Franz Anton Fridolin Furger (geb. 22. Februar 1935 in Bern, gest. 5. Februar 1997 in Münster/ Westf.) Moraltheologe und Sozialethiker
Werdegang
Furger besuchte die Primarschule in Muri, dann das Progymnasium und später das Gymnasium in Bern, das er 1954 mit der Matura im altsprachlich-humanistischen Fächrspektrum abschloß. Er studierte zunächst Philosophie an der Universität Löwen und dann Philosophie und Theologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana. Eugène Kardinal Tisserant weihte ihn am 4. Oktober 1961 in Rom zum Priester. Furger wurde vom Geist der Erneuerung des Zweiten Vatikanischen Konzils sehr geprägt. 1962 erwarb er das theologische Lizenziat und 1964 den theologischen Doktortitel mit einer Arbeit über "Klugheit und Gewissen" bei dem Moraltheologen Josef Fuchs SJ. Die Gewissensfrreiheit wurde für Furger eines seiner zentralen Themen.
Berufliche Tätigkeit
Nach seinem Studium wurde Furger 1964 Lehrer für Philososophie und katholische Religionslehre an der Kantonsschule Luzern. Ab 1965 erhielt er an der Theologischen Fakultät Luzern Lehraufträge für Philosophie (Anthropologie, Ethik, zeitgenössische Philosophie). Zwei Jahre später wurde er zum Ordinarius für die neugeschaffene Professur dieser philosophischen Fächer an die gleiche Fakultät berufen. 1969 wurde das Ordinariat in eine Professur für philosophische Ethik und Moraltheologie umgewandelt. Furger erhielt ferner mehrere Gastprofessuren an der Universität Zürich, der Päpstlichen Universität Gregoriana, der Ordenshochschule Tagatay, der Hochschule für Wirtschaftswissenschaften St. Gallen und der Technischen Hochschule Zürich. Er war Berater der theologischen Kommission der Schweizer Bischofskonferenz und Mitredakteur der Schweizerischen Kirchenzeitung. Zudem war er geistlicher Berater der Vereinigung Christlicher Unternehmer der Schweiz (VCU).
1997 wurde er auf den renommierten und einflußreichen Lehrstuhl für Christliche Sozialwissenschaften der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster berufen, den zuvor der Sozialpolitiker und Sozialreformer Franz Hitze, der Sozial- und Caritaswissenschaftler Heinrich Weber, der vierfach promovierte und vielseitige Sozialexperte und Politikberater Joseph Höffner, der spätere Bischof von Münster und Erzbischof von Köln, sowie der Theologe und Wirtschaftswissenschaftler Wilhelm Weber innehatte. Im Unterschied zu Höffner, der die Christlichen Sozialwissenschaften als ein "System mehrerer, einander zugeordneter Fächer" der Theologie, Philosophie und Sozialwissenschaften verstand, begriff Furger "Christliche Sozialethik als Moraltheologie der gesellschaftlichen Belange". Sozialpolitik und Religionssoziologie traten bei ihm zurück. Furger setzte sich im Unterschied zu seinem Vorgänger für ein versöhntes Verhältnis zur Politischen Theologie und zur Befreiungstheologie ein, ohne jedoch deren marxistische Gesellschaftsanalyse und historischen Materialismus zu teilen. Furgers Bestreben war, die Reformimpulse des Zweiten Vatikanischen Konzils auch in der Sozialethik lebendig werden zu lassen. Er bezog Fragen der Umwelt-, Medizin- und Bioethik in das Spektrum seiner ethischen Überlegungen mit ein und hat die Beschäftigung mit den Entwicklungsproblemen der außereuropäischen Völker intensiviert und ausgebaut.
Furger wurde aus einem aktiven wissenschatlichen Leben durch einen plötzlichen Tod herausgerissen. Das Requiem fand am 12. Februar 1997 unter der Leitung von Bischof Reinhard Lettmann unter großer Anteilnahme von Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Kirche in St. Martini, Münster statt. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Friedhof der Hofkirche zu Luzern.
Werke von Franz Furger
- Gewissen und Klugheit in der katholischen Moraltheologie der letzten Jahrzehnte. Luzern/Stuttgart: Raeber 1965.
- Ethik der Lebensbereiche. Entscheidungshilfen. Freiburg/Basel/Wien: Herder 1985, 2. Aufl. 1992.
- Einführung in die Moraltheologie. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1988. ISBN 3-534-03271-3
- Die katholische Soziallehre - eine Einführung. Freiburg: Kanisius 1989.
- Weltgestaltung aus Glauben. Versuche zu einer christlichen Sozialethik. Münster: Aschendorff 1989. ISBN 3-402-04518-4
- Christliche Sozialethik. Grundlagen und Zielsetzung. Stuttgart/Berlin/Köln: Kohlhammer 1991. ISBN 3-17-010305-9
- Politik oder Moral? Grundlagen einer Ethik der Politik. Solothurn und Düsseldorf: Benziger 1994.
Sozialethik und Ökonomik. Gesichtspunkte einer christlichen Sozialethik. Hamburg: Lit 1994.
- Christliche Sozialethik in pluraler Gesellschaft. Posthum hg. von Marianne Heimbach-Steins/Andreas Lienkamp/Joachim Wiemeyer. Münster: Lit 1998. ISBN 3-8258-3527-8
Werke über Franz Furger
- Heimbach-Steins, Marianne: In memoriam Franz Furger. In: Christliche Sozialethik in pluraler Gesellschaft. Münster: Lit 1998. S. 289-293.
- Hermanns, Manfred: Sozialethik im Wandel der Zeit. Persönlichkeiten - Forschungen - Wirkungen des Lehrstuhls für Christliche Gesellschaftslehre und des Instituts für Christliche Sozialwissenschaften der Universität Münster 1893-1997. Paderborn u.a.: Schöningh 2006. S. 389-446 und 489-494. ISBN 978-3-506-72989-7