Die Neckar-Enz-Stellung war eine von 1935 bis 1938 errichtete Bunkerlinie in Baden und Württemberg, die von Eberbach bis nach Besigheim entlang des Neckars und von Besigheim bis Enzweihingen entlang der Enz verlief. Sie sollte bei einem Angriff von Westen her den Gegner aufhalten und ihm den Weg vom Kraichgau nach Osten, also ins deutsche Hinterland, versperren. Gemeinsam mit der Wetterau-Main-Tauber-Stellung sollte es einem Angreifer unmöglich gemacht werden, mit einem Angriff im Westen einen schnellen Durchmarsch zu erzielen. Die Stellung erstreckte sich über 90 km und verfügte über 450 Bauwerke, deren Errichtung rund 15 Millionen Reichsmark kostete.

Vorgeschichte
Nach dem Ersten Weltkrieg beschränkte der Vertrag von Versailles Deutschland erheblich in Militär- und Rüstungsfragen. Dieser verbot Deutschland beispielsweise, militärische Verbände, also auch Befestigungen und Bunkeranlagen, entlang der französischen Grenze in einer Tiefe von 50 km zu unterhalten oder zu errichten. Die so genannte Interalliierte Militär-Kontrollkommission überwachte bis 1927 die Einhaltung dieser Verbote durch Inspektionen genauestens.
Wegen der Beschränkung der Reichswehr auf rund 100.000 Mann stand diese vor dem Problem, wie sie die geringe personelle Stärke ausgleichen konnte, um die umfangreichen Grenzen zu schützen. Noch dazu musste bei allen Planungen von einer materiellen und personellen Überlegenheit des Gegners ausgegangen werden; Frankreich galt in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg als die stärkste Militärmacht weltweit. Als Ausweg erschien nach dem Studium der historischen Feldzüge in der Region und auch wegen der im Ersten Weltkrieg gemachten Erfahrungen die Errichtung von Befestigungslinien nach dem Konzept der Stellung unter Einbeziehung der Flüsse Neckar und Enz als natürliche Hindernisse. Bereits 1695 bis 1697 waren im Pfälzischen Erbfolgekrieg mit den Eppinger Linien ähnlich ausgerichtete Befestigungen in der Region entstanden.
Taktisches Konzept
Entlang der natürlichen (Panzer-)Hindernisse Neckar und Enz wurden möglichst kleine und versteckte Bunker errichtet, um der gegnerischen Artillerie keine großen Ziele zu bieten. Diese Bunker sollten so angelegt werden, dass sie die Hindernisse mit Maschinengewehren bestreichen und gegen feindliche Infanterie schützen konnten. Zugleich dienten sie, insbesondere an besonders gefährdeten Stellen wie Gundelsheim, auch als Beobachtungsposten für die rückwärtig zu stationierende eigene Artillerie. Um Bereiche unter Beschuss nehmen zu können, welche von den Bunkern nicht erreichbar waren, sollten im Kriegsfalle zwischen den Bunkern zusätzlich Feldstellungen angelegt werden. Die Ausrüstung hierfür wurde in so genannten Armierungsschuppen vorgehalten, die entlang der Linie gut versteckt und geschützt angelegt wurden. Die gesamte Anlage war so ausgelegt, dass sie mit einer normalen Infanteriedivision besetzt werden konnte. Die zur Führung der Truppen notwendigen Gefechtsstände befanden sich teilweise in den Kampfbunkern, die Kompaniegefechtsstände etwas abgesetzt im Hinterland. Höhere Gefechtsstände sollten in zivilen oder feldmäßigen Unterkünften in Hinterland stationiert werden.
Ursprünglich war vorgesehen, etwa vier bis fünf Bunker je Kilometer nahe an den Flüssen zu errichten. Später sollten diese um weitere Bunker ergänzt werden. Tatsächlich ergab sich aber, dass diese Durchschnittszahl sehr stark schwankte, weil zur Befestigung besonders gefährdeter Regionen besonders viele Bunker errichtet wurden. So erkannte man beispielsweise in der Planungsphase, dass sich insbesondere die Ebene zwischen Gundelsheim und Offenau für den Durchmarsch mit schweren Gerät am ehesten eignete. Die Folge war, dass alleine in und bei Gundelsheim mehr als 70 Bunker errichtet wurden. Eine weitere, etwa gleich starke Bunkerkonzentration gab es im Raum Bietigheim-Bissingen.
Die Neckar-Enz-Stellung schloss im Norden an die schwach ausgebaute Sperrlinie Odenwald-Miltenberg an, welche wiederum zur Wetterau-Main-Tauber-Stellung weiterführte. Im Süden war der Anschluss an die Sicherungsstellung Stuttgart vorgesehen, die über Weil der Stadt nach Waldenbuch führen sollte. Für diese waren Pläne über Lage und Bau vorbereitet, sie sollte während der Mobilmachungsphase schnell errichtet werden.
Bau der Stellung
Zu Beginn seiner Herrschaft wollte Hitler keinen Konflikt mit den Alliierten riskieren. Denn hätte er zu diesem Zeitpunkt Bunkeranlagen an der deutsch-französischen Grenze errichten lassen, so wäre er das große Risiko einer militärischen Auseinandersetzung eingegangen, aus der die noch junge und schwache Wehrmacht sicher als Verlierer hervorgegangen wäre. 1934 verfügte das deutsche Heer nur über den leichten Panzerkampfwagen I, der den alliierten Panzern in keiner Weise gewachsen war.
So wurden 1934 Festungsdienststellen in Ludwigsburg und Heilbronn gebildet, die sich später zu Festungspionierstäben entwickelten. Sie erkundeten Bunkerstandorte, legten die Details der Anlage fest und koordinierten und überwachten 1935 bis 1938 den Bau der Bunkeranlagen. Zugleich erstellten sie für jeden Bunker Karten mit Schussfeldern und legten Trinkwasserquellen fest. Weiter erkundeten sie im Kriegsfall anzulegende Feldstellungen und Artilleriestellungen im Hinterland.
Die Stellung war in drei Stellungsabschnitte eingeteilt. Abschnitt I lief von Jagstfeld bis Unterriexingen und wurde von 1935 bis 1938 erbaut, Abschnitt II von Eberbach bis nahe Jagstfeld, erbaut von 1936 bis 1937, und Abschnitt III von Unterriexingen bis nach Enzweihigen, erbaut 1937. Die Bauarbeiten wurden von zivilen Baufirmen durchgeführt, deren Arbeiter auf Verschwiegenheit vereidigt wurden. Errichtet wurden überwiegend Regelbauten der Typen C, D, B1 und vereinzelt B alt. Die Baustellen durften nicht einsehbar sein und mussten gegebenenfalls getarnt werden, auch gegen Luftaufklärung.
Die Anlieferung von Panzerkuppeln und andere Schwertransporte durften nur im Schutze der Dunkelheit erfolgen. Die Qualitätsanforderungen waren sehr hoch, regelmäßig wurden Betonproben entnommen und untersucht. Jeder Teilbauabschnitt (Fundament, Verschalung, Armierung, Betonierung usw.) wurde einzeln geprüft und abgenommen, bevor weitergearbeitet werden durfte. Um spätere Schwach- und Bruchstellen zu vermeiden, musste die Betonierung in einem Zug erfolgen.
Die Außenmauerstärke betrug bis zu einem Meter. Durch eine sehr starke kubische Armierung sollten sich bei Artilleriebeschuss keine Risse in Decken und Wänden bilden können. Die Aufenthaltsräume waren auch gegen Gasangriffe geschützt. Man versuchte auch, die Bunker durch entsprechende Anstriche bestmöglich zu tarnen. Einige Bunker lagen in Weinbergen und wurden mit typischen Weinbergmauern verblendet. Teilweise waren die Bunker durch kleine Gänge miteinander verbunden.
Um den Angreifer zu täuschen, wurden auch Scheinstellungen angelegt. Oft wurden diese so angelegt, dass sie auch als Wechselstellung und Beobachtungsposten genutzt werden konnten. Da jedoch die ständige Besetzung mit Personal nicht vorgesehen war, wurden auch weniger große Qualitätsansprüche an den Beton gestellt und dieser teilweise mit Naturstein und anderem Material durchsetzt.
Bunkertypen
Die Kampfbunker verfügten über einen oder mehrere Kampfräume, jeweils etwa 4 m² groß, mit kleinen Gasschleusen zum Bereitschaftsraum; einen Bereitschaftsraum, in dem auch die zurückklappbaren Hängebetten (drei Betten übereinander) untergebracht waren, etwa 20 m²; eine Gasschleuse zwischen Bereitschaftsraum und Bunkerzugang, etwa 5 m², und meist einen Zugführerraum, etwa 3 m², mit einem Sprachrohr zum Kampfraum und gelegentlich zum Bereitschaftsraum sowie einem Fernsprecher. Zur Verteidigung des Bunkerhofs und des Bunkerzugangs befanden sich in der Bunkertür kleine Scharten, manchmal ein zusätzlicher kleiner Kampfstand in der Gasschleuse oder in einem der Kampfräume. Hierdurch konnte die Besatzung mit ihren Infanteriewaffen einen möglichen Eindringversuch abwehren.
In der Regel verfügten die Bunker weder über Strom- oder Wasseranschluss noch über eine Toilette. Sie konnten jedoch mit einem Ofen beheizt werden, und als Leuchtmittel standen Karbid- oder Petroleumlampen zur Verfügung. Für die Lampen und für die Lagerung des Heizmaterials (Holz und Kohle) standen speziell dafür vorgesehene Mauernischen zur Verfügung. Nahezu jeder Bunker verfügte zudem über einen Notausstieg: eine einfache Backsteinmauer, die mit einem Hammer zertrümmert werden konnte, wodurch eine dahinterliegende Kiesaufschüttung ins Bunkerinnere fiel und einen Fluchtweg öffnete.
Grundsätzlich unterschied man zwischen vier Bunkertypen:
- Kampfbunker
- Unterstände mit und ohne Beobachtungsglocke
- Artilleriebeobachter
- Scheinstände
Oft wurden diese Bunkertypen vielfältig in einem Bauwerk miteinander kombiniert. Die Planung der Stellung sah vor, dass sich die Bunker gegenseitig decken konnten. Wo dies nicht möglich war, wurden Unterstände vorgesehen, aus denen eine (Kampf-) Gruppe zu Feldstellungen ausrückte. Oft waren diese Unterstände mit Kampfbunkern kombiniert, hießen dann beispielsweise „MG-Schartenstand mit Gruppe“ und konnten mit bis zu 21 Mann belegt werden. Etwa zwei Drittel der Bunker waren Kampfstände oder Kampfstände mit Gruppe. 69 Bunker waren Unterstände (ohne Kampfraum) und dienten auch als Befehlsstände und als Artilleriebeobachter mit Gruppe. Daneben gab es Artilleriebeobachter mit Kampfraum und weitere.
Die Bunker waren als Regelbauten weitgehend standardisiert, um eine schnelle Planung und Errichtung zu ermöglichen. Nur in Ausnahmefällen gab es sogenannte Sonderbauten, die aus taktischen Gründen oder wegen des Geländes neu entworfen wurden.
Besonderheit in Gundelsheim
Mit dem Ausbau des Bauabschnittes II, von Eberbach bis in die Nähe von Jagstfeld, sollte wegen der 50-km-Sicherheitszone erst 1936 (ab 1936 hielt sich Deutschland nicht mehr an den Versailler Vertrag) begonnen werden. 1935 wurde jedoch in Gundelsheim im Zuge des Neckarausbaues eine Staustufe mit Schleuse, Kraftwerk und Brücke errichtet. Mit Blick auf die besondere Gefährdung gerade dieses Raumes wurde in dieses Bauwerk auch ein Kampfbunker integriert, der über unterirdische Gänge mit anderen Bunkern in Verbindung stand. Offiziell wurden diese Kampfbunker als zivile Luftschutzbauten deklariert. Jedoch lag diese Staustufe etwa 1000 m innerhalb des 50 km Sicherheitsbereiches. In einem Schreiben hieß es damals: „… Die dadurch bedingte Überschreitung der 50 km-Grenze um etwa 1000 m ist nach Auffassung des Herrn Reichswehrministers, der sich den Entscheid hierfür noch vorbehalten hat, unbedenklich. …“[1] Ganz so unbedenklich erschien dies Frankreich jedoch nicht, denn dort wurde der Bunkerbau bemerkt und auch Protest dagegen eingelegt, was allerdings den Weiterbau nicht beeinflusste. Alle weiteren Bunkeranlagen in Gundelsheim wurden 1936 und 1937 errichtet.
Nachrichtentechnik
Nach den verheerenden Erfahrungen mit unzureichender Nachrichtentechnik, insbesondere in der ersten Phase des zurückliegenden Weltkrieges, aber auch im Rahmen von Übungen in jenen Jahren, legte man zunehmend großen Wert auf zuverlässige und für die Kommunikationsanforderungen ausreichend dimensionierte Nachrichtentechnik. So auch bei der Neckar-Enz-Stellung, für die ein eigenes Nachrichtennetz verlegt und geschaltet wurde. Wie schon in den zurückliegenden Jahrzehnten und später auch bei der Bundeswehr geschah dies in enger Kooperation mit dem staatlichen Telekommunikationsanbieter, damals die Deutsche Reichspost (DRP). Postbautrupps verlegten hierzu, etwa ein bis zwei Kilometer hinter der Linie und bevorzugt durch bewaldetes Gebiet, eine Telefonleitung. Diese bestand aus einem vieladrigen Telefonkabel mit Stahlmantel und wurde zumindest an gefährdeten Stellen in zwei Meter Tiefe in einem Stahlrohr verlegt. Von den Bunkern liefen Leitungen zu Kabelsäulen, die, vergleichsweise massiv aus Beton errichtet, auch heute noch häufig in der Umgebung der Stellung anzutreffen sind, und wurden dort mit dem Netz verschaltet. So konnte jeder Bunker mit den Nachbarbunkern und Kommandostellen Kontakt halten. Für die im Übungs- und Kriegsfall anzulegenden Feldstellungen wurde in den Armierungsschuppen Feldkabel vorgehalten. Für den Fall, dass höhere Kommandostäbe zu Übungs- und Kriegszwecken hinter der Neckar-Enz-Stellung eingerichtet wurden, musste die Reichspost dieses Netz mit dem zivilen Telefonnetz und anderen Militärnetzen verschalten. Solche Schaltungen wurden, besonders ab 1934, reichsweit geübt.
Nach Beginn der Westwallarbeiten
Als 1937 mit dem Bau des Westwalls begonnen wurde, rückte die Neckar-Enz-Stellung immer weiter in den Schatten des „großen Bruders“, wie es unter Angehörigen der Wehrmacht hieß. So wurden oftmals wenige Monate nach der Fertigstellung von Anlagen bereits dringend benötigte Einrichtungsgegenstände und Materialien aus den Bunkern und den Armierungsschuppen der Neckar-Enz-Stellung entfernt und für den Westwall verwendet. Auch Telefonleitungen wurden, teils kurz nach deren Verlegung, wieder ausgegraben, um für den Westwall eingesetzt zu werden.
Bei Kriegsbeginn im September 1939 wurde die Bunkerlinie vom Oberkommando der Wehrmacht (OKW) bereits als absolut kriegsunwichtig angesehen, und sämtliche noch ausstehenden Arbeiten wurden eingestellt. Die wenigen Soldaten, die die Bunker betriebsbereit hielten, wurden bis Januar 1942 komplett abgezogen, verbliebene Waffen und sonstiges Gerät wurden demontiert und zum West-oder Atlantikwall transportiert und dort wieder eingebaut.
Die Neckar-Enz-Stellung galt in den frühen Jahren des NS-Regimes im Deutschen Reich als die wichtigste und stärkste Bunkerlinie Europas. Strittig ist, ob die französische Maginot-Linie diesen Titel nicht eher verdiente.
Zweiter Weltkrieg
Fast vier Jahre lang wurden die Bunker nicht militärisch genutzt. Doch bei Bombenangriffen suchten immer wieder Tausende Zivilisten der Region Schutz in den Bunkern [2]. Es wurden einige Bunker wieder mit Maschinen zur Luft- und Wasserversorgung der Insassen ausgestattet und mit Personal besetzt. Schießscharten wurden mit Metallplatten verschlossen, um ein Eindringen von Splittern oder Geschossen zu verhindern. In einigen Bunkern befanden sich bei Luftangriffen bis zu 300 Menschen. Sie besetzten nicht nur die gesamten Räume der Anlagen, sondern auch Treppen und Toiletten, in denen teilweise schlechteste hygienische Zustände herrschten. Viele Bewohner der umliegenden Dörfer hatten sich bereits auf die Bombennächte eingestellt und legten in den Bunkern Nahrungsmittel und private Gegenstände für den Notfall bereit.
Herannahen der Front
Als 1945 die Front näher rückte, versuchte das Oberkommando des deutschen Westheeres, die Bunkeranlagen wieder einsatzbereit zu machen. Zahlreiche davon waren in einem äußerst schlechten Zustand: Viele Bunker waren mit Wasser vollgelaufen, wiesen schwere Beschädigungen durch alliierte Fliegerbomben auf oder waren vollkommen marode, so dass sie kaum noch militärisch genutzt werden konnten. Halterungen für schwere Geschütze, die in die Wände eingelassen worden waren, litten unter Rostschäden und mussten ausgetauscht werden.
In die Reichweite der Front geriet die Neckar-Enz-Stellung, als amerikanische Truppen am 22./23. März bei Oppenheim den Rhein überschritten und ihren Brückenkopf rasch erweitern konnten: Am 25. März nahmen sie Darmstadt ein und am 30. Heidelberg. Die deutsche Führung plante zunächst, eine neue Verteidigungslinie entlang der ausgebauten Stellungen zu errichten, also unter Verwendung der Neckar-Enz-Stellung und der Sperrlinie Odenwald-Miltenberg.
Im Norden wurden diese Pläne durch den schnellen Vorstoß des Gegners im Odenwald gegenstandslos gemacht: Bereits in den letzten Märztagen durchquerten die Amerikaner ohne großen Widerstand den Odenwald in östliche Richtung, und der nördliche Teil Badens bis zur Tauber fiel am 30. und 31. in ihre Hände. Die Amerikaner konnten nun östlich des Neckars, also im Rücken der Neckar-Enz-Stellung, weiter nach Süden vorrücken. Wegen dieser Entwicklung musste der gesamte nördliche Abschnitt der Stellung bis zur Jagst-Mündung aufgegeben werden. Gundelsheim wurde nach heftigem Artilleriebeschuss von den Verteidigern verlassen und am 2./3. April von Norden her besetzt. Ebenfalls am 3. April erreichten die Angreifer auf der anderen Neckarseite, durch den Kraichgau kommend, Neckargartach gegenüber von Heilbronn. Das übrige Gebiet westlich des Neckars und nördlich der Enz wurde relativ rasch bis zum 8./9. April besetzt, südlich des Heuchelbergs von französischen Truppen, die am 29. März bei Germersheim den Rhein überschritten hatten.
Kampfhandlungen entlang der Neckar-Enz-Stellung
War der Vormarsch für die Alliierten vom Rhein bis hierher recht reibungslos verlaufen, so kam er nun entlang einer Linie entlang von Enz, Neckar und Jagst ins Stocken. Die deutschen Truppen hatten unter Einbeziehung der Neckar-Enz-Linie eine neue Stellung entlang dieser Flüsse bezogen und verteidigten diese, so gut sie konnten. Die Verteidiger bestanden hauptsächlich aus Infanterie mit einigen Sturmgeschützen, die gelegentlich durch Artillerie unterstützt wurde. Unterstützung durch Panzer oder Luftwaffe stand ihnen kaum noch zur Verfügung, so dass sie von vornherein auf verlorenem Posten standen. Beim Kampf um Heilbronn kam ihnen zumindest zugute, dass der Gegner seine große Überzahl an Panzern aufgrund der gesprengten Brücken kaum einsetzen konnte. Als die Amerikaner dies einsahen, schickten sie ihre 10. Panzerdivision von Heilbronn in die Taubergegend, die dort einen Vorstoß nach Crailsheim unternahm, von dem sie sich jedoch nach einigen Tagen zurückziehen musste (Schlacht um Crailsheim).
Größere Kampfhandlungen entlang der Neckar-Enz-Stellung gab es an drei Abschnitten: an der Kocher-Jagst-Mündung, in Heilbronn und um Nußdorf oberhalb von Enzweihingen.
Jagst- und Kocher-Mündung
Die Mündungen von Kocher und Jagst wurden von Teilen der 17. SS-Division verteidigt, die sich der von Norden angreifenden amerikanischen 63. Infanteriedivision sowie Teilen der 100. Infanteriedivision gegenüber sah. Die Verteidiger bezogen zunächst Stellungen in Jagstfeld sowie auf den Höhen zwischen Jagst und Kocher, wobei sie auch die dortigen Bunker besetzten. Obwohl die Amerikaner zahlenmäßig klar überlegen waren, Panzer einsetzen konnten und dem Ort mit heftigem Artilleriefeuer und Luftangriffen zusetzten, kostete es sie vier Tage und beträchtliche Verluste, Jagstfeld im Kampf von Haus zu Haus einzunehmen; die Kämpfe dauerten vom 6. bis zum 9. April. Kochendorf wurde vier Tage später nach dem Rückzug der Verteidiger infolge der Situation in Heilbronn eingenommen.
Heilbronn
Heilbronn, das durch den Luftangriff vom 4. Dezember bereits weitgehend zerstört worden war, wurde von zusammengewürfelten Resten der Wehrmacht gegen Teile der 100. Infanteriedivision verteidigt, die Kämpfe hier dauerten vom 3. bis zum 13. April. Die Angreifer bildeten zunächst einen Brückenkopf am Salzwerk im Norden der Stadt, wo sie den Widerstand am 6. April brechen konnten. Ein zweiter Brückenkopf entstand am 5. April weiter südlich bei der Innenstadt und an den Knorr-Werken; in diesem Bereich fanden besonders zähe und erbitterte Häuserkämpfe statt. Erst nachdem es den Amerikanern am 8. April gelang, eine Pontonbrücke über den Neckar zu bauen (dies war zuvor von der deutschen Artillerie auf den Höhen um Heilbronn herum verhindert worden), konnten Panzer in den Kampf eingreifen. Dies führte zur Vereinigung der Brückenköpfe und entschied letztlich den Kampf. Die letzten Gefechte wurden am 12. April um die Kasernen im Süden der Stadt geführt.
Nach der Eroberung von Heilbronn gingen die Amerikaner nach Süden durch das Schozachtal auf Talheim vor. Bei einem Gefecht vor Talheim am 13. April konnten die deutschen Soldaten sie nochmals zurückweisen, hierbei kamen wahrscheinlich die Bunker am Ausgang des Schozachtals zum Einsatz. Die dortigen Stellungen wurden jedoch in der darauffolgenden Nacht aufgegeben. Im weiteren Verlauf führten die Verteidiger hauptsächlich hinhaltende Rückzugsgefechte, bis die Amerikaner am 20. April das Bottwartal erreicht hatten. Von hier konnten sie innerhalb von zwei Tagen nach Bad Cannstatt vorstoßen.
Entlang der Enz
Am südwestlichen Rand der Neckar-Enz-Stellung standen sich Deutsche und Franzosen gegenüber. Letztere hatten sich am 7./8. April in Mühlacker den Übergang über die Enz erkämpft. Noch am 8./9. April wurden Großglattbach, Aurich und Pinache besetzt, die Infanterieangriffe auf die höher gelegenenen Orte der Platte (insbesondere Serres, Nußdorf, Wiernsheim) scheiterten aber unter hohen Verlusten. Die Angreifer begnügten sich daher zunächst damit, diese Orte mit Artillerie und Luftangriffen zu belegen, die schwere Zerstörungen verursachten, insbesondere in Nußdorf, das zu drei Vierteln zerstört wurde. Erst nach dem Fall von Pforzheim machten die Angreifer an diesem Frontabschnitt wieder Fortschritte, Nußdorf wurde schließlich am Abend des 19. April von ihnen eingenommen. Dieser Vorgang führte zur Aufgabe der Enzlinie. Bereits drei Tage später konnten die Franzosen kampflos in Stuttgart einrücken, zeitgleich mit den Amerikanern am anderen Neckarufer.
Zwischen Heilbronn und Nußdorf war es in dieser Zeit weitgehend ruhig geblieben. In Besigheim und Bietigheim hatten die Franzosen am 9. April jeweils die Westhälfte der Stadt besetzt, die Deutschen zogen sich nach Sprengung der Brücken in die Osthälfte zurück. Die Kampfhandlungen beschränkten sich jedoch weitgehend auf Artillerieduelle. Zu einem tragischen Zwischenfall kam es am 12. April, als die Franzosen die männliche Bevölkerung Bietigheims nach Kleinsachsenheim abtransportierten. Die deutschen Soldaten auf der anderen Enzseite hielten diese für eine französische Kolonne und beschossen sie mit Artillerie. Dabei kamen nach unterschiedlichen Angaben 19 bis 25 Zivilisten ums Leben.
Zusammenfassung
Die Stellungen entlang von Neckar und Enz waren für die alliierten Truppen das letzte ernsthafte Hindernis bei der Eroberung Süddeutschlands. Bis zum 20. April hatten sie weiter nordöstlich bereits Nürnberg erobert und die Saale erreicht, für die relativ kurze Distanz von Heilbronn nach Stuttgart jedoch 19 Tage gebraucht. Der Rest Württembergs und auch Bayern wurden demgegenüber in nur wenigen Tagen besetzt, München bereits am 30. April erreicht, nur acht Tage nach Stuttgart. Angesichts der materiellen Unterlegenheit der deutschen Truppen zu diesem Zeitpunkt konnten diese Kämpfe das endgültige Ende jedoch nur um wenige Tage hinauszögern.
Nach Kriegsende
Die verbliebenen Bunker wurden von den Alliierten zumeist gesprengt. Dies erfolgte, indem ein Sprengsatz im Bunkerinneren an einer stabilen Außenmauerecke platziert und gezündet wurde. Die Folge war, dass die Bunkerdecke abriss, sich meist in der Luft drehte und dann mit der Innenseite nach oben, oft auch geknickt oder gefaltet, auf Teile der Bunkeranlage zurückfiel, welche somit unbrauchbar wurde. Einige Bunker in der Nähe von Häusern wurden, da eine Sprengung zu gefährlich erschien, mit Beton vergossen. Zahlreiche Reste einstiger Bunker können noch heute entlang der östlichen Hänge von Neckar und Enz gefunden werden.
-
Reste des Bunkers 65 bei Gundelsheim, der Durchgang in der Mitte verband den Gruppenraum (vorne) mit den MG-Ständen. (Dez. 2007)
-
gefaltete Decke des früheren Bunkers 66 bei Gundelsheim (Dez. 2007)
-
Reste eines Bunkers oberhalb von Heilbronn-Sontheim (Juli 2007)
-
Weinberghäuschen mit Rest eines Bunkers als Sockel bei Heilbronn-Horkheim (Sept. 2007)
Nur ganz vereinzelt wurden Bunker vergessen, nicht gefunden, oder der Sprengversuch blieb erfolglos. Ein Bauwerk am Steilhang der Enz in Bissingen konnte nicht gesprengt werden, da es an einer Bahnlinie lag. Es wurde durch den Arbeitskreis Bunkerforschung des Geschichtsvereins Bietigheim-Bissingen wieder freigelegt und dokumentiert heute als Museumsbunker die Geschichte der Neckar-Enz-Stellung.
Die Armierungsschuppen wurden nach dem Krieg von der Bevölkerung allmählich leergeräumt; das teilweise noch darin lagernde Baumaterial war ein begehrtes Gut in den Jahren des Wiederaufbaus. Teilweise wurden die Armierungsschuppen sogar abgetragen. Auch Stahlteile der Bunker wie Türen, Schartenplatten, Kuppeln und Stahlträger wurden entfernt und fanden meist den Weg zum Schrotthändler.
Literatur
- Friedrich Blumenstock: Der Einmarsch der Amerikaner und Franzosen im nördlichen Württemberg im April 1945. In: Darstellungen aus der württembergischen Geschichte. Band 41. Kohlhammer, Stuttgart 1957 (nachgedruckt in: Veröffentlichungen zur Ortsgeschichte und Heimatkunde in Württembergisch Franken, Band 8, Gerabronn/Crailsheim 1994. 264 Seiten, ISBN 3-87354-225-0).
- Hans Georg Kampe: Nachrichtentruppe des Heeres und Deutsche Reichspost. Meißler, Waldesruh bei Berlin 1999, ISBN 3-932566-31-9.
- Till Kiener: Die Neckar-Enz-Stellung. Gundelsheimer Bunkerwelten. 1. Auflage. L. Kiener, Nürtingen 2002, ISBN 3-00-010420-8 (Mit heimatgeschichtlichen Beiträgen von Leo Achtziger).
- Till Kiener: Die Neckar-Enz-Stellung. Einführung in die Geschichte und Technik. 2. Auflage. L. Kiener, Nürtingen 2003 (Begleitheft für den Besuch des Museumsbunkers Ro 1 in Bissingen).
Weblinks
- Museumsbunker Ro 1 in Bissingen auf der Website des Geschichtsvereins Bietigheim-Bissingen
- Private Website zur Neckar-Enz-Stellung