, Moos und Nadelbaumzweigen gebaut. Der Standort ist meistens am Waldrand, in der Nähe von Gewässern und anderen Brutpaaren. Das Weibchen legt vier bis sechs blaugraue Eier mit schwarzen Punkten. Die Eier werden 13 bis 14 Tage lang vom Weibchen gebrütet. Für Futter durch Insekten und Beeren sorgt das Männchen in der Brutzeit. Die Jungvögel werden nach etwa 15 bis 17 Tagen flügge. Jedes Jahr sucht sich der Seidenschwanz einen neuen Partner. Die Balz besteht unter anderem aus dem Füttern des Weibchen mit Beeren.
Wanderungen
Die Art ist Standvogel beziehungszweise Teilzieher. Regelmäßig verlassen nur die äußerst nördlich beheimateten Populationen ihre Brutreviere und überwintern etwas südlich davon. Bei Fehlernten des Hauptnahrungsbaumes, der Eberesche, werden weitere Populationen zum Verlassen des Brutareals animiert. Großräumige Invasionen, wie sie zum Beispiel auch im Winter 2004/2005 festgestellt wurden, setzen neben einem Mangel an Früchten der Eberesche auch eine zuvorgehende Anzahl ausfallsarmer Wintersaisonen und erfolgreicher Brutsommer voraus, sodass ein gewisser Populationsdruck besteht. Solche Evasionen können einzelne Schwärme des Seidenschwanzes bis ins Mittelmeergebiet führen.
Sonstiges
Das sporadische, geheimnisvolle Erscheinen der Seidenschwanzschwärme in Mitteleuropa wurde von der Bevölkerung, insbesondere des Mittelalters, für ein böses Vorzeichen gehalten. Aus dieser Vorstellungswelt rührt auch der im Niederländischen noch immer gebräuchliche Artname Pestvogel; in der deutschsprachigen Schweiz wird er oft Sterbevöggeli genannt. Auch der englische Artname ist nicht uninteressant: Waxwing kommt von den streifen-oder tröpfchenförmigen Enden einiger Armschwingen. Bohemian hat jedoch mit der Vorstellung früherer Generationen zu tun, das Volk der Böhmen neige besonders zur Vagabundage und zu künstlerisch buntem, zuweilen etwas lautem Auftreten.