Schausteller
Schausteller sind Angehörige einer vielgestaltigen Berufsgruppe, die ihre darstellenden Kleinkünste ehedem im Umherziehen ("Fahrendes Volk"), auf dem Jahrmarkt oder im Tingeltangel ausübten, seit dem 20. Jahrhundert meist im Zirkus, Varieté oder Entertainment.
Näheres
Dazu gehören im weiteren Sinne alle Vertreter zirzensischer Künste wie
- Seiltänzer,
- Artisten,
- Äquilibristen,
- Schlangenmenschen,
- Jongleure,
- Dompteure,
- Messerwerfer,
- Clowns,
- Kunstreiter,
aber auch oft einzeln auftretende Wahrsager, Hungerkünstler, Taschenspieler ('Zauberer'), Schnellzeichner und Silhouettenschneider, Schnellläufer, Preisringer, Moritatensänger, Leierkastenleute, Akkordeonspieler, Murmeltier-Dresseure, Guckkästner, sogar so genannte 'Missgeburten' wie etwa kleinwüchsige Menschen ("Zwerge"), Verwachsene (etwa Siamesische Zwillinge), Haarmenschen oder Riesendamen. Ferner rechnen dazu die Betreiber und Angestellten von Jahrmarktvergnügungen, das heißt von
- Karussells,
- Riesenrädern,
- Achterbahnen,
- Wurf- und Schießbuden,
- Autoscootern und Ähnlichem.
Eine Untersuchung nach Merkmalen der sozialen Schichtung würde zwar erbringen, dass sie nach den dort üblichen Merkmalen eher ‚unten‘ einzuordnen wären, doch kann dies wenig über sie erklären. Günstiger sind Ansätze, die milieutheoretisch vorgehen, vor allem, weil ihre Lebensweise sie von vielen anderen Milieus ausschließt. Bemerkenswert ist zumal, dass die hohe Kunstfertigkeit, die gerade den artistisch geprägten schaustellerischen Berufen abverlangt wird und oft ein Training von Kindesbeinen an verlangt, bei ihnen das professionelle subkulturelle Selbstbewusstsein stützt und zu einer auffälligen Berufsvererbung innerhalb der Familien führt. Dies wiederum führt auch zu einer starken sozialen Differenzierung innerhalb der Schausteller selbst.
In der Bundesrepublik Deutschland sind sie, sofern nicht selbständig, gewerkschaftlich in der "Internationalen Artistenloge", einer Untergliederung von ver.di, organisiert. Nach dem Selbstverständnis vieler Selbständiger (d.h. der Unternehmer von mobil, in Vergnügungsparks auch stationär betriebenen Fahr-, Belustigungs-, Verkaufs-, Warenausspielungs- und Schaugeschäften oder von reisenden Gaststätten) sind einzig sie noch 'echte' Schausteller. In Deutschland sind sie zumeist im DSB (= Deutscher Schaustellerbund) organisiert.
Der Übergang zu anderen Wanderberufen (horizontal sehr mobilen Berufen), zum Beispiel in den Bereichen Bodybuilding und Schausport, Show, Mode, Musik (Volkssänger, Kurorchester/Freie Instrumentalisten, Bands, DJs), Tournee-Künstlern (Deklamatoren, Schauspielern) und so weiter ist fließend.
Auch zerfällt angesichts der starken Konkurrenz durch die Massenmedien dies lange bestehende herkömmliche Milieu.
Siehe auch
Literatur
- André Eisermann 1. Reihe Mitte – Ein Schaustellerleben. Köln, Kiepenheuer und Witsch, 2002
- Stefan Nagel: Schaubuden - Geschichte und Erscheinungsformen. (online verfügbar)
Belletristik
- Karl von Holtei, Die Vagabunden, Roman (der durch viele damalige Schaustellermilieus führt), 4 Bde., 1852