Diskussion:Kastell Rißtissen
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Diese Diskussionsseite wurde aufgeräumt. Dies betrifft nur der Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit dienende Formatierungen und Gliederungen bis zum 09. Jan. 2008. An den Inhalten und der Rechtschreibung wurde nichts verändert. --Hartmann Linge 22:24, 11. Jan. 2008 (CET) |
Nachberücksichtigte Quellen zur Frage der antiken Namensgebung
Verehrter Heimathirsch!
Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa. Ich hatte das tatsächlich völlig aus den Augen verloren. Nachdem ich nämlich zwischenzeitlich bei:
- Oscar Paret:Württemberg in vor- und frühgeschichtlicher Zeit. S. 402. Kohlhammer, Stuttgart 1961,
zu Rißtissen den bemerkenswerten Satz fand:
Dieser bedeutende Ort war wohl das von Ptolemäus genannte Riusiava.
Und nachdem weiterhin
- Philipp Filtzinger:Die römische Besetzung Baden-Württembergs. In: Philipp Filtzinger, Dieter Planck und Bernhard Cämmerer (Hrsg.): Die Römer in Baden-Württemberg. 3. Auflage. S. 23-116, hier: S. 42f. (Kastelle an der oberen Donau). Theiss, Stuttgart 1986. ISBN 3-8062-0287-7,
dies durch eine schlichte Fragezeichensignierung zumindest nicht ausschloss, werde ich das selbstverständlich neu formulieren. Ich hatte sogar schon begonnen, Dir die entsprechenden Kapitel/Stellen einzuscannen. Keine Ahnung, was mir dann dazwischen gekommen war. Schicke Dir das spätestens morgen Nacht per Mail.
Gruß, Hartmann. --Hartmann Linge 01:00, 7. Feb. 2007 (CET)
- Vereehrter Autor!
- Als Hirsch stößt man nach. Ein zwanghafter Reflex. Gutta cavat lapidem sed Riusiava manet.
- Gruss Cervus patrioticus
Neuere Aspekte zur Frage der antiken Namensgebung
Guten Tag, hier schreibt ein Geschichtsbuchautor: mir ist ein eklatanter Fehler in der Darstellung über das Kastell Rißtissen aufgefallen. Der in der Antike genannte Ort Riusiava ist mitnichten mit dem Kastell bei Ehingen/Donau gleichzusetzten. Die Begründung beruht auf der nicht gerade sonderlich ausgeprägten Namensähnlichkeit. Die Gleichsetzung des vorrömischen Namens Riusiava mit dem germanischen Namen Riß (für Flußreuse) ist sprachlich nahezu unmöglich. Außerdem: Die von Ptolemäus genannte betreffende Städtereihe, die mit Tarodunum (Zarten bei Freiburg) beginnt, mit Riusiava fortfährt und danach das oppidum Kelheim (Niederbayern) nennt, betrifft nur antike Großsiedlungen, die NÖRDLICH der Donau und nicht südlich von ihr liegen. Für Riusiava ist demnach das größte keltische Oppidum, der Heidengraben - eine 1700 Hektar große spätkeltische Gross"stadt" auf der Schwäbischen Alb bei Bad Urach - in Betracht zu ziehen. Neueste Literatur: Thomas Knopf (Hrsg.)Der Heidengraben bei Grabenstetten. Band 141 der Reihe Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie. Bonn, 2007, Seite 119. Gruss juergen.meyer.belsen@t-online.de
- Danke für diesen interessanten Einwand, sehr geehrter Geschichtsbuchautor!
- Zugegeben: Rißtissen mit dem von Ptolemäus erwähnten "in der Nähe der Donau" gelegenen römischen Ort Riusiava gleich zu setzen, ist ebenso unbewiesen wie die Vermutung bei Riusiava handele sich um die große keltische Siedlung "Am Heidengraben" bei Grabenstetten. Die Rißtisser These stützt sich hauptsächlich auf die Beobachtung Knorrs ( "Rißtissen, das Riusiava des Ptolemäus" in Germania 16.1932; de Gruyter; S. 143 f ), die Namen der römischen Kastelle an diesem frühen räthischen Donaulimes seien überwiegend von den Namen der nächstgelegenen Flüße oder Bäche abgeleitet. Die damaligen Flußnamen waren keltischen Ursprungs. Damit konnten die römischen Truppen schon anhand des Kastellnamens die geografische Lage des Kastells bestimmen (z.B. das römische Kastell in Günzburg an der Günz, nahe der Mündung der Günz in die Donau gelegen hieß nachweislich " Guntia " ). Diese Namen enthielten immer zwei Koordinaten: linkes ( südliches ) Donauufer und die Mündung des Nebenflusses. Knorr meint z. B. auch, das östliche Nachbarkastell Rißtissens Unterkirchberg müsse aus dem gleichen Grunde müsse das auch von Ptolemäus erwähnte Viana sein, denn es liege unmittelbar an dem Flüßchen Weihung, das nahe dem Ort Wain entspringt und auf lateinisch vermutlich Viana hieß. Im Falle Rißtissens ist der entsprechende südliche Nebenfluß der Donau in dessen Nähe das Kastell liegt die Riß. Wie Sie richtig schreiben läßt sich dieser Flußname von dem germanischen Wortstamm für "Reuse" (Fischreuse) ableiten. Ich gebe Ihnen auch Recht, daß ein germanischer Flußname im ersten oder zweiten Jahrhundert n. Chr. südlich der oberen Donau eher unwahrscheinlich ist. Nun ist es im Falle der Riß aber so, daß der germanische Wortstamm und der Keltische Wortstamm für das deutsche Wort Reuse gleichlautend sind. Ein keltischer Name ist für diesen Fluß im ersten Jahrhundert eher wahrscheinlich. Vielleicht ist Riusiava eine latinisiert geschriebene lautmalerische und verballhornte Nachbildung des damaligen keltischen Flußnamens "rius" oder "riss" oder vielleicht "Rißaue" ( für letzteres spricht die altgriechische Schreibweise Riusiavus ). Lesen Sie bitte auch: "Rißtissen- Wikipedia" .Übrigens: Der heutige Ortsname Rißtissen ist mit Sicherheit keine lautmalerische Nachformung des römischen Ortsnamens Riusiava. Ein entfernter Gleichklang ist, wenn wir einmal die erste Silbe Riss - Rius ausnehmen, rein zufällig, Wie die meisten römischen Orte südlich der Donau und westlich der Iller war Rißtissen nach dem Rückzug der Römer ab dem Jahr 260 n. Chr. durch Jahrhunderte verwaist. Es gibt keine Kontinuität zwischen der römischen und der alemannischen Besiedlung, die um 500 einsetzte. Erst zu Zeiten Karls des Großen taucht Riusiava wieder als "Dissa" , "Tisa" oder "Tusa" auf. Zwischen Tissa und Riusiava gibt es keinen Gleichklang. Bei dem Namen Dissa uder Tussa verbleibt es bis in die Neuzeit. Erst dann wird zur Unterscheidung zu Tissen an der Iller, heute Illertissen und anderen damals gleichnamigen Orten ( z.B. Großtissen bei Saulgau ) dem Ortsnamen der Flußname Riß vorangesetzt. Die Bürger von Rißtissen nennen ihren Ort noch heute "Tissa" ( ohne das Präfix "Riß" ). Die überzeugendsten Erklärungen für die These das ptolemäische Riusiava könnte dem heutigen Rißtissen entsprechen liefert in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts der schon erwähnte Robert Knorr aaO .
- Nach neueren Forschungen scheint Rißtissen zu Lebzeiten Ptolemäus, zu trajanischen Zeiten also, ein nicht unbedeutender Ort gewesen zu sein. Interessant und mir neu ist Ihre These, die von Ptolemäus aufgezählten Orte müßten sich alle nördlich der Donau befinden. Worauf stützt sich diese These? Bei dem von Ihnen erwähnten Zarten ( oder Kirchzarten ) z.B. waere dies zumindest diskutabel, denn Zarten liegt weder südlich noch nördlich der Donau. Die Donau "entspringt" ein gutes Stueck östlich von Zarten. Schließen Sie das aus dem Verständnis der Römer, daß die Gebiete ( jedenfalls bis zu den Lebzeiten Ptolemäus ) südlich der Donau niemals zu Germania gehört hatten? Dem widerspricht, daß Ptolemäus hier selbst Orte nennt, die südlich der Alpen ( z.B.Mediolanum) liegen. In dem Kapitel seines Buches Geographike Hyphegesis in dem Riusiava nach Taradonum ( Kirchzarten bei Freiburg/Br ) und Arae Flaviae (Rottweil ) an dritter Stelle aufgezählt wird, wird als gemeinsames Charakteristikum aller dieser Orte lediglich gesagt sie seien nahe der Donau gelegene Orte ( "sunt prope Danubium fluvium oppida" ) .
- Gruss profistauff@hotmail.com (23.12.2007)
- Warum Riusiava nicht südlich der Donau lag und deshalb nicht mit Rißtissen identisch ist, sondern mit der Keltenstadt auf dem Heidengraben bei Bad Urach/Kreis Reutlingen.
- Pt. hat in der bei ihm üblichen Beschreibungen erst die Grenzen genannt, dann die Gebirge, dann die Aufzählung der zahlreichen Völkerstämme, dann den Katalog mit den Städtenamen folgen lassen. Gegliedert nach vier "Klimata" d.h. nach vier unter je rund 2 Breitegraden "west-östlich sich erstreckenden Landstreifen" oder Zonen, die vom Rhein ins Landesinnere laufen und von Norden nach Süden gezählt werden. In jeder Zone werden die Städte in west-östlicher Richtung aufgeführt.
- Von der vierten Zone mit ihren 19 Städtenamen, die für Riusiava maßgebend ist, wird von Pt. ausdrücklich betont (II 11,15), dass ihre Städte "entlang der Donau liegen". Bis hierhin herrscht in der Forschung Einvernehmen.
- 1): Aber Pt. meint mit "entlang der Donau" selbstverständlich die Nordseite des Stroms, wie schon aus der Beschreibung der Südgrenzen der Germania (II 11,3) hervorgeht sowie zusätzlich den Grenzbeschreibungen der Provinzen Rätien mit Vindelikien (II 12,1) und Noricum (II 13,1) entnommen werden kann, in denen die Donau als Nordgrenze beider Provinzen bezeichnet wird.
- 2): Einmal ganz abgesehen davon: Die Angaben die Pt. hinsichtlich der geografischen Lage macht sind eigentlich so genau, dass Rißtissen nie und nimmer für Riusiava gehalten werden kann. Allerdings wird das nicht gleich ersichtlich: Wer die Angaben bei Pt. mit denen in einem modernen Atlas vergleicht, wird auf Anhieb sehen, dass Werte für von ihm genannten Städte zu niedrig liegen. Mit anderen Worten: die Orte liegen alle auf einer Linie die südlich des Bodensees entlang läuft und sie stimmen daher alle um ein Grad nicht. Wie dieser Fehler zustande kam (falsche Abschrift?) sei dahingestellt.
- Riusiava läßt Pt. auf 47°30' liegen. Die Keltenstadt bei Urach liegt modern gemessen auf 48°31'. Alkimoennis läßt Pt. auf 47°30' liegen. Die Keltenstadt bei Kehlheim liegt modern gemessen auf 48°54'. Auch die Donauquelle läßt Pt. auf 46°50' setzen. Das von ihm gemeinte Kastell Hüfingen an den Donauquellen liegt modern gemessen auf 47°55' usw. Man kann also sagen, dass die Werte von Pt. als äußerst genau zu bezeichnen sind, wenn man den einen fehlenden Breitengrad dazuaddiert (die Verschiebung um eine Bogenminute beträgt 1,85 km)
- 3): Eine dritte große Schwierigkeit, Riusiava mit Rißtissen gleichzusetzen scheint allen eifrigen Forschern bisher völlig entgangen zu sein liefert: Im Kapitel über Rätien mit Vindelikien nennt Pt. im westlichen Rätien direkt "unter" also südlich der Donau VIER Städte in west-östlicher Abfolge (II 12,3). Damit sind die vier Kastelle gemeint, die innerhalb der rätischen Provinz an der Donausüdgrenze lagen: Ennetach, Emerkingen, Rißtissen, Unterkirchberg. Von den vier bei Pt. genannten Orten heißt die vierte und östlichste Phainiana, was mit dem Kastell Unterkirchberg (Alb-Donau-Kreis) identisch ist. Dies ist längst gesichert und allgemein bekannt, zuletzt in dem Standartwerk "Die Römer in Baden-Württemberg" verankert - nur falsch auf Wikipedia.
- Nun ist das nächste Kastell längs der Donau westlich von Unterkirchberg unser Rißtissen und muss deshalb den Namen der dritten von Pt. genannten Stadt "Viana" getragen haben und kann deshalb auch nicht Riusiava geheißen haben. Selbst wenn, rein hypotetisch, Unterkirchberg tatsächlich "Viana" hieße, blieben immer noch zwei weitere Namen (liegen mir grad nicht vor)aus der vier Städtenamen umfassenden Liste von Pt. übrig. Und ein Kastell blieb am Ende namenlos.
- juergen.meyer.belsen@t-online.de 6.1.08 18 Uhr
- Guten Morgen! Mir gefaellt Ihre Methode die römischen Ortsnamen rein aus der Logik des Buches von Pt, geografisch zu positionieren. Ihre Argumentation ist in sich schlüssig. Hinzukommt, daß der zweite Ortsname der Aufzählung des Pt., (Arae Flaviae) nachweislich im heutigen Rottweil lag. Auch das stützt Ihre These, daß in etwa die Distanz eines Breitengrades den uns überlieferten Breitenangaben Pts hinzugezählt werden muß. Ich erinnere mich, gelesen zu haben, daß die Distanzen (offenbar aber nicht die Nummerierung der Breitengrade) zwischen Breitengraden des Pt. und die der heutigen Breitengrade theoretisch übereinstimmen. Die soll systembedingt nicht für die Längengrade gelten.
- Werde mich mit Ihren interessanten Ausführungen befassen und komme auf das Thema zurück. Besonders dankbar bin ich auf Ihren Hinweis auf Pt.
- II 12, 3 im Kapitel über Raetien. Dies Kapitel war mir entgangen. Ein schwerer Fehler, denn im frühen 2. Jahrhundert, zu Lebzeiten Pts. lag Rißtissen :::ohne jeden Zweifel im rätischen Vindelikien. Wenn ich noch Zweifel habe, dann deshalb, weil die rätische Reichsgrenze unter Trajan längst von der
- nach Norden verschoben worden war und die vier um 50 n.Chr. gegründeten Donaukastelle spätestens 210 militaerisch aufgegeben worden waren.
- Warum sollte Pt sie noch aufzählen?
- Mit den besten Grüßen SSt, 07.01.08, 7:15 (CEST)
- Guten Abend Herr Meyer Belsen! Inzwischen habe ich Ihre Bedenken wegen Rißtissen / Riusiava unter Rißtissen eingearbeitet. Den Verfasser von
- Kastell Rißtissen werde ich auf Ihre Argumentation aufmerksam machen. Ich hoffe, daß die vorgenommenen Veränderungen Ihren Vorstellungen
- entsprechen. Sie erwähnen die Aufzählung von vier Orten im Kapitel Raetien. Die letzten beiden Namen sind Viana und Phaenaniaä. Leider habe ich :::keinen Zugang zu diesem Kapitel. Könnten Sie für mich bitte die beiden fehlenden Ortsnamen in Erfahrung bringen?
- Mit den besten Grüßen SSt; 07.01.08; 18:30
Literatur zum Thema
Lieber Hartmann!
Wenn Du mal dazukommst wuerde es sich vielleicht lohnen folgenden Artikel zu besorgen: Prof. Dr. Rolf Nierhaus; "Zu den topografischen Angaben in der Geographie des Klaudios Ptolemaios über das heutige Süddeutschland"; Fundberichte aus Baden-Württemberg; Stuttgart 1981; S.475ff . Herzlichen Gruss El ciervo de la patria 21:00 ; 09.Jan.08 (CEST)
- Hallo Sebastian!
- Ja, ja, schon klar. Befindet sich bei Heidi im Zeitschriftenarchiv. Aber vorerst wird das noch nix. Bin voll im Stress. Und veranstalte hier nicht solch ein unstrukturiertes Chaos ;-) Werde demnächst wohl mal aufräumen müssen. Gruß, --Hartmann Linge 22:06, 11. Jan. 2008 (CET)
- PS:Letzteres ist hiermit geschehen. Wenn die Herrschaften sich jetzt vielleicht noch eine korrekte Form der Signierung angewöhnen könnten oder gar anmelden würden... --Hartmann Linge 22:24, 11. Jan. 2008 (CET)
- Hallo Hartmann!
Ok, dieser Anpfiff ist verdient. Dennoch schön zu lesen, dass Du noch lebst. Wenn Dein Stress mal kurz abebben sollte, würde ich mich über Deine E-Adresse freuen, damit liesse sich künftig Chaos vermeiden. Meine E-mail ist die gleiche wie immer, jedoch mit der Endung mac.com. Gruss Benutzer Schenk; 19:25 ; 12.Jan.2008 mac.com. Sorry für Sperrmuell. Gruss, Schenk 19:15; 12.Jan.2008 (CET)