Andreasplatz

nicht erhaltener Platz in Berlin
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 31. Januar 2008 um 12:44 Uhr durch BLueFiSH.as (Diskussion | Beiträge) (hat „Andreasplatz (Berlin)“ nach „Andreasplatz“ verschoben und dabei eine Weiterleitung überschrieben: verschieben auf klammerloses Redirect-Lemma. wenn schon dann BKL anlegen.). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Der Andreasplatz war als ehemaliges Zentrum der Stralauer Vorstadt ein historisch bedeutsamer Platz im heutigen Ortsteil Friedrichshain in Berlin. Er befand sich in dem Bereich, in dem die Kleine Andreasstraße auf die Andreasstraße stieß und verschwand um 1960 mit der Neubebauung des Viertels.

Andreasplatz 1899

Geschichte und Bedeutung

Marktplatz der Stralauer Vorstadt

Der Andreasplatz erhielt seinen Namen am 25. März 1865, da er als Platz an der Andreasstraße lag. Ebenso wie die Kleine Andreasstraße sind beide nach dem Apostel Andreas benannt, da sich am südlichen Ende der Andreasstraße, dem heutigen Stralauer Platz, die im 2. Weltkrieg zerstörte Andreaskirche befand. Die Andreasgemeinde im Stralauer Viertel bestand bereits seit 1853. In den Planungen des Stralauer Viertel wurde er dagegen nur als Platz D geführt.[1]

Bis 1888 fanden auf dem Andreasplatz die regelmäßigen Wochenmärkte des Stralauer Viertels statt, wobei um 1880 594 einzelne Marktstände verzeichnet waren. Der letzte Markttag auf dem Platz lag am 27. April 1888 und wurde dann in die am am 1. Mai 1888 eröffnete Markthalle VIII in direkter Nachbarschaft an der Kleinen Andreasstraße verlegt. Der Platz blieb allerdings auch weiterhin zentraler Treffpunkt des Viertels.

Optische Aufwertung und Zillekiez

Am 9. April 1896 wurde in der Stadtverordnetenversammlung beschlossen, den Platz künstlerisch auszugestalten und damit aufzuwerten. Geplant wurden eine von zwei Skulpturen flankierte halbrunde, monumentale Sitzbank mit hoher Lehne, die hinter einer Fontäne errichtet werden sollte, den Auftrag zur Gestaltung bekam der damals bereits nicht mehr im Amt befindliche ehemalige Stadtbaurat Hermann Blankenstein. Die Fundamente waren bereits im November 1896 fertiggestellt, die seiltichen Marmorgruppen verzögerten sich allerdings. Am 26. November wurde zudem ein bronzenes Reliefmedillon des Bildhauers Reinhold Felderhoff der Borussia in die hohe Sitzlehne integriert. Die beiden Skulpturen wurden 1898 beendet und aufgestellt.

Bei den Skulpturen handelte es sich um zwei Bildnisse, die optisch an die Bewohner des Viertels anknüpfen sollten und somit für die wilhelminische Zeit, in der vor allem Adlige mit Skulpturen bedacht wurden, untypisch waren:

 
Wilhelm Haverkamp: Handwerker mit Sohn

Die rechte Skulptur, die von Edmund Gomansky errichtet wurde und als Muttergruppe bekannt ist, stellte dabei das bürgerliche Ideal der Hausfrau, Gattin und Mutter in der Kaiserzeit dar. Es handelt sich um eine Frauengestalt mit einem schlafenden Kind im Schoß, wobei der Künstler bewusst auf das Vorbild historischer Modonnenikonen zurückgriff.[2] Bei der linken Skulptur handelte es sich um einen Handwerker mit seinem Sohn von Wilhelm Haverkamp, bekannt als Vatergruppe.[3] Es handelte sich hierbei um das einzige bekannte monumentale Arbeiterstandbild der wilhelminischen Zeit, wodurch die Skulptur besonderes Aufsehen erregte. Sie zeigt einen Schmied bei der Arbeit und dessen Sohn, der nach dem Hammer greift, um symbolisch seinem Vatervorbild den Hammer abzunehmen und in dessen Tradition weiterzuführen. Das Bildnis idealisiert dabei den Arbeiter in romantischer Art und die zeitgenössische Zeitschrift „Der Bär“ schrieb dazu: „Das Bildwerk verherrlicht die Schönheit, die aus Kraft und Arbeitsfleiß emporblüht“[4] In der Folge leitete sich das in Berlin sprichwörtliche Arbeiterstandbild von dieser Skulptur. Es ist bis heute gebräuchlich zur Bezeichnung eines Arbeiters, der sich auf seinem Werkzeug wie etwa einer Schaufel, ausruht.[5]

 
Heinrich Zille: Mein Milljöh

Der Platz entwickelte sich allerdings nicht zu einer Repräsentanzfläche sondern entsprechend der Bewohner und der Struktur zu einem Kiezplatz inmitten des bekannten Zille-Milieu. Heinrich Zille beschrieb zwar nie die Plätze und Häuser direkt, wuchs allerdings, aus Dresden kommend nach 1867 in der Kleinen Andreasstraße auf und lebte entsprechend inmitten der Mietskasernen rund um den Andreasplatz seiner Zeit. Diese wurden zum Hauptsujet seiner späteren Werke. Der Andreasplatz entwickelte sich zudem zu einem Zentrum des Berliner Rotlichtviertels um den damaligen Schlesischer Bahnhof, dem heutigen Ostbahnhof. Auch der bekannte Berliner Serienmörder Carl Großmann lebte hier und fand seine Opfer, vor allem Prostituierte, als Bsitzer eines Wurststands am Platz.

Auflösung des Platzes um 1960

Um 1960 verschwand der Andreasplatz mit der Neubebauung des Viertels vollständig aus dem Berliner Stadtbild. Die Sitzbank wurde entfernt und die beiden Skulpturen stehen bis heute an getrennten Standorten. So findet sich die Vatergruppe schräg gegenüber des damaligen Andreasplatz isoliert auf einer Wiese an der Rückseite des von Ludwig Hoffmann gebauten Andreasgymnasiums. Sie stellt heute das letzte Denkmal aus der wilhelminischen Zeit in Friedrichshain dar[3] Die Muttergruppe steht heute im Volkspark Friedrichshain in der Verlängerung der Virchowstraße und damit hinter der Frauenstation des Krankenhauses Friedrichshain, wodurch sie heute auch thematisch in einen neuen Kontext gesetzt wurde.[2]

Belege

  1. Eintrag im Straßenlexikon luise-berlin.de
  2. a b Mende 2003 und luise-berlin.de
  3. a b Mende 2003 und luise-berlin.de
  4. zitiert nach Feustel 2001
  5. Berliner Wörter von A–Z

Literatur

  • Jan Feustel: Verschwundenes Friedrichshain. Bauten und Denkmale im Berliner Osten Heimatmuseum Friedrichshain, Berlin 2001.
  • Hans-Jürgen Mende, Kurt Wernicke (Hrsg): Berliner Bezirkslexikon Friedrichshain-Kreuzberg. Haude & Spencer, Berlin 2003. ISBN 3-77590-474-3