Als inoffizielle Rugby-Europameisterschaft galt lange das seit 1910 bestehende Five Nations Tournament zwischen den Auswahlmannschaften von England, Schottland, Wales, Irland und Frankreich. Erst nach der Gründung eines internationalen Dachverbandes 1934, der Fédération Internationale de Rugby Amateur (FIRA) wurde eine offizielle Meisterschaft ins Leben gerufen:
Inoffizielle Europameisterschaft vor 1945
In den letzten Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg trugen die FIRA-Mitgliedsländer bereits jährliche Turniere aus – im Mai 1936 ein Olympisches Vier-Nationen-Turnier in Berlin, im Oktober 1937 ein Weltausstellungs-Turnier mit sechs Mannschaften in Paris und im Mai 1938 ein Drei-Nationen-Turnier in Bukarest. Diese werden in deutschen Quellen nicht als Meisterschaft angesehen.[1]
Jahr | Platz 1 | Platz 2 | Platz 3 | Bemerkungen |
1936 | Frankreich | Deutschland | Italien | Olympisches Turnier in Berlin |
1937 | Frankreich | Italien | Deutschland | Weltausstellungs-Turnier in Paris |
1938 | Frankreich | Deutschland | Rumänien | Drei-Nationen-Turnier in Bukarest |
Medaillenspiegel 1936 bis 1938
Rang | Land | Gold | Silber | Bronze |
---|---|---|---|---|
1 | Frankreich | 3 | 0 | 0 |
2 | Deutschland | 0 | 2 | 1 |
3 | Italien | 0 | 1 | 1 |
4 | Rumänien | 0 | 0 | 1 |
Europacup für Nationalmannschaften
1951 beschloss die FIRA einen Europacup für Nationalmannschaften. Dieser wurde zunächst nur 1952 und 1954, dann ab 1966 regelmäßig jährlich ausgespielt. Über seinen Austragungsmodus ist nichts bekannt.[2] Wahrscheinlich wurde im KO-System gespielt, wobei die beiden Halbfinal-Verlierer ein Kleines Finale um Platz 3 austrugen.[3]
Jahr | Platz 1 | Platz 2 | Platz 3 |
1952 | Frankreich | Italien | Rumänien |
1953 | nicht ausgetragen | ||
1954 | Frankreich | Italien | Spanien |
1955-65 | nicht ausgetragen | ||
1966 | Frankreich | Rumänien | Italien |
1967 | Frankreich | Italien | Rumänien |
1968 | Frankreich | Rumänien | Tschechoslowakei |
1969 | Rumänien | Frankreich | Tschechoslowakei |
1970 | Frankreich | Rumänien | Italien |
1971 | Frankreich | Rumänien | Marokko |
1972 | Frankreich | Rumänien | Marokko |
1973 | Frankreich | Rumänien | Spanien |
Medaillenspiegel 1952 bis 1973
Rang | Land | Gold | Silber | Bronze |
---|---|---|---|---|
1 | Frankreich | 9 | 1 | 0 |
2 | Rumänien | 1 | 6 | 2 |
3 | Italien | 0 | 3 | 2 |
4 | Marokko | 0 | 0 | 2 |
4 | Spanien | 0 | 0 | 2 |
4 | Tschechoslowakei | 0 | 0 | 2 |
FIRA-Europameisterschaft
Ab der Saison 1973/74 wurde der Europacup in eine Europameisterschaft umgewandelt, die im Liga-System ausgetragen wird – mit Auf- und Abstieg zwischen drei Divisionen (A bis C). Die Mannschaften spielen nun in ihrer Gruppe in einfacher Runde jeder gegen jeden.
Der Austragungsmodus wechselte in der Folge mehrfach: Die Länge der Spielzeit variierte zwischen einem und zwei Jahren. Die Anzahl der Länder pro Division konnte fünf oder sechs betragen, in den unteren Klassen auch weniger. Zeitweilig wurden die Divisionen unterteilt (A1 und A2 usw.).[4]
Bis 1996 nahm Frankreich sowohl an der FIRA-Europameisterschaft als auch am Five-Nations-Turnier teil, seitdem ausschließlich am letztgenannten Wettbewerb. Italien wechselte 2000 von der FIRA-EM zum Five Nations, das nun zum Six Nations erweitert und aufgewertet wurde. Im Gegenzug wurde die FIRA-EM ohne Frankreich und Italien quasi zu einem Six Nations B abgewertet.
Medaillenspiegel 1974 bis 1992
Rang | Land | Gold | Silber | Bronze |
---|---|---|---|---|
1 | Frankreich | 13 | 2 | 0 |
2 | Rumänien | 3 | 6 | 6 |
3 | Italien | 0 | 4 | 5 |
4 | Sowjetunion | 0 | 4 | 3 |
5 | Spanien | 0 | 0 | 2 |
Da über die Verhältnisse nach 1992 noch Unklarheit besteht (s. unten: Widersprüche) wurden diese Jahre beim Medaillenspiegel nicht berücksichtigt.
European Nations Cup
Da in Frankreich und Italien Rugby (auch) professionell betrieben wird, ist die vormalige Europameisterschaft nun die höchste Spielklasse für Amateure. Um diesen veränderten Bedingungen Rechnung zu tragen, heißt der Wettbewerb seit 2000 European Nations Cup. Ab der (Doppel-)Saison 2004-06 wird er erstmals mit Hin- und Rückspielen ausgetragen.
Saison | Platz 1 | Platz 2 | Platz 3 |
1999/2000 | Rumänien | Spanien | Georgien |
2000/01 | Georgien | Rumänien | Russland |
2001/02 | Rumänien | Georgien | Russland |
2002-04 | Portugal | Rumänien | Georgien |
2004-06 | Rumänien | Georgien | Portugal |
2006-08 |
Medaillenspiegel ab 2000
Rang | Land | Gold | Silber | Bronze |
---|---|---|---|---|
1 | Rumänien | 3 | 2 | 0 |
2 | Georgien | 1 | 2 | 2 |
3 | Portugal | 1 | 0 | 1 |
4 | Spanien | 0 | 1 | 0 |
5 | Russland | 0 | 0 | 2 |
FIRA-Europameisterschaft der Frauen
Seit 1995 wird auch eine Europameisterschaft für Frauen ausgetragen, die jährlich – außer 1998 und 2003 – in Turnierform stattfindet.
Der Austragungsmodus wechselte in der Folge: Die Zahl der teilnehmenden Teams variierte von acht bis vier. Bei größerer Teilnehmerzahl wurde in zwei Vorrundengruppen mit anschließenden Platzierungsspielen zwischen den gleichrangigen Teams beider Gruppen gespielt, bei kleinerer Teilnehmerzahl in einer Gruppe („jeder gegen jeden“ oder im KO-System).
Jahr | Gastgeber | Platz 1 | Platz 2 | Platz 3 | Teams |
1995 | Italien | Spanien | Frankreich | Italien | 4 |
1996 | Spanien | Frankreich | Spanien | Italien | 5 |
1997 | Frankreich | England | Schottland | Spanien | 8 |
1998 | nicht ausgetragen | ||||
1999 | Italien | Frankreich | Spanien | Schottland | 8 |
2000 | Spanien | Frankreich | Spanien | England | 8 |
2001 | Frankreich | Schottland | Spanien | England | 8 |
2002 | Italien | Italien | Schweden | Deutschland | 4 |
2003 | nicht ausgetragen | ||||
2004 | Frankreich | Frankreich | England | Schottland | 8 |
2005 | Deutschland | Italien | Niederlande | Schweden | 4 |
2006 | Italien | Niederlande | Belgien | Schweden | 6 |
2007 | Spanien | England | Frankreich | Spanien | 8 |
Anm.: 2005 waren die Six-Nations-Teilnehmer nicht dabei. – 2006 European Nations Cup.
Widersprüche
Hinweise auf Europameisterschaften vor 1945 gibt es in der französischen und italienischen Wikipedia. In deutschen Quellen und bei Chris Rhys sind diese unbekannt, müssen wohl als inoffiziell angesehen werden.
Der Europacup für Nationalmannschaften vor 1966 ist in der französischen Wikipedia und bei Chris Rhys nur für 1954 bekannt. An der Austragung 1952, bei der die deutsche Mannschaft Platz 3 erreicht haben soll, hat diese jedoch noch nicht teilgenommen.
Die FIRA-EM (Gruppe A) wurde nach einer Tabelle in der ehemaligen FIRA-Webseite erstellt. Unklarheiten bestehen hier über den Modus ab 1992: So ist nicht ersichtlich, ob die Gruppensieger von A1 und A2 jeweils ein Meisterschafts-Finale gegeneinander spielten bzw. ob die Ersten überhaupt einen Titel erhielten (oder ob die Gruppe lediglich als Qualifikationsrunde zur Weltmeisterschaft diente). So erscheint es jedenfalls zweifelhaft, dass 1996/97 die Ukraine Europameister und die Schweiz Gewinner der Bronzemedaille gewesen sein sollen.
Fußnoten
- ↑ Bei Chris Rhys (s.u.) ist eine solche EM unbekannt. Die Tabelle stammt aus dem entsprechenden Artikel der italienischen Wikipedia (Für 1938 korrigiert: Deutschland gewann gegen Rumänien und wurde Zweiter).
- ↑ Selbst das Archiv in der früheren Version der FIRA-Internetseite enthielt den Wettbewerb nicht.
- ↑ Die Tabelle wurde ab 1954 nach Chris Rhys (s.u.) erstellt.
- ↑ Quellen für die Tabelle: bis 1987 Chris Rhys, sowie bis 1999 die frühere FIRA-Webseite (die für 1998/99 nur ???? enthielt)
Quellen
- Chris Rhys: Rugby. The Records. Enfield, Middlesex (Guinness Superlatives Ltd), 1987. ISBN 0-85112-450-X
- Archiv der FIRA-AER (Stand: 4. Dezember 2004; wurde aber nach 2002 nicht mehr aktualisiert) – im Internet-Archiv Das Link führt nicht direkt zum Ziel: Es müssen anschließend Archives\Winners Room\Seniors Championships angewählt werden!
- Meisterschaften vor 1945 in der italienischen Wikipedia