In der Funktionalanalysis kann zu jedem dicht definierten linearen Operator A ein adjungierter Operator definiert werden.
Lineare Operatoren können zwischen zwei Hilberträumen mit gemeinsamem Grundkörper K (K=C oder K=R), z. B. zwei endlichdimensionalen euklidischen Vektorräumen definiert werden. Auf endlichdimensionalen Räumen entspricht der adjungierte Operator der adjungierten Matrix. In der Matrizenrechnung mit reellen Einträgen entspricht die Bildung des adjungierten Operators dem Transponieren, bei komplexen Einträgen dem (komplex) Konjugieren und Transponieren der Ausgangsmatrix.
Definition des adjungierten Operators
Seien und Hilberträume. Die Operatoren und heißen formal zueinander adjungiert, falls für alle und gilt. Unter diesen Voraussetzungen ist im Allgemeinen nicht eindeutig durch gegeben. Ist dicht definiert, so existiert ein zu maximaler formal adjungierter Operator . nennt man den adjungierten Operator von .
Eigenschaften adjungierter Operatoren
Sei dicht definiert. Dann gilt:
- Ist dicht, so ist , d. h. und auf
- ist genau dann beschränkt, wenn beschränkt ist. In diesem Fall gilt
- Ist beschränkt, so ist die eindeutige Fortsetzung von auf
Sei dicht definiert. Der Operator ist definiert durch für . Ist dicht definiert, so ist . Ist beschränkt, so gilt sogar die Gleichheit.
Seien ein Hilbertraum und . Dann wird die Hintereinanderausführung bzw. Komposition von und definiert durch für . Ist dicht definiert, so gilt . Ist beschränkt, erhält man .
Konstruktion für beschränkte Operatoren
Zur Vereinfachung kann der Bild- und Definitionsraum als gleich angenommen werden.
Beschränkte Operatoren können auf dem gesamten Hilbertraum definiert werden. In diesem Fall ist für jedes die Funktion ein auf dem ganzen Hilbertraum definiertes, lineares stetiges Funktional, da aus der Beschränktheit des auf ganz definierten linearen Operators T die Stetigkeit von folgt.
Der Darstellungssatz von Riesz liefert für jedes stetige lineare Funktional ein eindeutig bestimmtes Element , sodass für alle . Also existiert für jedes genau ein Element mit . Nun setzt man . Diese Konstruktion ist äquivalent zu obiger Definition.
Hermitesche, symmetrische und selbstadjungierte Operatoren; Entwicklungssatz
Ein Operator heißt
- hermitesch, falls zu sich selbst formal adjungiert ist
- symmetrisch, falls hermitesch und dicht definiert ist
- selbstadjungiert, falls dicht definiert und
Ist beschränkt, so sind die Begriffe äquivalent. Bei nichtbeschränkten Operatoren impliziert zwar die Selbstadjungiertheit die Hermizität, aber die Umkehrung gilt nicht. Ein Gegenbeispiel gibt das folgende Paar:
- 1.) Der auf dem komplexen Hilbertraum (generiert von den auf dem Intervall quadratintegrierbaren komplexen Funktionen ) definierte Operator, der durch den Differentialausdruck mit den „Dirichletschen Randbedingungen“ erzeugt wird.
- 2.) Dessen Erweiterung, wo man nur „Periodizität“ fordert, .
Aus der Identität erkennt man, dass zwar in beiden Fällen die Operatoren hermitesch sind, aber nur der zweite Operator selbstadjungiert ist, weil im ersten Fall der Definitionsbereich unnötig eingeengt wird. Schon auf den ersten Blick erkennt man den Unterschied ferner daran, dass im Fall 1.) der Operator gar keine Eigenfunktion besitzt, wogegen im Fall 2.) das System der Eigenfunktionen, , mit , sogar „vollständig“ ist (Fourieranalyse). Dies ist ein konkretes Beispiel für folgende Aussage: Jeder unbeschränkte hermitesche Operator im Hilbertraum kann zu einem selbstadjungierten erweitert werden.
Wichtiger ist der gleich anschließende Satz, der hier ohne Beweis zitiert werden soll (er ist grundlegend für die Quantenmechanik):
- Ein selbstadjungierter Operator im Hilbertraum besitzt eine (vollständige!) Spektralschar aus „eigentlichen“ bzw. „uneigentlichen“ Eigenfunktionen (Nebenbemerkung: die uneigentlichen Eigenfunktionen sind distributionswertig). Dies ist der sog. Entwicklungssatz
Weitere Eigenschaften:
- Ist ein dicht definierter Operator, dann ist ein selbstadjungierter und positiver Operator.