Niederknien

Demutsgeste gegenüber einer überlegenen Person
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Das Niederknien oder die Kniebeuge ist eine religiöse Demutsgeste und Ausdruck der Verehrung einer Göttlichkeit oder eines Fürsprechers. Neben dem Christentum praktizieren auch andere Religionen das Knien als Gebets- und Meditationshaltung.

Joachim betet in der Wüste

Antike

Sowohl Griechen als auch Römer lehnten es ab vor ihren Göttern hinzuknien. Es war zu offenkundig, dass diese oft parteiischen und zerstrittenen Götter kein Gott waren. Trotzdem hing der antike Mensch von ihrer launischen Macht ab und musste sich nach Möglichkeit durch diverse Opfer seiner Gunst versichern. Das Knien war aber eines freien römischen oder antiken Bürgers unwürdig und eine Sache der Barbaren, der Juden oder Christen die in diesen Reichen noch lebten. Plutarch und Theophrastos von Eresos charakterisieren das Knien als Ausdruck von Aberglauben. Aristoteles nennt es eine barbarische Verhaltensform.[1]

Christentum

Römisch-katholische Kirche

Kniebeuge

 
Kniebeugung in einer Heiligen Messe

Es können in der Bibel drei eng mit dem Wort Knien verwandte Haltungen unterschieden werden. Die Prostratio - das Sich-zu-Boden-Strecken vor der überwältigenden Macht Gottes, das im Neuen Testament vorkommende Zu-Füßen-Fallen und endlich das Knien. Im Einzelnen sind freilich sprachlich die drei Haltungen nicht immer deutlich voneinander trennbar. Das Wort Knien (proskynein) kommt in der Bibel allein im Neuen Testament 59mal vor, davon 24mal in der Apokalypse.

Die Jünger im Boot aber fielen vor Jesus nieder und sagten: Wahrhaftig, du bist Gottes Sohn.(Mt 14,33)

Eine weitere wichtige Situation in der das Knien im Mittelpunkt des Neuen Testamentes steht ist das Knien Jesu am Ölberg. Jesus wirft sich zu Boden, er fällt auf die Erde. Er nimmt gleichsam den Fall des Menschen an, lässt sich in seine Gefallenheit hineinfallen, betet aus unterster Tiefe der menschlichen Verlassenheit und Not herauf zu seinen Vater.

Und er ging ein Stück weiter, warf sich auf die Erde nieder und betete, dass die Stunde, wenn möglich, an ihm vorübergehe.(Mar 14,35)

In einem römisch-katholischen Gotteshaus machen Katholiken eine Kniebeuge in Richtung Altar, Tabernakel und Ewigem Licht, bevor sie sich in die Kirchenbank begeben. Auch beim Verlassen der Bank wird gewöhnlich eine Kniebeuge gemacht. Dabei bleibt der Oberkörper aufrecht. Man beugt nur die Knie, und zwar so, dass man mit dem rechten Knie den Boden neben der linken Ferse berührt. Meistens bekreuzigen sich die Gläubigen dabei. Auch der Zelebrant und sein Gefolge (z.B. Ministranten, Lektor, Diakon, Kommunionhelfer) beugen ihre Knie vor dem Altar und den geweihten Gaben in der Eucharistie oder beim Betreten des Altarbereiches. Mit dem Beugen der Knie wird die Ehrfurcht vor der Gegenwart des allmächtigen, dreieinigen Gottes bezeugt.

Wir bringen in der Meßliturgie unseren Glauben, daß Christus unter den Gestalten von Brot und Wein wirklich zugegen ist, unter anderem dadurch zum Ausdruck, daß wir zum Zeichen der Anbetung des Herrn die Knie beugen oder uns tief verneigen. (Katechismus der Katholischen Kirche, 1378)

Generell ist die Verehrung durch eine Kniebeuge (und auch das Knien) sehr auf die Eucharistie bezogen, in der Gott nach katholischen Verständnis wirklich gegenwärtig ist. So wird zu den Sakralgegenständen wie etwa dem Tabernakel, in dem das Allerheiligste aufbewahrt, oder dem Altar, auf dem die Eucharistie gefeiert wird, ebenfalls eine Kniebeuge gemacht. In einigen, meist katholisch geprägten Regionen ist auch das Beugen der Knie zu den eucharistischen Gaben vor der Kommunion.

Knien

 
Kniebänke einer Rosenkranzbruderschaft

In römisch-katholischen Gotteshäusern befinden sich zusätzlich zu den Sitzbänken vielfach Kniebänke. Auch um nicht auf harten Boden knien zu müssen, wurden diese eingerichtet. Gekniet wird gewöhnlich nicht nur in der Heiligen Messe, sondern auch grundsätzlich bei Gebeten in der Kirche. In der Heiligen Messe wird die Verehrung (durch Knien und Kniebeuge) besonders auf die Eucharistie bezogen, in der Christus nach katholischem Verständnis wirklich gegenwärtig ist. So wird auch besonders während der Feier der Eucharistie gekniet.

In der Heiligen Messe wird in der Regel bei folgenden Zeitpunkten gekniet:

  • Bei persönlichen Gebeten
  • Beim Hochgebet, sofern man nicht, wie im Messbuch vorgesehen, steht.
  • Immer, wo es möglich ist, bei der Wandlung von Brot und Wein, von der Epiklese bis zum Ruf „Deinen Tod ...“
  • Beim persönlichen Gebet nach dem Empfang der Kommunion

In einigen, meist katholisch geprägten, Gebieten wird auch das Knien während der (Mund-)Kommunion gepflegt.

Darüber hinaus wird gelegentlich während der Spendung von anderen Sakramenten als der Eucharistie gekniet. Bei der Spendung Firmung, der Ehe (Trauung), der Weihe oder der Lossprechung in der Beichte.

Immer kniet man, wenn der Diakon (ersetzweise der Priester) dazu ausdrücklich mit der Formel „Beuget die Knie“ auffordert sowie an Weihnachten und am 25. März bei der Aussage des Glaubensbekenntnisses über die Menschwerdung Christi.

Orthodoxe Kirchen

 
Knien bei einer norwegischen Konfirmation

Knien ist in der sonntäglichen Liturgie üblich. An anderen Wochentagen gibt es in manchen Kirchen Niederwerfungen (Metanie) ähnlich wie im Islam (Proskynese) oder in der katholischen Kirche (Prostratio).

Protestantische Kirchen

In protestantischen Gotteshäusern gibt es in der Regel keine Kniebänke, die das Knien ermöglichen würden. Die mit der Reformation beginnende, weitgehende Abschaffung des Kniens im Gottesdienst hängt mit dem protestantischen Verständnis der Gegenwart Gottes, besonders im Abendmahl, zusammen. Nach diesem Verständnis beziehen Protestanten die Gegenwart Gottes eher auf die gesamte Gemeinde als auf den Leib und das Blut Christi im Abendmahl. Trotzdem ist das Knien z.B. bei der Trauung oder Konfirmation üblich, bei der meist Kniebänke bereitgestellt werden.

Nichtchristliche Religionen

Islam

Im Islam ist das Knien während des Gebets auf einem Gebetsteppich üblich. Allerdings handelt es sich dabei nicht wie im Christentum um ein Knien mit aufrechter Körperhaltung, sondern eher um ein Aufsitzen auf Knien und Füßen bei der Niederwerfung.

Judentum

Da das Stehen während des Gebets nach jüdischer Tradition ein alter Ausdruck der Ehrfurcht ist, stehen die Menschen häufiger beim Gebet, als dass sie knien. Im hebräischen Alten Testament entspricht dem Wort berek Knie das Verbum barak, knien. Die Knie galten für den Hebräer als Sinnbild für Kraft; das Beugen der Knie ist so das Beugen der Kraft vor dem lebendigen, einzigen Gott.

Buddhismus und Hinduismus

Im Buddhismus und Hinduismus wird das Knien als Körperhaltung während der Meditation verstanden.

Zitate

Bibel

 
Knieender buddhistischer Soldat in Thailand

Bereits in der Bibel, wie im alten auch im neuen Testament, ist das Knien und die Kniebeuge als Verehrungs- und Gebetshaltung bezeugt. In folgenden Bibelstellen wird das Knien bzw. Kniebeugen im Zusammenhang mit der Verehrung Gottes erwähnt:

Knien

  • Als Salomo dieses flehentliche Gebet zum Herrn beendet hatte, erhob er sich auf dem Platz vor dem Altar des Herrn, wo er niedergekniet war und die Hände zum Himmel ausgebreitet hatte.“ (1 Kön 8, 54)
  • Zur Zeit des Abendopfers erhob ich mich aus meiner Bußübung, mit zerrissenem Gewand und Mantel. Dann warf ich mich auf die Knie, breitete die Hände aus und betete zum Herrn, meinem Gott:“ (Esr 9, 5)
  • Während Esra vor dem Haus Gottes auf den Knien lag und weinend sein Gebet und sein Bekenntnis sprach, versammelte sich um ihn eine sehr große Gemeinde von Männern, Frauen und Kindern aus Israel. Auch das Volk vergoss viele Tränen.“ (Esr 10, 1)
  • Kommt, lasst uns niederfallen, uns vor ihm verneigen, lasst uns niederknien vor dem Herrn, unserm Schöpfer!“ (Ps 95,6)
  • Als Daniel erfuhr, dass das Schreiben unterzeichnet war, ging er in sein Haus. In seinem Obergemach waren die Fenster nach Jerusalem hin offen. Dort kniete er dreimal am Tag nieder und richtete sein Gebet und seinen Lobpreis an seinen Gott, ganz so, wie er es gewohnt war.“ (Dan 6, 11)
  • Dann entfernte er sich von ihnen ungefähr einen Steinwurf weit, kniete nieder und betete:“ (Lk 22, 41)
  • Petrus aber schickte alle hinaus, kniete nieder und betete. Dann wandte er sich zu dem Leichnam und sagte: Tabita, steh auf! Da öffnete sie ihre Augen, sah Petrus an und setzte sich auf.“ (Apg 9, 40)
  • Nach diesen Worten kniete er nieder und betete mit ihnen allen.“ (Apg 20, 36)
  • Als die Tage um waren, brachen wir zur Weiterreise auf, und alle, auch Frauen und Kinder, begleiteten uns bis vor die Stadt. Am Strand knieten wir nieder, beteten und nahmen Abschied voneinander. Dann gingen wir an Bord; jene aber kehrten nach Hause zurück.“ (Apg 21, 5-6)

Kniebeuge

  • Ich habe bei mir selbst geschworen und mein Mund hat die Wahrheit gesprochen, es ist ein unwiderrufliches Wort: Vor mir wird jedes Knie sich beugen und jede Zunge wird bei mir schwören:“ (Jes 45, 23)
  • Denn es heißt in der Schrift: So wahr ich lebe, spricht der Herr, vor mir wird jedes Knie sich beugen und jede Zunge wird Gott preisen.“ (Röm 14, 11)
  • Daher beuge ich meine Knie vor dem Vater, nach dessen Namen jedes Geschlecht im Himmel und auf der Erde benannt wird, und bitte, er möge euch aufgrund des Reichtums seiner Herrlichkeit schenken, dass ihr in eurem Innern durch seinen Geist an Kraft und Stärke zunehmt.“ (Eph 3, 14-16)
  • Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt ‚Jesus Christus ist der Herr‘ - zur Ehre Gottes, des Vaters.“ (Phil 2, 10-11)

Weitere Zitate

  • Nie ist der Mensch größer als wenn er kniet. Papst Johannes XXIII.
  • Das Knien kommt nicht aus irgendeiner Kultur - es kommt aus der Bibel und ihrer Gotteserkenntnis heraus Papst Benedikt XVI.
  • Bete auf deinen Knien, stehend, liegend oder sitzend bei Tag oder bei Nacht. Mohammed
  • Wir glauben auf den Knien oder wir glauben überhaupt nicht. Martin Mosebach
  • Ich bin an den Sonntag gebunden, wie an eine Melodie. Ich habe keine andere gefunden, ich glaube nicht, aber ich knie.[2] Martin Walser
  • Die Seelen werden auf den Knien erobert. Karl Borromäus
  • Der deutsche Mann kniet nie. Nationalsozialisten
  • Christen und Kamele erhalten ihre Lasten knieend. Ambrose Bierce

Siehe auch

Literatur

  • P. Sinoir, La prière à genoux dans l´Ecriture Sainte, Tequi, Paris 1997
  • Prasanna Vazheeparampil, The Making an Unmaking of Tradition, Rome 1998
  • L.M. White, Building God´s House in The Roman World, Baltimore - London 1990
  • J.A. Sayes, La presencia real de Cristo en la Eucaristia, BAC Madrid 1976
  • Henri de Lubac, Corpus mystericum. L´Eucharistie et l´Eglise au Moyen age, Aubier 1949
  • Josef Ratzinger, Der Geist der Liturgie, Herder-Verlag 2002, ISBN 3-451-27247-4

Quellen

  1. Josef Ratzinger: Der Geist der Liturgie, Herder-Verlag, Freiburg 2002
  2. VATICAN magazin: Martin Walser - 10 Fragen die ich Benedikt XVI. immer schon einmal stellen wollte; Jahrgang 1, Heft 12, Dezember 2007