Hinduismus bezeichnet die nach Christentum und Islam mit ca. 800 Mio. Anhängern drittgrößte Religionsgruppe und hat ihren Ursprung auf dem indischen Subkontinent. Angehörige dieser Religionen werden meist Hindu genannt. Er ist keine Religionsgemeinschaft, sondern eine Gemeinschaft vieler Religionsgemeinschaften ist. Der Hindu sucht sich aus vielen Göttern (ca. 3 Mio.) seinen Gott heraus. Es gibt kein Glaubensbekenntnis, keinen einheitlichen Gott und keinen Religionsstifter wie etwa Jesus oder Buddha. Übereinstimmungen gibt es jedoch bei der Lehre von Leben, Tod und Erlösung.
Hindu
"Hindu" bezeichnete ursprünglich den Fluss Indus, dann auch die umliegenden Regionen und ihre Bewohner: "Hindu" bedeutete früher einfach nur "Inder". Bereits der persische König Kyros (6. Jahrhundert v. Chr.) und später Alexander der Große (ca. 300 v. Chr.) haben die dort ansässige Bevölkerung nach dem Indus benannt. Das änderte sich mit der islamischen Eroberung Indiens zu Beginn des 8. Jahrhunderts. Die Muslime, die in Indien sesshaft wurden, bezeichneten sich selbst nicht als Hindus, also als Inder, sondern benutzten dieses Wort nur für die nicht-muslimischen Einwohner des Landes. Zum Islam bekehrte Inder nannte man "Hindustani". So bekam der ursprünglich rein geographische Begriff eine religiöse Bedeutung, jedoch lediglich eine negative: Hindu war man nicht, weil man etwas Bestimmtes glaubte oder tat, sondern wenn man nicht dem Islam angehörte.
Nach islamischem Recht müssen Nicht-Muslime eine Kopfsteuer zahlen; "Hindu" wurde somit auch zur Bezeichnung einer Steuerklasse. Das System überlebte die Jahrhunderte und wurde schließlich von den britischen Kolonialherren übernommen. Dabei herrschte das Missverständnis, "Hindu" sei der Name für Angehörige eines bestimmten Glaubens. Diese (vermeintliche) Religion, von den Briten seit etwa 1830 "Hinduismus" genannt, erschien den Kolonialherren verständlicherweise sehr wirr, unübersichtlich, sogar widersprüchlich. In der Religionswissenschaft bemüht man sich heute, genauer zwischen den einzelnen Hindu-Religionen zu unterscheiden, verwendet aber weiterhin den Sammelbegriff "Hinduismus", der sich im allgemeinen Sprachgebrauch eingebürgert hat.
Verbreitung
In Indien gehören 80,5 Prozent der Bevölkerung zum hinduistischen Glauben. [1] Seit der britischen Herrschaft in Indien ist hinduistisches Gedankengut in Europa und Nordamerika bekannt geworden, und Migration hat zum Aufbau hinduistischer Tempel und Gemeinden in vielen Ländern geführt. Weltweit gibt es etwa 811 Millionen Anhänger.
Götter
Der Hinduismus kennt eine Vielzahl von Göttern und Göttinen (ca. 3.000.000). Aus ihnen kann sich der Hindu selber wählen welchen Gott er anbeten will. Im Folgenden werden die wichtigsten vorgestellt:
- Shiva: Zusammen mit Vishnu der höchste Gott; Schöpfer und Zerstörer des Alls. Sein Symbol ist ein Dreizack
- Vishnu: Vishnu ist der Welterhalter. Er wird meistens auf einem Lotusblatt stehend abgebildet. Seine Gefährtin ist Lakshmi die Göttin der Schönheit.
- Ganesh: Ganesh, der Sohn von Shiva und Parvati (einer weiteren Göttin) , trägt einen Elefantenkopf, weil Shiva ihm in einem Anfall von Wut den Kopf abschlug und ihm deshalb vom nächstbesten Lebewesen den Kopf aufsetzen mußte, um ihn wieder zum Leben zu bringen. Das erstbeste, gerade greifbare Lebewesen war ein Elefant.
- Krishna: Krishna wuchs bei den Hirten auf. Deshalb wird er auch Hirtengott genannt. Er wird oft mit Flöte dargestellt.
- Brahma: Brahma hat vier Köpfe, die seinen vollständigen Überblick als Weltenschöpfer symbolisieren. Jedem Gott ist ein Reittier zugeordnet. Brahmas Reittier ist Hamsa, die Wildgans
Schriften, Glaubensrichtungen & Gurus
Der Hinduismus kennt keine Gründerfigur (wie etwa Jesus im Christentum oder Buddha im Buddhismus). Es gibt auch keine Wohldefinierte Schriftensammlung, die alleingültig ist oder als vollständig gilt. Dennoch gelten die Veden und die Bhagavad Gita als die grundlegenden Schriften des Hinduismus sowie hauptsächlich der Vedanta und die Upanischaden (Geheimlehren).
Gleichzeitig gibt es viele einander teilweise widersprechende Richtungen im Hinduismus, die aufgrund ihrer unterschiedlichen zugrundeliegenden Schriften, Traditionen und Gottesvorstellungen als eigenständige Religionen angesehen werden. Brahma, Vishnu, Shiva und Shakti sind jedoch in den meisten Richtungen verehrte Hauptgottheiten. Götter, Menschen und Tiere durchwandern nach hinduistischer Glaubensvorstellung in einem durch ewige Wiederkehr gekennzeichneten Kreislauf die Yuga genannten Weltzeitalter. Während des Lebens wird je nach Verhalten gutes oder schlechtes Karma angehäuft. Dieses Gesetz von Ursache und Wirkung von Handlungen beeinflusst nach hinduistischer Vorstellung zukünftige Reinkarnationen (Samsara) und die Erlösung (Nirvana), das Aufgehen des Atman (Atman ist ein Stück von Brahman das jeder in sich trägt. Es ist NICHT zu vergleichen mit der Seele, da die Seele etwas individuelles (also bei jedem verschieden) und das Atman immer das gleiche ist) in das "kosmische Bewusstsein" (Brahman). Die persönliche Erleuchtung ist der Endpunkt der Entwicklung des Geistes und je nach Realisation des Suchers kann diese durch viele Methoden (z.B. Yoga) erreicht werden. Die Zugehörigkeit zu einer Kaste hat für indische Hindus trotz Streichung des Kastensystems aus der Verfassung weiterhin große soziale Relevanz.
Indische Glaubensrichtungen wie Sikhismus oder Jainismus, die im letzteren Sprachgebrauch manchmal unter Hinduismus gefasst werden, sind ebenfalls im Westen bekannt. Diese lehnen aber die Zugehörigkeit zum Hinduismus für sich ab.
Ausprägungen des Hinduismus
Wieweit die "geheimen Lehren" der Hinduschriften, die Upanischaden, die westliche Philosophie beeinflussten, kann heute nur erahnt werden. Sicher ist, dass Arthur Schopenhauer sich immer darauf bezogen hat. Der Solipsismus von Johann Gottlieb Fichte ist auch ein Ausdruck davon und viele Hegelsche Ansätze.
Im Gegensatz zu den anderen großen Religionen, bei denen ein Mittler zwischen Gläubigen und göttlicher Kraft fungiert, wie zum Beispiel der Rabbi im Judentum oder der Priester im Katholizismus, ist dieses Konzept im Hinduismus nicht vorgesehen. Jedem Hindu ist im Rahmen komplexer Verhaltenskodizes und gesellschaftlicher Differenzierungen (Kaste) der direkte Umgang mit seinem Gott möglich.
Gleichwohl ist das Konzept des Guru weit verbreitet. Jeder Guru bringt seine Realisation ein und hat Schüler, die ihm folgen. So haben viele spirituelle Lehrer (Gurus) in ihren Schriften ihre persönliche Lehre hinterlassen. Das führte bei vielen Menschen im Westen zu einer Missinterpretation der hinduistischen Religion.
Den weitreichenden Ansatz des Hinduismus kann man ebenfalls gut kennenlernen, wenn man das Leben ihrer Heiligen (Erleuchteten) studiert.
Ein Beispiel dafür ist Ramakrishna, ein großer Heiliger im 19. Jahrhundert. Sein Meisterschüler Swami Vivekananda brachte die Yogalehre des Vedanta und seine Auslegung dieser Schriften Ende des 19. Jahrhundert nach Europa und Amerika.
Seine Schriften für den Westen waren insbesondere:
- Raja Yoga, hierin enthalten ist besonders der Text von Patanjali zu erwähnen (200 n. Chr.). Dieser Text: "Die Yogasutras des Patanjali" wurde ganz in "Raja Yoga" aufgenommen und von Vivekananda interpretiert. Er ist der Basistext seiner Yoga (Methode).
- Karma Yoga: Dies ist die Art des Yoga die sich auf das Handeln bezieht. Es gibt einen Gottesdienst und einige Parallelen zum Christentum. Zudem bestehen Hygieneregeln und andere Pflichten. Karma Yoga gilt als die leichteste Übung, denn sie ist verträglich mit dem normalen Leben und man muss nur einige Riten achten. Der Yoga, durch gute Taten ein gutes Karma (Schicksal) zu verdienen und so der Erleuchtung näher zu kommen.
- Jnana Yoga, der Yoga der Weisheit, der Weg der Philosophen. Diese Variante erfolgt unter Anleitung eines Gurus. Es werden heilige Schriften gelesen und man muss Eins werden mit "dem Göttlichen", dem Brahman.
- Bhakti Yoga, der Yoga der göttlichen Liebe und Hingabe. Ein Hindu dieses Glaubens denkt monotheistisch; sein Gott erscheint ihm in einer bestimmten Form, z. B. Krishna. Man sollte bei dieser Art des Yoga den Weg des Wissens gehen, der durch intensive Yoga-Übungen gewonnen wird. Ziel dieser Yoga-Art ist es das Geheimnis Gottes zu erfahren, welches besagt, dass der Hindu nur an ihn glauben soll und sich ihm völlig hingeben soll.
Swami Vivekanada war der Wegbereiter von Paramahansa Yogananda, der 1920 in die USA kam und mit seiner "Autobiographie eines Yogi" nach mehr als 30 Jahren im Westen (Los Angeles) etwa 100.000 Schüler des Kriya-Yoga (ein spezieller Kundalini-Yoga seines Meisters Shri Yukteswar) in den USA und Europa hinterließ.
In den 1930er und 1940er Jahren zog Shri Ramana Maharishi (* 30. Dezember 1879 - † 14. April 1950), der große Weise vom Berg Arunachala (Morgenrot), in Südindien viele Suchende aus Ost und West an. Er ist für seine Anhänger auch heute noch der Beweis für die Realisation des "Ich bin". Prof. Heinrich Zimmer, Schwiegersohn von Hugo von Hofmannsthal, widmete dieser Suche ein Buch. Paul Brunton machte Shri Ramana Maharishi in Amerika bekannt und viele Schüler aus dem Westen reisten nach Indien. Auch heute ist Shri Ramana der Inbegriff für die Realisation im Jnana Yoga. (Was ist das in mir, das "Ich" sagt? Durch die langjährige innere Frage nach dem Ich löst sich dieses auf, und die wahre göttliche Natur des Menschen offenbart sich.)
Weitere Gurus folgten, so machte George Harrison von den Beatles seinen Guru Maharishi Mahesh Yogi, den Begründer der Transzendentalen Meditation (TM), im Westen bekannt; ebenfalls von ihm verbreitet wurde die Religiosität des sog. "Hare Krishna".
Weiter ist Sathya Sai Baba im Westen bekannt. Sai Baba lebt mit seinen Schülern in Indien in seinem Ashram Prashanti Nilayam, bzw. Whitefield bei Bangalore; er hat neben seinen angeblich 12 Millionen indischen Anhängern auch viele devotees aus dem Westen. Er lehrt einen Yoga des Herzens (Bhakti Yoga), aber er ist auch fest in der indischen Tradition verhaftet. Bekannt wurde er auch durch physische Manifestationen, deren Wahrheitsgehalt umstritten ist.
Für Schlagzeilen sorgte ein Tantra-Guru Bhagwan, später Osho in den 1980er Jahren in der Weltpresse. Seine Anhänger, die sich Sanyasins nannten, und zuerst in orangefarbener, später in roter/rosafarbener Robe gekleidet sind, haben besonders in Deutschland (etwa 50.000 Sanyasins) aber auch in vielen weiteren europäischen Ländern und in den USA die (esoterische) Seminarlandschaft in vielen Bereichen bis heute geprägt. Von seinen Anhängern werden zahlreiche Presseberichte, die Geschenke an den Guru - unter anderem zahlreiche Rolls Royce in verschiedenen Pastellfarben - als Sensation des religiösen Wahnsinns aufzuzeigen, zurückgewiesen.
Rollenbilder
Rolle der Frau
Die Frauen wurden in Indien mit größerem Respekt behandelt als in anderen antiken Kulturen. Professor H.H. Wilson sagte, dass man mit Zuversicht feststellen kann, dass in keiner anderen antiken Nation die Frauen in so großer Achtung standen wie bei den Hindus. Einige Hymnen der Rig Veda wurden von Frauen geschrieben, und in der Brhadaranyaka Upanishad finden wir einen Dialog zwischen der gelernten Tochter von Vachaknu Gargi und Yajnavalkya. Frauen erhalten die gleiche Erziehung wie die Männer und können auch religiöse Riten ausführen.
Mutterschaft
Die Hauptaufgabe der Frau im Hinduismus ist die Mutterschaft. Frauen sollten möglichst viele Söhne bekommen. Töchter haben einen geringeren Wert, da bei der Hochzeit die Mädchen die Mitgift mitbringen müssen und die Familie durch Mitgiftzahlungen für zu viele Töchter auch verarmen kann. Diese Geringschätzung von Mädchen führt oft zur Abtreibung weiblicher Nachkommen. Diese hohe Abtreibungsrate ist ein Problem, für das bisher aber noch keine Lösung gefunden worden ist.
Witwen
Die Aufgabe der Frau ist es, dem Mann auch nach seinem Tode treu zu bleiben und ihn auch nach seinem Ableben zu ehren. Manchmal führt dies sogar so weit, dass sich die Frau bei der Feuerbestattung ihres Mannes lebendig verbrennen lässt. Diese so genannte Witwenverbrennung (sati) gibt es teilweise auch heute noch. Sie macht deutlich, wie stark die Rolle der Frau im Hinduismus auch heute noch traditionsbestimmt ist.
Religion
Hinduistische Frauen sind oft genau so religiös, eventuell sogar noch religiöser als hinduistische Männer; alle wichtigen Ämter, z. B. Priesterämter, werden jedoch mehrheitlich von Männern ausgeübt. Frauen sind in vielen Richtungen des Hinduismus von der Aufnahme in religiöse Orden ausgeschlossen. Es gibt auch sehr viel mehr männliche Yogis als weibliche. Dr. V L. Manjul, ein Gelehrter des Bhandarkar Oriental Research Institute aus Pune, sagt, dass zwischen 1986 und 1996 etwa 6000 Frauen als Purohits (Priester) ausgebildet wurden, und heute gebe es mehr weibliche Purohits als männliche.
Familie
In der Familie hat ganz klar der Vater das Sagen. Mutter und Töchter haben ihm zu dienen (Patriarchat). Er trifft alle wichtigen Entscheidungen, beispielsweise über Geldangelegenheiten, Hochzeit usw.
Die Hochzeit wird von den Eltern arrangiert. Sie ist eine eher wirtschaftliche Angelegenheit. Eine Liebeshochzeit gibt es nur in sehr wenigen Fällen. Ein wichtiger Punkt, um den es auch oft Streitigkeiten zwischen den Familien gibt, ist die Mitgift. Die Familie der Braut muss der anderen Familie eine Mitgift zahlen; diese nimmt die Tochter anschließend dafür in die Familie auf. Bis zur Geburt ihres ersten Sohnes hat die Braut ein schweres Leben, denn sie ist in jeglichen Beziehungen der Familie ihres Mannes untergeordnet und muss hart arbeiten und der Familie dienen. Zu ihren alten Freunden hat sie kaum noch Kontakt und sie beginnt praktisch ein vollkommen neues und nach ihrem Ehemann gerichtetes Leben.
Die heilige Kuh
Da die Menschen abhängiger waren von Milchprodukten als zuvor und die einzige Quelle Kühe waren war die Kuh lebenswichtig also heilig. Eine lebende Kuh brachte mehr Nahrung als eine Tote.
Anmerkung
In diesem Artikel ist die Schreibweise von Worten, die aus dem Sanskrit oder seinen modernen Formen Hindi und Bengali, sowie aus dem Drawidischen oder Tamil stammen, nicht notwendigerweise in Einklang mit etablierten Normen.
Siehe auch
Weblinks
Begriffe des Hinduismus erklärt
Einführung in den Hinduismus und die wichtigsten Götter des Hinduismus