Menschen mit einer Jodallergie reagieren auf die Einnahme jodhaltiger Substanzen mit einer Reihe von Vergiftungssymptomen ("Jodismus"), bis hin zu einem anaphylaktischen Schock, der unbehandelt zum Tode führen kann.
Typische Symptome einer Jodallergie (Jodismus)
Man muss zwischen akutem und chronischem Jodismus unterscheiden. Der akute Jodismus zeigt sich eher in Form einer allgergischen Reaktion, während der chronische Jodismus eher die Symptome einer chronischen Vergiftung aufweist.
Typische Symptome des Jodismus sind:
- Reizwirkungen an Haut und Schleimhäuten
- Schnupfen
- Bindehautentzündung
- Bronchitis
- Ausschlag
- Kopfschmerzen
- Gastroenteritis
vgl.
- H. Lüllmann & K. Mohr (1999): Pharmakologie und Toxikologie. 14. komplett überarbeitete und neu gestaltete Auflage, Stuttgart & New York: Thieme, S. 344
- C.-J. Estler, Hrsg. (2000): Pharmakologie und Toxikologie, 5. überarbeitete und erweiterte Auflage, Stuttgart & New York: Schattauer, S. 514.
An anderer Stelle [1] wird folgende Definition gegeben (Zitat):
"engl.: iodine allergy; Überempfindlichkeitsreaktion gegen jodhaltige Substanzen. Äußert sich als sog. Jododerm (Hautreaktion) bevorzugt im Gesichtsbereich, an Lippen, Zahnfleisch und Zunge mit rotbraunen, schwammigen eitrigen Verkrustungen und mit von Pusteln durchsetztem Randsaum. Bei chronischer Zufuhr derartiger Substanzen spricht man von Jodismus"
Die Autorin Dagmar Braunschweig-Pauli führt in ihrem Buch Die Jod-Lüge. Das Märchen vom gesunden Jod folgende Symptome auf:
- psychische Störungen wie Aggressionen, Depressionen und Hyperaktivität
- Hauterkrankungen wie Akne
- Allergien wie die Lichtallergie
- Arteriosklerose
- Augenerkrankungen wie Sehstörungen und Bindehautentzündungen
- Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes
- Herzerkrankungen wie zum Beispiel Arrhythmie
- sexuelle Dysfunktionen wie Impotenz
- Kopfschmerzen
- Krebs
- Kreislaufstörungen
- Knochenerkrankungen wie Osteoporose
- Schilddrüsenerkrankungen wie Hyperthyreose, Hypothyreose, Kropf und Morbus Basedow
- Schlafstörungen wie zum Beispiel Insomnie
- Lungenkrankheiten wie Tuberkulose und andere Atemwegserkrankung
- neurologische Störungen wie Zappelbeine (auch bekannt als restless legs)
vgl. die Rezension bei Amazon [2].
Die Entstehung eines Jodismus
Die genaue Äthiologie des Jodismus ist bis heute nicht abschließend geklärt. In einer Reihe von Aufsätzen aus jüngerer Zeit haben japanische Wissenschaftler ein erklärendes Modell entwickelt. Demzufolge findet bei einer Jodbelastung und gleichzeitigem Mangel an Antioxidanzien im Organismus die Bildung jodhaltiger Eiweißverbindungen (iodinated autologous proteins, Shionoya u.a. 2004b) statt, die eine Immunreaktion auslösen.
- Shionoya H, Sugihara Y, Okano K, Sagami F, Mikami T, Katayama K (2004a): Studies on experimental iodine allergy: 1. Antigen recognition of guinea pig anti-iodine antibody. In: J Toxicol Sci. 2004 May;29(2):131-6, [3].
- Shionoya H, Sugihara Y, Okano K, Sagami F, Mikami T, Katayama K (2004b): Studies on experimental iodine allergy: 2. Iodinated protein antigens and their generation from inorganic and organic iodine-containing chemicals. In: J Toxicol Sci. 2004 May;29(2):137-45, [4].
- Sugihara Y, Shionoya H, Okano K, Sagami F, Mikami T, Katayama K (2004c): Studies on experimental iodine allergy: 3. Low molecular weight elicitogenic antigens of iodine allergy. In: J Toxicol Sci. 2004 May;29(2):147-54, [5].
Ist das Modell von Shionoya u.a. korrekt, ist eine erhöhte Jodbelastung ein wesentlicher Risikofaktor für viele Störungen und Erkrankungen.
Jod-bedingte Störungen und Krankheiten
Wie oben schon erwähnt, werden verschiedenste physiologische Störungen und Erkrankungen mit einem durch übermäßige Jodbelastung hervorgerufen Jodismus in Verbindung gebracht. Einige davon sollen kurz erwähnt werden.
Autoimmune Thyreoiditis (Schilddrüsenentzündung)
In einer ganzen Reihe von Forschungsarbeiten wird mittlerweile ein Zusammenhang hergestellt zwischen der sogenannten autoimmunen Thyreoiditis. Tierversuche haben gezeigt, dass eine übermäßige Jodbelastung den Krankheitsverlauf beschleunigt und verschärft:
- Rose N R, Rasooly L, Saboori A M, Burek C L (1999): Linking iodine with autoimmune thyroiditis. In: Environ Health Perspect. 1999 Oct;107 Suppl 5:749-52, ([6]).
- Ruwhof C, Drexhage H A (2001): Iodine and thyroid autoimmune disease in animal models. In: Thyroid. 2001 May;11(5):427-36 ([7]).
- Cihakova D, Sharma R B, Fairweather D, Afanasyeva M, Rose N R (2004): Animal models for autoimmune myocarditis and autoimmune thyroiditis. In: Methods Mol Med. 2004;102:175-94, [8].
- Schumm-Draeger P M (2004): Jod und thyreoidale Autoimmunität. In: Zeitschrift für ärztliche Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen, Jahrgang 98, Heft Supplement V, 04-2004, S. 73-76 (4), [9].
Weitere Informationen bei der Deutschen Gesellschaft für Autoimmun-Erkrankungen [10].
Störungen des Immunsystems
Wie irische Forscher bei Patienten beobachtet haben und dann experimentell bestätigen konnten, kann durch jodhaltige Röntgenkontrastmittel (siehe Abschnitt Medikamente) eine Selbstzerstörung (Apoptose) wichtiger weißer Blutkörperchen (der sogenannten Neutrophilen, auch als neutrophile Granulozyten bezeichnet) verursacht werden. Damit verliert das Immunsystem einen großen Teil seiner Leistungsfähigkeit und der bzw. die Betroffene wird einer erhöhten Gefährdung durch Infektionen ausgesetzt.
- Fanning N F, Manning B J, Buckley J, Redmond H P (2002): Iodinated contrast media induce neutrophil apoptosis through a mitochondrial and caspase mediated pathway. In: Br J Radiol. 2002 Nov;75(899):861-73, [11].
Anmerkung: Der Aufsatz ist im Volltext kostenlos verfügbar.
Störungen des Stoffwechsels
Forschungen an Hühnern haben folgende Folgen eines übermäßigen Jodkuonsums gezeigt:
- Verzögerung der Erreichung der Geschlechtsreife
- Reduktion der Eierproduktion bis zum Versagen der Eiablage
- die Nahrungsaufnahme verringerte sich bei gleichzeitiger Gewichtszunahme
- die Kükensterblichkeit nahm zu, ebenso die Anzahl ungeschlüpfter, toter Küken
- die Zeugungsfähigkeit der Hähne nahm ab, die Anzahl abgestorbener Spermien zu
- die Quelle für die Jodbelastung kann beliebig sein
vgl.
- Lewis P D (2004): Responses of domestic fowl to excess iodine: a review. In: Br J Nutr. 2004 Jan;91(1):29-39, [12].
Die Jodbelastung
Eine Jodbelastung erfolgt durch den Kontakt mit jodhaltigen Substanzen.
Jodhaltige Substanzen lassen sich unterscheiden in Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel, Lebensmittel bzw. Lebensmittelzusätze, wie zum Beispiel jodiertes Speisesalz, und Desinfektionsmittel.
Aber auch in der Umwelt sind in den letzten Jahrzehnten erhöhte Jodmengen festgestellt worden.
Jod in der Umwelt
In einer Forschungsarbeit aus den frühen 80er Jahren wurden in der Umwelt erhöhte Jodwerte festgestellt. Erhöhte Jodmengen fanden sich im Grundwasser sowie in Flüssen und Seen, die teilweise weit abseits von menschlichen Aktivitäten lagen. Der Autor schlussfolgerte daraus, dass ein permanenter Jodeintrag in die Umwelt erfolgen muss. Ein erhöhter Jodeintrag erfolgt unter anderem über das Abwasser.
- D. C. Whitehead (1984): The distribution and transformations of iodine in the environment. In: Environment International, Volume 10, Issue 4, 1984, Pages 321-339, [13].
Jod in Lebensmitteln
Durch den Einsatz von Jod in Tierfutter sind viele Lebensmittel mittlerweile stark jodhaltig, was bei üblicher Ernährung leicht zu einer Überdosierung von Jod führen kann.
Die Hauptlieferanten von Jod in der menschlichen Nahrung sind laut Whitehead inzwischen Milch- und Getreideprodukte (Zitat):
Milk and milk products are now major dietary sources of iodine because their content is often increased by concentrate feedingstuffs supplemented with iodine and/or by the use in dairies of iodophor detergents and sterilants. (Whitehead 1984)
Übersetzung: "Milch und Milchprodukte sind heute wichtige Nahrungsquellen für Jod, da ihr Gehalt daran durch konzentrierte, mit Jod angereicherte Futtermittel und/oder den Einsatz von jodhaltigen Desinfektionsmitteln häufig erhöht ist."
Das entspricht den Befunden von Harland u.a. aus dem Jahre 1981 (Zitat):
The iodine content of diets of typical American infants, toddlers, and adults in recent years was found to be far in excess of the amount necessary for adequate nutrition. Dairy products were the major contributor. Other large contributors were grain and cereal products, sugars and adjuncts, and meat, fish, and poultry in adult diets and grain and cereal products and meat, fish, and poultry in infant and toddler diets.
Übersetzung: "Der Jodgehalt der typischen Nahrungsmittel amerikanischer Kinder, Kleinkinder und Erwachsener überstieg in den letzten Jahren die notwendige Menge bei weitem. Milchprodukte waren die Hauptlieferanten. Andere bedeutende Lieferanten waren Getreideprodukte, Zucker und Zuckerwaren, Fleisch, Fisch und Geflügel bei Erwachsenen sowie Getreideprodukte, Fleisch, Fisch und Geflügel bei Kindern und Kleinkindern."
- Park YK, Harland BF, Vanderveen JE, Shank FR, Prosky L. (1981): Estimation of dietary iodine intake of Americans in recent years. In: J Am Diet Assoc. 1981 Jul;79(1):17-24, [14].
Jod-Eier
Besonders stark mit Jod angereichert sind sogenannte Jod-Eier, wie sie in Deutschland zum Beispiel von der Landkost Ei EZG Gmbh (Brandenburg) angeboten werden [15].
Jod in Nahrungsergänzungsmitteln
Viele Nahrungsergänzungsmittel enthalten Jod. Auch Schwangeren wird zur Prävention die Einnahme von jodhaltigen Präparaten empfohlen, was bei einem nachgewiesenen Jodmangel sinnvoll ist. Bei einer Überdosierung von Jod kann es aber zu Fruchtschädigung kommen, weshalb Schwangere vor der Einnahme eines Jod-Präparats unbedingt ihren Jod-Status prüfen lassen sollten.
Im Internet finden sich einige Hinweise [16] darauf, dass bestimmte Präparate während der Schwangerschaft zum Absterben des Fötus' geführt habe könnten.
Jod in Medikamenten
Gebräuchliche jodhaltige Medikamente sind zum Beispiel:
- Jodhaltige Röntgenkontrastmittel. Deren Einsatz sollte bei einer bestehenden Jodallergie allerdings unbedingt unterbleiben. Deshalb sollte statt einer Computertomographie (CRT, mit jodhaltigem Röntgenkontrastmittel) dann eine Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt werden.
- Judmaier W, Gaßner I, Kremser Ch: MR-Angiographie der thorakalen Gefäße, [17].
- Ba-Ssalamah A, Grgurin M, Kettenbach J, Lammer J, Nöbauer IM, Prokop M: State of the art in der Diagnostik aortaler Erkrankungen: CT und MRT versus konventionelle Angiographie, [18].
- Symposium der Arbeitsgruppe für kardiologische Magnetresonanz der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft; 23. November 2002, LKH Graz, [19].
- Cordarex (TM), in den USA als Cordarone (TM) im Einsatz. Der enthaltene Wirkstoff ist Amiodaron, eine Substanz mit zwei Jodatomen. Die Federal Drug Administration, also die US-Aufsichtsbehörde für den Medikamteneinsatz, hat gemeinsam mit dem US-Hersteller von Cordarone (TM), Wyeth, im Januar 2005 auf die Gefährlichkeit von Cordarone [20] (TM) hingewiesen. Im Zusammenhang mit dem Einsatz des Medikamentes hat bereits mehrere Todesfälle [21] gegeben.
- Jodhaltige Hormonpräparate zur Behandlung der Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose).
Jod in Desinfektionsmitteln
Eine Reihe von Desinfektionsmitteln für unterschiedliche Zwecke enthält Jod. Bei unsachgemäßem Gebrauch kann deren Einsatz zu Vergiftungen führen.
- Povidon-Jod. Mittel (Generika) mit diesem Bestandteil (Jodkomplex) werden zur äußeren Wundbehandlung verwendet. Sie dürfen nicht bei Schilddrüsenerkrankungen zum Einsatz kommen (Information von Vitanet.de, [22]). Auch bei anderen Krankheitssymptomen sollte Povidon-Jod nicht eingesetzt werden, so zum Beispiel während einer Radiojodtherapie, bei einer Jodallergie, bei Dermatitis herpetiformis Duhring (Produktioninformationen zu PVP-Jod-ratiopharm(R) Salbe).
Bei der Anwendung von jodhaltigen Desinfektionsmitteln kann es zu Vergiftungen kommen.
So warnte etwa die WHO [23] vor einem übermäßigen Einsatz von Povidone-Jod (Zitat):
Austria. The Federal Ministry for Labour, Health and Social Affairs has issued a warning after receiving reports of iodine intoxication due to inappropriate use of large quantities of povidone-iodine for disinfection. It is stressed that the product should be used in accordance with the product information. Reference: Arzneimittel Info No. 2, July 1998.
Übersetzung: "Österreich. Das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat, nach Erhalt von Berichten über Jodvergiftungen durch den übermäßigen Einsatz von Povidon-Jod, eine Warnung herausgegeben. Es wird betont, dass das Produkt entsprechend der Gebrauchsanweisung zu benutzen ist. Referenz: Arzneimittel Info No. 2, July 1998."
Weitere Informationsquellen
Wer zum Beispiel mit Google [24] nach "Jodallergie" [25] oder "iodine allergy" [26] sucht, bekommt eine Fülle weiterer Informationen.
Initiativen
- Der Arbeitskreis Jodmangel (Homepage [27]) befürwortet vehement die Jodierung von Speisesalz, um einen Jodmangel in Deutschland zu bekämpfen.
- Die Initiative Jod? Nein Danke (Homepage [28]), die vehement gegen die Jodierung von Speisesalz kämpft.
Die Jodproblematik in den Medien
- Der WDR hat im August 2004 kritisch über die Jodierung von Speisesalz berichtet [29].
Betroffene im Internet
- Die Homepage von Peter Hoffmeyer [30].
- Die Homepage von Leni Reuters [31].
Selbsthilfegruppen
- Die Selbsthilfegruppe der Jodallergiker, Morbus-Basedow- und Hyperthyreosekranken, Postfach 2967, D-54219 Trier.
Fachinformationen
Auf den Servern der Fachverlage findet man weitere Informationen. Eine Auswahl: