Tina Stroheker (* 13. Juni 1948 in Ulm) ist eine deutsche Lyrikerin und Schriftstellerin.
Leben
Tina Stroheker machte ihr Abitur auf dem Humboldt-Gymnasium in Ulm und studierte 1967–1972 Germanistik, Geschichte und Politische Wissenschaft in München. Sie unterrichtete nach ihrem Staatsexamen zehn Jahre lang an Gymnasien und lebt seit 1983 als freie Schriftstellerin. Sie engagiert sich bei literarischen Projekten, zum Beispiel in der „Literarischen Werkstatt Göppingen“, und hielt sich öfters im Ausland auf. 1981 erhielt sie den Förderpreis des Leonce-und-Lena-Preises, erhielt 1986 ein Stipendium in der Villa Massimo und 1992 den „Literaturpreis der Landeshauptstadt Stuttgart“. Sie ist Mitglied der „Künstlergilde Esslingen“, des P.E.N.-Zentrum, in der europäischen literarischen Vereinigung Die Kogge sowie im Verband deutscher Schriftsteller.
Tina Stroheker lebt in Eislingen.
Literarisches Schaffen
Lyrik
In der Lyrik Strohekers gibt es einige Schlüsselworte, die bei ihr häufig anzutreffen sind, neben „Haut“ und „Stein“ ist es besonders oft „Tod“, doch diese Wortschwere wird auch vielfach aufgefangen durch gegensätzliche Begriffe wie „heiter“ und „leicht“. Die Autorin gibt selbst darüber Auskunft, wenn sie schreibt: „Das Gedicht soll ‚möglichst leicht’ werden, doch das ‚Gewicht der Welt’ bleibt bewusst“.[1] Strohekers Lyrik ist poetologisch, sie behandelt die Sprache behutsam, fern von extremen Experimenten. Manche Themen berühren ihre Heimat, sind Ortsgedichte; viele andere gründen aus den Erfahrungen ihrer zahlreichen Auslandsaufenthalte. Der Lyriker Gerd Kolter sagt, ihr Schreiben sei von „Beginn an geprägt durch die Spannung zwischen Ortsgebundenheit und Weltläufigkeit, wobei beide Pole einander spiegeln und reflektieren“.[2]
Josef Mühlberger
Tina Stroheker machte mit einigen ihrer Arbeiten den bereits in Vergessenheit geratenen böhmischen Schriftsteller Josef Mühlberger (1903–1985) wieder allgemein bekannt. Mühlberger, dessen Bücher 1936 verboten wurden, betätigte sich zuletzt als Übersetzer tschechischer Literatur und zählte zu jenen Schriftstellern, deren Hauptanliegen der Gedanke der Vermittlung und Freundschaft zwischen Deutschen und Tschechen war. Strohekers 2003 erschienenes Buch „Vermessung einer Distanz“ ist ein Erfahrungsbericht über Begegnungen mit dem Schriftsteller, über den sie bereits 1999 in „Mein Kapitel Mühlberger. Erinnerungen an einen Autor“ geschrieben hatte. Es gibt, so stellt sie fest, eine verbindende Welt des Geistes über die Grenzen von Sprachen, Kulturen und Generationen. Für ihre Verdienste um den Schriftsteller erhielt sie 2003 den „Josef-Mühlberger-Preis“.
Polen
Mit ihren Büchern hat sich Tina Stroheker auch um eine Verständigung mit Polen bemüht. Zuletzt waren es Miniaturen im „Lodzer Wörterbuch“, in denen an manchen Stellen die Erinnerung an die dunkle Vergangenheit dieser Stadt durchscheint, wenn sie zum Beispiel von der „Spur, die im Menschen bleibt“ schreibt. In „Pommes Frites in Gleiwitz. Eine poetische Topographie Polens“ stellt sie dagegen das Nachbarland auf manchmal amüsante Art dar. In dem bereits 1998 erschienenen und auch ins Polnische übersetzten „Polnischen Journal“ macht sie sich während einer Reise durch das Land ein eigenes Bild, frei von alten und neuen Klischees. Im Vorwort meint der polnische Autor Andrzej Szczypiorski: „Wir brauchen solche Texte“.
Werke
- Lodzer Wörterbuch. Miniaturen. / Słownik łódzki. Deutsch und polnisch. (Gesamttitel: Tygiel kultury. Biblioteka Tygla kultury. T. 24. Eislinger Edition). Eislingen und Tygiel Kultury, Łódź 2005. ISBN 3-929947-38-2 und 83-88552-33-3 (Tygiel Kultury)
- Auf einander zu. Gedichte und Prosa. Aphaia Verlag mit Edition Eigendruck, Berlin 2005. ISBN 978-3-926677-47-1
- Vermessung einer Distanz. Aufzeichnungen in der Umgebung Josef Mühlbergers. Kunstverein Eislingen 2003. ISBN 3-929947-31-5
- Pommes frites in Gleiwitz. Eine poetische Topographie Polens. Klöpfer und Meyer, Tübingen 2003. ISBN 3-421-05767-2
- Vorausgeworfener Schatten. Gedichte. Klöpfer und Meyer, Tübingen 2001. ISBN 3-421-05709-5
- In Übung bleiben. Die Künstlergilde, Landesgruppe Baden-Württemberg 1999. ISBN 3-925125-45-0
- Mein Kapitel Mühlberger. Erinnerungen an einen Autor. (Hrsg.) Kunstverein Eislingen 1999. ISBN 3-929947-24-2
- Polnisches Journal. Aufzeichnungen von unterwegs. Klöpfer und Meyer, Tübingen 1998. ISBN 3-931402-27-4
- Aufenthalt. Gedichte und vermischte Prosa. 2 Bde., Kunstverein Eislingen. ISBN 978-3-929947-23-6
- Das Meer ist ein Gerücht. Texte eines römischen Jahres. Bühl-Moos, Göppingen 1989. ISBN 3-89151-088-8
- Hinter der Stirn den Tod. Gedichte. Bühl-Moos, Göppingen 1987. ISBN 3-89151-049-7
- Vielleicht. Liebesgedichte. Van der Wal, Bergen (NL) 1985
- Die zweite Horizontlinie. Nachwort von Walter Helmut Fritz. Edition Cordeliers, Stuttgart 1983. ISBN 3-922836-19-4
- Weg zum Horizont. van der Wal, Bergen (NL) 1982
- „Provinz“ oder die zufällige Wiederentdeckung der Mondsichel. Schmelzer, Eislingen 1982. ISBN 3-88614-004-0
Einzelnachweise
Literatur
- Armin Ayren: Von einfachen Dingen und den Dingen dahinter. Zur Lyrik von Tina Stroheker. In: „Wenn ich einen Vorschlag machen dürfte...“. Literarische Werkstatt Göppingen. Eislingen 1996. S. 114–118
- Karlhans Frank: Klar und still und niemals schrill. In: „Esslinger Zeitung“ v. 2./3.2002
- Hans-Jürgen Heise: Sprachbilder und Kantabilität der Gedanken. In: „Der Literat“. H. 12, 2001. Berlin. ISSN 0024-4627
- Walter Hinck: Durch die Schule der Niederlagen. In: „Die Horen“. H.3, 2002. Bremerhaven. ISSN 0018-4942
- Herbert Hupka: Sprachkurs im Polnischen. In: „Kulturpolitische Korrespondenz“, Berlin und Bonn. S. 20f. 15.4.1999
- Gerd Kolter: Tina Stroheker". In: „Kritisches Lexikon der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur“. München 2003. ISBN 978-3-88377-927
- Walter Neumann: Leichte Sandalen. In: „Stuttgarter Zeitung“ v. 14.11.2001
- Janusz Tycner: Aus der Froschperspektive. Tina Strohekers polnisches Tagebuch. In: „DIE ZEIT“ v. 27.5.1999
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Stroheker, Tina |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Lyrikerin und Schriftstellerin |
GEBURTSDATUM | 13. Juni 1948 |
GEBURTSORT | Ulm |