Adjungierter Operator

Funktionsanalysis
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 23. Januar 2008 um 23:44 Uhr durch FerdiBf (Diskussion | Beiträge) (hermitisch --> hermitesch). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

In der Funktionalanalysis kann zu jedem dicht definierten linearen Operator A ein adjungierter Operator definiert werden.

Lineare Operatoren können zwischen zwei Hilberträumen mit gemeinsamem Grundkörper K (K=C oder K=R), z. B. zwei endlichdimensionalen euklidischen Vektorräumen definiert werden. Auf endlichdimensionalen Räumen entspricht der adjungierte Operator der adjungierten Matrix. In der Matrizenrechnung mit reellen Einträgen entspricht die Bildung des adjungierten Operators dem Transponieren, bei komplexen Einträgen dem (komplex) Konjugieren und Transponieren der Ausgangsmatrix.

Definition des adjungierten Operators

Seien   und   Hilberträume. Die Operatoren   und   heißen formal zueinander adjungiert, falls   für alle   und   gilt. Unter diesen Voraussetzungen ist   im Allgemeinen nicht eindeutig durch   gegeben. Ist   dicht definiert, so existiert ein zu   maximaler formal adjungierter Operator  .   nennt man den adjungierten Operator von  .

Eigenschaften adjungierter Operatoren

Sei   dicht definiert. Dann gilt:

  • Ist   dicht, so ist  , d. h.   und   auf  
  •  
  •   ist genau dann beschränkt, wenn   beschränkt ist. In diesem Fall gilt  
  • Ist   beschränkt, so ist   die eindeutige Fortsetzung von   auf  

Sei   dicht definiert. Der Operator   ist definiert durch   für  . Ist   dicht definiert, so ist  . Ist   beschränkt, so gilt sogar die Gleichheit.

Seien   ein Hilbertraum und  . Dann wird die Hintereinanderausführung bzw. Komposition   von   und   definiert durch   für  . Ist   dicht definiert, so gilt  . Ist   beschränkt, erhält man  .

Konstruktion für beschränkte Operatoren

Zur Vereinfachung kann der Bild- und Definitionsraum als gleich angenommen werden.

Beschränkte Operatoren können auf dem gesamten Hilbertraum   definiert werden. In diesem Fall ist für jedes   die Funktion   ein auf dem ganzen Hilbertraum definiertes, lineares stetiges Funktional, da aus der Beschränktheit des auf ganz   definierten linearen Operators T die Stetigkeit von   folgt.

Der Darstellungssatz von Riesz liefert für jedes stetige lineare Funktional   ein eindeutig bestimmtes Element  , sodass   für alle  . Also existiert für jedes   genau ein Element   mit  . Nun setzt man  . Diese Konstruktion ist äquivalent zu obiger Definition.

Hermitesche, symmetrische und selbstadjungierte Operatoren; Entwicklungssatz

Ein Operator   heißt

  • hermitesch, falls   zu sich selbst formal adjungiert ist
  • symmetrisch, falls   hermitesch und dicht definiert ist
  • selbstadjungiert, falls   dicht definiert und  

Ist   beschränkt, so sind die Begriffe äquivalent. Bei nichtbeschränkten Operatoren impliziert zwar die Selbstadjungiertheit die Hermizität, aber die Umkehrung gilt nicht. Ein Gegenbeispiel gibt das folgende Paar:

  • 1.) Der auf dem komplexen Hilbertraum   (generiert von den auf dem Intervall   quadratintegrierbaren komplexen Funktionen  ) definierte Operator, der durch den Differentialausdruck   mit den „Dirichletschen Randbedingungen“   erzeugt wird.
  • 2.) Dessen Erweiterung, wo man nur „Periodizität“ fordert,  .

Aus der Identität   erkennt man, dass zwar in beiden Fällen die Operatoren hermitesch sind, aber nur der zweite Operator selbstadjungiert ist, weil im ersten Fall der Definitionsbereich unnötig eingeengt wird. Schon auf den ersten Blick erkennt man den Unterschied ferner daran, dass im Fall 1.) der Operator gar keine Eigenfunktion besitzt, wogegen im Fall 2.) das System der Eigenfunktionen,  , mit  , sogar „vollständig“ ist (Fourieranalyse). Dies ist ein konkretes Beispiel für folgende Aussage: Jeder unbeschränkte hermitesche Operator im Hilbertraum kann zu einem selbstadjungierten erweitert werden.

Wichtiger ist der gleich anschließende Satz, der hier ohne Beweis zitiert werden soll (er ist grundlegend für die Quantenmechanik):

Ein selbstadjungierter Operator im Hilbertraum besitzt eine (vollständige!) Spektralschar aus „eigentlichen“ bzw. „uneigentlichen“ Eigenfunktionen (Nebenbemerkung: die uneigentlichen Eigenfunktionen sind distributionswertig). Dies ist der sog. Entwicklungssatz

Weitere Eigenschaften:

  • Ist   ein dicht definierter Operator, dann ist   ein selbstadjungierter und positiver Operator.