Als Akademisches Gymnasium (lateinisch: gymnasium academicum) wird ein Typ der höheren Schule bezeichnet, der in der frühen Neuzeit in Mitteleuropa aufkam und zwischen dem Gymnasium und der Universität steht. Dem gleichen Schultyp gehörten die Gelehrtenschulee an, die jedoch nur den voruniversitären Unterricht anboten. Akademische Gymnasien mit quasi-universitärem Lehrangebot wurden meist Hohe Schulen genannt. Akademische Gymnasien gab es vor allem in den protestantischen Territorien des Reiches und angrenzender Gebiete.
Protestantische akademische Gymnasien der Frühen Neuzeit
In seiner Schrift An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung hatte Martin Luther 1520 gefordert, die weltliche Obrigkeit habe sich des Schulwesens in besonderem Maße anzunehmen. In der Folge entstanden, insbesondere nach der Aufhebung der meisten Klöster in reformierten Territorialstaaten, entweder durch eine Stadt oder einen Landesherrn getragene akademische Gymnasien und Gelehrtenschule im voruniversitären Bereich sowie Hohe Schulen als quasi-universitäre Hochschulen. Neben der Protestantischen Lehre waren die Ideen des Renaissance-Humanismus der zweite Einfluss, der auf das Profil dieser Schulen einwirkte.
Hohe Schulen als quasi-universitäre Einrichtungen
Als Hohe Schulen bezeichnet man diejenigen Schulen, die vom Niveau her oberhalb des Gymnasiums angesiedelt und Vorläufer der heutigen Hochschulen waren. Diese Lehranstalten hatten im Unterschied zu den Universitäten nicht das kaiserliche Privileg, akademische Grade (den Magister- und Doktortitel) verleihen zu können. Akademische Gymnasien waren allerdings nicht zwangsläufig auch „Hohe Schulen“, also Hochschulen. Manche behandelten in den höheren Klassen zwar den Stoff der Artistenfakultät, wiesen aber keine höheren Fakultäten wie Theologie, Jura, Medizin auf.
Das Schulprogramm verband gymnasiale und akademische Studien und gliederte sich in zwei Teile: Typischerweise erhielten die Schüler eine schulische Ausbildung in der neunjährigen schola classica, daran schloß sich die fünfjährige schola publica an, die von freieren wissenschaftlichen Vorlesungen geprägt war.
Als Vorbild für die Organisation vieler Hoher Schulen diente die Straßburger Akademie (ab 1621 Universität), die die meisten Gründungen in calvinistisch-reformierten Ländern beeinflusste, so die Hohe Schule Herborn, das Gymnasium illustre in Burgsteinfurt das Casimirianum Neustadt, die Hochschulen in Bremen, Zerbst, Marburg, Frankfurt/Oder, Hanau, Duisburg, Hamm und Lingen.
Aus akademischen Gymnasien gingen später einige Universitäten hervor, wie zum Beispiel aus dem 1559 gegründeten heutigen Landfermann-Gymnasiums in Duisburg, das 1654/5 zur Gründung zur alten Universität Duisburg wurde.
Katholische akademische Gymnasien der Gegenreformation
In den katholischen Territorien reagierte die Gegenreformation auf den Erfolg der akademischen Gymnasien mit der Einrichtung von Jesuitenkollegien und -universitäten, die vergleichbare Züge aufwiesen. Dort wurde als „Akademisches Gymnasium“ im engeren Sinne ein mit einer Universität verbundenes Gymnasium bezeichnet. Solche Akademische Gymnasien wurden unter anderem 1542 in Linz, 1552 in Wien, 1562 in Innsbruck, 1573 in Graz und 1617 in Salzburg gegründet. Heutige Nachfolgeeinrichtungen (etwa das Akademische Gymnasium in Wien und weiteren Städten) tragen die Bezeichnung „Akademisches Gymnasium“ als Ehrentitel.
Siehe auch
Literatur
- Walter Rüegg (Hrsg.): Geschichte der Universität in Europa. Band 2. Von der Reformation zur Französischen Revolution (1500–1800). Beck, München 1996, ISBN 3-406-36953-7 (besonders S. 72–74)