Übername
Als Übername wird in der Sprachwissenschaft ein Name bezeichnet, der die besonderen Eigenheiten einer Person oder der von ihr ausgeübten Tätigkeit herausstellt. Der dtv-Atlas zur Namenkunde definiert den Begriff Übername als „im weitesten Sinne synonym mit Beiname, d. h. für alle über den eigentlichen Personennamen hinaus vorhandenen, die Person charakterisierenden Namen; (…) in engerem Sinne (…) für jene Beinamen, die nicht zu den Patronymika, Herkunfts-, Wohnstätten- oder Berufsgruppen gehören, sondern aus körperlichen, geistigen, charakterlichen Merkmalen eines Menschen, aus Ereignissen seiner Lebensgeschichte u. Ä. gewonnen wird.“[1] Zahlreiche der heutigen Familiennamen haben sich aus Übernamen entwickelt.
Gebildet wurden die Übernamen entweder als direkte Bezeichnung eines Merkmals, z. B. Kraushaar, als Metapher wie z. B. Spatz für eine kleine zierliche Person oder als metonymische Bezeichnung für ein Ereignis wie Sonntag für jemanden, der an einem Sonntag geboren wurde. Zu den Übernamen gehören auch Spottnamen.
Die Übernahmen werden von Sprachwissenschaftlern in Gruppen eingeteilt:[1]
- nach körperlichen Eigenschaften und Körperteilen, etwa Dürr oder Haupt
- nach geistigen oder charakterlichen Merkmalen, z. B. Wrede (= grimmig)
- nach Tieren, etwa Fuchs
- nach Pflanzen, z. B. Baum
- nach Gegenständen wie Korb oder Stiefel
- nach Naturerscheinungen, z. B. Sturm
- nach Jahres- und Tageszeiten, Monaten und Wochentagen, etwa Herbst oder Hornung
- nach religiösen Begriffen wie Teufel
- nach Geld, z. B. Schilling
- nach Besitz wie Nothaft
- nach Gewohnheiten wie Quenzer (=Kartenspieler)
- nach Abstammung und Verwandtschaft, z. B. Vetter
- als Bezeichnung weltlicher und geistlicher Ämter, etwa Probst
- auf Grund moralischer Urteile wie Neidnagel
„Viele Übernamen spiegeln ästhetische oder moralische Normvorstellungen der namengebenden Gemeinschaft wider, indem sie Menschen kennzeichnen, die man als zu groß oder zu klein, zu hochfahrend oder zu geschwätzig empfand. So reflektieren Übernamen eine Art ‚soziale Kontrolle‘. Daher sind in ihnen negative Bewertungen häufig: Wunderlich für den Sonderbaren oder Launischen (…) Hahn für den Angeber oder Streitsüchtigen. Doch werden durchaus auch positive Normabweichungen benannt: Frühauf, Morgenschweiß (…) für den Frühaufsteher (…).“[1]