Unter adaptiver Radiation (lat. adaptare - anpassen; radiatus - strahlend) versteht man in der Evolutionsbiologie die Auffächerung (Radiation) einer wenig spezialisierten Art bei Herausbildung spezifischer Anpassungen (Adaptationen) an die vorhandenen Umweltverhältnisse in viele stärker spezialisiertere Arten und damit verbunden die Ausnutzung unterschiedlicher, vorher nicht gebildeter ökologischer Nischen.

Mechanismen der adaptiven Radiation
Triebkräfte der adaptiven Radiation sind die genetische Variation und natürliche Auslese (Selektion) innerhalb einer Population von Lebewesen. Damit es zur adaptiven Radiation kommen kann, muss das neu besiedelte Gebiet reich an unterschiedlicher Nahrung sein und es dürfen keine bedeutenden Prädatoren (Fressfeinde) oder Konkurrenten vorhanden sein. Eine weitere Voraussetzung für die adaptive Radiation ist neben dem Vorhandensein von unbesetzten Lebensräumen eine geografische Isolation (Separation), wie sie zum Beispiel für Inseln oder zuflusslose Seen charakteristisch ist. Durch die Isolation unterbleibt die Panmixie (genetische Durchmischung), was zur Aufspaltung der Stammart in neue Arten führt. Je umfangreicher dabei die ökologischen Lizenzen sind, umso formenreicher kann sich eine taxonomische Gruppe entfalten. In diesem Zusammenhang ist es gleichgültig, in welchem Zeitraum sich dieser Vorgang vollzieht, und ob sich die adaptive Radiation als intra- oder als transspezifische Evolution darstellt.
Ablauf der adaptiven Radiation
Besiedelt eine nichtspezialisierte Stammart ein Gebiet mit geographisch separierten Lebensräumen (Isolationsmechanismen), die durch unterschiedliche ökologische Bedingungen geprägt sein können, bilden sich im Laufe der Zeit in den ihnen möglichen Lebensräumen stabile Populationen heraus. Diese sind durch dynamische Selektion(en) voneinander getrennt, und werden unterschiedlich an ihre jeweiligen Lebensräume angepasst, so dass es zu Differenzierungen gegenüber den jeweils anderen Populationen kommt. Nach einem gewissen Zeitraum entstehen zwischen den Populationen Fortpflanzungsbarrieren und damit neue Arten. Hinzukommende Konkurrenz kann dabei Differenzierungen und Spezialisierungen einer Art verstärken. Die dabei durch dynamische Selektion wiederum neu entstehenden Merkmalskomplexe würden zur Konkurrenzvermeidung bzw. –verminderung führen.
Beispiele
- Darwinfinken auf den Galapagos-Inseln
- Kleidervögel auf Hawaii
- Buntbarsche der ostafrikanischen Seen
- Tanreks oder Lemuren auf Madagaskar
- Riesenkrabbenspinnen asiatischer Gebirge, z. B. Himalaya
- im Fall der Ammoniten kam es zum Aussterben von Arten, es wurden ökologische Nischen frei, und die überlebenden Taxa konnten sich adaptiv auffächern.
- Anolis Eidechsen auf Jamaika
- Mönchsgrasmücken, Kegelschnecken
- Fruchtfliegen oder Taufliegen (Drosophilidae) auf Hawaii
- Beutelsäuger in Australien