Straßburg
Dieser Artikel befasst sich mit der französischen Stadt Straßburg im Elsass, weiteres siehe: Straßburg (Begriffsklärung).
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Straßburg (französisch Strasbourg, elsässische Aussprache Schdroosburi) ist die historische Hauptstadt des Elsass in Frankreich. Die Stadt ist Hauptstadt der Region Elsass sowie Präfektur des Départements Bas-Rhin (deutsch Unterelsass). Die Präfektur verwaltet auch die beiden Arrondissements Strasbourg-Campagne und Strasbourg-Ville (von 1871 bis 1919 die Kreise "Straßburg (Land)" und "Straßburg (Stadt)"), sie bestehen aus 8 bzw. 10 Kantonen. Straßburg ist Kernstadt und größte Gemeinde im Elsass, in Bas-Rhin und im Stadtverband Straßburg (CUS).
Die Stadt liegt an der Ill, die sich im Stadtgebiet verzweigt. Die östlichen Stadtteile mit dem Hafen grenzen an den Rhein. Am gegenüber liegenden Rheinufer liegt auf deutscher Seite die Stadt Kehl. Straßburg ist der Endpunkt des Rhein-Marne-Kanals.
Geschichte
Straßburg wurde unter dem römischen Kaiser Augustus als Argentoratum gegründet. Es war zunächst ein militärischer Außenposten in der Provinz Germania Superior. Straßburg war ab dem 4. Jahrhundert Bischofssitz und wurde im 5. Jahrhundert durch Alemannen, Hunnen und Franken erobert.
842 wurden hier die Straßburger Eide geschworen, die das älteste Dokument in französischer Sprache darstellen. Diese Eide sind zweisprachig (althochdeutsch und altfranzösisch) überliefert. Die Sprache von Stadt und Region war damals althochdeutsch.
Im Mittelalter entwickelte sich Straßburg zu einem bedeutenden Wirtschaftszentrum und war von 1262 an freie Reichsstadt. 1439 wurde das Straßburger Münster fertig gestellt, welches bis 1874 das höchste Gebäude der Welt war. In der Reformation wurde sie lutherisch. Auf dem Reichstag zu Augsburg 1529 legte Straßburg ebenfalls ein Bekenntnis zur Reformation ab. Straßburg schloss sich aber nicht den "Protestanten" der "Confession Augustana" an, sondern legte mit Memmingen, Konstanz und Lindau ein eigenes, von Martin Bucer und Capito verfasstes Bekenntnis, die nach den vier Städten sog. Tetrapolitana ab.
1648 wurde der französische König zum Reichsvogt der elsässischen Reichsstädte. Nachdem die Stadt im September 1681 mitten im Frieden durch die Franzosen besetzt worden war, wurde diese Änderung der Herrschaftsverhältnisse 1697 endgültig bestätigt. Protestanten wurden von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen, das Münster wurde rekatholisiert. Allerdings blieb die Stadt deutschsprachig und kulturell deutsch geprägt. 1770 und 71 studierte Johann Wolfgang von Goethe hier. In diesen Jahren wurde die Stadt ein Kristallisationspunkt der literarischen Bewegung "Sturm und Drang".
In Straßburg komponierte Claude-Joseph Rouget de l'Isle die Marseillaise.
Zur Zeit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert verdreifachte sich die Einwohnerzahl auf 150.000. 1871, nach dem deutsch-französischen Krieg, wurde Straßburg vom neu gegründeten Deutschen Reich zur Hauptstadt des annektierten "Reichslandes" Elsaß-Lothringen erklärt.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Straßburg gemäß dem Versailler Vertrag von 1919 wieder Frankreich zugeschlagen. Die Abtretung an Frankreich erfolgte gemäß den 14 Punkten von US-Präsident Wilson ohne Volksabstimmung. Es ist sehr fraglich, ob ein Referendum zugunsten Frankreichs ausgegangen wäre, denn die Stadt war damals rein deutschsprachig und elsässische Soldaten hatten im Ersten Weltkrieg völlig loyal auf deutscher Seite gekämpft. 1940 wurde Straßburg wie das gesamte Elsaß von Deutschland annektiert. Von 1940 bis 1945 war Straßburg, wie der größte Teil Frankreichs, von Deutschland besetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt zum Symbol der deutsch-französischen Aussöhnung und der europäischen Einigung.
Am 21. November 2004 feierte Straßburg offiziell der 60. Jahrestag der Befreiung der Stadt von Nazi-Deutschland mit einer kurzen Ansprache des französischen Premierministers Jean-Pierre Raffarin, einer Messe im Münster und einer Militärparade durch die Innenstadt. An der Messe im Münster hat auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, teilgenommen.
Sehenswürdigkeiten und Baudenkmäler
Straßburgs gut erhaltene historische Altstadt Île de la Cité wird von der Ill, einem Nebenfluss des Rheins, umflossen. Sie wurde 1988 zum Weltkulturerbe erklärt. Wahrzeichen der Stadt ist das 1176-1439 erbaute romanische und gotische Straßburger Münster (Bild). Der Münsterplatz gehört zu den schönsten europäischen Stadtplätzen. Dominiert von der Westfassade des Münsters, stehen hier zahlreiche, teilweise vier- bis fünfgeschossige Fachwerkhäuser im alemannisch-süddeutschen Stil. Charakteristisch sind die steilen Dächer mit bis zu vier Dachgeschossen. An der Nordseite des Münsterplatzes steht das bekannte, reich verzierte Haus Kammerzell (siehe Bild rechts).
Touristisch sehr beliebt ist das so genannte "Gerberviertel" (frz. "La Petite France") am Ufer der Ill und mehrerer Kanäle mit seinen malerischen Fachwerkhäusern, kleinen Gassen und den typischen Dachgauben. Früher lag auf dieser Insel ein Militärkrankenhaus, in der Soldaten mit der so genannten "Franzosenkrankheit" behandelt wurden - man bezeichnete so abwertend die Syphilis zu Zeiten, als Straßburg noch nicht französisch war. Von diesem Begriff leitet sich der Name für das Viertel ab. Einer anderen Theorie zufolge leitet sich der Name von französischen Soldaten ab, die die Blätter der dort stehenden Weiden für heilsam hielten.
Der 1908 errichtete Temple neuf in der Altstadt ist die größte protestantische Kirche Frankreichs. Weitere Denkmäler aus der Zeit des deutschen Kaiserreichs sind der Bahnhof und die Universität.
Als Ersatz für die zerstörte alte Synagoge wurde 1958 die Synagogue de la Paix errichtet.
Siehe auch: Mimram-Brücke
Kultur
Darstellende Kunst
- Die Opéra national du Rhin mit eigenem Ballett und Orchester, dem Orchestre Philharmonique de Strasbourg, kann mit Gastauftritten von Spitzenstars der Konzertwelt aufwarten und hat ein treues Abonnement-Publikum, das aus dem gesamten oberrheinischen Gebiet kommt.
- Der Kabarettist Roger Siffer betreibt seit 1984 sein eigenes Kabarett, das "Théâtre de la Choucrouterie", einer ehemaligen Sauerkrautfabrik, am Rande der Straßburger Altstadt. Seine Revues laufen gleichzeitig auf Französisch und auf Elsässisch in zwei Sälen. In die Choucrouterie kommen jährlich mehr als 20 000 Besucher.
Kultur um und im Münster
- Führungen durch das Straßburger Münster erschließen dem Besucher die Geschichte und Ästhetik eines architektonischen Höhepunktes der Gotik.
- Zur Weihnachtszeit bietet Straßburg einen der schönsten Weihnachtsmärkte überhaupt, der Christkindelsmärik. Zum Besuch laden ein: die Lage um das Münster, die elsässischen Spezialitäten, die riesige Weihnachtstanne aus den Vogesen auf dem Place Kléber, die von einer Arbeitsgruppe alljährlich ein anderes Dekor erhält, bis hin zu Weihnachtskonzerten in den Kirchen und dem Münster.
Museen
- Das Musée des Beaux Arts besitzt Alte Meister, aber auch Werke von Gustav Klimt
- Im Musée d'Alsace wird Volkskunst und Kunsthandwerk aus der Region ausgestellt.
- Weiter von hohem Bekanntheitsgrad ist das Museum für Moderne und Zeitgenössische Kunst (Musée de l'Art moderne et contemporaire) mit seiner markanten Pferdestatue auf dem Dach.
- Im Centre Tomi Ungerer ist das zeichnerische und grafische Lebenswerk des weltberühmten elsässischen Künstlers zu sehen. Spielzeug, Fotografien und das Familienarchiv ergänzen die einzigartige Sammlung.
Bildungseinrichtungen
Straßburg ist Sitz einer Filiale der französischen Elitehochschule ENA (École nationale d'administration), in der Verwaltungsfachkräfte herangebildet werden.
Jacques Sturm 1538 gruendete das protestantische Gymnasium, das 1556 in den Rang einer Akademie erhoben und nach und nach in eine Universität (1621) und in eine königliche Universität (1631) verwandelt wurde. Im Laufe der Franzoesischen Revolution verschwindet die Universitaet. 1870 wurde sie neu gegründet. Nachdem sie 1918 wieder französisch geworden war, verließ die Universität während des Zweiten Weltkriegs Straßburg und das annektierte Elsass, um sich in Clermont-Ferrand niederzulassen. Nach 1945 kehrte sie nach Straßburg zurück.
Die Universität Straßburg ist in der "Europäischen Konföderation der Universitäten am Oberrhein" (EUCOR) mit den der Universität Karlsruhe, Basel, Mülhausen und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg verbunden. Sie verfügt wegen der kirchenrechtlichen Sonderstellung des Elsass als einzige in Frankreich über zwei staatlich finanzierte theologische Fakultäten (katholisch und protestantisch).
In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde die Universität Straßburg aufgeteilt:
- Université Louis Pasteur (Strasbourg I)
- Université Marc Bloch (Strasbourg II)
- Université Robert Schumann (Strasbourg III)
Außerdem gibt es in Straßburg das
- Centre régional des œuvres universitaires et scolaires de Strasbourg (Crous)
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
- Sebastian Brant (* 1457), Jurist, Schriftsteller und Humanist
- Jacob Frey (* vor 1520), Schriftsteller
- Martin Montanus (* um 1540), Schriftsteller
- Henriette Karoline von Pfalz-Zweibrücken, *1721, Landgräfin von Hessen-Darmstadt
- Jean-Baptiste Kléber (*9. März 1753 in Straßburg), General der französischen Revolutionsarmee, er starb 1800 auf Napoléon Bonapartes Ägyptenfeldzug.
- Gustave Doré (* 6. Januar 1832 in Straßburg - † 23. Januar 1883 in Paris), Maler, Grafiker und Illustrator.
- Marcel Marceau (* 22. März 1923), Pantomime
- Germain Muller (*11. Juli 1923 - † 10. Oktober 1994) war ein Straßburger Kulturpolitiker, ein sehr populärer Kabarettist und elsässischer Dichter
- Tomi Ungerer (* 28. November 1931), Zeichner, Illustrator, Grafiker
- Wolfgang Huber (* 12. August 1942), Bischof und EKD-Ratsvorsitzender
Andere Persönlichkeiten
- Johann Geiler von Kaysersberg, Prediger
- Jakob Twinger von Königshofen (1346-1420), Kanonikus der St.-Thomas-Kirche und Chronist
- Barbara Honigmann (*1949), deutsche Schriftstellerin, lebt seit 1984 in Straßburg
Zahlen und Fakten
- Oberbürgermeisterin: Fabienne Keller
- Einwohner: 264.115 (1999) (Größte Stadt im Département Bas-Rhin und der Region Elsass, siebtgrößte Stadt Frankreichs)
Die europäischen Institutionen in Straßburg
In der Stadt haben das Europäische Parlament, der Europarat, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sowie das Eurokorps ihren Sitz. In Straßburg wird auch das Programm des deutsch-französischen Fernsehsenders Arte produziert.