Toulouse [okz. Tolosa) (deutsch veraltet: Tholosen) ist eine Stadt im Süden Frankreichs, am Fluss Garonne gelegen, 146 m ü. NN. Sie ist 730 km von Paris entfernt und durch Kanäle (Canal du Midi und Garonne-Seitenkanal) mit dem Atlantik und dem Mittelmeer verbunden. Im Stadtzentrum leben 426.700 Einwohner und im Ballungsgebiet 761.100 (2004) – damit ist es die viertgrößte Stadt in Frankreich.
] (Toulouse | ||
---|---|---|
![]() |
||
Staat | ![]() | |
Region | Midi-Pyrénées (Chef-lieu) | |
Département (Nr.) | Haute-Garonne (Präfektur) (31) | |
Arrondissement | Toulouse | |
Kanton | Chef-lieu von 15 Kantonen | |
Gemeindeverband | Communauté d'agglomération du Grand Toulouse 25 communes, 380 km² | |
Koordinaten | ||
Höhe | 115–263 m | |
Fläche | 118,30 km² | |
Bürgermeister | Jean-Luc Moudenc (UMP) | |
Einwohner | 511.684 (1. Januar 2022) | |
Bevölkerungsdichte | 4.325 Einw./km² | |
Postleitzahl | 31000, 31100, 31200, 31300, 31400, 31500 | |
INSEE-Code | 31555 | |
![]() |
Toulouse ist Hauptstadt der Region Midi-Pyrénées und Verwaltungssitz des Départements Haute-Garonne. Im Mittelalter war sie Hauptstadt der Region Okzitanien. Bis zur Französischen Revolution war sie offizielle Hauptstadt der Provinz Languedoc.
Wirtschaft
Seit den 1980er Jahren hat sich Toulouse zu einem der bedeutendsten Luftfahrtzentren der Welt entwickelt. Etwa 34.000 Beschäftigte arbeiten in diesem Industriezweig, welcher in Toulouse bereits eine lange Tradition hat:
Um 1890 konstruierte Clément Ader in Muret (25 km südl. von Toulouse) bereits mehrere motorisierte Fluggeräte.
Im Ersten Weltkrieg wurde die französische Flugzeugproduktion nach Toulouse verlagert, da die Stadt aufgrund ihrer Entfernung vom Kriegsgeschehen als sicher galt.
Ab 1919 starteten von hier aus Postflüge zunächst nach Marokko, dann weiter nach Dakar und über den Atlantik nach Süd- und später Nordamerika. Unter den Piloten, für die Toulouse der Heimatflughafen war, war auch der französische Autor Antoine de Saint-Exupéry.
In den 1960er Jahren entschloss sich die französische Regierung, alle zivilen Luftfahrtaktivitäten hier zu konzentrieren. Hier wurde von Sud Aviation u. a. die Caravelle gebaut und das Nachfolgeunternehmen Aerospatiale fertigte in Toulouse die französischen Concorde Maschinen. Heute liegt auf dem Werksgelände am Flughafen Toulouse Airbus France und die Konzernzentrale der Airbus SAS. Airbus ist der größte Arbeitgeber der Stadt. In Toulouse findet auch die Endmontage des neuen Airbus A380 statt.
Die Stadt besitzt neben der Luft- und Raumfahrtindustrie auch Maschinenbau, Eisen- und Textilindustrie und ist dazu ein großes Handels- und Verkehrszentrum.
Lehre und Forschung
Toulouse ist eine Schüler- und Studentenstadt mit insgesamt über 97.000 Studenten. Somit ist sie neben Paris und Lyon die Stadt mit den meisten Studenten in Frankreich. Zahlreiche Kultur- und Bildungseinrichtungen sind in Toulouse zu finden. Dazu gehören:
- die Universität Toulouse I (Université des Sciences Sociales, UT1, ehemalige Fakultät der Geisteswissenschaften),
- die Universität Toulouse II (Université de Toulouse - Le Mirail, UTM),
- die Universität Toulouse III (Université Paul Sabatier, UPS)
An der UPS werden hauptsächlich Naturwissenschaften, wie Biologie, Physik, Pharmazie und Informatik gelehrt. Aber auch Sprachen machen einen erheblichen Anteil der universitären Ausbildung aus. Die UT1 beherbergt vor allem die Fachrichtungen der Wirtschafts-, Rechts- und Politikwissenschaften. Auch hier spielen Fremdsprachen im universitären Alltag eine große Rolle und der Anteil der internationalen Studierenden ist sehr groß.
Die Bedeutung des Hochschullebens in Toulouse manifestiert sich ebenfalls durch den Reichtum und die Vielfalt der gegenwärtigen Laboratorien der Forschung auf dem Campus. Die wichtigen großen Ingenieursschulen sind:
- ENSAE (Supaéro) (École Nationale Supérieure de l'Aéronautique et de l'Espace)
- ENAC (École Nationale de l'Aviation Civile)
- ENSEEIHT (École Nationale Supérieure d'Électrotechnique, d'Électronique, d'Informatique, d'Hydraulique et des Télécommunications)
- ENSIACET (École Nationale Supérieure des Ingénieurs en Arts Chimiques et Technologique)
- INSA (Institut National des Sciences Appliquées)
- ENSICA (École Nationale Supérieure d'Ingénieurs de Constructions Aéronautiques)
- ENSAT (École Nationale Supérieure d'Agronomie)
- EAT (École Nationale Supérieure d'Architecture de Toulouse)
Da in Toulouse auch über 5.000 Deutsche leben, viele von ihnen aus beruflichen Gründen (insbesondere als Angestellte des europäischen Gemeinschaftsunternehmens Airbus), gibt es seit den 70-er Jahren vor allem für deren Kinder, aber auch für die Kinder aus binationalen Familien das Angebot einer Schule, in der sie in deutscher Sprache und nach dem deutschen Schulsystem unterrichtet werden:
- Die Deutsche Schule Toulouse (DST)
Geschichte
Toulouse war unter dem Namen Tolose eine wichtige gallische Stadt. 106 v. Chr. von den Römern eingenommen und Tolosa (lat.) genannt, trug sich hier der Raub des Goldes von Tolosa durch Quintus Servilius Caepio zu. Toulouse war seit dem 4. Jahrhundert Bischofssitz. Zahlreiche Straßen in der Toulouser Innenstadt folgen noch dem Grundriss der römischen Siedlung. Von 419 bis 507 war sie Hauptstadt des Westgotenreichs, anschließend wurde sie vom fränkischen König Chlodwig I. erobert. 721 wurde die Stadt mehrere Monate von Arabern erfolglos belagert (Schlacht von Toulouse). Zwischen 781 und 843 war Toulouse Sitz des Königreichs von Aquitanien, danach erfolgte die Gründung der selbständigen Grafschaft Toulouse. In dieser Zeit war die Stadt Zentrum der Languedoc-Kultur.
Im Mittelalter zählte Toulouse zu den reichsten Städten Frankreichs. Färberwaid, eine Pflanze, die damals den einzigen beständigen blauen Farbstoff lieferte, gedieh auf den kalkhaltigen Böden der Umgebung besonders gut. Toulouse beherrschende Marktstellung endete, als die Portugiesen begannen, aus ihren Kolonien das preisgünstigere Indigo zu importieren.
1271, nach dem Kreuzzug gegen die Albigenser und der Plünderung der Stadt, wurde sie unter französische Krone gestellt, blieb jedoch bis 1790 weitgehend unabhängig. Obwohl viele Protestanten zur Zeit der Reformation in Toulouse lebten, stellte sich die Stadt in den Religionskriegen auf die römisch-katholische Seite. 1562 wurden ca. 4000 Hugenotten ermordet.
Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte die Stadt ihr größtes industrielles Wachstum. Während des Zweiten Weltkrieges war sie von 1942 bis 1944 von deutschen Truppen besetzt. Dabei erlitt sie erhebliche Zerstörungen.
Am 21. September 2001 kam es in Toulouse zu einer der größten Chemiekatastrophen mit 31 Toten und tausenden Verletzten (siehe auch Explosion in Toulouse)
Entwicklung der Einwohnerzahl
Mit 15.000 bis 20.000 jährlichen Zuzügen ist der Ballungsraum Toulouse zur Zeit der am schnellsten wachsende Europas. Die nachfolgenden Einwohnerzahlen beziehen sich auf Toulouse innerhalb der Stadtgrenzen:
1750 bis 1968
|
1975 bis 2004
|
Seit 2007
|
Sehenswürdigkeiten
Toulouse wird aufgrund ihrer zahlreichen Bauwerke aus roten Ziegelsteinen auch la ville rose –„rosarote Stadt“- genannt. Bekannte Sehenswürdigkeiten der Stadt sind:
- romanische Basilika Saint Sernin (11.-12. Jahrhundert), die zu den schönsten romanischen Kirchen Südfrankreichs gehört.
- altes gotisches Dominikanerkloster Les Jacobins. In der ehemaligen Hauptkirche des Dominikanerordens mit den berühmten palmier des Jacobins (kunstvolles gotische Deckengewölbe) befindet sich seit 1369 auch die Grabstelle des Hl. Thomas von Aquin.
- gotische Kathedrale Saint Etienne (begonnen um 1272)
- Musée des Augustins, ein in einem gotischen Augustinerkloster gelegenes Kunstmuseum für romanische bis barocke Kunst.
- Kapitol (Rathaus von Toulouse), mit Turm (Donjon) aus dem 16. Jh. und Fassade aus dem 18. Jh. Im Inneren der Salle des Illustres (Prunksaal mit Deckengemälden).
- Universität (1229), die neuntälteste Europas.
- viele Patrizierhäuser im Renaissance-Stil wie beispielsweise das Hôtel d’Assézat oder das Hôtel de Bernuy.
- Musée Georges Labit, das neben römischen Arbeiten auch ägyptische, koptische, chinesische und japanische Kunstwerke zeigt.
- Musée Saint-Raymond, das in der Nähe der Basilika Saint Sernin liegt. Im Keller sind Teile der ausgegrabenen Nekropole aus römischer und frühchristlicher Zeit zu sehen. In den oberen Stockwerke befinden sich Funde aus archäologischen Ausgrabungen aus dieser Zeit.
- Cité de l’espace, eine Ausstellung u.a. über die Raumfahrt.
Verkehr
Bei Toulouse liegt der Flughafen Toulouse-Blagnac. Er wird gleichermaßen für den Linienverkehr als auch als Werksflughafen vom Flugzeughersteller Airbus genutzt. Der Hauptbahnhof von Toulouse, der Gare Matabiau, befindet sich etwas nordöstlich des Stadtkerns. Der Busbahnhof befindet sich in seiner direkten Nachbarschaft.
Der Personennahverkehr wird hauptsächlich durch Busse gewährleistet. Seit 1993 gibt es jedoch auch eine U-Bahn-Linie, die einen verbesserten Transport zwischen Osten und Westen der Stadt gewährleistet. Eine zweite Linie (Nord-Süd) der Métro Toulouse wurde im Sommer 2007 eröffnet.
Die Stadt ist von einem typisch französischen, gebührenfreien Autobahnring (Périphérique) umgeben, der jedoch in den Stoßzeiten zwischen 8:30 und 9:30 sowie von 16:30 bis 18:00 wegen des hohen Verkehrsaufkommens gemieden werden sollte. Im Stadtzentrum gilt jeweils am ersten Sonntag im Monat ein Fahrverbot für Pkw.
Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts hatte der Canal du Midi noch wesentlich zur wirtschaftlichen Prosperität von Toulouse beigetragen. Heute wird die Wasserstraße vor allem touristisch genutzt.
Sport
Die bedeutendsten Sportvereine der Stadt sind Stade Toulousain (Rugby Union), Toulouse Union HB (Handball) und FC Toulouse (Fußball). Sie tragen ihre Heimspiele im Stade Ernest-Wallon bzw. im Gymnase Compans Cafarelli bzw. im Stadium Municipal aus.
Typische Küche
Typisch für die Küche von Toulouse ist das Cassoulet, ein Eintopf aus weißen Bohnen und verschiedenen Fleischsorten, bei dem in Toulouse in jedem Fall Confit d’oie – eingemachtes Gänsefleisch und Landwurst – hinzugehört. Auch Terrines de foie gras (Geflügelstopfleber) und magret de canard – Entenbrust mit grünen Bohnen – gehören zu der stadttypischen Küche. Violettes de Toulouse sind gezuckerte Veilchen, mit denen Süßspeisen aller Art verziert sind sowie Veilchenlikör. Rund um den Marché Victor Hugo finden sich zahlreiche Chocolatiers und Käsegeschäfte.
Lieber als Cassulet mögen die Franzosen auch froschschenkel mit Schwachkopfpüree
Städtepartnerschaften
Die Stadt unterhält zu einer Reihe von Städten Partnerschaften:
Söhne und Töchter der Stadt
- Emilie Bigottini, Tänzerin
- Henri Busser, französischer Komponist
- Gaël Clichy, französischer Fußballspieler
- Antoine Crozat, marquis du Châtel, der reichste französische Kaufmann seiner Zeit, Gründer der Kolonie Louisiana
- Jean-Claude Cousseran, französischer Diplomat
- Jacques Cujas, Jurist für römisches Recht
- Jean Dausset, französischer Mediziner, Hämatologe und Nobelpreisträger
- Marie Louise Dissard, Mitglied der Résistance, half alliierten Soldaten bei der Flucht nach England
- Fafi, französische Künstlerin
- Brigitte Fossey, französische Schauspielerin
- Carlos Gardel, argentinischer Tango-Sänger
- Pierre Godolin, Dichter
- Jean-François Jenny-Clark, Kontrabassist
- Charles Lartigue, französischer Ingenieur
- Hubertus von Lüttich, Bischof von Maastricht und Lüttich
- André Marfaing, französischer Maler und Grafiker
- Philippe Mexès, französischer Fußballspieler
- Claude Nougaro, französischer Jazz-Sänger, Dichter, Maler und Zeichner
- Jean Jacques Pelet, französischer General
- Alfred Sirven, französischer Topmanager
- Raimund IV. von Toulouse, Markgraf von Provence, war ein mittelalterlicher Adeliger
- Anselm d'Ysalguier (um 1400), Ritter, Abenteurer und Afrikareisender (möglicherweise eine fiktive Persönlichkeit)
Weblinks
Linkkatalog zum Thema Toulouse bei odp.org (ehemals DMOZ)