Rudolf Höß
Rudolf Franz Ferdinand Höß (* 25. November 1900 in Baden-Baden; † 16. April 1947 in Auschwitz) war deutscher Nationalsozialist, SS-Obersturmbannführer und Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz. Er wurde als Kriegsverbrecher 1947 zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Leben
Rudolf Höß wurde am 25. November 1900 als Sohn katholischer Eltern in Baden-Baden geboren. Nach dem Umzug nach Mannheim besuchte er dort das humanistische Gymnasium. Sein Vater ( Franz Xaver Höß, von Beruf Kaufmann) wollte dass er Priester werde. Nach dem Tod des Vaters blieb Höß in der Schule sitzen, meldete sich daraufhin freiwillig im Alter von 15 Jahren zur Armee und wurde in der Türkei an der Irakfront und später an der Palästinafront gegen die Engländer eingesetzt, wo er bereits im Alter von 17 Jahren als Unteroffizier mit dem Eisernen Kreuz I. und II. Klasse ausgezeichnet wurde.
1919 schloss Höß sich dem Freikorps Roßbach an und nahm an Kämpfen im Baltikum, im Ruhrgebiet und in Oberschlesien teil. Danach versuchte er sich erfolglos eine Zeit lang als Tagelöhner durchzuschlagen. Die dabei erlittenen persönlichen Niederlagen hätten ihn fast zum Suizid veranlasst, bis er auf die NSDAP aufmerksam wurde. Höß trat dieser Partei im Jahre 1922 bei. Ein Jahr später war er am „Fememord” an Walter Kadow beteiligt. Einer seiner Komplizen war sein späterer Förderer, Martin Bormann. Aus Angst, als Mitwisser selbst liquidiert zu werden, zeigte einer der Beteiligten den Mord offiziell an. Höß wurde verhaftet und zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Bereits 1928 kam er nach einer Amnestie vorzeitig wieder frei.
In den folgenden Jahren betätigte Höß sich in Ahlen-Vorhelm in der Landwirtschaft und gehörte als Führungsperson verschiedenen auf die Landbevölkerung zugeschnittenen Nazibünden, wie zum Beispiel dem Bund der Artamanen, an. In der Zeit begegnete er zum ersten Mal Heinrich Himmler, der von Höß' Unterwürfigkeit und Gründlichkeit begeistert war. 1929 heiratete er Hedwig Hensel, aus der Ehe gehen fünf Kinder hervor. 1934 forderte Himmler ihn auf, der SS beizutreten. In diesem Jahr wurde er als Block- und Rapportführer im KZ Dachau eingesetzt. 1938 wurde er Adjutant des Lagerkommandanten im Konzentrationslager Sachsenhausen und ab November 1938 Schutzhaftlagerführer im Rang eines Hauptsturmführers. Im Mai 1940 erfolgte seine Versetzung als Lagerkommandant nach Auschwitz. Diese Position hatte er bis zum 9. November 1943 inne. Höß erschien in dieser Zeit als äußerlich unberührter, eiskalter Massenmörder.
In Auschwitz-Birkenau sorgte er für den reibungslosen Ablauf des Massenmordes und rühmte sich, als erster das Gift Zyklon B „erfolgreich” eingesetzt zu haben. Erschießungen seien in dem Ausmaß, das für die Menschenvernichtungen vorgesehen war, im Hinblick auf die Geheimhaltung der „Sache” kontraproduktiv gewesen, während die „Vergasung” einen unblutigen, vergleichsweise lautarmen Tod verursachte, was Höß „vernünftiger” und „hygienischer” erschien. Außerdem konnte er nicht solche Mengen Munition erhalten, wie für den Umfang des Massenmords an den Juden nötig gewesen wäre. Ab Dezember 1943 war Höß als Leiter der Amtsgruppe D im SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt der SS (WVHA) tätig und 1944 noch einmal in Auschwitz, weil die Vernichtungsaktion gegen die ungarischen Juden nicht reibungslos lief.
Im Mai 1945 tauchte er unter und gab sich unter dem Namen „Franz Lang” als Maat der Marine aus, bis er 1946 von der britischen Militärpolizei festgenommen und im Juni an Polen ausgeliefert wurde.
Am 2. April 1947 wurde Höß in Warschau zum Tode verurteilt, und vierzehn Tage später vor seiner ehemaligen Residenz in Auschwitz gehängt. Während des gesamten Prozesses hatte er jede Schuld zurückgewiesen und erklärt, er habe nur Befehlen gehorcht.
Zuvor sagte er noch im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess für Ernst Kaltenbrunner, anschließend im Prozess Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt der SS für den Chef des SS-WVHA Oswald Pohl aus.
Psyche
Vom Gerichtspsychologen Gustave M. Gilbert wird Höß als geistig normal, mit einer schizoiden Apathie, fehlendem Einfühlungsvermögen und Gefühllosigkeit beschrieben. Gilbert beschreibt ihn in bei den Gesprächen als geduldig, sachlich und leidenschaftslos.[1] Charakteristisch für Höß war seine vorauseilende Gewissenhaftigkeit und Sorgfältigkeit, immer im Dienste einer höheren Autorität.[2] Sadistische Neigungen wie z.B. beim aus Schindlers Liste bekannten Kommandanten des KZ Plaszow Amon Göth waren bei Höß nicht nachweisbar.
In Bezug auf die Judenvernichtung hatte Höß keine ethischen Bedenken. Beeinflusst durch die antisemitischen Schriften und Reden von Joseph Goebbels, Alfred Rosenberg und Adolf Hitler stellte er die Rechtmäßigkeit und Notwendigkeit dieser Taten nie in Frage. Er ging nicht davon aus, dass er jemals dafür zur Rechenschaft gezogen würde. Auf die Frage des Gerichtspsychologen Gilbert „ob die Juden, die er ermordet hätte, schuldig seien bzw dieses Schicksal verdienen?“ antwortete er: „Solche Fragen sind unrealistisch...wir SS-Leute sollten über solche Dinge nicht nachdenken; es kam uns auch nicht in den Sinn“.[1] Höß wurde dabei nicht von der plumpen Propaganda angesprochen. Er gab an, den „Stürmer“ nur selten zu lesen, weil dieser zu oberflächlich sei. Laut Höß hätten Untergebene, die den „Stürmer“ regelmäßig lesen, meist einen begrenzten Horizont.
Das Paradoxe an Rudolf Höß ist, dass er nicht der sadistische, rohe und brutale Massenmörder ist. Vielmehr ist er eher durchschnittlich, kleinbürgerlich, keineswegs bösartig, mit vielen Tugenden wie Ordnungsliebe, Pflichtbewusstsein und Naturverbundenheit ausgestattet. Diese Qualitäten haben ihn nicht vor Inhumanität, Gleichgültigkeit gegenüber den Opfern und einer totalen Ausblendung jeglicher Moral und Ethik bewahrt. Er hat sein Pflichtbewusstsein und seine Sorgfalt in einer pervertierten Art und Weise in den Dienst der Massenmörder gestellt.[3]
Aussagen
Nach der Gefangennahme von Rudolf Höß durch die britische „92. Field Security Section“ wurde Rudolf Höß mehrfach vernommen, sagte als Zeuge der Verteidigung beim Nürnberger Prozess aus und hat in polnischer Untersuchungshaft autobiografische Aufzeichnungen erstellt.
Aussage in britischer Gefangenschaft
Am 14.3.1946 unterzeichnete Rudolf Höß ein in deutscher Sprache abgefasstes Vernehmungsprotokoll. Dieses Dokument umfasste 8 Seiten und ist von Captain William Cross, Kommandeur der „92. Field Secuity Section“ gegengezeichnet. Die Dokumentennummer beim Nürnberger Prozess ist NO-1210. Er schätzt in diesem Dokument die Opferzahl in Auschwitz auf 3 Millionen wobei er annimmt, dass 2,5 Millionen vergast wurden. Bei dieser Schätzung verweist er auf eine Berichterstattung von Adolf Eichmann an den Reichsführer SS im April 1945. In persönlicher Erinnerung waren ihm noch die großen Massentransporte mit 250.000 aus Oberschlesien und Polen, 100.000 aus Deutschland und Theresienstadt, 90.000 aus Holland, 20.000 aus Belgien, 110.000 aus Frankreich, 65.000 aus Griechenland, 400.000 aus Ungarn und 90.000 aus der Slowakei.
Des weiteren gab Rudolf Höß eine detaillierte Beschreibung des Ablaufes der Massenvernichtung, der Kapazitäten der Anlagen und weiterer organisatorischer Details.
Vernehmung als Zeuge
Am 1. und 2. April 1946 wurde Rudolf Höß im Zuge der Vorbereitungen auf seine Aussage als Zeuge der Verteidigung beim Nürnberger Prozess vernommen. Die Vernehmung wurde in englischer Sprache durchgeführt, nachdem Höß erklärte, dass er diese verstehe, weil er auf einem Gymnasium war und als Kavallerist zwei Jahre im Irak und in Palästina verbracht habe.
Während dieser Vernehmung erklärte Höß, dass er mit der Planung eines Vernichtungslagers von Heinrich Himmler direkt beauftragt wurde. Er wurde angewiesen, das Vernichtungslager Treblinka zu besuchen, und die dort herrschenden Probleme bei der Massenvernichtung in Birkenau zu lösen. Nach diesem Besuch wollte er die Vernichtung so organisieren, dass die Opfer absolut im Unklaren darüber gelassen werden, dass sie vergast werden. Die mit Benzinmotoren betrieben Gaskammern waren ihm zu unzuverlässig, so dass Zyklon B zum Einsatz kam, was in großen Mengen zur Sachentwesung zur Verfügung stand. Bezüglich der Vergasung gab er an, dass die Vergasungzeiten vom Wetter und vom gesundheitlichen Zustand der Opfer abhingen. Während die Opfer direkt an der Einwurfstelle in Augenblicken bewusstlos waren, brauchte dies bei weiter entfernten Opfern durchaus über fünf Minuten. Innerhalb von 15 Minuten waren alle sicher getötet und nach einer halben Stunde wurden die Kammern geöffnet.
Er gab sehr detaillierte Beschreibungen der Vorgänge und der chronologischen Abläufe ab. Er korrigierte seine Befrager mehrfach, wenn diese etwas falsch interpretierten oder falsch verstanden. Obwohl er den Massenmord ohne Ausflüchte in allen Details zugab, verwahrte er sich total dagegen, als die Befrager ihm unterstellten, dass man die Häftlinge bewusst verhungern ließ. Genauso verwahrte er sich dagegen, dass auf seinen Befehl willkürliche Gewaltexzesse an den Häftlingen vollzogen würden. Er räumte ein, dass Gewaltexzesse vorkamen, sofern ihm das bekannt wurde, hätte er die Verantwortlichen aber zur Rechenschaft gezogen.[4]
Eidesstattliche Erklärung
Die von Höß während der Vernehmungen am 1. und 2. April gemachten Aussagen wurden in einer eidesstattlichen Erklärung (Affidavit) in englischer Sprache zusammengefasst. Diese vierseitige Erklärung wurde von Höß am 5. April 1946 unterzeichnet. Die Dokumentennummer beim Nürnberger Prozess ist 3868-PS bzw US-819. [5]
Die Erklärung selbst ist stark gestrafft, viele Details sind dabei verloren gegangen und auch teilweise verfälscht worden. Insbesondere der im Kontext der Opferzahlen der Konzentrationslager Auschwitz wichtige Hinweis, dass die von Höß genannten Zahlen auf einem Rapport von Eichmann an den Reichsführer SS im April 1945 stammen, sind nicht enthalten, obwohl dies aus den Vernehmungsprotokollen klar hervorgeht.
Aussage beim Nürnberger Prozess
Am 15.4.1946 sagte Rudolf Höß als Zeuge der Verteidigung beim Nürnberger Prozess aus. Höß wurde zum Zustand der Gefangenen bei der Befreiung der Lager, zu Mißhandlungen und zu den Lagerräumungen befragt. Als die Befragung zur Massenvernichtung kam wurde von Oberst John Amen(Ankläger für die Vereinigten Staaten) Bezug auf die eidesstattliche Erklärung 3868-PS genommen. Oberst Amen hat Abschnitte aus dieser Erklärung verlesen und Höß mehrfach gefragt ob dies stimme. Höß antwortete immer mit „Jawohl!“. Dies wird von Holocaustleugnern gerne als Beweis für eine erzwungene Aussage interpretiert. Da Höß aber in den vorhergehenden Vernehmungen die Ungereimtheiten bereits ausgeräumt hatte, bestätigte er in der im eigenen Art den Inhalt mit einem knappen „Jawohl!“. Hermann Göring war laut den Berichten des Gerichtspsychologen Gustave M. Gilbert nach den Aussagen von Höß niedergeschlagen, da seine Verteidigungsstrategie zusammenbrach. Göring war immer davon ausgegangen, dass der Massenmord nicht beweisbar sein würde.
Erklärung zur Opferzahl von 2.5 Millionen
Angetrieben durch Zweifel von Hermann Göring an der praktischen Durchführbarkeit der Vernichtung von 2,5 Millionen Opfer in den Gaskammern stellte Rudolf Höß weitere eigene Überlegungen zu dieser Frage an. Am 24. April 1946 verfasste Höß eine handschriftliche Erklärung, in der er den Vernichtungsvorgang noch einmal in allen Details beschrieb. Er berechnete, dass in den 27 Monaten (36 Monate - insgesamt 9 Monate Pause zwischen den Aktionen) bei 3000 Opfern/Tag in diesem Zeitraum 2,43 Millionen vernichtet werden könnten. Dies sei technisch möglich. Nach seinem Wissen scheint ihm diese Zahl allerdings viel zu hoch. Die Summe der größeren Aktionen gab er mit 1,125 Millionen an und schätzte die Gesamtzahl der Vergasten auf höchstens 1,5 Millionen. Er betonte allerdings immer noch, dass er sich an die Angaben seines Vorgesetzten Eichmann zu halten habe.[6]
Autobiografie
In polnischer Gefangenschaft hat Höß seine Autobiografie mit sehr umfangreichen Aufzeichnungen zu den Ereignissen im Konzentrationslager Auschwitz verfasst. Dabei hat er einige Ausführungen seiner Aussage korrigiert und präzisiert. Diese Aufzeichnungen stimmen in weiten Zügen mit anderen Aussagen, insbesondere dem sogenannten von Pery Broad in britischer Gefangenschaft verfassten Bericht überein. Seine Ausführungen zeigen, dass ihm die Herkunft seiner Angaben bewusst war und nicht von den Vernehmern in den Mund gelegt wurde:
„Die Zahl der in Auschwitz zur Vernichtung eingelieferten Juden gab ich in früheren Vernehmungen mit 2,5 Millionen an. Diese Zahl stammt von Eichmann, der sie kurz vor der Einschließung Berlins, als er zum Rapport zum RFSS befohlen war, meinem Vorgesetzten, Gruppenführer Glücks gab... Nach jeder größeren Aktion mussten in Auschwitz alle Unterlagen, die Aufschluss über die Zahl der Vernichteten geben konnten, laut RFSS-Befehl verbrannt werden... Ich halte die Zahl 2 1/2 Millionen für viel zu hoch. Ich selbst wußte nie die Gesamtzahl, habe auch keine Anhaltspunkte, um sie wiedergeben zu können. Es sind mir lediglich noch die Zahlen der größeren Aktionen in Erinnerung, die mir wiederholt von Eichmann oder dessen Beauftragten genannt worden waren.
- Aus Oberschlesien und GG [Generalgouvernement] 250.000
- Deutschland und Theresienstadt 100.000
- Holland 95.000
- Belgien 20.000
- Frankreich 110.000
- Griechenland 65.000
- Ungarn 400.000
- Slowakei 90.000
Die Zahlen der kleineren Aktionen sind mir nicht mehr in Erinnerung, sie waren aber im Vergleich zu obigen Zahlen unbedeutend. Ich halte die Zahl 2,5 Millionen für viel zu hoch. Die Möglichkeiten der Vernichtung hatten auch in Auschwitz ihre Grenzen. Die Zahlenangaben ehemaliger Häftlinge sind Phantasiegebilde und entbehren jeder Grundlage.“
Die Summe der von Rudolf Höß genannten großen Aktionen ergibt 1,13 Millionen. Sie stimmt mit der von der Auschwitz Gedenkstätte veröffentliche Zahl von 1,1 – 1,5 Millionen sehr gut überein. Auch in den Details wird der Stand der Forschung sehr gut wiedergegeben. Insofern ist der historische Wert von Höß' Autobiografie in weiten Teilen gesichert.
Zuverlässigkeit der Aussagen und der Autobiografie
Teilweise wird aufgrund des Buches von Rupert Butler „Legions of Death“ behauptet, dass die Aussagen von Höß durch Folter erpresst worden seien. Das Buch schildert, dass Höß bei seiner Verhaftung schwer misshandelt und unter Alkoholeinfluss gesetzt worden sein soll. Täter seien der britisch-jüdische Sergeant „Bernard Clarke“ und britisch-jüdische Sergeanten des Arrestierungskommandos gewesen, deren Eltern auf seinen Befehl ermordet worden seien:
„Hoess screamted in terror at the mere sight of British uniforms. Clarke yelled: What is your name? With each answer of „Franz Lang“, Clarke's hand crashed into the face of the prisioner. The fourth time that happened, Hoess broke and admitted who he was. The Admission suddenly unleashed the loathing of the jewish sergeants in the arresting party whose parents had died in Auschwitz following an order signed by Hoess. The prisioner was torn from the Top bunk, the pyjamas ripped from his body. He was then dragged naked to one of the slaughter tables, where it seemed to Clarke the blows and screams where endless. ... A blanket was thrown over Hoess and he was dragged to Clarke's car, where the sergeant poured a substantial slug of wisky down his throat.“
Danach sei er arrestiert und während der nächsten drei Tage vernommen worden. Dabei sei er beim Reden nicht mehr zu bremsen gewesen und habe eingeräumt, dass er für den Tod von zwei Millionen Menschen verantwortlich gewesen sei. Bei der Zensur des Schriftverkehrs an seine Frau und seine Kinder zeigten sich für Sergeant Bernard Clarke zwei Seiten von Rudolf Höß: Den sanften und liebevollen Familienvater und den brutalen, sich nicht um menschliches Leben scherenden Kommandanten. Er habe nie versucht, seine Verantwortung zu leugnen oder zu relativieren.
In seiner Autobiografie beschreibt Rudolf Höß die Umstände dieser „Ersten Vernehmung“:
„Unter schlagenden Beweisen kam meine erste Vernehmung zustande. Was in dem Protokoll drin steht, weiß ich nicht, obwohl ich es unterschrieben habe. Doch Alkohol und Peitsche waren auch für mich zuviel.“
Die Autobiografie und das Buch von Butler stellen zwar einen Gewaltexzess während der Verhaftung und vor der ersten Vernehmung dar, aber gerade nicht, dass das Geständnis durch Folter erpresst worden sei. Im Gegenteil: Butler beschreibt, dass Höß nach der Misshandlung aus freien Stücken aussagte und dabei nicht zu bremsen war. Dies zeigt insbesondere auch die Zuverlässigkeit der in polnischer Gefangenschaft von Höß erstellten Autobiografie, da unter Zensur bzw. Folter die Beschreibung der Mißhandlungen sicher nicht enthalten wären.[7]
„Wolzek“
Eine weiteres, von Geschichtsrevisionisten aufgegriffenes Motiv ist das Konzentrationslager „Wolzek“, das Höß in seiner Aussage nannte. Ein KZ dieses Namens ist unbekannt. Dies wird gern als Argument verwendet, dass Höß unter Folter einfach Aussagen erfunden habe. Höß bezeichnete dieses Lager als „Wolzek bei Lublin“.[8] Fährt man in östlicher Richtung aus Kulm [Chelm] heraus, erreicht man in nordöstlicher Richtung die Stadt Wlodawa. Davor liegt die Stadt Sobibor etwa fünf 5 km nach dem Dorf Wołczyny. Etwa drei km neben diesem Dorf befindet sich das Vernichtungslager Sobibor. Höß bezog sich offensichtlich auf dieses Konzentrationslager. Das Dorf Wołczyny hatte eventuell die deutsche Bezeichnung Wolzek.[9]
Roman und Verfilmung
Im Jahr 1952 veröffentlichte der französische Schriftsteller Robert Merle den biografischen Roman „La mort est mon métier“ (ins Deutsche übersetzter Titel: „Der Tod ist mein Beruf“), der auf den Verhörprotokollen aus dem Kriegsverbrecherprozess gegen Rudolf Höß und auf dessen autobiografischen Notizen während seiner Inhaftierung nach dem zweiten Weltkrieg beruht. Der Autor verwendete den von Höß 1945 auf seiner Flucht gebrauchten Namen Franz Lang für den Erzähler des in der Ich-Form geschriebenen Romans. 1977 wurde dieser Roman unter der Regie von Theodor Kotulla im (west)deutschen Spielfilm „Aus einem deutschen Leben“ verfilmt. Das Leben der Hauptfigur Franz Lang (dargestellt von Götz George) deckt sich im Wesentlichen mit dem Leben von Höß.
Literatur
- Rudolf Höß: Kommandant in Auschwitz, dtv, München 1963 (18. Auflage 2002), ISBN 3-423-30127-9
- Manfred Deselaers: Und hatten Sie nie Gewissensbisse?, ISBN 3746214742
- Andrzej Gass: Auschwitz-Kommandant Rudolf Hoess am Galgen. In: Focus Historia 1/2007 vom 24/04/2007r, mit Fotografien von Stanisław Dąbrowiecki, 1947. (polnisch. Die polnische Monatszeitschrift Focus Historia veröffentlichte Fotos der Hinrichtung des Lagerkommandanten von Auschwitz Rudolf Hoess auf dem Lagergelände im April 1947. Link bei www.auschwitz.org.pl/new/)
- Robert Merle: Der Tod ist mein Beruf, ISBN 3746612128
- Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau: Akten zum Höß-Prozeß im Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau, Bd. 23. (Verfahrenseröffnung)
Sonstiges
Andere Schreibweisen seiner Namen: Rudolph, Höss, Hoess.
Fotoalbum der Polska Agencja Prasowa: Proces Rudolfa Hoessa; Data: 1947; Sygnatura: dsh_f_s1459_pap_003_161 (10 Aufnahmen, z. T. Totale des Verhandlungssaals; annotierte Fotografien)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b Gustave M. Gilbert:Nürnberger Tagebuch S. 253,Fischer,Frankfurt am Main, 1962 (5. Auflage 1982), ISBN 3-596-21885-3
- ↑ Martin Broszat: Kommandant in Auschwitz S.13, dtv, München 1963 (20. Auflage 2006), ISBN 3-423-30127-9
- ↑ Martin Broszat: Kommandant in Auschwitz S.19, dtv, München 1963 (20. Auflage 2006), ISBN 3-423-30127-9
- ↑ Protokolle der Vernehmung von Höß am 1. und 2. April 1946
- ↑ Eidesstattliche Erklärung vom 5.4.1946 Dokument 3868-PS
- ↑ Höß Erklärung vom 24.April 1946 - Gustave M. Gilbert:Nürnberger Tagebuch S. 448, ISBN 3-596-21885-3
- ↑ John C. Zimmerman:Zuverlässigkeit der Höß Aussagen
- ↑ Vernehmungsprotokoll vom 14.3.1946 (Dokument NO-1210)
- ↑ Karte mit den Lagen des KZ Sobibor, der Stadt Sobibor und dem Dorf Wołczyny
Personendaten | |
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NAME | Höß, Rudolf |
ALTERNATIVNAMEN | Franz Lang |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Nationalsozialist und Kommandant des Vernichtungslagers Auschwitz |
GEBURTSDATUM | 25. November 1900 |
GEBURTSORT | Baden-Baden |
STERBEDATUM | 16. April 1947 |
STERBEORT | Auschwitz |