Hanns Dieter Hüsch

deutscher Kabarettist, Schauspieler und Moderator (1925–2005)
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Hanns Dieter Hüsch (* 6. Mai 1925 in Moers) ist einer der bekanntesten deutschen Solokabarettisten.


Leben

Hanns Dieter Hüsch musste sich wegen einer erblichen Veranlagung bis zum 14. Lebensjahr mehrmals Operationen an seinen Füßen unterziehen. Ständig hatte er die Beine in Gips, konnte nicht richtig laufen, nicht mit anderen Kindern spielen. "Ein schweres klinisches Erlebnis", erinnert er sich später, "man fühlte sich sehr schnell alleine" - Eine Zeit, in der Hüsch anfängt, erste Texte zu schreiben.

Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges begann Hüsch in Gießen ein Medizinstudium, brach dieses jedoch schon bald wieder ab, ging nach Mainz und studierte dort an der Johann-Gutenberg-Universität (zu deren Ehrenbürger er später ernannt wurde) Literaturgeschichte und Theaterwissenschaft. Seine Talente lagen zu dieser Zeit aber schon weniger im theoretischen als im praktisch-künstlerischen Bereich („Ich habe an der Uni keine Seminare besucht, aber ich habe meine Texte geschrieben“). Schnell beteiligte er sich am Mainzer Studenten-Kabarett „Die Tol(l)eranten“ und trat bereits 1949 als Chansonnier mit seinem Soloprogramm „Das literarische Klavier“ auf; bis zu seiner letzten Tour im Jahre 2000 folgten diesem Programm mehr als 60 weitere.

Hüsch ist dabei kein Kabarettist geworden, der sich mit tagespolitischen Fragen auseinandersetzt, sondern eher ein literarischer Entertainer, der als philosophischer Clown mit seinem feinsinnigen Humor in der Tradition von Heinrich Heine steht. Zweimal, 1972 und 1982, erhielt er den Deutschen Kleinkunstpreis. Weitere Ehrungen wie der Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen, das Bundesverdienstkreuz, die Ehrenbürgerschaft seiner Heimatstadt Moers oder im Oktober 1999 der Kabarett-Oscar für sein Lebenswerk folgten.

Hüsch lebte in den 1950er Jahren zusammen mit seiner ersten Ehefrau Marianne (die er in seinen „Frieda“-Geschichten verewigte) und der gemeinsamen Tochter in eher bescheidenen Verhältnissen. Das Studium hatte er da bereits aufgegeben und schlug sich mit künstlerischen Auftragsarbeiten oder als Nachrichtensprecher beim Süddeutschen Rundfunk durchs Leben. 1956 gründete er mit arche nova sein eigenes Kabarett, welches bis 1961 bestand. In dieser Zeit ging er in die Schweiz und konnte dort große Erfolge feiern („Ich wusste inzwischen, Kabarett ist mein Leben, das wirst Du bis zum Ende Deines Lebens machen“). Bis Ende der 1960er Jahre hatte Hüschs Kabarettvortrag politische Grundzüge; 1967 nahm er im Quartett mit Franz Josef Degenhardt, Wolfgang Neuss und Dieter Süverkrüp die Schallplatte „Da habt ihr es!“ auf und begeisterte ein Jahr später während der allgemeinen Studentenunruhen (zusammen mit Degenhardt und Süverkrüp) auf den Essener Songtagen, bei denen u. a. auch Frank Zappa auftrat. Doch schon kurz danach brach er innerlich die Zusammenarbeit mit der Studentenbewegung ab, als Hüsch beim Folklore-Festival auf der Burg Waldeck und in Berlin nach teilweise chaotischen Störungen von der Bühne gebuht wurde. In seinem Programm „Enthauptungen“ rechnete er daraufhin mit seinen dabei gemachten Erfahrungen ab („Das ist einfach so, wenn einem die eigenen Genossen mehr oder weniger vorwerfen, man wäre nicht genug Genosse“) und setzte hierbei auf der Bühne erstmals anstelle von Klavier oder Flügel eine Philicorda-Orgel ein, die für die kommenden dreißig Jahre Hüschs musikalisches Markenzeichen werden sollte.

Ende der 1960er Jahre betrat Hanns Dieter Hüsch für ihn bis dato ungewöhnliches Terrain: er wurde Synchronsprecher beim Fernsehen und schnell zu ‚der‘ Stimme für Laurel & Hardy-Filme und andere Streifen der Klamottenkiste (z.B. Die kleinen Strolche) - bei 200 Szenen am Tag und bis zu fünf verschiedenen Stimmen auf einer Textseite war dies, wie Hüsch einmal sagte, einer der anstrengendsten Jobs seines künstlerischen Lebens überhaupt. Mit der Doppel-LP „Hüsch - Live“ gelang ihm 1973 der endgültige Durchbruch auf den deutschsprachigen Kleinkunstbühnen, der im weiteren Verlauf der 1970er Jahre zu verschiedenen festen TV- und Radio-Engagements führte, wie etwa dem „Gesellschaftsabend“, der ältesten Kabarettsendung im ARD-Rundfunk, oder der „Unterhaltung am Wochenende“ beim WDR-Fernsehen. Ebenfalls in die 1970er Jahre fällt die Erfindung der Alter-Ego-Figur „Hagenbuch“, jenes nörgelnden Pedanten und spießigen Angebers, der schnell zu einem Markenzeichen Hüschs wurde.

Hanns Dieter Hüsch veröffentlichte nun unermüdlich Buch um Buch, machte eine Schallplatte nach der anderen und brachte in jedem Jahr ein neues Programm auf die Bühne. Erst mit dem Tode seiner Frau Marianne 1988 verlässt er nach Jahren seine Wahlheimat Mainz und zieht nach Köln („Ich wollte nicht nach Moers, in meine Kinderstadt, weil ich dachte, Du fängst dann Deinen Lebensabend an.“). Außerdem beendete er das Schreiben von neuen Programmen und führte seine Bühnenauftritte eher in den Charakter von Lesungen über. Hüsch, der sich in der Folge künstlerisch stärker Kirche und Glauben zuwandte, bekam kurz danach „die Chriiise“ (wie er seine Christiane scherzhaft nannte) und heiratete 1991 zum zweiten Mal. In den folgenden Jahren schrieb „Das schwarze Schaf vom Niederrhein“ (so ein Hüsch-Buchtitel aus dem Jahre 1976) viel über seine Heimat und charakterisierte dabei auf lebendige Weise Menschen und Landschaft. Von einer schweren Krebserkrankung wieder genesen, gab er im Jahre 2000 mit „Wir sehen uns wieder“ seine Abschiedstournee als Kabarettist.

Kurz bevor sich Hanns Dieter Hüsch seinen letzten künstlerischen Lebenstraum erfüllen konnte, die Darstellung von Shakespeares „König Lear“ am Staatsschauspiel in Dresden, erlitt er im November 2001 einen Schlaganfall und hat sich seither aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Hanns Dieter Hüsch künstlerisches Vermächtnis erschien als Buch, mehr als 600 Seiten stark, im Oktober 2003 unter dem Titel „Zugabe“. Der Künstler lebt heute zusammen mit seiner Frau Christiane im Windeckschen Land.

Werke

  • Frieda auf Erden, 1952
  • Opus Pokus, 1961
  • Da habt ihr es!, 1967, Quartett mit Franz Josef Degenhardt, Wolfgang Neuss und Dieter Süverkrüp
  • Privatissime, 1974
  • Das schwarze Schaf vom Niederrhein, 1976
  • Hagenbuch und die Musik, 1980
  • Der Fall Hagenbuch, 1984
  • Am Niederhein, 1986
  • Feine Komödien, Feine Tragödien, 1991
  • Summertime am Niederrhein, 1995
  • Sach ma nix, 1997
  • Wir sehen uns wieder, 1999