Muzafer Sherif

türkischer Sozialpsychologe
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 5. Februar 2008 um 19:51 Uhr durch RobotQuistnix (Diskussion | Beiträge) (Bot: Ergänze: ku:Muzafer Şerif). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Muzafer Sherif (* 29. Juli 1906 in Odemis, Izmir, Türkei, † 16. Oktober 1988 in Fairbanks, Alaska, USA) war ein türkischer Sozialpsychologe, der zu den Begründern und führenden Wissenschaftlern seines Fachs gehörte.

Besonders beschäftigte er sich mit Inter- und Intragruppenkonflikten (vgl. Konfliktforschung). Neben seinen "Ferienlagerexperimenten" erlangte er internationale Anerkennung für seine Untersuchung zum autokinetischen Effekt im Jahre 1935 und das "Robber's-Cave"-Experiment von 1954.

Forschung und Experimente

Sherif beschäftigte sich intensiv mit dem Verhalten von Gruppen und mit Faktoren der Einflussnahme der Gruppe auf die Einzelperson. Eines seiner bekanntesten Experimente basierte auf dem autokinetischen Effekt. Dieser Effekt ist eine Bewegungstäuschung eines stationären Lichtpunktes bei Dunkelheit.

Sherif ließ Versuchspersonen in einen dunklen Raum führen und wies sie an, Schätzungen zum Ausmaß der Lichtbewegungen zu geben. Hierbei bildete Sherif zwei Gruppen. Die erste Gruppe sollte die Schätzungen zunächst alleine abgeben und danach bei weiteren Durchgängen in Gruppen von zwei bis drei Personen. Die zweite Gruppe sollte die Schätzungen zuerst in einer Gruppe und erst danach alleine abgeben. Sherif konnte zeigen, dass die Versuchspersonen der ersten Gruppe ziemlich rasch eine Standardschätzung abgaben, ihre sogenannte persönliche Norm. Sobald sie aber in der Gruppe schätzen sollten, näherten sich ihre vorher sehr unterschiedlichen Urteile in Richtung einer gemeinsamen Position, der Gruppennorm. Die Schätzungen der zweiten Gruppe hingegen verlief in die Gegenrichtung. Dadurch, dass die Versuchspersonen zuerst innerhalb der Gruppe ihre Schätzungen abgeben sollten, entwickelte sich die Gruppennorm von Anfang an. Die Versuchspersonen hielten sich auch dann noch an die Gruppennorm, wenn sie ihre Schätzungen alleine abgeben sollten.


Sherif führte unter Anderem ein sog. Ferienlagerexperiment durch. Dabei brachte er Jungen in einem Ferienlager zusammen, die sich davor noch nicht kannten. Nachdem die Jungen mehrere Tage als große Gruppe verbracht hatten, teilte sie Sherif in zwei gleichgroße Gruppen, wobei er dafür sorgte, dass jeder Junge jeweils in der anderen Gruppe landete als sein "bester" Freund. Nun unternahmen die Gruppen vorerst getrennt voneinander Ausflüge, bis sie ein Gruppengefühl entwickelt hatten. Danach ließ man die Gruppen gegeneinander in Wettbewerben antreten. Es dauerte nicht lange, bis die Jungen Mitglieder der anderen Gruppe beschimpften und aggressiv wurden.

Nun, als man zwei rivalisierende Gruppen geschaffen hatte, begann das eigentliche Experiment. Zuerst ließ man beide Gruppen gemeinsam essen oder Filme sehen, jedoch reduzierte dies nicht die Stereotype und Gehässigkeiten zwischen den Gruppen. Erst als man den Gruppen Aufgaben stellte, die sie nur gemeinsam lösen konnten (z. B: durften sie einen Film nur sehen, wenn sie es alle gemeinsam taten) reduzierten sich die Stereotype nach und nach.

Mit diesem Experiment wurde gezeigt, dass es zum Abbauen von Stereotypen nicht reicht, genügend Kontakt zwischen den verschiedenen Gruppen herzustellen, sondern auch u. a. gemeinsame Ziele und aktive Zusammenarbeit notwendig sind.

Literatur

  • Batur, S., & Aslıtürk, E. (Hg.) (2007): Muzaffer Şerif'e Armağan: Muzaffer Şerif'ten Muzafer Sherif'e. Istanbul: İletişim. ISBN 9750505331 (Türkisch)
  • Sherif, M., & Sherif, C. W. (1977): Experimentelle Untersuchungen zum Verhalten in Gruppen. In Koch, J.-J. (Hrsg.), Sozialer Einfluss und Konformität. (S. 167 – 192). Weinheim und Basel: Beltz Verlag
  • Sherif, M., & Sherif, C. W. (1969): Social Psychology (Int. Rev. Ed.). New York: Harper & Row.
  • Sherif, M., Harvey, O. J., White, B. J., Hood, W. R., & Sherif, C. W. (1961): Intergroup conflict and cooperation: the Robbers Cave experiment. Norman: University of Oklahoma Book Exchange.
  • Sherif, M., White, B. J., & Harvey, O.J. (1955): Status in experimentally produced groups. American Journal of Sociology. 60, S. 370 – 379.
  • Sherif, M., & Sherif, C. W. (1953): Groups in harmony and tension. New York: Harper & Row.
  • Sherif, M., & Cantril, H. (1946) : The Psychology of Ego-Involvements. New York: Wiley & Sons.