Marktgleichgewicht

Preis, bei dem sich Angebot und Nachfrage die Waage halten
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Vom Gleichgewichtspreis spricht man in der Ökonomie, wenn Einkaufspreis und Verkaufspreis eines Produkts gleich sind, weil die angebotene Menge gleich der nachgefragten Menge ist. Man spricht dabei auch von einer Gleichgewichtsmenge. Dies ist im Marktgleichgewicht der Fall, es ergibt sich eine Gleichgewichtsbildung durch Angebot und Nachfrage.

Alle Waren auf dem Markt werden nun zu diesem Preis verkauft und gekauft. Anbieter, die mehr als den Gleichgewichtspreis für ihr Produkt verlangen, werden nichts verkaufen, Nachfrager, die weniger als den Gleichgewichtspreis bezahlen wollen, werden keine Waren erhalten.

Diese Gleichgewichtsbildungen sind ein zentrales Element der Neoklassischen Theorie (vgl. Allgemeine Gleichgewichtstheorie).

Annahmen und Definitionen

Der Gleichgewichtspreis stellt sich in einem vollkommenen Markt ein, d.h. einem Markt mit vielen kleinen Anbietern und Abnehmern, von denen keiner den Marktpreis nach eigenem Ermessen beeinflussen kann. Diese Annahme ist grundlegend für die einfache Theorie des Gleichgewichtspreises, wie sie in einführenden Wirtschaftsvorlesungen gelehrt wird. In vielen realen Märkten trifft diese Annahme jedoch nicht zu, weil einzelne Käufer oder Verkäufer genügend Marktmacht haben, um den Preis zu beeinflussen. In solchen Situationen ist die einfache Theorie des Gleichgewichtspreisen ungenügend und bedarf weiterer Untersuchungen. Trotzdem trifft die Theorie auf viele reale Märkte zu. In anderen Fällen ist sie noch als erste Approximation für das Marktgeschehen verwendbar.

Die Volkswirtschaftslehre nimmt nicht a priori an, dass Märkte anderen Formen sozialer Interaktion vorzuziehen seien. Tatsächlich wird viel Aufmerksamkeit solchen Fällen gewidmet, in denen sogenanntes Marktversagen (s. dort) zu - nach gewissen Maßstäben - suboptimaler Allokation führt. In solchen Fällen können Ökonomen versuchen, Regeln zu finden, die Verschwendung vermeiden sollen; direkt, durch gesetzliche Maßnahmen, indirekt, durch Marktregulierung, die den Marktteilnehmern Anreize gibt, sich an soziale Regeln zu halten, oder durch Schaffung neuer Märkte, die effizienten Handel auf einem Gebiet ermöglicht, wo vorher keiner existierte.

Nachfrage

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Entstehung des Gleichgewichtspreises (in dieser und den nachfolgenden Abbildungen sei darauf geachtet, dass wie in der Volkswirtschaftslehre häufig üblich, die erklärende und die erklärte Achse vertauscht sind, der Preis somit die Menge bestimmt und nicht etwa umgekehrt)

Nachfrage ist die Menge an Gütern, die die Konsumenten zu einem gewissen Preis zu kaufen bereit sind. Z.B. kann ein Verbraucher 30 Tüten Kartoffelchips im Laufe des nächsten Jahres kaufen, wenn der Preis 1 EUR pro Tüte beträgt, aber nur 15 Tüten, wenn der Preis 2 EUR ist. Man kann eine Nachfragetabelle erstellen, die die nachgefragte Menge zu allen möglichen Preisen zeigt. Diese Tabelle kann ebenso als Graph oder als mathematische Formel dargestellt werden. Die Hauptkriterien der Menge, die man zu kaufen bereit ist, sind typischerweise der Preis des Gutes, die Höhe des eigenen Einkommens, persönlicher Geschmack, der Preis von Substitutionsgütern und komplementären Gütern.

Angebot

Angebot bezeichnet die Menge, die Erzeuger zu einem bestimmten Preis zu produzieren bereit sind. Beispielsweise könnte ein Hersteller von Kartoffelchips 1 Mio Tüten herstellen, wenn der Preis 1 EUR beträgt, aber erheblich mehr, wenn der Marktpreis 2 EUR ist. Die Hauptkriterien der produzierten Menge eines Gutes sind üblicherweise der Marktpreis sowie die Produktionskosten eines Gutes.

Bestimmung des Gleichgewichtspreises

Die Angebotslinie startet mit kleinem Angebot bei einem niedrigen Minimalpreis und wächst mit steigendem Preis. Die Nachfragelinie startet mit einer kleinen Nachfrage bei einem hohen Maximalpreis und nimmt mit fallendem Preis immer weiter an Menge zu. Wie an diesem zwei Linien zu erkennen, werden die Anbieter mehr produzieren, wenn die Abnehmer bereit sind, einen höheren Preis zu zahlen. Umgekehrt werden die Abnehmer mehr kaufen, wenn die Ware zu einem niedrigeren Preis angeboten wird. Da die Preiswünsche von Anbietern und Abnehmern gegenläufig sind, stellt sich im Markt ein Gleichgewicht an der Schnittstelle von Angebot und Nachfrage ein, die den Gleichgewichtspreis und die im Markt umgesetzte Menge festlegt.

Veränderung der Nachfrage

Datei:Gleichgewichtspreis nachfrage gif 1.png
Auswirkungen einer steigenden Nachfrage

Wenn mehr Leute ein bestimmtes Gut haben wollen, wird sich die nachgefragte Menge zu allen Preisen erhöhen, d.h. die Nachfragelinie in der Grafik verschiebt sich nach rechts. Die Ursache einer höheren Nachfrage können z.B. eine neue Mode, andere Lebensumstände oder höheres Einkommen sein. Infolge der höheren Nachfrage und der damit verbundenen Rechtsverschiebung der Nachfragelinie steigt der Gleichgewichtspreis und die umgesetzte Menge. Eine sinkende Nachfrage verschiebt die Linie nach links, was einen niedrigeren Preis und eine geringere Umsatzmenge zur Folge hat.

Wenn beispielsweise mehr Menschen Kaffee kaufen wollen, werden die Anbieter zunächst den Preis erhöhen können, da mehr Nachfrage als Angebot vorhanden ist. Als Folge der Preiserhöhung werden weitere Anbieter hinzukommen oder bestehende Anbieter ihr Angebot vergrößern, da es sich bei dem höheren Preis nun für sie lohnt. Durch diese Reaktion des Marktes entsteht ein neues Marktgleichgewicht mit neuem Gleichgewichtspreis und neuer Umsatzmenge.

Wenn umgekehrt die Nachfrage sinkt, geschieht das Gegenteil. Die Nachfragekurve verschiebt sich nach links, der Gleichgewichtspreis sinkt, und als Folge davon wird auch das Angebot sinken.

Veränderung des Angebots

Datei:Gleichgewichtspreis angebot gif 1.png
Auswirkung eines steigenden Angebots

Wenn sich hingegen das Angebot verändert, verschiebt sich die Angebotslinie der Grafik. Ein steigendes Angebot verschiebt die Linie nach rechts unten, was den Preis drückt und die umgesetzte Menge erhöht. Eine sinkendes Angebot verschiebt die Angebotslinie nach links oben. In der Folge steigt der Preis und sinkt die Menge.

Wenn beispielsweise ein verbessertes, kostengünstigeres Verfahren zum Weizenanbau eingeführt wird, können die Anbieter für den gebotenen Preis mehr Weizen anbauen. Dies führt zu einem Überangebot an Weizen. Um ihren ganzen Weizen verkaufen zu können, müssen die Anbieter den Preis reduzieren. Dies führt dazu, dass der Weizen für mehr Abnehmer - sagen wir Bäcker - interessant wird, z.B. indem sie den Weizenmehlanteil in ihrem Brot erhöhen und damit günstigeres Brot herstellen können. In der Folge bildet sich ein neues Gleichgewicht im Weizenmarkt mit einem niedrigeren Gleichgewichtspreis und einem größeren Marktvolumen.

Unveränderliches Angebot

 
Preisentwicklung bei statischem Angebot

In manchen Märkten ist die angebotene Menge nicht nenneswert veränderbar. Beispielsweise ist die Anzahl der Konzertkarten für ein Udo-Jürgens-Konzert in Hamburg 2004 begrenzt. Sagen wir vereinfacht, es gibt für dieses Konzert 2000 Karten à 40 Euro. Wenn nun 4000 Udo-Jürgens-Fans eine Karte kaufen möchten und auch z.T. bereit wären, einen höheren Preis zu bezahlen, so kann der Veranstalter nicht mehr Sitzplätze herbeizaubern. Das Angebot an Sitzplätzen ist fest. Wenn nun Kartenbesitzer ihre zum Preis von 40 Euro gekauften Karten vor der Veranstaltung zu einem höheren Preis - z.B. 50 Euro - weiterverkaufen, stellt sich durch diesen "Schwarzmarkt" wieder das Gleichgewicht ein. Der Gleichgewichtspreis in diesem Beispiel beträgt dann 50 Euro.

Elastizität

Ein wichtiges Konzept für das Verständnis des Gleichgewichtspreises, ist die Preiselastizität. Sie gibt an, wie stark sich eine Preisänderung eines Produktes (oder einer Dienstleistung) auf die Nachfrage auswirkt bzw. wie stark sich die Änderung der Nachfrage auf den Preis niederschlägt.

Ein Preisberechnungsbeispiel

Die obige Thematik läßt sich gut mit einem konkreten Beispiel durchrechnen. Sagen wir auf dem Wochenmarkt von Volksdorf treffen sich die folgenden Anbieter und Abnehmer:

Für ein Kilo Kartoffeln

  • will Anna max. 10 EUR bezahlen
  • will Berta max. 20 EUR bezahlen
  • will Carla max. 30 EUR bezahlen
  • will Daniel mind. 5 EUR einnehmen
  • will Eckhard mind. 15 EUR einnehmen
  • will Fred mind. 25 EUR einnehmen

Durch diese Konstellation sind viele Handel möglich, einige aber auch unmöglich. Beispielsweise kann Fred problemlos an Carla verkaufen, wird sich aber mit Berta nicht auf einen Preis einigen können. Aber sehen wir, was passiert:

Alle sechs treffen sich auf dem Wochenmarkt. Fred trifft auf Carla und bietet ihr sein Kilo Kartoffeln für 25 EUR an. Anna und Berta sind zu diesem Preis nicht interessiert, aber Daniel und Eckhard wollen zu diesen Preisen auch gerne verkaufen - also gibt es bei 25 EUR drei Anbieter und eine Abnehmerin.

Carla zückt schon ihr Geld, da bietet ihr Eckhard das Kilo zu 24 EUR an. Gern zahlt Carla weniger, und da Fred nicht unter 25 EUR verkaufen will, steigt er aus. Nun unterbietet Daniel aber Eckhard und bietet das Kilo Kartoffeln für 12 EUR an. Eckhard will mindestens 15 EUR bekommen und steigt aus. Carla freut sich schon, da bietet Berta 14 EUR für Daniels Kartoffeln, denn bei einem Preis unter 20 EUR hat auch sie Interesse am Kauf.

Bei 14 EUR gibt es immernoch einen Anbieter und zwei Abnehmer, das Verhältnis Anbieter zu Abnehmer hat sich also im Vergleich zur Anfangssituation umgedreht. Damit feilschen Berta und Carla um das gleiche Kilo Kartoffeln, und Carla erhöht ihr Angebot auf 15 EUR. Bei diesem Preis steigt auch Eckhard wieder mit ein, so dass sich nun zwei Anbieter und zwei Abnehmer gegenüberstehen, die alle mit einem Preis von 15 EUR zufrieden sind. Das Gleichgewicht hat sich eingestellt und die zwei Kilo Kartoffeln werden für je 15 EUR verkauft. Fred und Anna gehen unverrichteter Dinge nach Hause, denn ihre Preiswünsche konnten nicht erfüllt werden.

 
Nachfrage und Angebot aus dem Kartoffelbeispiel

Um dieses Beispiel wieder als Grafik abzubilden, müssen wir zunächst feststellen, an welchen Punkten sich die Angebots- und die Nachfragelinien ändern. Dabei erhalten wir statt zweier Geraden zwei stufenförmige Linien. Je mehr Marktteilnehmer wir in unser Beispiel aufnehmen, desto mehr nähern sich die stufenförmigen Linien den Geraden an, da sie immer mehr und immer kleinere Stufen bekommen.

Die Stufen für die Nachfrage sind:

  • 1 kg Nachfrage bei 30 EUR (Carla)
  • 2 kg Nachfrage bei 20 EUR (Carla und Berta)
  • 3 kg Nachfrage bei 10 EUR (Carla, Berta und Anna)

Entsprechend die für das Angebot:

  • 1 kg Angebot bei 5 EUR (Daniel)
  • 2 kg Angebot bei 15 EUR (Daniel und Eckhard)
  • 3 kg Angebot bei 25 EUR (Daniel, Echkard und Fred)

Die orangefarbene Linie markiert den Abschnitt, bei dem ein Gleichgewicht vorliegt. Dies ist bei einem Preis zwischen 15 und 20 EUR der Fall. Ob Daniel nun an Berta und Eckhard und Carla verkauft oder umgekehrt und wo genau nun die Preise zwischen 15 und 20 EUR liegen, läßt sich nicht weiter vorhersagen.

Kritik

Kritiker der Theorie der Gleichgewichtspreisbildung bezeichnen diese als theoretisches Modell, das in der Praxis nicht angewendet werden könne. Insbesondere die wegen ihrer hohen Marktteilnehmerzahl oft als Beispiel für einen vollkommenen Markt gebrachten Finanzmärkte verhielten sich oft völlig anders, als durch das Modell vorhergesagt.

In der Theorie wird angenommen, dass die Marktteilnehmer wissen, unter welchem Angebotspreis sie ein Gut kaufen würden und über welchem Preis sie verkaufen würden. An der Börse ist es aber paradoxerweise so, dass Aktionäre oft verkaufen, wenn ihre Aktien unter einen bestimmten Kurs gefallen sind, um höhere Verluste zu vermeiden. Die Annahme von der Rationalität der Marktteilnehmer kann unter diesen Umständen nicht mehr aufrecht erhalten werden.

Den Kritikern zufolge ist es so, dass das Modell der Gleichgewichtspreisbildung (wenn überhaupt) nur auf Güter anwendbar ist, die einen immanenten direkten Nutzen haben, wie z. B. Brot vom Bäcker, und die nicht als Spekulationsobjekte "missbraucht" werden können.

Auch der US-amerikanische Ökonom Thorstein Veblen bezweifelte die Gültigkeit der Gleichgewichtstheorie als allgemeines Modell für die Ökonomie.

Geschichte

 
David Ricardo

Versuche, zu bestimmen, wie Angebot und Nachfrage zusammenhängen, nehmen ihren Ursprung im Buch Wohlstand der Nationen von Adam Smith, welches erstmals 1776 veröffentlicht wurde. In diesem Buch ging Smith davon aus, dass die Nachfrage zwar vom Preis des Gutes abhänge, jedoch umgekehrt keine Beeinflussung des Preises von der Nachfrage existiere. David Ricardo veröffentlichte 1817 das Buch Principles of Political Economy and Taxation, in welchem die erste Idee eines ökonomischen Modells vorgeschlagen wurde. In diesem legte er die Grundgedanken der Annahmen dar, die zur Bildung der Theorie des Gleichgewichtspreises führten.

Im späten 19. Jahrhundert entstand die Idee des Grenzpreises. Gründer dieser neuen Schule waren im Wesentlichen Stanley Jevons, Carl Menger und Leon Walras. Der Grundgedanke daran war, dass der Preis durch den höchsten Preis festgesetzt wurde, den ein Käufer zu zahlen bereit war, d.h. den Grenzpreis. Das war eine substantielle Verbesserung gegenüber den Gedanken von Adam Smith zur Bestimmung des Angebots-Preises.

Letztendlich kombinierten Alfred Marshall und Leon Walras ihre Ideen über den Angebots- und Nachfrage-Preis und betrachteten den Gleichgewichtspunkt, an dem sich die beiden Kurven schnitten. Sie begannen ebenfalls damit, die Einflüsse verschiedener Märkte untereinander zu betrachten. Seit dem späten 19. Jahrhundert hat die Theorie von Angebot und Nachfrage kaum noch Veränderungen erfahren. Die größte Aufmerksamkeit richtet sich nun auf Fälle, in denen Marktversagen herrscht, z. B. bei Monopolen, irrationalen Handlungsweisen der Marktteilnehmer und die Betrachtung der Transaktionskosten.

Literatur

Kritik: